olgt, die aber nur leichter Natur waren und keinen Schaden anrichteten.

Onstmettingen, O.A. Balingen, 19. Nov. Das Erdbeben beschädigte eine Menge Kamine und Dächer. Gebäude erlitten vielfach Risse, besonders stark die sogenannten massiven Häuser. In derLammbrauerei" Ehr. Lell und Sohn stürzten im Lagerkeller von der oberen Reihe 7 Fässer herunter, die alle demoliert wurden.

Hechingen,18. Nov. Die starken Beschädig­ungen an Häusern infolge des Erdbebens sind da­durch gekennzeichnet, daß der Unterricht in der Präparanden- und höheren Mädchenschule ausfallen mußte, weil die Gebäude und die Klassenzimmer erst von dem Schutt gereinigt werden mußten. In der schwer beschädigten Synagoge konnte heute kein Gottesdienst gehalten werden. Die Häuser sahen zum Teil aus, als wären sie beschossen worden. Auch Vorträge und Veranstaltungen wurden wegen der allgemeinen Aufregung abgesagt. In der Feinmechanischen Fabrik der Gebrüder Bosch in Jungingen sehen die feinen Apparate in den Kästen aus, als wären sie mit Dreschflegeln bearbeitet worden- Das Schul- und Rathaus wurde schwer beschädigt.

Hechingen, IS. Nov. Vergangene Nacht wurden wieder einige Erdstöße verspürt, von denen 3.10 Uhr der kräftigste war. (Auch in Stuttgart wurden 2 dieser Stöße wahrgenommen.) Nach starkem Barometerfall ist heute abend Schneefall eingetreten. Wie sich herausstellte, hat der Bi- schoststurm auf der Burg Hohenzollern so schwere Sprünge und Risse erhalten, daß deren Beseitig­ung längere Zeit in Anspruch nehmen wird und unter einem Aufwand von 20000 Mk. nicht durch­geführt werden kann. Ein eigentümliches Ge­sicht infolge des Erdbebens zeigt der Kirchturm in Vilsingen, der in einem Teil eine Verschiebung durch das Erdbeben erfahren hat, während Grund­sockel und Spitze nach der anfänglichen Hebung durch das Erdbeben wieder in ihre ursprüngliche Lage einrückten.

Leutkirch, 17. Nov. Der Kunstmüller Rau ist gestern abend auf dem Heimweg beim Bahnübergang unter der Eisenbahnbrücke infolge des Erdbebens in die Eschach gefallen und ertrunken. Die Leiche konnte heute früh geborgen werden.

K o nst an z. Aus Schrecken über das Erd­beben ist der Priv. August Beutter am Herzschlag gestorben.!

Heidelberg, 19. Nov. DasHeidelb.Tgbl." wendete sich an den Ordinarius für Geologie der Heidelberger Universität, Professor Dr. Salomon, der sich über das Erdbeben wie folgt äußert:Es handelt sich bei dem verspürten Beben um ein von mir wiederholt vorausgesagtes tektonisches Beben, dieselbe Erdbewegung, die mit der Gebirgsbildung im Zusammenhang steht. In den letzten 14 Jahren sind bereits wiederholt derartige Beben in stärkerem Maß auch hier verzeichnet worden. Es sind dies somit keine seltenen Erscheinungen, sie treten meist allerdings nur so schwach auf, daß sie nicht allgemein verspürt werden. Eine Voraussage, ob das Beben alsbald in stärkerem Maße wiederholt auftreten könnte, ist unbestimmt zu geben. Erfahrungsgemäß treten die Erderschütterungen bei uns aber im all­gemeinen nur so schwach aus, daß ernstliche Be­fürchtungen der Bevölkerung nicht begründet sind.

Freiburg, 17. Nov. Das Erdbeben be­wegte die Glocken auf den Kirchen.

Augsburg, 17. Nov. Leider hat das gestrige Erdbeben, welches sonst hier wenig Schaden an­richtete, ein Menschenleben gefordert. Ein in den fünfziger Jahren stehender Mann kam vor Schrecken im Bett um.

