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M. 53 I

Dienstag, den 4. Mai 1915

l 51. Jahrgang.

Der Bauer im Königsrock.

Es war ein drückend heißer Augusttag des Jahres 1785; kein erfrischender Lufthauch bewegte die halbversengten Blätter der Bäume und alles lag in ermatteter Stille ringsumher; nur auf einer großen, weiten Ebene einige Stunden von Breslau gmgs rege und lebendig her. In langen kaum übersehbaren Reihen standen die preußischen Sol­daten unterm Gewehr; Infanterie-Züge schwenkten ab und schlossen sich anderen Truppenteilen an; Husaren flogen über die Felder und dazwischen donnerten aus entfernteren Höhen die Kanonen. Der König Friedrich II. war nach Schlesien ge­kommen und hielt Musterung über die Truppen. Die entsetzliche Hitze, die schon vom frühesten Morgen an herrschte, hatte aber die Soldaten zeitig ermüdet, sodaß die Manöver nicht gut gingen und der Herr der preußischen Heerscharen in sehr un­gnädiger Stimmung war. Schon war es 10 Uhr des vormittags, die Soldaten keuchten durch die unter ihren Füßen aufwallenden Staubwolken und noch schien es nicht, als sollte die militärische Arbeit für heute aufhören. Da endlich fuhr erquickend ein lauer Nordostwind über die Ebene und am sernen Horizont türmten sich dichte Gewütermassen ms und zogen unter dumpfem Donnergrolle immer näher heran; einzelne große Regentropfen fielen; ein Blitz zuckte aus den schwarzen Wolken und ein dichter Platzregen strömte hernieder. Aber der König ließ noch immer nicht das Signal zur Heim­kehr erfolgen; als guter Soldat seinen Leuten ein Beispiel der Ausdauer gebend, kümmerte er sich gar nicht um den Regen und erst nach einer Stunde verließ er, nachdem er,durchnäßt bis auf die Haut", den Manöverplatz. Sein Quartier hatte er in einem kleinen Landstädtchen in der Nähe aufge­schlagen und mit ärgerlicher Miene stand sein Kammerdiener Zeißing an einem der Fenster im Amtshause auf seinen Gebieter harrend, der trotz des herabströmenden Regens sich noch immer nicht sehen ließ. Der gute Kammerdiener hatte freilich auch alle Ursache, verdrießlich zu sein; denn der König, dessen überaus einfache Lebensweise bekannt ist, hatte, wie schon öfter, auch diesmal Befehl gegeben, weiter keine Uniform mit nach Schlesien ja nehmen, als die, welche er eben trug, und Jeißing wußte recht gut, daß den Alachmittag die ganze Generalität zur Tafel kommen sollte, wobei natürlich ver Herr auch in Uniform erscheinen mußte. Was war aber nun zu tun? Als er »och so überlegend auf die immer breiter werdenden Mtzen in der Gasse hinblickte, da endlich hörte "Hufschläge nahen; die Amtsgasse herauf kam

lLrwartete und wie schwer hingen die nassen ötockschöße über den Rücken des triefenden «Himmels herab!

Wenige Minuten später war der König in stmem Zimmer und ließ sich die von der Nässe doppelt schweren Kleider ausziehen.

»Nun nehmt das Zeug da," sagte er,und uocknet's bald; um zwei Uhr ist Tafel und da Muß ich'Z wieder haben."

»Aber Majestät," wagte Zeißing zögernd zu "Miedern,jetzt ist's zwölf Uhr-"

»Trocknen! trocknen!" wiederholte der König ungeduldig,ich kann mich doch nicht in Hemd- omeln mit den Generalen zur Tafel setzen!"

