Die Schaufliege wurden sofort abgebrochen und die Flaggen eingezogen. Als Ursache des Sturzes wird angegeben, Lämlin wollte dem über ihn hinwegfliegenden Hirth ausweichen, streifte dabei eine Pappel uud verlor das Gleichgewicht. Glücklicherweise geschah das Unglück jenseits der Zuschauermenge auf dem freien Platz.
Wiesbaden, 22. Mai. Gestern nacht wurde in einem Privathause eine Spielergesellschaft von 12 Personen verhaftet, die Kurgäste systematisch ausplünderten. Die Falschspieler besaßen gezeichnete Karten; sie gehören anscheinend einer internationalen Falschspielergesellschaft an.
Berlin, 19. Mai. Die deutschen Blumentage. Gegen 1^2 Millionen Mark sind der klingende Erfolg der Blumentage der letzten zwei Wochen in Deutschland. Ein überaus erfreuliches Resultat, wenn man dabei in Betracht zieht, daß diese IV- Millionen eigentlich zehnpsennigweise für die soziale Fürsorge gesammelt worden sind. Die vielen wohltätigen Anstalten, denen diese Blumentagspenden zugeführt werden, dürfen mit solch außerordentlicher Bereicherung ihrer Etats durchaus zufrieden sein, denn durch Veranstaltung von Bällen im Winter oder Hauskollekten sind noch niemals so rasch und einfach derartige Summen zusammengekommen. — Aber auch Handel und Industrie ziehen, wie der „Konfektionär" mitteilen kann, Nutzen aus diesen Blumentagen. Die Blumenindustrie ist gut beschäftigt und die Detailgeschäste hatten durch größeren Verkehr während der Blumentage ein bedeutend lebhafteres Geschäft. Es brachten in den letzten 14 Tagen die Blumentage von: Dresden über 200 000 Mk>, Darmstadt 30 000 Mk., Wiesbaden 50 000 Mk., Frankfurt a. M. 80 000 Mk., München 200 000 Mk., Flensburg 25 000 Mk., Bremen 71 000 Mk., Zürich 100 000 Fr-, Stettin gegen 100000 Mk., Halle a. S. 50000 Mk., Osnabrück 42 500 Mk., Offenbach a. M. 40 000 Mk-, Magdeburg 50 000 Mk., Zwickau 44000 Mk.
— Der Vorsitzende der Deutschen Turnerschaft Geh. Sanitätsrat vr. mack Ferd. Goetz beging am Mittwoch in seinem Wohnsitz Leipzig-Lindenau seinen 85. Geburtstag. Bereits als junger Student gehörte er dem Leipziger Allg. Turnverein an. Im Jahr 1860 leitete er zusammen mit den beiden Württembergern Georgii und Kallenberg, sowie mit Eduard Angrrstein das erste deutsche Turnfest in Koburg, übernahm 1861 bei der ersten Tagung des Ausschusses der Deutschen Turnvereine das Amt des Schriftführers und ist seit 1895 Vorsitzender der Deutschen Turnerschaft.
— Von besonderer Tragik ist es, daß gerade der französische Kriegsminister Berteaux einem Flugunfall zum Opfer fallen mußte. War doch gerade er einer der überzeugtesten Anhänger des militärischen Flugwesens, von dessen eminenter strategischer Bedeutung er durchdrungen war. Davon zeugt eine Äußerung, die Berteaux Anfang März dieses Jahres einen Tag vor dem Ausdruck der letzten Ministerkrise, getan hat, der Krise, die ihn wieder auf den Ministersessel führte. Damals erklärte Berteaux: „Ich betrachte den Aeroplan als ein wunderbares Kriegswerkzeug in französischen Händen. Der Aeroplan ist notwendig geworden, um für die Truppen Aufklärungsdienste zu verrichten. Er kann und wird für Kundschafterzwecke wunderbare Resultate geben. Ich gehe noch weiter: ich glaube, daß beim Angriff Aeroplane eine Kraft bedeuten, deren furchtbare materielle und moralische Effekte man noch nicht ermessen kann. Der Aeroplan ist nach meiner Meinung das großartigste, moderne Kriegswerkzeug. Wir können seine Anwendung gar nicht genug ausbilden. Frankreich ist eine große militärische Macht und Seemacht; aber es muß die größte Luftmacht der Welt werden."
