den erforderlichen Jrrigationszweck eine geringere Höhe des Jrrigationsdruckes notwendig ist. Es ist sehr wahrscheinlich, daß mit dieser Methode Trägheitszustände des Darmes, wie chronisch ent­zündliche Zustände des Dickdarmes wie der benach­barten Beckenorgane, sowie namentlich auch ge- schwürige Prozesse des Darmes günstig beeinflußt werden können.

Aber die Indikationen dieser Badeanwendung gehen noch weiter, indem man durch verschiedene Zusammensetzung der Einlaufflüssigkeit auf die ganze Konstitution, und durch Veränderung des Stoffwechsels auch auf entfernter liegende Organe einwirken kann. Jedenfalls könnte man durch diese Methode das Darmrohr mit großen Massen ves hiesigen Thermalwassers bespülen und dadurch zur vermehrten Aufnahme der im Wasser wirksamen Stoffe, beispielsweise der Radiumemanation, bei« tragen. Da das Thermalwafser auch eine starke örtliche Einwirkung ausübt, habe ich bereits öfter Klysmen von Thermalwasser bei Darmleiden an­zuwenden versucht, aber bei der Umständlichkeit des Transportes von der Quelle bis zur Wohnung mit dieser Methode keine große Gegenliebe bei den Patienten gefunden. Auch fehlte die so notwendige ärztliche Kontrolle, ob diese Irrigationen in der richtigen Weise stattfinden. Hier hätten wir nun eine Methode, um derartige Irrigationen in aus­giebiger und gutkontrollierbarer Weise ausüben zu lassen. Jedenfalls glaube ich, daß diese Methode in absehbarer Zeit in Krankenhäusern, Sanatorien und Kurorten eingeführt werden wird, und Wild­bad sollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, bei der Schaffung einer neuen Kuranlage auch dieses mit verhältnismäßig wenig Unkosten herstell­bare Kurmittel einzurichlen. Dasselbe würde zweckmäßig dann neben die vorhin erwähnten Vollbäder in einem besonderen Raum unterzu­bringen sein.

Unsere moderne therapeutische Richtung hat sich, weit entfernt von dem in früheren Jahrzehnten vorherrschenden Nihilismus, sogar mehr und mehr dem System der kombinierten Heilmethoden zuge­wendet, weil man gefunden hat, daß die zweckmäßige Vereinigung chemischer u. physikalischer Heilmethoden unter sich oder miteinander die Wirkung der einzel­nen Behandlungs-Componente zu erhöhen imstande ist. Wenn, wie ich hoffe, dem vorliegenden Pro­jekte in dem soeben entworfenen Umfang Rechnung getragen wird, dann wird Wildbad über eine Kur­mittelanlage verfügen, die eine wesentliche Erwei­terung und Ergänzung der bisher vorhandenen Kurmittel mit sich bringt und die seiner Bedeutung als internationalen Bades von Weltruf entspricht.

Wildbad, den 18. Februar 1913.

vr. Grunow.

Die Ereignisse aus dem Balkan.

Wien, 20. Febr. Einer Mitteilung zufolge, die diePol. Korr." von unterrichteter Seite aus Sofia erhielt, hat der bulgarisch-rumänische Gegen­satz nunmehr durch das vermittelnde Eingreifen der Mächte an Schärfe abgenommen. Man glaubt sogar schon, ankündigen zu können, daß die Be­sprechungen von dem Erfolg, zwischen den beider­seitigen Standpunkten eine mittlere Linie zu finden, nicht sehr entfernt seien. Es ist die Annahme gestattet, daß die bulgarische Regierung die Ab­tretung der Stadt Silistria, die sie bis zum Ein­greifen der Mächte durchaus verweigerte, nunmehr unter gewissen Voraussetzungen nicht mehr als unmögliches Zugeständnis betrachten werde.

Bukarest, 21. Februar. Heute findet ein Minifterrat statt, der über die Haltung Rumäniens gegenüber dem letzten Schritt der Mächte ent­scheiden soll.

