Kiefer, Gärtner Wilhelm Faaß, Gipser Adolf, Proß, alle in Calmbach.
— Am 13. Jan. wurde die Wahl des Metzgermeisters Joh. Stieringer in Enztal zum Ortsvorsteher der Gemeinde Enztal bestätigt.
Ebershardt, 16. Jan. Gestern starb Bauer Joh. Friedrich Schmelzte im Alter von 92 V- Jahren. Der Verstorbene erfreute sich zeitlebens einer guten Gesundheit und konnte noch bis in die letzte Zeit landwirtschaftliche Geschäfte besorgen. Er war niemals krank, konnte noch ohne Brille lesen. Die Influenza, die gegenwärtig überall heimlich umherschleicht, raffte den ältesten Mann unserer Gemeinde sehr schnell weg.
— Ein Offizier der Hildesheimer Garnison hat vier Kinder, die beim Schlittschuhlaufen durch das Eis gebrochen waren, vom Tode des Ertrinkens gerettet.
München, 12. Jan. Anläßlich des Geburtstages des Prinzregenten werden Jubiläumsmünzen im Gesamtbeträge von zweieinhalb Millionen Mark ausgegeben werden und zwar 100000 Fünfmarkstücke und je 400 000 Stück Zweimark- und Dreimarkstücke. Die Jubiläumsmünzen sollen das Relief des Prinzregenten von Prof. Hildebrand in flacher Prägung zeigen. Die Wappenseite bleibt unverändert. Die Ausgabe erfolgt am Vorabend des Jubiläumstages, also am 11. März, durch das Reich.
Innsbruck, 10. Jan. Die 19jährige Kontoristin Luise Thaler ist beim Rodeln gegen eine Mauer gefahren und hat aus der Stelle ihren Tod gefunden. — Beim gestrigen PreiSrodeln in Hall- Tal ereigneten sich zahlreiche schwere Unfälle. Die Rettungsgesellschaft mußte eine Anzahl Verletzter in das Spital überführen. — Aus Nord- und Südtirol wird strenge Kälte bis zu 17 Grad Reaumur gemeldet. In Reutte wurde der Kgl. Bayerische Förster Rotter erfroren aufgefünden.
Berlin, 10. Jan. Vor dem Oberkriegsgericht des 3. Armeekorps kam gestern die Revision des Adventisten Naumann zur Verhandlung, der wegen fortgesetzter Gehorsamsverweigerung vom Kriegsgericht zu 5 Jahren 6 Monaten Gefängnis verurteilt worden war. Naumann ist seit 1907 Soldat und verweigerte hartnäckig als Adventist vom Freitag abend nach Sonnenuntergang bis zum Samstag abend jeden militärischen Dienst und hat sich infolgedessen wiederholt schwere Strafen zugezogen. Auch auf der Festung verweigerte er am Samstag stets den Gehorsam. Das Oberkriegsgericht schloß sich dem ausführlichen Gutachten des wissenschaftlichen Senats der jKaiser-Wilhelms- akademie an, wonach bei Naumann kein Zustand vorliege, der die freie Willensbestimmung ausschließe. Es bestätigte demnach das Urteil des Kriegsgerichts. Der Angeklagte hat sofort Revision eingelegt und es bleibt abzuwarten, wie sich das Reichsmilitärgericht zu der Angelegenheit verhält.