Das Erdbeben hatte auch einige humoristische Vorkommnisse im Gefolge. In einem Hause in U l m läutete die eben heimkehrende Frau an der Hausglocke, um den Mann zum Oeffnen der Haus­

türe zu veranlassen.Kathrei, reiß et so a', es wackelt ja 's ganze Häuslei" rief der erschreckte Gemahl aus dem geöffneten Fenster herab. In Offenhausen erhielt ein Bauer von seiner Frau eine kräftige Ohrfeige, weil sie der Meinung war, ihr Mann habe aus Spaß die Bettlade gelupft. Ein Bauer im Calw er Gäu begab sich gleich nach der Erderschütterung schlankweg in den Stall und prügelte sein Vieh durch mit den Worten: I will e'ch nahstau, ihr Viecherl Mueß denn der ganz Stall eig'rissa seil"

Rottenhurg, 18. Nov. (Fata morgana.) Ein wundersames Schauspiel bot sich früh gegen 7 Uhr nach der Erdbebennacht den Fußgängern über den Wehrsteg dar. Der ganze Teil gegen Tübingen zu schien einem hellblauen Meere zu gleichen, in dem sich grüne Inseln befanden. Auf diesen bemerkte man Villen und auf einer Insel einen hohen Berg, wo sich ein Schloß erhob. Der Himmel dagegen war von prachtvoller purpur­roter Farbe mit braunen und grünen Streifen durchzogen. Das Schauspiel dauerte eine halbe Stunde.

(Erdbebenmessung.) Der Grundge­danke der Erdbebenmesser oder Erdbebenregistrier­apparate, von denen es verschiedene Systeme gibt, ist folgender: Ein viele Zentner schwerer, in einem tiefen Schacht hinabtauchender Pendel ist so fein aufgehängt und hat ein so großes Eigengewicht, daß er bei allen Erderschütterungen seine Ruhe­lage behält. An ihm ist eine Stahlspitze befestigt, die auf einem Papierstreifen hingleitet, dessen Ständer auf der Erdoberfläche ruht. Wird nun die Erde erschüttert, so wird die Stahlspitze davon nicht berührt, wohl aber macht der Papierstreifen die Schwankungen mit und der Stahlgriffel ruft auf dem sich hin und herschiebenden Streifen Zick­zacklinien hervor, die das Erdbeben anzeigen und zwar nach Zeitfolge und Stärke. An Stelle dieser selbstregistrierenden Seismographen waren früher die Seismometer, z. B. Quecksilberschalen, aus denen auch bei leisen Erschütterungen Teile des Quecksilbers in bestimmte Rinnen des Beckenrandes liefen, woraus man Stärke und Richtung des Stoßes schätzen konnte.

Nimascbaii.

Stuttgart. (Verein für Zeppelinfahr­ten) Bei der gestrigen 2. Auslosung einer Zep­pelinfahrt wurden folgende Mitglieder für eine Fahrt gezogen: Bauunternehmer Krisch, Stuttgart; Direktor Manfred Franck, Stuttgart; Apotheker Hermann Speidel, Stuttgart; Kaufmann Karl Antweiler, Stuttgart; Kaufmann Ernst Herthnik, Stuttgart; Malermeister August Rembold, Stutt­gart; Geschäftsführer Hugo Schreiter, Stuttgart; Dr. L. F. Schalter, Stuttgart; Dentist Willy Schmid, Stuttgart; Kaufmann Max Heumann, Cannstatt; Fabrikant Karl Seeger, Cannstatt; Julius Würzburger, Cannstatt; Bauwerkmeister E. Schuhkraft, Heilbronn; Obermusikmeister Her­mann Eschrich, Heilbronn; Rechtsanwalt Fr. List, Reutlingen; Fabrikant Jos. König, Gmünd; Kauf­mann Alfred Koch, Offenbach a. M. Infolge des schlechten Wetters ist die Rückfahrt des Luftschiffes Schwaben" nach Baden-Baden noch sehr unbe­stimmt, sodaß der Tag der 2. Vereinsfahrt noch nicht festgesetzt werden kann.

