darauf, wenn ihm jemand 1000 Mk. dafür böte, würde er hinausspringen. Hierüber erhitzten sich die Gemüter stark, bis dem S. deswegen eine Wette vorgeschlagen wurde. Als er jetzt aber doch zögerte, darauf einzugehen, wurde er von allen Seiten seines Prahleus wegen aufgezogen. Darüber geriet der angetrunkene Mann in sinnlose Wut und rief, er wolle ihnen schon zeigen, daß auch ein Schneider Mut besäße. Im nächsten Augenblick stürzte er auf den Balkon der Wohnung und schwang sich über dessen Brüstung in die Tiefe. Entsetzt stürzte die Hochzeitsgesellschaft nach unten und fand S. blutend auf dem Rasen einer Anlage liegen. Da der Untergrund, auf den er gefallen, weich war, hatte S. zwar komplizierte Knochenbrüche, aber keine lebensgefährlichen Verletzungen erlitten! Ein Arzt legte ihm Notverbände an und veranlaßte seine Ueberführung in das Krankenhaus.
— Der bekannte amerikanische Krösus Carnegie hat für Deutschland 6 Millionen Mark gestiftet, aus deren Zinsen Lebensretter belohnt werden, die bei ihrem heldenmütigen Beginnen zu Schaden gekommen, ganz gleich, ob ihre Anstrengungen von Erfolg gekrönt wurden oder nicht. Auch die Hinterbliebenen von Lebensrettern werden ans der Stiftung unterstützt. In erster Linie sind dabei diejenigen Unglücksfälle ins Auge gefaßt, welche sich bei Ausübung friedlicher Berufe, z. B. derjenigen der Bergleute, Seeleute, Aerzte, Krankenpfleger, Feuerwehrleute, Eisenbahn- und Polizeibeamten ereignen. Zur Verwaltung der Stiftung hat der Kaiser ein Kuratorium eingesetzt, dessen Vorsitz zunächst dem Chef des Geheimen Zivil- Kabinetts übertragen ist. Anträge auf Berücksichtigung aus der Stiftung sind an das Kuratorium derselben, Berlin, Wilhelmstr. 64 richten. Das ist die vierte deutsche Stiftung des bekannten Menschenfreundes. Zuerst stiftete er eine namhafte Summe für das Institut Robert Kochs, dann folgten nacheinander die Treptower Sternwarte und das Museum für Naturheilkunde, und jetzt ist nun diese neue, größte Stiftung ins Leben gerufen worden. Sie wird offiziell die Lebensrettungsstiftung genannt werden.
In Oldenburg hat das Schöffengericht einen Zahntechniker, der einer Patientin Zähne, statt sie zu plombieren, herausgezogen hat, wegen Körperverletzung zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt. In einem anderen Falle hatte er eine Patientin gegen ihren Willen narkotisiert und ihr mehrere Zahnwurzeln entfernt. Hierfür wurde er mit 50 Mk. Geldstrafe belegt. Das Gericht nahm an, daß er aus Gewinnsucht gehandelt habe und hielt mildernde Umstände nicht für gerechtfertigt.
Aus der Schweiz, 4. Jan. Eine praktische Erfindung zum Schutze der Finger beim Schließen der Bahnwagentüren hat ein Ingenieur der Bundesbahn in Zürich gemacht, und die Erfindung hat sich in den Wagen, wo sie probeweise angebracht ist, bewährt. Die Erfindung besteht in einer parallel zur Türplatte befestigten Messingstange, über welche Leder gezogen ist, das an der Wagentür und am Wagenrand befestigt ist. Bei offener Tür liegt die Stange über der Türspalte, wird die Türe geschlossen, so enfernt sich die Stange von dem Spalt und führt mit Hilfe des Leders die Hand unfehlbar ab.