Rom, 23. Mai. Die Krankheit Papst Pius X. ist von seinen Aerzten Dr. Petacci und Prof. Marchiafava klar erkannt, Gicht im Verein mit Adernverkalkung. Ueberaus heftige und schmerzenreiche Anfälle wechseln mit Zuständen der Depression und völliger Hinfälligkeit; die Unruhe läßt nicht zu, daß der Kranke Erholung im Bette findet.
Hur Ztsai unü Umgebung
— Die Dampfstraßenwalze wird vom 22. Mai bis etwa 6. Juni ds. Js. die Staatsstraße Nr. 109, Pforzheim—Wildbad—Schönegründ, zwischen Neuenbürg und Höfen bearbeiten.
Wildbad, 22. Mai. Vom 1. k. Mts. an werden auf hiesiger Station direkte Fahrkarten nach Paris ausgegeben.
s) Wildbad, 27. Mai. Für morgen Abend ist im „Kinematograph Union" wieder ein außerordentlich reiches Programm vorgesehen, aus dem wir nur das eine Stück „Monaldefchi" hervorheben wollen. Am glänzende» Hofe des Sonnenkönigs Ludwig XIV. zu Fontainebleau kehrte seine Cousine Maria Christine von Schweden ein, begleitet von ihrem Günstling Monaldefchi, dem sie ihr Vertrauen
und — ihre Liebe — geschenkt hat. Das Herz des leidenschaftlichen Italieners entbrannte aber in höchster Glut für Fräulein Beaulieu, die Ehrendame, die dem hohen Gaste zum persönlichen Dienst zugeteilt wurde, und welche die Neigung des schönen Mannes erwiderte. Marie Christine, welche durch verschiedene Umstände zu der Gewißheit gelangt, daß Monaldefchi ihr nicht mehr zugetan ist, macht ihre älteren Anrechte an ihn geltend, indem sie ihm nach ihrer Rückkehr in die Heimat die Königs- kroneverspricht-Monaldeschi aber bleibtFrl. Beaulieu treu und wird von Maria Christine in eifersüchtiger Aufwallung mit der Reitpeitsche durch einen Schlag gezüchtigt, als er seiner Braut, die vom Pferde gestürzt ist, Hilfe leistete. Diese unüberlegte Tat Maria Christinens verfehlt aber ihren Zweck, denn fester knüpfen sich die Bande der Liebenden. Sie sinnt auf eine teuflische Rache und dingt zur Ausführung derselben drei feile Kreaturen zum Henkerswerke. Monaldefchi wird von der Herrscherin zu ihr befohlen, angeblich um eine wichtige Sache mit ihm zu besprechen, aber vor der Türe lauern die drei gedingten Kreaturen, um auf einen Wink der Herrscherin Monaldefchi umzubringen. Monal- deschi kommt trotz der Warnung ferner Braut ahnungs- und waffenlos und Maria Christine beschwört ihn nochmals, von Frl. Beaulieu zu lassen, aber er bleibt standhaft. Da weist sie ihn zornig von sich — und vor der Türe fällt der Waffenlose nach kurzem Ringen von Mörderhänden. So endete am 10. November 1657 die glänzende Laufbahn eines Mannes, der nur die Hand nach einer Königskrone ausstrecken durfte und sie dennoch verschmähte, einer echten, tiefen Liebe willen. — Der ganze morgige Film ist 1400 m lang und dauert die Vorführung ca. 1'!r Stunden.
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Der Fsll Welshofen.
Kriminalroman von M. Kossak.