Stuttgart, 18. Nov. Der von dem Irr­sinnigen in der Stitzenburgstraße ins Auge geschossene Schutzmann Rothfuß ist gestern abend 6 Uhr im Katharinenhospital seinen schweren Verletzungen erlegen.

Eßlingen, 20. Nov. Anscheinend aus Gram über den Tod seiner Frau hat sich ein Witwer in Hegensberg in seiner Wohnung erschossen.

Nagold, 20. Nov. Heute nacht starb nach nur achttägiger schwerer Krankheit in der Blüte

der Jahre Herr Seminarlehrer Weber." Leutnant der Reserve. Der Verstorbene erfreute sich beim Lehrkörper sowohl als bei den Seminaristen und iu allen Kreisen der Einwohnerschaft aufrichtiger Sympathien; die Nachricht von seinem Tode wird überall schmerzliche Gefühle auslösen.

Fünfbronn, 17. Nov. Michael Müller feierte dieser Tage mit seiner Gattin Eva Maria geb. Wurster im Kreise von Kindern und Kindes­kindern das Fest der goldenen Hochzeit. Beide Eheleute erfreuen sich einer guten Gesundheit. Sie stehen im 80. und 72. Lebensjahr.

Horb, 19. Nov. Das Elektrizitätswerk Weitenburg G. m. b. H. ist nunmehr gegründet worden. Gesellschafter sind Freiherr v. Raßler, die Firma Otto Höhns in Stuttgart und die Maschinenhandlung I. Vögele in Horb. Mit dem Bau des Werks wird sofort begonnen.

Rottweil, 18. Nov. In der zur hiesigen Zweigniederlassung der Köln-Rottweiler Pulver­fabriken gehörigen Detrylfabrik ist ein Nitrirtopf explodiert, wobei der 30 Jahre alte verheiratete Fabrikarbeiter Johann Hirth von Zimmern getötet wurde. Ein beträchtlicher Schaden wurde sonst nicht angerichtet.

Hohenstaufen, 19. Nov. Während der Abwesenheit der Eltern fanden die kleinen Kinder des Taglöhners Christian Stohrer trotz vorsichtiger Aufbewahrung den Schlüssel zur Kommode, wo die Zündhölzer verwahrt waren. Damit zündeten sie Kerzen an. Plötzlich fing das Kleid des 3*/,jährigen Söhnchens Hermann, das noch gesagt haben soll:Gucket no, jetzt brennt au mei Schurz nol" Feuer. Als sich aber das Feuer mehr auS- ! dehnte, flüchtete das Kind auf die Straße und brannte lichterloh. Ein eben vorbeifahrender Arzt bemerkte dies und eilte sofort zu Hilfe, indem er seinen Mantel, welcher beinahe auch ganz ver­brannte, über das Kind deckte. Die Kleider des Kindes fielen wie Zunder vom Leibe und ganze Stücke Haut hingen dran. Das Kmd mußte so­fort ins Krankenhaus Göppingen geschafft werden, wo es aber gestorben ist.

Grünsfeld (A. Tauberbischofsheim), 17. Nov. In dem erst kürzlich durch eine schwere Brand­katastrophe heimgesuchten Ort trat durch den hef­tigen Erdstoß 10 Uhr 30 Min. Kurzschluß der elektrischen Leitung ein, wodurch ein Großfeuer entstand. 7 Wohnhäuser wurden ein Raub der Flammen, 50 Menschen sind obdachlos. Zum Glück ist alles versichert.

In Sangerhausen ist am Sonntag morgen die große Aktien-Malzfabrik mit etwa 100000 Ztr. Vorräten an Malz und Gerste niedergebrannt. Bei den Löscharbeiten sind 3 Personen ums Leben gekommen.

Berlin, 10. Nov. Die Budgetkommisston des Reichstags setzte heute ihre Beratungen über das Marokkoabkommen fort. Der Vertreter des preußischen Kriegsministeriums erklärte über die schwarze Gefahr, in absehbarer Zeit werde man nicht damit rechnen müssen, daß durch die Besetzung Marokkos schwarze Kräfte in erheblichem Maß dem französischen Staat für militärische Zwecke Zuwachsen werden.