Petersburg, 21. Febr. Die Pet. Tel. Ag. erfährt von zuständiger Stelle, daß Rumänien und Bulgarien die Vermittlung der Großmächte bereits angenommen haben.

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Konstantinopel, 20. Febr. Ein amtlicher Kriegsbericht besagt: Gestern nach Mitternacht wurde Adrianopel sehr schwach beschossen. Die Lage vor Tschataldscha und Gallipoli ist unverändert. Mahmud Schefket Pascha wird nach Bulair gehen, wie es heißt, um die Befestigungen zu besichtigen. Es ist auch möglich, daß ein neuer Aktionsplan erörtert werden soll. Ueber einen neuen Landungs­versuch erzählt ein heute eingelroffener Schiffskapitän, einige Tausend Mann unter Enver seien nördlich von Gallipoli gelandet, durch eine List der Bulgaren ins Innere gelockt und unter beträchtlichen Verlusten zurückgetrieben worden. Mehrere Transportschiffe mit Truppen sollen gestern nach dem Golf von Jsmid zurückgekehrt sein.

Konstantinopel, 21. Febr. Nach Aus­sagen von Reisenden, die aus Bugados am Marmara­meer hier eingetroffen sind, bildet Bugados den

äußersten, von den Türken vor Tschataldscha be­setzten Punkt. Die türk. Linien dehnen sich bis zur Anhöhe von Araptepe aus, die Bugados be­herrscht. Dagegen halten die Bulgaren die gegenüber­liegende Anhöhe besetzt, die Silivri beherrscht. Auch Silivri befindet sich in den Händen der Bulgaren. Vor Gallipoli stehen etwa dreißig Transportschiffe mit den türk. Truppen, die vor­gestern den vergeblichen Landungsversuch bei Scharköj unternommen hatten. Sie warten darauf, an Land gebracht zu werden.

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Montenegro hat durch seinen Gesandten im englischen Auswärtigen Amt erklären lassen, daß es auf Skutari niemals verzichten werde.

Die vereinigten serbischen und montene­grinischen Truppen haben infolge der schweren Verluste und angesichts der Unwahrscheinlichkeit, mit der zurzeit zur Verfügung stehenden Belage­rungsarmee Skutari zu nehmen, eine neue Kampfpause eintreten lassen, um den erschöpften Mannschaften Ruhe zu gönnen und das Eintreffen neuer serbischer Truppen und Belagerungsgeschütze abzuwarten. Es ist nicht mehr zu verhüllen, daß der erste Generalansturm gegen Skutari mit einer Schlappe der Verbündeten geendet hat, die mit verhältnismäßig ungeheuren Opfern militärisch nicht sehr wertvolle Positionen am Bardanjolt einnahmen, im übrigen aber von den Türken zurückgeworfen wurden. Die türkische Artillerie hat sich nach Berichten objektiver militärischer Augenzeugen in den drei Tagen, an denen der Grneralsturm mit größter Wucht erfolgte, als weitaus überlegen er­wiesen. Das Feuer der türkischen Batterien rich­tete unter den anstürmenden Truppen furchtbare Verheerungen an.

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Athen, 21. Febr. Bei Metzovo haben am Mittwoch türkische Truppen gemeinsam mit Ab­teilungen von Irregulären das griechische Lager von Devreutza angegriffen. Sie sind aber unter großen Verlusten in der Richtung nach Christo- witza zurückgeschlagen worden. Bei Bisam dauert der Artilleriekampf fort, das Feuer der türkischen Batterien ist aber nur schwach.

Aus Württemberg.

Stuttgart, 21. Febr. Der Gesetzentwurf über die Kinomatographenlheater, der zuerst der Ersten Kammer zugegangen ist, bestimmt, daß zu öffentlichen Lichtspielvorstellungen nur solche Films verwendet werden dürfen, die von der Landesstelle geprüft und zugelassen sind. Für anderwärts poli­zeilich zugelassene Bilderstreifen kann das Mini­sterium allgemeine Ausnahmen gestatten.

