Amtsblatt

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Samöiüa, den 18. Dezember 1915

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Dhulschlands silberne Kugeln

Wenn die heutige Welt von Kriegskosten spricht, so denkt sie in elfstelligen Zahlen. Summen ballen sich zusammen, die im Menschenhirn kein entsprechen­des Maß mehr zu haben scheinen, und doch Wirk­lichkeit sind. Fünfmal so hoch, wie die Berechnungen der Vorkriegszeit annahmen, sind die laufenden Ausgaben, mindestens zehnmahl so hoch, bis jetzt, die Gesamtkosten des Krieges. Eine Markmilliarde, die Summe unseresWehrbeitrags", wird in drei Tagen verausgabt. Mehr als die Hälfte des fran- zösischen Nationalvermögens würde nötig sein, die reinen Kriegskosten der Völker während eines Jahres zu decken. Zählt man den kapitalisirten Betrag der Renten, und die Wiederherstellung jeder Art hinzu, so hat Europa des zum Anfang des neuen Jahres dreihundert Milliarden in den Abgrund dieses Krieges geschüttet.

Einen nicht unerheblichen Teil dieser Lasten trägt das deutsche Volk. Neue zehn Milliarden, werden dem Reich zur Verfügung gestellt; ' die Summe der Kredite wächst damit auf vierzig Mil­liarden, oder den zehnfachen Betrag der weiland französischen Kriegsentschädigung. Schatzsekretär Helferich, der in der gestrigen Reichstagssitzung der Antrag zu begründen hatte, tat recht daran, auf die Größe des Opfers hinzuweisen. Vierzig Milliar- -dnpJeien, das möge man als Maßstab nehmen, das Doppelte des preußischen Besitzes an Bahnen und rollendem Material. .. Natürlich ist auch diese Zusammenstellung nicht viel mehr als ein Gleich­nis, bestimmt, die elfstellige Zahl ein wenig an­schaulicher zu.machen. Praktisch kommt es nicht so sehr auf den errechneten Kapitalwert an als auf den Betrag der Zinsen und Renten, die das Reich nach dem Krieg wird zahlen müssen. Wie groß aber das Opfer sei: entscheidend ist vorerst nur die Tatsache, daß es gebracht werden kann und daß die Weiterführung des Krieges an der Geldfrage kein Hemmnis findet.

In diesen wesentlichen Tatsachen ist Deutsch- ^ land, das konnte der Staatssekretär von neuem! beweisen, seinen Feinden nach wie vor überlegen. Nur etwa ein Drittel der gesamten Kostenlast entfällt auf Deutschland und seine Verbündeten,

zwei Drittel tragen die Gegner: die demnach mit dem doppelten Aufwand viel Geringeres erreichen Weit bitterer aber als diese Unverhältnismäßigkeit des Opfers sind für den Vierverband die Nieder­lagen der Finanzpolitik; die eine weitere Kriegführ­ung in Frage stellen. Bei ziemlich gleichen Gesamt­ausgabe» brachte Deutschland 25V- Milliarden, aus langfristigen Anleihen auf: England nur 18Vs Milliarden. Deutschland hielt durch drei Kriegsanleihe» den gleichen Zinssatz fest, bei stei­genden Ansgabekursen; England mußte den Zins­satz fortdauernd erhöhen bei sinkenden Kursen. Von den 12 Milliarden der dritten deutschen Anleihe wurden 10Vs Milliarden in wenigen Wochen ein­gezahlt; das englische Kapital gab in eben so viel Monaten kaum so viel hundert Millionen her wie das deutsche Volk Milliarden.

Frankreich hat 22 Millionen mit verzweifelter Mühe aus Obligationen, Bankdarlehen und Aus­landskrediten zusamengebracht; die fünfprozentige späteSiegesanleihe" kommt mit einem Kurs von 86 heraus! Über Rußland und Jlalien ging der Schatzkanzler, wie schon in früheren Reden mit Nachsicht hinweg. Ist die Bewertung der Renten ein Gradmesser für das Vertrauen der Völker zum unerschütterten Fortbestand ihrer Staatsmacht, so steht die Selsteinschätzung unserer Gegner in auf­fallendem Gegensatz zu den amtlichen Siegesreden Die dreiprozentige französische Rente stand 1913 auf 87, heute notiert sie 64Vs; gleichzeitig fielen die britischen Konsols um löfts v. H. Dagegen hatte die deutsche dreiprozentige Reute nur einen KursveAust von 7,7.