Breslau, 9. Jan. (Der Fürst im Schlafrock.) Der Fürst von Fürstenberg, wie bekannt ein intimer Freund des Kaisers, Besitzer der Fürst- lich»Fürstenberg'schen Brauerei in Donaueschingen und beteiligt an zahlreichen anderen gewerblichen und industriellen Unternehmungen, hat.dieser Tage ein Erlebnis gehabt, das er so bald nicht wieder vergessen wird. Er fuhr abends von Berlin aus zur Beerdigung des Prinzen Hohenlohe nach Sla- wentzitz und benutzte den Schlafwagen, während sein Diener mit dem Gepäck und den Kleidern, die er ihm übergeben hatte, im nächsten Wagen fuhr, und zwar mit deni Aufträge, den Fürsten in Kan- drzin, wo umgestiegen werden mußte, zu wecken. In Breslau wurde aber der Zug so stark von fürstlichen und sonstigen Herrschaften, die gleichfalls der Beisetzung beiwohnen wollten, in Anspruch genommen, daß er in zwei Teile zerlegt werden mußte. Die eine Hälfte mit dem Schlafwagen und dem Fürsten fuhr fahrplanmäßig ab, die zweite Hälfte mit !dem Diener folgte eine Viertelstunde später. Als nun der Fürst in Kandrzin, durch die lauten Rufe der der Schaffner gewekt, den Wagen verlassen wollte, fehlte ihm der Diener mit den Kleidungsstücken, und so mußte der Fürst, da der Zug nach Oderberg weiterfuhr, nur mit Schlafrock und »Nachthemd notdürftig bekleidet, aussteigen. Er verschwand schleunigst im Wartsaal erster Klasse, vor dessen Tür sich ein Diener postierte, der die Weisung erhielt, niemanden einzulassen. Eine Viertelstunde mußte der Fürst frierend im Wartesaal zubringen, bis der Diener mit den Kleidungsstücken kam. Da sein Zug unterdessen nach Slawentzitz weitergefahren war, wurde von dort ein Auto entsandt, das den Fürsten abholte.
London, 14. Jan. Die „Iran und Coal Trade Review" teilt mit, eine englische Gesellschaft habe sich große Eisenerzlager in Brasilien gesichert. Die in Frage kommenden Minen erstreckten sich über eine Fläche von 9000 Acres und sollen sechzig Millionen Tonnen Erze enthalten.
Madrid, 13. Jan. Die Eisenbahnverbindungen in Nordspanien sind infolge Schneesturms fast vollständig unterbrochen. Mehrere Züge sind an verschiedenen Punkten im Schnee stecken geblieben.
Unterhaltendes
Jur Köhe.
Erzählung von Elsbeth Borchart.
(Forts.) (Nachdruck verboten.)
Danach frage mich nicht' Nur Gott weiß, was mich mein Entschluß kostet — aber ein ganzes Leben an seiner Seite, dem ich nicht mehr glauben und vertrauen kann — unmöglich, Mutti."
So gut es ging, versuchte sie 'zu trösten und die blutende Wunde zu verbinden, aber ihre Trostmittel waren schwach.
„Geh zum Vater und bereite ihm schonend vor," bat Jsa endlich. „Morgen werde ich selbst mit ihm sprechen."
Schweren Herzens machte sich Frau Renatus auf den Weg zu ihrem Gatten.
Die Nachricht, die sie ihm bringen mußte, hatte zuerst wie sie gefürchtet hatte, eine niederschmetternde Wirkung auf den Geheimrat. Er wurde bleich und der alte Schwindelanfall packte ihn und ließ seinen Körper wanken. Doch seine Frau stützte ihn liebevoll und führte ihn zu seinem Sessel. Hier erholte er sich bald und verlangte die näheren Umstände zu hören.
Er war ein Mann, der die Welt und ihre Schwächen kennt, der hundert und hundertmal ähnliches gehört hatte. Daß es aber gerade Bruchhausen, den er liebgewonnen, daß es den Bräutigam seiner Tochter betraf, das drückte ihn gänzlich nieder. Ihm erschien das bevorstehende Ereignis einer Cntlobung, die sich daran knüpfenden peinlichen Auseinandersetzungen, die fragenden Blicke seiner Kollegen, wie ein Gespenst, das nicht allein auf seine Familie, sondern auch auf seine bevorzugte hohe Stellung einen Schatten werfen mußte, aber seiner Tochter Kummer war doch das Schwerwiegendste.