Stuttgart, 21. Febr. Ein Stuttgarter Bau­krach zieht, Blättermeldungen zufolge, immer drohender heran. Auch bei den Architekten Gebr. Kärn wurde versucht, mit 10 Prozent schreibe zehn Prozent mit den Gläubigern abzumachen, bisher erfolglos. Weitere Fallissements werden folgen.

W e i l d e r st a d t, 21. Febr. Als der Mus­ketier Siegle vom Jnf.-Rgt. Altwürttemberg Nr. 121 in Ludwigsburg, der im 2. Dienstjahr dieser Tage gestorben ist, beerdigt wurde, fiel der Grabstein um und begrub das 11 Jahre alte Mädchen des Wagners Karl Lutz unter sich. Das Kind wurde am Kopf sehr schwer verletzt, so daß wenig Hoff­nung auf Erhaltung des Lebens besteht. Der Unfall ereignete sich in dem Augenblick, als der Kompagniechef des Verstorbenen, Hauptmann Breu- ning, dem braven Soldaten herzliche Worte ins Grab nachsandte.

Sulz a. N., 21. Febr. Wie das K. Ober­amt bekannt macht, ist letzten Samstag in dem Wäldchen unterhalb des Gähnenden Steins der Körper eines unbekannten Mannes gefunden worden. Der Kopf war vom Rumpfe getrennt. Um den Hals war ein Garbenseil geschlungen. Mitteilungen über die Persönlichkeit des Unbekannten, der schon längere Zeit an der genannten Stelle gelegen sein muß, werden an das Oberamt erbeten.

Kleinengstingen, 21. Febr. Inden letzten Tagen wurde hier eine Buche gefällt, die einen Durchmesser von 1.50 Meter hatte und neben einem großen Haufen Reisig etwa 15 Raummeter Brenn­holz lieferte.

Aus dem Reiche.

Berlin, 20. Febr. Die Budgetkommission des Reichstags hat gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, des Polen und des Elsässers die erste Rate zum Neubau der kaiserlichen Jacht Hohenzollern" bewilligt. Der antimonarchische Zweck der sozialdemokr. Taktik trat hiebei deutlich in dem Verfahren hervor, den Kaiser alsAma­teur-Seefahrer" zu behandeln, der von der Marine eigentlich nichts verstehe.

Berlin, 21. Febr. Der Reichstag hat gestern die sog. Ostmarkenzulage, welche einzelnen

Beamtenkategorren in Deutsch-Polen usw. 10 Pro« zent Gehaltszulage ausmachte, abgelehnt.

Berlin, 21. Febr. Die neue Heeresvorlage ist, wie eine zuweilen amtlich benützte Korrespondenz mitteilt, doch schon soweit vorbereitet, daß sie noch früher zur Vorlage an den Reichstag gelangen wird, als man bisher angenommen hat.

Berlin, 21. Febr. Eine neue Besitzsteuer­vorlage beabsichtigt das Reichsschatzamt dem Bundes­rat vorzuschlagen: eine Vermögenssteuer und eine Erbschaftssteuer. Die Absicht einer Verbindung von Vermögenszuwachs- und Erbzuwächssteuer soll aufgegeben worden sein.

Berlin, 21. Febr. Während die angebotene Vermittlung der Großmächte zur Schlichtung der bulgarisch-rumänischen Streitfragen den gestrigen Börsen eine leichte Entspannung der politischen Lage zu bedeuten schien, wirkte später die Nachricht von der Ernennung Delcassks zum französischen Botschafter in Petersburg stark drückend auf die Stimmung namentlich der Berliner Börse. Die bis dahin recht feste Stimmung schlug plötzlich ins Gegenteil um. Die Hauptwerte büßten dadurch in rascher Folge ein. Die Wiener Börse verhielt sich am Schluß abwartend bei ruhigem Verkehr.