Des Wortes von derletzen Milliarde" werden sich die Engländer wohl selbst nicht gerne mehr erinnern; wir aber können ihnen diese Gegenüber­stellung von Großsprechertum und Wirklichkeit nicht ersparen. Mehr als sieben Milliarden englischer Kriegsausgaben sind schwebende Schuld; der Kurs der inneren Anleihen bröckelt ab, die Valuta ver­schlechtert sich, das Auslandsgeld kommt spärlich ! und zu demütigenden Bedingungen ins Land. Mit ! England aber steht und fällt für den gesamten Feindesbund die Möglichkeit, den Krieg noch weiterzuführen. Auch diesilberne" Muniton wird von Deutschland reichlicher und leistungsfähiger

hergestellk als von der führenden Macht unserer Feinde. . . Zehn Milliarden, abermals, füllen das Arsenal.

Die Tlwesberichte.

Grosses Hauptquartier. (W.T.V. amtlich.)

Donnerstag, 16. Dezember.

Westlicher Kriegsschauplatz.

Lebhafte Artilleriekämpfe und rege Fliegertätig­keit auf dem größeren Teile der Front. Bei Vailly wurden 2 kleine Postieruugen auf dem Südufer der Aisne nachts von den Franzosen überfallen.

LeutnantzJmmelmann brachte überValenciennes das 7. feindliche Flugzeug, einen feindlichen Doppel­decker im Luftkampf zum Absturz.

Der vorgestrige Fliegerangriff auf Müllheim, Baden, soll rach französiicher Darstellung als Ziel die oortigenBahnhofsanlagen gehabt haben, in deren Nähe ist aber keine der geworfenen Bombe» gefallen. Dagegen wurde in der Stadt ein Bewohner getötet und einer verletzt. Der rein militärische Schaden beläuft sich auf einige gesprungene Fensterscheiben im Lazarett.

Östlicher Kriegsschauplatz.

Heeresgruppe des Gen.-Feldmarschall von Hindenburg.

Russische Abteilungen, die nördlich des Drys- wiatisus-Sees bis in unsere Stellungen vorgedrungen waren wurden durch Gegenangriff zurückgeworfen. I» der Gegend der Beresiua-Mündung brach ein Vorstoß des Feindes im Feuer unserer Infanterie zusammen.

Heeresgruppe des Gen.-Feldmarschall Pr, nz Leopold von Bayern.

Die Lage ist unverändert.

Nachts kam es zu kleinen Patrouillenzusam­menstößen.

Heeresgruppe des Generals von Linsingen.

Bei Berestiany scheiterte ein feindlicher Angriff.

Ein russisches Flugzeug mußte östlich von Luck im Bereiche der österreichisch-ungarischen Trup­pen landen.

Peters Brautfahrt.

:ine Geschichte aus den steirischen Bergen

von Ernst R. von Dombrowski.

(Fortsetzung.)

Unser Weg führte an der Windseite hin, wo fast r Schnee weggeweht war, so daß sich keine allzu- ßen Schwierigkeiten boten und wir hoffen dürf- > mit Anbruch der Morgendämmerung auf denn i Ansitz bestimmten Platz einzntreffcn.

Die Rächt war herrlich. Nachdem der Wind die en Wolkenfetzen vom Himmel vertrieben, hatte er gänzlich gelegt, und in ungetrübter dunkler ine wölbte sich das stcrnenübersäte Firmament, an chem die Milchstraße wie ein Rest des Flocken- nrrcs schwebte. Wo in Senkungen der frische mee haften geblieben war, erschien er wie mit alglanz übergossen, und das ganze Gebirge lag weihevoller, von keinem Laut gestörter Ruhe da, aben über den tosenden Aufruhr, der eben noch s Leben auf der Erde bedroht hatte, aber spurlos übergegangen war an diesen gigantischen Ruf- hen der Ewigkeit.

