Washington, 30. Nov. Wie das Staats­departement bekannt gibt, war das von ihm aus­gegangene Anerbieten von Truppen zum Schutz der Fremden und zur Sicherung der Verbindung zwischen Peking und der See nicht an China, son­dern an das Kollegium der fremden Gesandten in Peking gerichtet.

Der italienisch-türkische Krieg.

Nach oberflächlicher Schätzung wurden während des Kampfes am Montag, über den wir berichteten, 1000 Italiener außer Gefecht gesetzt. Am Diens­tag gingen die Italiener bei Tagesanbruch wieder vor. Die Türken hatten nachts ihre Positionen ver­schanzt. Das Gefecht war sehr heftig und dauerte bis Mittag.

Tripolis, 1. Dez. Die von den Italienern neugewonnenen Stellungen sind durch die Gefechte am Sonntag und Montag Ist? Kilometer südwärts und westwärts vorgeschoben worden, während die Eroberung des östlichen Teils der Oase noch viel Blut kosten wird. Von einem deutschen Korrespon­denten wurden bei einem Ritt in dem neueroberten Terrain erschütternde Beweise von Grausamkeiten wahrgenommen, die von den Arabern an gefangenen Italienern verübt worden waren. In einer Moschee waren 2 Italiener gekreuzigt, andere entmannt, andern die Augen und die Zungen durchbohrt. Der Korrespondent bemerkte etwa ein halbes Hundert solcher Verstümmelten.

Tripolis, 30. Nov. Die begonnenen Ar­beiten zur Verstärkung der neuen italienischen Stel­lungen werden fortgesetzt, während der Feind immer wieder versucht, störend einzugreifen. Wegen des zu starken Windes können die Aeroplane und Drachenballons nicht aussteigen. Taatura wurde beschossen.

Bei dem letzten Gefecht bei Benghasi hatten die Italiener 32 Tote und 44 Verwundete, der Feind 150 Tote, darunter 2 Offiziere, und eben­soviel Verwundete. Ein italienisches Wachtschiff brachte in der Nacht vom Kap Adrian den grie­chischen SeglerSan Nikola" mit Kontrebande auf. Er wurde nach Benghasi geschleppt. Aus Homs, Derna und Tobruk ist nichts Neues zu melden.

Ein italienisches Kriegsschiff hat mit dem Bom­bardement des Forts Schoch Said, annähernd 2 Meilen östlich von Perim, an der Grenze des Jemen gegen den britischen Teil von Südwestara­bien, begonnen. Die Beschießung dauert an. Seit Donnerstag vormittag wird auch Mokka, etwa 100 Irin weiter nördlich, von den Italienern be­schossen.

Konstantinopel, 1. Dez. Im Ministerium des Aeußern wird erklärt, daß nach amtlichen Tele­grammen die englische Mittelmeerflotte im Aegäi- schen Meer kreuze und die Bewegungen der ita­

lienischen Flotte überwache. Eine französische Flotte kreuze vor den syrischen Häfen.

sWas italienische Soldaten in Tripolis erzählen.^ Wenn man in Augen­blicken der Waffenruhe durch die Schanzen um Tri­polis schlendert und hier und dort stehen bleibt, um den Unterhaltungen der Soldaten zu lauschen, so hört man, wie Giovanni Piazza in derTri­buns" berichtet, von den ungewöhnlichsten Bei­spielen der Tapferkeit und der Todesverachtung, wie von etwas Selbstverständlichem und Alltäg­lichem sprechen. Der Korrespondent Piazza be­lauschte ein Gespräch zwischen zwei Infanteristen, die von ihrem Kompagnieführer, dem Hauptmann Robino, plauderten. Während die Mannschaften dem Befehle ihres Führers getreu sorgsam Deckung suchten und nur langsam zielend feuerten, stand der Hauptmann aufrecht hinter den Schanzgräben und bot daher dem feindlichen Feuer ein besonders verlockendes Ziel: Plötzlich sehe ich, wie der Helm des Hauptmanns zittert; der Hauptmann nimmt ihn ab, man sieht, eine Kugel ist durch den Helm gegangen; aber unser Hauptmann betrachtet ganz ruhig das Loch und setzt dann gemächlich den Helm wieder auf, ohne sich vom Platze zu rühren. Eine Minute später wiederholt sich das, wieder schlägt eine Kugel quer durch den Helm. Und wieder nimmt unser Hauptmann den Helm ab, schaut sich die Schußöffnuug an und setzt ihn wieder auf. Aber er blieb ganz ruhig stehen. Von dem Leutnant Corti erzählen zwei Soldaten, die ihm zu einer kleinen Mauer folgten, die be­sonders unter dem feindlichen Feuer zu leiden hatte. Der Offifier befahl seinen Leuten, sich aufs sorgfältigste zu decken, und wenn sich einer von ihnen aus der Deckung herauswagen wollte, gab es einen strengen Verweis. Nur er selbst stand hoch aufgerichtet, überwachte seine Leute und be­obachtete den Feind, bis eine Kugel in die Stirn ihn tot niederwarf. Vom Hauptmann Coralli erzählen die Soldaten, wie er im schlimmsten feindlichen Feuer gemächlich zu Fuß bis zu den feindlichen Verschanzungen ging, sich hier umsah und dann ebenso langsam zurückschlenderte. Er hing dabei seinen Säbel aus und ließ die Scheide im Sande hinter sich Herschleppen, während rings die Geschosse einschlugen und Staub aufwirbelten.