Am nächsten Morgen ließ der Geheimrat sein Kind zu sich rufen und hatte eine lange Unterredung mit ihm. Er wunderte sich über Jsas Faffungs- und Willensstärke und sah, daß er nichts mehr ändern konnte. Trotzdem versuchte er es noch einmal; es blieb erfolglos. Jsa schüttelte nur traurig den Hopf.
„Du meinst es gut, Vater — aber wenn du mir etwas Liebes erweisen willst, so gehe du zu ihm oder schreibe ihm — ich vermag es nicht."
Bruchhausen befand sich in unbeschreiblicher Erregung. Jsas Wesen war ihm gestern auf die Nerven gefallen, um so mehr, als er Launen bei ihr nicht kannte und der Grund deshalb tiefer liegen mußte. Auch fühlte er Gewissensbisse und dazu eine leise Ahnung und ein banges Zweifeln, ob alles gut verlaufen würde. Am liebsten wäre er sogleich früh morgens zu ihr geeilt und nur schwer vermochte er eine geeignetere Besuchszeit abzuwarten.
Gottlob, daß er wenigstens allein war. Fräulein Amalie war ausgegangen, jedenfalls um Einkäufe zu machen.
Da klingelte es an seiner Entreetür. Er mußte sich bequemen, selbst zu öffnen.
Erschrocken prallte er an der geöffneten Tür zurück.
„Papa — du bist es?"
Geheimrat Renatus schritt mit stummem Gruß an ihm vorüber ins Zimmer.
„Sind wir ungestört?" fragte er.
„Ja," gab Bruchhausen beklommenen Herzens zur Antwort, „meine Wirtschafterin ist ausgegangen — wir sind allein."
„Um so besser — dn weißt, warum ich komme — ?"
„Ja und nein — ich kann mir nicht denken, daß Jsa —"
„Ich will mir zunächst Wahrheit holen, Guido," sagte der Geheimrat und ließ sich schwer und müde in den angebotenen Sessel gleiten. „Mir, dem Manne, dem Vater deiner Braut, wirst du sie nicht vorenthalten. — Ehe -ch hierher kam, habe ich Erkundigungen über dich eingezogen - ich hätte es früher tun sollen — aber ich habe bisher fest an dich geglaubt. Was ich jetzt gehört - hat diesen Glauben ins Wanken gebracht. Sage nur, ist es wahr?"
Und Renatus, stellte Fragen, bei denen es Bruchhausen heiß und kalt überlief. Er konnte nicht leugnen, aber er versuchte, sich zu rechtfertigen.
Der Geheimrat schüttelte den Kopf.
„Wenn das alles stimmen sollte, so hätte das letzte doch nicht geschehen dürfen. Schon als du um Jsa warbst, hättest du mit der auderen ein
Ende machen müssen. Du tatest es aus mir unverständlichen Gründen nicht. Diese Karakterschwäche
— wenn es nur eine solche war — wird dir Jsa nie verzeihen, aber noch viel weniger- die Sache selbst. Sie ist bisher so rein und unberührt gewesen und fühlt sich nun getäuscht. Sie ist gewissermaßen aus allen ihren Idealen gerissen. Das Bild, das sie sich von dir gemacht, ist entweiht, sie sieht Flecken auf deinem Karakter, die keine Liebe hinwegwischrn kann."
„Papa, was soll das heißen?" schrie Guido gequält auf.
Der Geheimrat zögerte unwillkürlich. Das Sprechen wurde ihm augenscheinlich schwer.
„Jsa — gibt dir — ihr Wort zurück."
„Papa!"