Berlin, 21. Febr. Die Nordd. Allg. Ztg. schreibt: Die Kaiserin wird mit der Prinzessin Viktoria Luise demnächst zu einem Besuch des Herzogs und der Herzogin von Cumberland in Gmunden eintreffen. Der Herzog und die Herzogin von Cumberland werden im Lauf des Monats März dem Kaiserpaar einen Besuch in Potsdam abstatten.

Einen Warenschwindel in Höhe von 100 000 Mk. begingen drei Leute, indem sie Bahn­ladungen verschiedener Waren nach größeren Städten bestellten und sie dort verschleuderten. Einer, der Schulze zu heißen angibt, wurde in Frank­furt a. M>, und die beiden anderen gestern in Hamburg verhaftet. Bei ihnen wurden Pfand­scheine über in London versetzte Waren gefunden.

Wiesbaden, 21. Febr. In einem Anfall von Geistesstörung durchschnitt der Metzgermeister Nassauer in Wehen seiner 17jährigen Tochter mit einem Metzgermesser dev Hals und verletzte das im Bett liegende Dienstmädchen erheblich. Auch seine Frau, die sich heftig zur Wehr setzte, ver­wundete er. Darauf durchschnitt Nassauer sich selbst den Hals. Die Tochter ist tot; an dem Aufkommen des Dienstmädchens wird gezweifelt.

Hamburg, 20. Febr. In der Ringstraße stießen zwei Straßenbahnwagen zusammen, wobei 4 Personen so schwer verletzt wurden, daß sie ins Krankenhaus geschafft werden mußten.

Dortmund, 20. Febr. Von dem bei dem Grubenunglück auf der ZecheMinister Achenbach" verunglückten 48 Bergleuten sind gestern die bisher noch nicht geborgenen Leichen zweier Verunglückten zutage gefördert worden.

Mülheim (Ruhr), 20. Febr. Gestern früh nach 6 Uhr näherte sich in der hiesigen St. Engel­bert-Kirche ein polnischer Arbeiter dem Beichtstuhl, anscheinend um zu beichten. Plötzlich zog er ein Gewehr hervor und tötete den im Beichtstuhl sitzenden Missionspater Wengeler durch einen Schuß. Der Mörder wurde festgehalten. Es ist der 33 Jahre alte unverheiratete Bergmann Hermann Wienand, der gestand, die Absicht gehabt zu haben, den Pfarrer Wetter zu erschießen. Er irrte sich aber in der Person, da der Pater im Beichtstühle des Pfarrers saß. Der anscheinend Geistesgestörte gab an, daß er sich an dem Pfarrer habe rächen wollen, der ihm vor vier Wochen seinen Schutz­engel gestohlen habe. Alle kirchlichen Handlungen in der Kirche wurden eingestellt, da die Kirche neu geweiht werden muß.

Ka 1 towitz, 20. Febr. In der Nacht des 19. Februar ist bei Kilometer 198 der Strecke Kunigundenweiche-Schöppinitz der Schlepper Schiron durch Ueberfahren getötet worden, indem der Kopf vom Rumpf getrennt wurde. Ob ein Unfall oder Selbstmord vorliegt, muß die Untersuchung ergeben. Nach späteren unbestätigten Meldungen soll es sich um ein Verbrechen handeln. Man nimmt an, daß di« Leiche auf die Schienen gelegt worden ist. Zwei Personen sind verhaftet worden.

Wie dasMemeler Dampfboot" aus Nidden erfährt, wurden am Mittwoch etwa 100 Fischer mit ihren Gezeugen, Schlitten und Pferden, welche auf das Eis des Kurischen Haffs zum Fischen aus­gegangen waren, von dem starken Westwind auf einer Eisscholle nach der litauischen Seite des Haffs 3 Kilometer weit abgetrieben. Nach einer um 7 Uhr abends eingetroffenen Meldung ist es gelungen, sämtliche Fischer mit 16 Pferden und allem Ge- zeug zu reiten. Der Fischmeister war mit einem Boot an die Scholle herangefahren und es wurde durch eine Eisscholle eine Verbindung mit dem festen Eis hergestellt.