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Hiezu: Illustriertes Sonntagsblatt und während der Saison: Amtliche Fremdenlistq.
Nr. 103
Donnerstag, den 28. August 19l3
49. Jahrgang.
Aus Württemberg.
Stuttgart, 28. Äug. In Uebereinstimmung mit dem preußischen Heere gelangt auch beim würlt. A.-K. für die Beamten der Heeresverwaltung neben der dunkelblauen eine feldgraue Uniform zur Einführung. Das Anlegen der feldgrauen Uniform ist den Beamten im Frieden für alle Gelegenheiten freigeslelll, zu denen die Offiziere feldgrau tragen müssen oder dürfen. Im Mobilmachungsfalle muß die feldgraue Uniform von den bei mobilen Truppen oder im Gefolge der mobilen Armee befindlichen Beamten angelegt werden.
Stadtjchultheiß Sulzmann in Oberndorf gedenkt zurückzutreten. Er hat sein Amt 14 Jahre inne.
Oberndorf, 25. August. Dem heute hier abgehaltenen Viehmarkt waren zugeführt 81 Stück Ochsen, 45 Kühe, 121 Kalbinnen, 90 Stück Jungvieh und 2 Farren, zusammen 339 Stück Rindvieh. Der Handel ging bei sehr hohen Preisen ziemlich lebhaft. Bezahlt wurden für ein Paar Zugochsen 800—1400 Alk. Trächtige Kühe und Kalbinnen kosteten 400 — 650 Mk., jährige Rinder 300—360 Mk., ^jährige, sogenannte Rauppen, 170—200 Mk. Alit der Bahn wurden 17 Wagen Vieh befördert. — Dem Schweinemarkt waren 140 Stück Milchschweine zugeführr, welche sämtlich zum Preise von 30—54 Mk. pro Paar Abnehmer fanden.
In Gaishardt, OA. Ellwangen, wurde ein Bauernanwesen durch Blitzschlag eingeäjchert.
Auf dem Schloß Morstein, OA. Gerabronn, wurde ein schwerer Einbruch verübt; es wurden dabei 20000 Mark in Wertpapieren gestohlen.
In Ulm wurde ein 16jähriger Bäckerlehrling infolge unvorsichtigen Hantierens mit einer Terzerole in den Hals getroffen und getötet.
Ulm, 27. Aug. Die württembergische Eisenbahnverwaltung hat anläßlich der Erstellung des zweiten Gleises auf der 58 üm langen Strecke Ulm-Schussenried 12 Bahnwärterposten aufgehoben, was einer jährlichen Ersparnis von über 16000 M. gleich kommt.
In Sauggart, OA. Riedlingen, geriet der Dienstknecht Haug unter den beladenen Garbenwagen; er erlag seinen schweren Verletzungen. !
Wangen i. A., 26. August. Ueber einen richtigen Schwabenstreich aus jüngster Zeit schreibt man der München-Augsburger Abendzeitung: In, Wangen, der Grenzstadt des württ. Allgäus, war^ man zur Einsicht gekommen, daß die hölzernen Apostel der Stadtkirche unmodern geworden und^ durch gemalte zu ersetzen seien. Die dadurch >
notwendig gewordenen 1200 Mark brachte der, Kirchenrat durch den Verkauf der „Hölzernen", wieder herein. Der Erlös von 1500 Mark be-^ friedigte in hohem Maße. Käufer war der Bürgermeister der süddeutschen Strohhutmetropole Linden- > berg im bayr. Allgäu, wo eine neue Barrockkirche > sich derzeit im Bau befindet. Dieses Baues vornehmsten Schmuck, von Sachverständigen auf 20 000 Alk. geschätzt, bilden nunmehr diese zwölf Apostel, vom Volkswitz als „Württemberger" bezeichnet. Im benachbarten Wangen soll der Witz nicht besonders angenehm berühren.
Friedrichshafen, 27. Aug. Das neue Marineluftschiff L. 2 wird voraussichtlich am 9. September seine erste Probefahrt machen. Es ist bekanntlich das bis jetzt gebaute größte Zeppelinluftschiff mit verschiedenen Neuerungen.