Greiz, 23. Dez. Von großen Steuerdefraudationen ist von hier zu berichten. Hier starb vor einigen Jahren der Kaufmann Viktor Strauß und hinterließ als Erbschaft 1291000 Mk. Bei der Erbteilung wurde die Steuerbehörde auf die
Denkmal für den großen Ruffenkaiser erstehen; Zar Nikolaus hat der Gemeinde ein Standbild seines großen Vorgängers gestiftet, das nun von den Kommunalbehörden übernommen worden ist. Die feierliche Einweihung des Denkmals soll Ende März stattfinden.
— Aus Versailles wird berichtet: Leutnant de Caumont ist in St. Cyr bei einem Flug mit einem neuen Eindecker aus etwa 20 Meter Höhe abgestürzt und hat beide Arme und ein Bein gebrochen. Der Präsident hat dem Verunglückten das Kreuz der Ehrenlegion verliehen. Caumont ist seinen Verletzungen erlegen. Damit ist die Zahl der im abgelaufenen Jahr zu Tod gestürzten Aviatiker auf 34 gestiegen. Allein im Dezember haben 7 Flieger den Tod gefunden.
— In dem historischen Hause von Bazeilles bei Sedan, wo sich 1870 die letzten Franzosen gehalten hatten, und das heute zu einem Museum ausgestaltet ist, hatte der französische Verein für Kriegs-Erinnerungen einen früheren Mitkämpfer dieses Tages als Wächter angestellt. Der Mann, namens Rocher, erhielt von den Besuchern pro Jahr etwa 10 000 Fr- Trinkgeld, und da er sich weigerte, einen Teil davon an den Verein abzuführen, ward ihm gekündigt. Rocher weigerte sich zu gehen, weil kein Kündigungsgrund vorliege. In dem Prozeß hierüber ward nun, laut „Voss. Ztg." festgestellt, daß der Mann gar nicht an jenem Kampfe, von dem er stets sehr ruhmredig sprach, teilgenommen hatte. Darauf wurde er von seinem einträglichen Posten fortgebracht.
Paris, 29. Dez. Prinz Friedrich Karl zu Hohenlohe, welcher am Dienstag in Slawentzitz (Schlesien) beerdigt wurde, ist" an Tuberkulose gestorben. Vor zwei Jahren war der Prinz noch, wie der „N. Fr. Pr." aus Paris geschrieben wird, ein Bild strotzender Gesundheit. Er machte einen Jagdauzflug in entfernte Weltteile, wo er mit seiner Gattin Löwen und Elefanten jagte. Aus den Tropen brachte er die galoppierende Schwindsucht mit. Ein Jahr lang lag er schwerkrank in Berlin nieder. Er war zum Skelett abgemagert, als die Familie die Dienste eines amerikanischen Arztes in Anspruch nahm, welcher eine Art Serumbehandlung durch Einspritzungen einleitete. Nach mehreren Wochen der Behandlung trat eine merkliche Besserung ein, und nach zwei Monaten mußten die Aerzte die vollständige Ausheilung der Kavernen in der Lunge feststellen Der Prinz nahm an Gewicht zu, verlor das Fieber, machte wieder Besuche re. und kehrte schließlich nach Paris zurück. Nun ist er doch dem tückischen Leiden erlegen.
London, 3. Jan. Die Polizei suchte sich gestern nachmittag in emem Hause der Sidneystraße zweier gefährlicher Anarchisten zu bemächtigen, die unter dem Namen Fritz und Peter der Maler bekannt waren und als Rädelsführer bei dem in Houndsditch auf die Polizei verübten Revolveran- chlag angesehen wurden. Bei dem ersten Versuche, rühmorgens in die Wohnung der Anarchisten einzudringen, wurde einer der Polizisten durch einen Revolverschuß schwer verletzt. Darauf änderte die j Polizei ihre Taktik, indem sie alle Zugänge zu dem Hause und zur Straße durch ein starkes ^Aufgebot besetzt hielt. Die eingeschlossenen Anarchisten unter hielten nunmehr ein ständiges Revolverfeuer auf die Beamten. Schließlich wurde Militär auf- geboten, das mit einem Maschinengewehr anrückte und das Haus regelrecht beschoß. In den benachbarten Straßen sammelte sich eine ungeheure
Ministers des Innern und einem Stab von Offizieren standen. Es handelt sich dabei um die Durchführung einer regelrechten Belagerung.