Zeißing wußte nur zu gut daß jetzt keine Ein- r?5°u»g Wehr am Platz sei und schweigend Mch er, die nassen Kleider über den Arm, zur . ur hinaus. Seine Verlegenheit war entsetzlich; ^ überlegte ganz richtig, daß wenn auch ein Feuer im Kamin das Seinige tun könnte,

so würden doch die Kleider von dem zu raschen Trocknen dergestalt einlausen, daß sie seinem Herrn viel zu eng würden und dann wäre das Unglück ganz fertig.

Da kam ihm ein guter Gedanke: Einige Häuser weiter unten in der Amtsgasse wohnte ein Bauer, der ungefähr die Figur des Königs hatte, und der sollte Hilfe schaffen. Der Mann wurde geholt und der Kammerdiener eröffnete ihm, er solle auf der Stelle die Kleider hier auf dem Stuhl an- ziehen und sich damit vor den Kamin stellen, bis sie trocken seien; das Weitere würde sich dann schon finden. Erstaunt über das sonderbare Ver­langen sah erst der Bauer den Diener einige Au­genblicke an, dann aber folgte eine entschiedene Weigerung. Zeißing war der Verzweiflung nahe; er bot seine ganze Ueberredungsgabe auf, doch vergebens. Das Feuer flackerte und knisterte lustig im Kamin, doch der Bauer blieb starrköpfig bei dem, was er gesagt; weder Bitten noch Drohen wollten anschlagen, da riß dem verzweifelten Kammerdiener doch die Geduld.

Zum Donnerwetter!" fuhr er den stöckischen Bauer an,der König hat es befohlen und wenn er sich noch länger weigert, so rufe ich die Grena- idierwache vor dem Hause und er soll sehen was ! passiert; dann richte er sich nur auf sünfundzwan- s Stockprügel ein."

Das wirkte; langsam zog er seinen Rock aus, 'und indem er noch etwas vor sich hin brummte, kroch er in die andern Kleider, in welchen er nun ' mit ausgespreizten Armen und Beinen, gleich einer , Sperlingsscheuche im Waizenfelde, dicht an die heiße Feuerstätte treten mußte, welche ihn auf der einen Seite zu braten drohte, während über die andere Hälfte seines Körpers von Zeit zu Zeit feuchte Schauer rieselten.

j Mit einem male wurde die Zimmertür geöffnet und herein trat der König. Staunend über die seltsame Erscheinung am Kamin, wußte er in der Tat nicht, was er sagen oder tun sollte; gleich darauf aber kniff er die Lippen fester zusammen, ein Blitz fuhr aus den graublauen Augen und zornig wendete er sich zu dem am Tische beschäf­tigten Kammerdiener:

Sacrament! Kerl, was ist denn das für eine verrückte Komödie? Meine Sachen dem ersten besten Bauer angezogen! Zeißing, ist denn Er des Teufels!"

' Zeißing hätte jetzt dem Himmel gedankt, wenn, ihn vorhin beim Gewitter ein vernichtender Strahl ^ getroffen, denn das eben jetzt aufziehende Gewitter ^ schien ihm weit gräßlicher und wenn nun noch ; etwa der Bauer sich hineinmischte und ihn mit! ^dem königlichen Befehle Lügen strafte , dann! er mochte gar nicht weiter denken. Mit schlotternden Knien und zitternder Stimme erklärte er dem Könige den Grund der Maskerade und der ein­sichtsvolle Monarch mußte allerdings das Hilfs­mittel des fürsorgenden Dieners als zweckmäßig ^ anerkennen; ein Lächeln spielte um seinen Mun^ und mit sanfter Stimme befahl er, daß dem Manne nachher ein entsprechendes Geldgeschenk ausbezahlt werde. Das geschah auch, aber der Bauer ver­langte hartnäckig, er wolle den König selbst sprechen. Nach vielem Hin und Herreden wurde er gemeldet und gleich darauf vorgelassen. Dreist und un­befangen trat er vor den Regenten und mit schlauer Miene sagte er:Ich danke auch bestens für das Geld und wenn Ew. Majestät wieder 'was zu trocknen haben, so bitte ich, mich nicht zu vergessen."