Teltnang, 27. Aug. Die aus dem Kaltenberg bei der Hopfenernte beschäftigten Zigeunerfamilien Pfister und Winter gerieten miteinander in Streit, wobei Beile und Revolver als Angriffswaffe dienten. Einer der Streitenden erhielt einen schweren Beilhieb auf den Hinterkopf, einige sollen durch Schüsse verletzt worden sein. Ein Teil der Täter ging flüchtig, ein anderer Teil wurde ver-. haftet.
Aus dem Reiche.
Baden-Baden, 27. Aug. Bei Sinsheim Überschlag sich gestern ein mit 4 Personen besetztes Automobil, das auf der Fahrt nach Iffezheim war. Ein Herr Hübner aus Berlin wurde schwer, die anderen Insassen leichter verletzt.
Heidelberg, 27. Aug. Der wegen des Mül- heoner Eisenbahnunglücks von der Freiburger Strafkammer zu sechs Monaten Gefängnis verurteilte Zugmeister Baehr in Heidelberg, dessen Strafe auf Grund eines Gnadengesuches schon vor einiger Zeit auf zwei Monate herabgesetzt worden war, ist jetzt auf Grund des Amnestieerlasfes vom Großherzog völlig begnadigt worden. Er hatte von der Strafe noch keinen Tag verbüßt.
Heidelberg, 27. Aug. In dem Nachbarort Dossenheim wütete ein Großfeuer. 7 Scheuern und ein Wohnhaus wurden eingeäschert und gegen 100 000 Mark Schaden verursacht.
Berlin, 26. Aug. Wie die „Tägl. Rundschau" erfährt, werden gegenwärtig im Reichsschatz-! amt die Fragebogen für die Erhebung der ein-! maligen Wehrabgabe gemeinsam mit den übrigen Aussührungsbestimmüngen für das Gesetz über den! einmaligen Wehrbeitrag ausgearbeitet. Die Be-i stimmungen werden vom Bundesrat voraussichtlich > im Oktober erlassen werden, da das Gesetz be
kanntlich am 1. Januar 1914 in Kraft treten soll. Die Fragebogen werden im Januar ausgegeben und im April zugestellt werden. Drei Monate nach Zustellung muß das erste Drittel des Wehrbeitrags bezahlt sein. — Der vierte Atonal des laufenden Rechnungsjahres hat ein für die Reichsfinanzen nicht unerhebliches, besseres Ergebnis gehabt, als die drei vorangegangenen Monate. In der Hauptsache ist die Wendung zum Besseren darauf zurückzuführen, daß erstmalig seit längerer Zeis die Zölle wieder eine Einnahme gehabt haben, die als gut bezeichnet werden kann.
Berlin, 27. August. Der König und die Königin von Griechenland haben sich für Anfang September bei dem Prinzen und der Prinzessin Friedrich Karl von Hessen zu einem Erholungsbesuch auf Schloß Fnedrichshos bei Cronberg im Taunus angesagt. Von dort aus wird der König auf Einladung des Kaisers auch an den Kaisermanövern teilnehmen.
Berlin, 25. August. An der gestern in Webbelin abgehaltenen tOOjährige» Gedächtnis- Feier sür Theodor Körner, die sehr stimmuügsvoll verlies, haben teilgenommen das großherzoglich mecklenburgische Paar, die Großherzogin von Oldenburg und Herzog Paul Friedrich zu Oldenburg. Im Festzug waren etwa I00 Vereine vertreten.
Berlin, 26. August. Auf dem Flugplatz Johannistal, in der Fabrik der Albatroswerke, explodierte gestern abend auf bisher unaufgeklärte Weise der Benzintank der neuen Maschine, die für Helmut Hirth zum Rundflug um Berlin erbaut worden ist. Bei dem Rettungswerk erlitten zwei Arbeiter schwere Brandwunden. Der Eindecker ist völlig zerstört.
Frankfurt a. M., 25. Aug. Eine kaum dagewesene Kartoffelernte steht nach den amtlichen Feststellungen der Vertrauensleute der einzelnen Landwirtschastskammerbezirke Hessen-Nassau und Hessen für dieses Jahr bevor. Schon jetzt werden die Märkte der Großstädte mit einem Ueberangebot überschwemmt, das die Nachfrage bei weitem übersteigt. Die Knollen sind trotz der langwöchentlichen regnerischen Witterung durchaus gesund und wohlschmeckend.