(Forts.) (Nachdruck verboten)
Eine aufregende Scene entstand, die beiden Männer riefen sich Schmähworte zu, die Paula welche der italienischen Sprache nicht mächtig war, nicht verstand, dann fielen sie übereinander her und rangen, Messer blitzten in der Luft und ehe noch andere dazu kamen, und die beiden trennen konnten, sank der eine von ihnen blutüberströmt zu Boden. Gleichzeitig sprang aus der Reihe der Tänzerinnen, gleich einer Tigerkatze, die schöne Anita hervor und riß dem Unglücklichen, der seinen Kollegen verwundet hatte, das Messer aus der Faust, schleuderte es weit von sich und stellte sich vor den leblos Daliegenden in der Stellung einer tragischen Heldin auf. Ihr reizendes Antlitz war von Wut verzerrt und ihre dunklen Augen schleuderten Flammenblitze auf den Täter. Das Publikum achtete ihrer wenig, man schrie nach einem Arzt, der auch aus den Reihen der Zuschauer sich löste und sofort begann, dem Verwundeten Hilfe zu leisten. Der erste Blick auf ihn zeigte Paula, daß es ihr Gatte war. Während sie noch fassungslos über dies Wiedersehen dastand, hatte man den i anscheinend leblosen Rezitator zu verbinden begonnen, um ihn alsdann in das Innere des Hotels zu tragen. Die schöne Anita blieb dicht an seiner Seite.
Jetzt endlich kam auch Paula wieder einigermaßen zur Besinnung; sie überlegte, ob sie sich fortbegeben oder an Ort und Stelle bleiben sollte, bis ihr Gatte wieder aus dem Hause trat. Während sie bis dahin sich immer gesagt hatte, daß sie unter allen Unständen ihm aus dem Wege gehen wollte, schien es ihr jegt, da sie ihn von Angesicht zu lange nicht geschaut, unmöglich, den Abend verfließen zu > lassen, ohne ihn noch einmal zu sehen und von' ihm gesehen zu werden. Endlich entschloß sie sich,! vor dem Hotel seine Rückkehr zu erwarten. Auch - die übrigen Zuschauer vermochten sich nicht von! dem Ort zu trennen, an dem die aufregende! Scene sich abgespielt hatte, denn alle wollten wissen,' wie die Sache enden würde. So saß die junge Frau denn wartend, sich sehnend und doch den Augenblick fürchtend, in dem der Mann, dem, wie sie sich länger nicht verhehlen konnte, immer noch ihre Liebe gehörte, wieder erscheinen würde. Des Unglücklichen, der die Tat vollbracht, achtete sie nicht, erst am folgenden Tage erfuhr sie, daß er verhaftet und von Polizisten fortgeführt war.
Nack Ablauf von fast einer Stunde, die sich Paula endlos dehnte, traten vier Männer, die den Verwundeten auf einer Tragbahre trugen, aus dem Hause. Ihnen folgte Dr. Selken, der — Paula traute ihren Augen nicht — die schöne Anita im Arm hielt und zärtlich auf sie einsprach. Und wie das Mädchen sich an ihn schmiegte, wie sie zu ihm aufsah!
„Den hat sie gefangen!" hörte Paula in ihrer Nähe eine Dame in deutscher Sprache sagen.
„Um ihn so leicht nicht wieder loszulassen," erwiderte eine zweite.
Der jungen Frau dunkelte eS vor den Augen Ihr Hang zur Eifersucht, der ihr und ihrem Gatten so oft schon das Leben zur Hölle gemacht, erwachte von neuem mit alter Kraft und ließ sie allem, was sie sah, eine völlig andere Bedeutung beilegen. Sie vergaß, daß ihr Mann Arzt war, zu dessen Pflichten es am Ende doch auch gehört, nicht nur der Kranken zu warten, sondern auch die denselben Nahestehenden zu trösten, sie überlegte nicht, daß das, was die beiden Damen gesprochen, schließlich nichts weiter als eine mißfällige Bemerkung, wie sie der Augenblick ihnen eingegeben — sie nahm überhaupt nichts wahr, als die beiden aneinander geschmiegten Gestalten, von denen die eine ihr Gatte war, der seinen Arm um eines andern Weibes Leib gelegt. Dieser Anblick aber machte sie toll. Ohne der Vernunft Raum zu geben, verurteilte sie ihn während der Spanne weniger Minuten.