Die Tagesberichte.

Großes Hauptquartier, 1. Mai. (WTB. Amtlich.) Westl. Kriegsschauplatz: Die gestern gemeldeten Kämpfe auf dem westlichen Kanalufer nordwestlich von Ipern endeten mit einem sehr verlustreichen Mißerfolg de§ Feindes. Oestl. des Kanals, westl. von Ipern, stieß der Feind meh­rere male heftig vor.

Die Festung Dünkirchen wurde weiter unter Artilleriefeuer gehalten.

Zwischen Maas und Mosel kam es nur zu Jnsanteriekämpfen in der Gegend Ailly und Apre- inont. Die feindlichen Angriffe scheiterten sämtlich unter starken Verlusten.

Am 29. April wurde Reims in Erwiederung der Beschießung unserer rückwärtigen Ruheortschaften mit einigen Granaten beworfen. Da der Feind die Bedeutung dieses unseres Vorgehens sehr gut kennt, würde es ihm leicht sein, Reims vor einer Beschießung zu bewahren.

Der Feind verlor gestern wieder 3 Flugzeuge, ein englisches Flugzeug wurde südwestl. von Thielt heruntergeschossen. Ein anderes wurde bei Wieltje nordwestl. von Ipern zum Absturz gebracht und zusammengeschossen. Das 3. Flugzeug wurde aus einem feindlichen Geschwader heraus bei Nieder­sulzbach im Elsaß zur Landung gezwungen.

Oestlicher Kriegsschauplatz.

Das Gefecht bei Szwale ist günstig für uns verlaufen. Nach starken Verlusten flüchteten die Russen nachdem sie Szwale angezündet hatten in der Richtung auf Mittau weiter. Die Verfolgung wird fortgesetzt. An Gefangenen sind bisher 1000 gemacht worden. Daneben fielen 10 Maschinen­gewehre, große Mengen von Bagage, Munitions­wagen und besonders viel Munition in unsere Hände.

Feindliche Angriffe bei Kalvaria und südwestl. wurden verlustreich abgeschlagen, wobei wieder 350 Russen gefangen genommen wurden. Dagegen gelang es den Russen, südwestlich von Augustow eine deutsche Vorposlenkompagnie nächtlicherweile zu überfallen und schwer zu schädigen.

Oestlich von Plozk und auf dem Südufer der Piliza wurden schwache russische Vorstöße abge- wiejen. Oberste Heeresleitung.

Großes Hauptquartier, 2. Mai. (WLB. Amtl.) W e st l. Kriegsschauplatz: In Flandern ver­suchte der Gegner nach sehr starker Artillerievor­bereitung wiederum gegen unsere neue St-llung nordwestlich von Ipern anzurennen, und zwar griffen die Franzosen zwischen dem Kanal und der Straße von Ipern nach St. Julien energisch, die Engländer östl. davon matt an. Die Bemühungen waren namentlich infolge unseres sehr wirksamen Flanken- und Rückenfeuers aus der Gegend von Broodseinde und Veldhoek gänzlich erfolglos. 3 Masch.-Gew. blieben in unserer Hand.

In den Ar gönnen machten unsere Angriffe nördlich von Le Four de Paris gute Fortschritte. Trotz heftigster Gegenwehr verloren die Franzosen mehrere Grüben und 156 Gefangene.

Zwischen Maas und Mosel kam es nur im Priesterwalde zu heftigen Kämpfen, wo die Fran­zosen mehrere male in großen Masse» «griffen. Wir schlugen diese Angriffe, die stellenweise bis in unsere Gräben gelangten, unter starken Verlusten für den Feind ab und machten 90 Gefangene.

Gestern wurden wieder 2 feindliche Flugzeuge außer Gefecht gesetzt. Eines wurde bei Reims zusammengeschossen, das andere nordwestlich von Verdun aus einem Geschwader heraus zu eilig­ster Landung gezwungen.