Der Reichstag hat nunmehr nach teil­weise hitzigen Debatten das Schiffahrtsabgabengesetz zu Ende beraten und in der Hauptsache auch an­genommen. Die Kanalisierung der Mosel und der Saar wurde jedoch abgelehnt.

Berlin, 18.-Nov. Der Forschungsreisende Oberleutnant Grätz, der zur Zeit eine Durchquer­ung Afrikas im Motorboot unternimmt, ist mit seiner Expedition im Kongobecken von einer Herde wilder Büffel überfallen worden. Sein Begleiter, ein Franzose, der sich mit der kinemathographischen Aufnahme wilder Tiere befaßte, wurde getötet Grätz selber schwer verletzt)

Du liebst nicht, Claus, sonst würdest Du viel­leicht anders denken."

Ein harter, unerbittlicher Ausdruck kam in den Mienen des Offiziers zum Vorschein.

Wenn Else wirklich so schwach sein sollte", erwiderte er,wenn sie nicht selbst begreifen sollte, daß wir mit dem ehemaligen Sträfling keine Ge­meinschaft haben können, so ist es unsere Pflicht, zu handeln und über ihre und unsere Ehre zu wachen. Ich könnte keinen Tag länger Offizier bleiben, wenn ich mir sagen müßte, ich habe einen Menschen in der Familie, der", der Sprechende schüttelte sich unter dem heftigen Widerwillen, den er in allen Nerven empfand.

Ueber des alten Herrn Gesicht lief ein heftiges Erschrecken.

Du meinst", stammelte er,daß Du Deinen Abschied würdest nehmen müssen?"

Aber selbstverständlich, Papa! Meinst Du, ich könnte mich der Gefahr aussetzen, daß einer an mich herantrete und mir sagte: Ihr Schwager, Leutnant Wollmar, hat ja wohl im Gefängnis gesessen? Ich wäre von der Stunde an in der Armee unmöglich."

Professor Wollmar wiegte sorgenvoll sein Haupt.

Dann freilich", murmelte er,arme Elsel"

Der alte Herr starrte nachdenklich vor sich hin.

Claus Wollmar schritt im Zimmer auf und ab. Endlich erhob der Professor mit einer Geberde der Verzweiflung seine beiden Arme:

Wie werden wir es ihr nur sagen?"

Der Offizier blieb stehen.

Diese Aufgabe muß Mama übernehmen", erwiderte er.Ich will unterdessen zu Lehnhard hin."

Wäre es nicht besser, es ihm schriftlich mit- znteilen?" wandte der Professor ein.

Bequemer wär's, gewiß! Aber ich fühle doch eine gewisse Verpflichtung, ihn anzuhören und mir von ihm bestätigen zu lassen, was ich von Worbeser erfahren habe, damit auch nicht mehr der Schatten eines Zweifels bestehen bleibt."

Der alte Herr nickte ergeben.

Wie Du denkst, Claus."

V.

Frau Lehnhard öffnete dem Leutnant. Ihr gutmütiges, alte- Gesicht erglänzte vor Freude.

Ah, Sie Herr Leutnant . . ., wie geht es denn Elschen?"

Claus Wollmar mußte sich Gewalt antun, die Frage freundlich zu beantworten.

Ich danke. Gut." Er küßte der alten Dame wie immer die Hand.

Viktor rüstet sich eben zum Ausgehsn", fuhr sie gesprächig fort.Er wollte natürlich zur Braut."

Sie lächelte.

Also ist er schon zu Hause?" fragte der Leut­nant schnell.

Gewiß." Sie legte ihre Hand auf die Klinke, die zu ihres Sohnes Zimmer führte, und öffnete.

Viktor", rief sie hinein,Herr Leutnant Woll­mar ist da!"

Ein Zucken der Ueberraschung und eines ge­heimen Schreckens lief über Viktor Lehnhards Züge. Aber er faßte sich rasch und ging dem Eintreten- (den rin paar Schritte entgegen.

^ (Fortsetzung folgt.)