Ihrer heftigen Natur folgend, reiste sie gleich am nächsten Morgen ab. Hinterher kamen ihr wohl verständigere Erwägungen, aber sie verscheuchte sie, wollte nichts mehr von dem Mann wissen, der sich so leicht durch eines fremden Weibes Liebreiz bezaubern ließ. Denn bezaubert war er, wenn auch vielleicht nur augenblicklich, von der Tarantellatänzerin, die Bewunderung mit der er sie betrachtet, ließ sich nicht wegleugnen. Paula aber wollte keinen Mann, der außer ihr noch andere Frauen für anziehend und bewundernswert hielt.
In Deutschland wieder angelangt, warf sie sich mit verdoppeltem Eifer auf ihre Kunst und bei angestrengter Arbeit, welche der Erfolg lohnte, gelang es ihr, ihres Kummers und ihrer Enttäuschung Herr zu werden. Nur in stillen, müßigen Stunden pochte die Sehnsucht mit leisem Finger an ihr Herz.
Dies heute war so eine Stunde und während sie an den verlorenen Gatten dachte, vergegenwärtigte sich ihr auch die Szene, bei der sie ihn zum letztenmal gesehen. Deutlich standen die Gestalten der beiden kämpfenden Männer ihr vor Augen, wieder sah sie die Messer blitzen und vernahm sie die heiseren, aufgeregten Zwischenrufe und das ächzende Atmen der Wütenden. Wie verzerrt das bartlose, gelbe Antlitz des einen schien, wie dem andern die Augen raubtierartig funkelten. Aber diese Augen. —
Paula sprang plötzlich von ihrem Stuhl und faßte sich an die Stirn. Diese Augen, diese wunderbar strahlenden Augen, die selbst in dem Augenblick sinnlosester Wut nicht ihre Schönheit eingebüßt, dies feine, schmale Gesicht von oliven- zelber Farbe mit seinem seltsam geheimnisvollen Ausdruck, das — ja, großer Gott, täuschte sie ihre Erinnerung nicht? — das waren ja die Augen, die Züge ihres italienischen Lehrers, des Signor Lanzani!
Wie oft hatte sie sich gefragt: „Wo habe ich diese Augen, dies Antlitz schon gesehen?" Und immer vergeblich, denn gerade die Augen des jungen Lehrers in der Wilson-Scool hatten sie gehindert, in ihm jenen Artisten aus Neapel wieder zu erkennen, denn die dunklen Sterne, die dazumal so wunderbar, so unheimlich, fast übernatürlich geleuchtet, bedeckte jetzt ein Kneifer. —
Aber wie mochte es zugehen, daß Lsmzanie die Bühne verlassen und sich dem Lehrfach gewidmet hatte? Als Rezitator verdiente er doch sicher viel mehr, als bei der Wilson-Scool, und zweifellos war auch bei der letzteren seine Tätigkeit viel anstrengender. Wäre er nnr nicht plötzlich verschwunden gewesen, so hätte es ihr wohl gelingen müssen, das Rätsel zu lösen. Und wo war er jetzt? War er wirklich verunglückt, wie man allgemein meinte? Etwas in Paula wehrte sich, an seinen Tod zu glauben. Man hätte dann doch eine Spur voll ihm finden müssen, denn heutzutage gab es keine jungfräulichen Bergschluchten und undurchdringliche Urwälder, in denen die Leute ihren Tod finden, ohne daß die Polizei es entdeckt. Wenn gegenwärtig ein Mensch verschwand, so steckte ein Verbrechen oder doch zum mindesten eine Schuld dahinter.
Eine Schuld! Was für eine Schuld? Sie suchte sich alles zu vergegenwärtigen, was sie während der wenigen Unterrichtsstunden, die sie bei Lanzani gehabt, mit ihm geredet, um irgendwelche Anhaltspunkte für die Lösung des Geheimnisses zu finden. Plötzlich stutzte sie, denn es fiel ihr ein, wie seltsam der Italiener gewesen war, als sie ihm von der Ermordung Graf Welshofens erzählt hatte.
Fortsetzung folgt.
Stanöesbrrch-KHrc-nik
vom 20. bis 27. Mai.
Eheschließu «gen:
20. Mai. Rau, Georg Friedrich, Witwer und Straßen- wart in Windhof und Mast, Eva Katharine hier.