— In den Vereinigten Staaten ist am Montag ein schwerer Wettersturz eingetreten. In Neuyork herrscht eine ungewöhnliche Wärme, die von dichtem Nebel begleitet ist. Durch den Nebel werden der Schiffahrt im Hafen große Schwierigkeiten bereitet, namentlich das Landen der Ozeandampfer wird erschwert. Gleichzeitig herrscht im Westen große Kälte. Schwere Schneestürme haben empfindliche Verkehrsstörungen zur Folge. In vielen Städten, besonders in Chicago, sind Menschen erfroren.
Millionenhinterlafsenschaft aufmerksam und stellt; in Menge Neugieriger an, die jedoch durch ein starkes
den Steuerregistern Erhebungen an. Dabei kam heraus, daß Strauß dem Staat 19 588 Mk. an Steuern hinterzogen hatte. Als Strauß bereits ein Einkommen von 40 000 Mk. hatte, schätzte er sich nämlich nur mit 4000 Mk., 5000 Mk., 6000 Mk. usw. ein. Die Folge dieser Steuerhinterziehungen war, daß der Staat von den Erben den 4fachen Betrag der hinterzogenen Summe etwa 80 000 Mk. -verlangte. Während zwei Erben widerspruchslos bezahlten, weigerten sich drei andere Erben. Die Folge dieser Weigerung war ein Strafbescheid der Greizer Steuerbehörde, welche die Steuerdefraudationsbuße jaus den achtfachen Betrag erhöhte. Jetzt kam es zum gerichtlichen Austrag. jDie Strafkammer zu Greiz stellte die hinterzogene Summe auf 20048 Mk. fest, nahm aber entgegen der Staatsanwaltschaft an, daß eine fortgesetzte Handlung vorliege und erkannte auf die achtfache Höhe dieser Summe also auf 165184 Mk. Den zwei Erben, die freiwillig die zuerst festgesetzte vierfache Strafe bezahlt hatten, wurde die höhere Strafe erlassen, welche die drei anderen Erben voll zu bezahlen hatten.
— In der holländischen Stadt Zand am bei Amsterdam wo einst Peter der Große als schlichter Zimmermann unter bürgerlichem Namen die Kunst des Schiffbaus erlernte, um seinem Volke eine
Polizeiaufgebot vom Schauplatz ferngehalten wurden. Das Haus geriet schließlich in Brand. Nachdem die Flammen das ganze Haus ergriffen hatten, stiegen die Belagerten aufs Dach, von wo sie auf die Soldaten und Polizeibeamten schossen. Es wurden verschiedene Explosionen gehört. Gegen 2 Uhr nachmittags stürzte das Dach ein.
— Nach neuerlicher Feststellung hat die Polizei in dem abgebrannten Hause nur zwei Leichen gefunden. Zweifellos ist der eine von diesen der gesuchte „Fritz". Ob der andere „Peter" ist, konnte noch nicht festgestellt werden. Bald nach Auffinden der Leichen fiel die Decke ein, wobei vier Feuerwehrleute schwer verletzt wurden. Unter den Verwundeten befinden sich auch drei Zuschauer.