Kiel, 27. Aug. Das zweite Geschwader der Hochseeflotte und die kleinen Kreuzer sind heute vormittag durch den Kaiser-Wilhelms-Kanal zur Ausreise in die Herbstmanöver in der Nordsee ausgelaufen. Die Panzerkreuzer haben den Weg um Skagen genommen.
Wesel, 27. Aug. Heute nacht versuchten Diebe in die Villa des verreisten Bürgermeisters einzudringeu. Als der Schutzmann 'Nolle sie
Fern von der Welt.
Roman von L. Haid he im.
(62. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
Die Frau horchte plötzlich auf und fah den Kammerrat, den sie unzählige male bei Probus gesehen, fest an. „Was ich sagen kann, will ich nicht länger verschweigen," sagte sie ernsthaft.
„Sie sind die letzte Zeit viel bei Ihrem Herrn gewesen?"
„Fast immer; und beinahe jede Nacht habe ich gewacht, besonders in der letzten Zeit. Ungefähr einen Monat vor dem Tode meines Herrn, da hat Herr Claas Gerden« jede Nacht bei ihm gesessen."
„Einen Monat vor dem Tode also? Hatte Probus damals schon das letzte Testament gemacht?"
„Nein, Herr Kammerrat. Aber da machte er es, und er und Herr Gerdena — nicht unser junger Herr Wilm — waren sehr vertraut zusammen. Und unseren jungen Herrn Wilm schickten sie immer weg und der wunderte sich, und sagte einmal zu mir: „Onkel hat etwas gegen mich, ich kann aber
nicht Herauskriegen, was er mir übelgenommen hat."
„Hören Sie doch nicht auf das lügnerische alte Weib l" zischte Claas Gerdena, der nun doch die Gewalt über sich verlor.
Die Frau fah ihn groß und ernst an; dann sagte sie in würdevollem Ton: „Der Herr Kammerrat kennt mich."
Claas rannte ans Fenster, trommelte gegen die Scheiben und keuchte vor Aufregung.
„Wissen Sie etwas von dem letzten Testament? Hat Ihnen Ihr Herr etwas darüber gesagt?"
„Kein Wort, wenigstens nicht vorherl Nicht mal, als sie den Herrn Assessor holen ließen, der damals für den Herrn Amtsrichter die Amtsgeschäfte besorgte."
Claas kam vom Fenster zurück. Sie wußte nichts. Er atmete auf.
„Sie sagten eben: „wenigstens nicht vorher," Frau Rösner? Also nachher, nachdem er das letzte Testament gemacht, sprach Ihr Herr mit Ihnen darüber?"
„Ja, da mußte ich des Nachts wieder wachen; so lange war Herr Gerdena immer des Nachts allein bei ihm gewesen. Und als ich das erste mal
wieder bei ihm war, sagte er zu mir: „Gottlob, daß ich Sie wieder habe, der Claas ist ja gut und lieb, wie ein rechter Sohn gegen mich, aber er faßt mich nicht so weich an, wie Sie und er legt mir auch die Kissen nicht bequem zurecht." Und dabei drückte er so fest meine Hand."
„Und sagte er etwas von dem Testament?"
„Nur zweimal. Aber von Nacht zu Stacht wurde er unruhiger; er hatte früher auch viel ohne Schlaf gelegen, aber nie so schrecklich geseufzt und gestöhnt. Mehrmals nahm er meine Hände und sagte: „Minchen" — so nannte er mich bisweilen — „Minchen, mein Herz ist ganz krank vor Kummer und Leid!" Und ich sagte: „Ach, Herr Probus, zu Kummer oder zu Leid haben Sie doch gar keine Ursache." Dann sah er mich so traurig an und sagte: „Undank ist wie fressendes Gift, und ich sterbe am Undank; glauben Sie es mir." — Aber wer sollte denn gegen Sie Undank haben,"Herr Probus l Bessere Leute können Sie doch nicht haben." Dann schüttelte er den Kopf, sagte nichts und sah todunglücklich aus."
(Fortsetzung folgt.)