Mit einem Ruck war Guido aufgesprungen und hatte sich vor den alten Mann gestellt. „Das kann dein Ernst nicht sein — es wäre eine Ueber- eilung in der ersten Erregung. — Jsa wird sich besinnen -- sie glaubt Grund zur Eifersucht zu haben. Wenn sie erst einsieht, daß sie sich geirrt hat, wird sie versöhnlicher werden — sie wird —"
„Gib dich nicht unnützen Hoffnungen hin," fiel der Geheimrat ein. Eifersucht ist es nicht. Ein Mädchen, das einen Mann geliebt hat, gibt ihn nicht leichtfertig aus Trotz oder bloßer Eifersucht frei — dem muß im Innern alles verwundet sein."
Ein schweres Stöhnet! kam aus Guidos Brust.
„Kannst du mir denn nicht helfen, Papa? Kannst du sie nicht beeinflussen — sie aufklären — ?"
„Nein — ich könnte es nicht, selbst wenn ich wollte — ich will ihre Reinheit nicht trüben. Auch ist ihr Entschluß keine Uebereilung, sie hat Tag und Nacht darum gekämpft, bis er fest wurde. Jetzt ist nichts mehr zu ändern und — auch ich
— mein Kind — möchte ich dir docb nicht anvertrauen," sagte der Geheimrat.
„Papa — du sprichst mir das grausamste Urteil."
„Es trifft mich härter als dich, das glaubte mir."
Bei diese« Worten war der Geheimrat aufgestanden, hatte Jsas Ring Hervorgebolt und ihn auf ein Seitentischchen gelegt. Bruchhausen war dieser Manipulation mit verzweifelter Miene gefolgt.
„Papa, so kann das nicht enden — es muß wieder alles gut werden."
Renatus wandte sich langsam um:
„Du hast bereits Urlaub zur Reise nach- Breslau genommen und ich denke, du wirst sie in unser aller Interesse ausführen — auch Jsa wiro mit ihrer Mutter verreisen — so bleibt es vorläufig noch geheim."
Bruchhausens Züge belebten sich.°
„Ich tue, wie du verlangst —"
„Und nun — wir haben uns nichts mehr zu sagen —"
„Papa!
„Lebe wohl."
Bruchhausen umklammerte des Geheimrats Hände, dann gab er sie mit kurzem Ruck frei.
„Lebe wohl."
Er sah, wie der Geheimrat das Zimmer verließ, gebeugt, wie unter der Last des Alters.
Da sank er ächzend in einen Stuhl.
5.
Guido war zwei Tage später abgereist, als es schon vorher bestimmt gewesen war. Er hatte sich vorher in verzweifelter, zwischen Zorn unc> Reue schwankender Stimmung befunden und diese nur schwer verbergen können.
Fräulein Amalie machte sich ihre besonderen Gedanken darüber und fühlte sich mit einem Male arg enttäuscht, als Bruchhausen ihr mitteilte, daß er mit seiner Braut und deren Mutter nach Breslau reisen werde, und zwar schon den folgenden Tag.
Die Reise war also nicht aufgeschoben worden
— es schien schon alles beim alten zu sein — die Braut hatte vergeben oder ihn doch jedenfalls nicht aufgeben wollen. Somit war alles vergebens gewesen.
Sie suchte Martha Wendt auf und erfuhr von dieser, daß Bruchhausen sie nicht zur Rechenschaft gezogen, ihr auch nicht geschrieben habe und hatte Mühe, die ganz Geknickte zu beruhigen. Sie selbst mied ihres Herrn Nähe so viel wie möglich und atmete befreit auf, als er abgereist war.
In der ersten Erregung im ersten Zorn hatte Bruchhausen wohl die Absicht gehabt, das eifersüchtige und, wie er annebmen mußte, rachsüchtige Mädchen zur Rede zu stellen. Nachher überlegte er, daß eS klüger war, die Sache totzuschweigen. Er würde nur unnütz einen Skandal heraufbeschwören, der nicht nur ihm Md seiner Stellung Schaden bringen, sondern ihm noch die letzte Hoffnung, die trotz allem in seinem Herzen lebte, rauben würde. Fortsetzung folgt.