Jetzt hielten wir in der Mitte einer mit alter, und wieder durch frische Flocken erhöhter und i einzelnen schwarzgrnncn Krnmmholzgruppen erbrochener Schneelage bedeckten breiten Scharte sehen dem Schoderspitz und einem seiner Nachbnr- fel. Rasch war zwischen zwei Latschenbüschen der

Schnee weggescharrt und der Sitzsleck ans starkem Fitz anfgeteckt, dann hockten wir uns, in die Wetter­mantel eingchüllt, nebeneinander.

Loisl hatte mir in den Pausen des Aufstieges ge­treulich Bericht über alle Vorkommnisse im Revier seit meinem letzten Besuch erstattet und mir vor al­lem Wunder über Wunder von dem schon mit einem förmUchcn Sagenkreis nmwobenen schwarzen Gews- bock erzählt, welcher mich bereits zwei Jahre lang genarrt hatte und dem auch jetzt wieder in erster Reihe mein Bemühen galt. Lvisl schwur hoch und teuer, er kenne nun die letzten Schliche des alten Schlaumeiers, und jetzt habe seinae Stunde geschla­gen, wenn er recht der leibhaftige Gottseibeiuns in eigenster Person sein. Auch nach dem Peter hatte ich gefragt, der mir sonst immer das Gepäck trug und >n!r Botengänge besorgte, diesmal jedoch durch einen anderen Burschen ersetzt war. Da wurde der gut­mütige Loisl ganz zornig:

Der Peter is a msierabliger Falot! Der hat si in a Mensch verscharrt, die was ehm nacher dnrch- ganga is, aber (sichert is er nit wordn. I sag' alle­weil, 's wird nit schon ans der Welt, eh daß uns der liebe Herrgott nit von alle Weiüsleut erlöst."

Ich hatte cs längst anfgegeben, Loisls Weiber­haß zu dämpfen, nahm mir jedoch vor; selbst nach dem Peter zu sehen, den ich als braven Burschen liebgewoirncn hatte. Dann kam der Loisl noch mit einer Bitte, die ihm erst gar nicht über die Lippen

wollte, .rast mit Tränen in den Augen teilte er mir mit, er habe im Rachbartale ein kleines Anwesen geerbt und müsse mir nun den ihm so lieb geworde­nen Dienst kündigen; aber erst müsse noch der schwarze Bock, der Krenzsakra, auf der Decke liegen.

Nach und nach schwand der Sternenschimmer, bleiernes Grau, lichts und ödloses, trat an seine Stelle. Rings um uns ballte sich schwerer Nebel, aber langsam sank er zu Tal, einen herrlichen Tag verhei­ßend; nur saßen ans unserer Höhe wie auf einem Felseneiland inmitten hochwogender See, deren stür­mendem Branden ein Zauberwort die Stimmgewalt genommen halte. Es war so still, daß man cs weit­hin klingen, zischeln und knistern hörte, wenn ein hnlberstarrter Trvpsen zu Boden sank oder wenn sich ein niederglbogener gelber Halm aus dem Neu­schnee ansrichtete.

Jetzt nahm der duftige Nebelkranz am Haupte der Schoderspitze einen rosigen Hauch an, er empfing den ersten Gruß des nahenden Morgens und gab, sich in zarte Schleier nnftösend, wie zum Danke die spitze Nadel frei, die alsbald purpurfarbig aufglühte. Langsam floß die Fcnerfcirbe an den Schultern des Gipfels herab, auch im Schatten liegende Falten und Rinnen mit violettem Schimmer tränkend, dann trat flüstiges Gold an Stelle der Flammenröte und nach kurzer Frsit fluteten durch die Scharte flirrende Strnhlenwogen heran, die ganze gewaltige Land­schaft mit glastendem Sonnensieg segnend. Kein