Der Kriegskorrespondent desJournal" be­richtet seinem Blatte über die furchtbaren Grau­samkeiten, die von den Türken an gefangenen Ita­lienern verübt wurden, noch folgendes: Ich komme soeben von Henni zurück und fühle mich noch ganz krank von dem Furchtbaren, was ich gesehen habe. Es übertrifft an Grausamkeit alles, was man sich denken kann. In einer Moschee sah ich 17 gekreuzigte Italiener, deren Lerchen einen so verzerrten Ge­sichtsausdruck aufwiesen, daß man sich denken kann, welche unaussprechlichen Qualen diese Armen zu

erdulden hatten. Fleischfetzen hingen ihnen vom Leib. Entsetzliche Amputationen waren an ihnen vorgenommen worden. Der Hals war ihnen mit langen Palmzweigen durchbohrt. Auch gefangene italienische Offiziere wurden Opfer gräßlicher Grau­samkeiten der Türken. Man hat sie an Mauern gebunden, ihnen die Augen zugenäht und so lang­sam sterben lassen. Die meisten der verstümmel­ten Körper waren völlig ungekleidet. Im Fried­hofe non Gheni, wo sich die Türken verschanzt halten, dann aber zurückgeworfen wurden, sah ich fünf italienische Soldaten, welche bis zum Kopfe in die Erde eingegraben waren. Den Kopf vornübergeneigt, boten ihre Leichen einen schaurigen und erschütternden Anblick. Das Bluff das ihnen aus Mund, Nase und Ohren gedrungen war, hatte die Erde rot gefärbt. Die Gcsichtszüge der Lebendigbegrabenen waren völlig verzerrt. Das Schauspiel, das ich gesehen habe, werde ich mein ganzes Leben nicht vergessen.

Strand: uoniü

" der Stadt Wildbad

vom 25. Nov. bis 2. Dez. 1911.

G eburten:

21. Nov. Aldinger, Ludwig Gottfried, Taglöhner hier, 1 Sohn.

30. Nov. Mayer, Karl Robert, Zimmermann hier, 1 Tochter.

Eheschließungen:

30. Nov. Haag, Ernst August, Holzhauer in Sprollen­haus, und Beilharz, Mina, in Sprollenhaus.

Miabaa.

In deinen Wäldern fand ich Frieden, Sie führten mich dem Gotte zu.

Der mir die tiefste Seelenruh'

Und Geist von seinem Geist beschieden. In deinen Wäldern fand ich Frieden: Dort wurd' in stiller Einsamkeit Mein Geist vom Erdenbann befreit.

Vom finstern Alltagsdruck gescyieden.

In deinen Wäldern fand ich Frieden.

Im Zcdwarrwaia.

Dort geh' ich gern, ganz in Gedanken, Durch trüumendstille Wälderpracht,

Wo ich von unbekannter Macht Enthoben aller Erdenschranken.

Da, wo verstummt der Lärm der Gassen, Wo nur ein liebeleises Lied Aus Vogelkehlen heimwärts zieht.

Sucht meine Sehnsucht Halt zu fassen. Als wenn im Wälderwunderweben Sich meine Seele still verloren.

Glaub' ich der Erde zu entschweben ^ Dort, wo mein Sein sich neugeboren, Wurd' mir mein stilles Lied gegeben, Wurd' ich zum Sänger auserkoren. . . .

Ernst Kraust, Satteldarf

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