London, 4. Jan. Allmählich beginnt sich die Aufregung über die gestrigen Vorgänge in Hounds- ditch zu legen. Aller Welt erscheint das erstaunlichste daran, daß zwei verzweifelte Verbrecher von der gemeinsten Sorte die Themsestadt in einer Weise erschüttern konnten, als wenn eine feindliche Armee in ihrer Mitte erschienen wäre. Es gilt jetzt als sicher, daß die beiden Toten die einzigen Gegner von etwa 1000 Polizisten, zwei Abteilungen schottischer Gardetruppen mit einem Maximgeschütz, einer Abteilung Feldartillerie mit 3 Geschützen, sowie einem bedeutenden Feuerwehraufgebot mit Dampf
Zur Köße.
Erzählung von Elsbeth Borchart. (Forts.) (Nachdruck verboten.)
„Zurück, Silus, ich kann dich heute nicht mitnehmen," hörte sie draußen des Baumeisters Stimme. Da öffnete sie die Tür und rief Silus ins Zimmer. Er kam langsam und traurig.
Fräulein Amalie war keine Hunoefreundin und und hatte sich init Silus nie mehr, als irgend nötig war, beschäftigt. Heute sah sie in ihm einen Leidensgefährten; er war vernachlässigt, zurückgestoßen, wie sie, und das alles um ein schönes, stolzes Mädchen, in das er sich verliebt und das er zu seiner Frau machen wollte.
3.
Es war Mitte März. Wilde Stürme waren durch das Land gezogen. Durch alle Fugen und Ritzen waren sie gesaust, als wollten sie den Winter auch aus seinen geheimsten Schlupfwinkeln herausjagen. Und als sie das zur Genüge besorgt zu haben glaubten, zogen sie von dannen, und ein anderer Fürst ergriff Besitz von der Erde, der Frühling. Lind und mild war sein Antlitz, und ein warmer Odem ging von seinem Munde aus. Von diesem Odem berührt, sprangen die dickgeschwollenen Knospen an Bäumen und Sträuchern auf und entfalteten sich.
Auch der Tiergarten zeigte die ersten Spuren beginnenden Werdens. Wie ein grüner duftiger Schleier lag es über den Bäumen und Sträuchern; es duftete nach den ersten grünen Grashälmchen, nach frischem, feuchtem Erdreich.
Jsa und ihr Bräutigam wanderten durch den Tiergarten nach dem Hansaplatz, um Thea zu besuchen.
Sie nahmen nicht den direkten Weg, die Hofjägerallee, sondern schlugen einen Seitenpsad nach dem Neuen See ein.
Frühling und Liebe! Eins der Förderer des andern . . .
Bruchhausen flüsterte seiner Braut Liebes- worte zu.
Vor einigen Wochen hatte der Neue See starr in Eis gelegen, und ihre Herzen hatten sich darauf gefunden. Jetzt zogen die Wellen frei und ungehindert durch das werdende Grün, und die Kähne schaukelten sich auf den Fluten.
Wie verändert das Bild auch war, die Erinnerung konnte es nicht verbannen.
„Weißt du noch, Schatz?"
Jsa entsann sich jeder Einzelheit, als wäre sie gestern erst passiert, sie entsann sich auch des seltsam ernsten Gespräches, das sie auf dem Weg nach der Eisbahn mit ihrer Freundin Thea geführt hatte. Die Gegenwart war so schön gewesen, daß sie alles andere darum vergessen hatte. Jetzt erst, bei der Erinnerung, drängte es sich ihr auf, daß sie eigentlich noch auf demselben Standpunkt war. Sie wußte nicht mehr von ihres Bräutigams Leben, als er die letzen Wochen ihr gezeigt hatte. Er war voll Liebe und zärtlicher Aufmerksamkeiten, gutmütig und lustig, das war alles, was sie wußte.
Jetzt drückte sie leise seine Hand.
„Ja, ich entsinne mich aller deiner Worte, Lieber, wenn das Ganze auch wie ein Traum über mich hinging," beantwortete sie seine Frage. „Du tratest in mein Leben ein und gabst ihm einen anderen Inhalt als vordem. Meine Gedanken beschäftigen sich seitdem mit dir, immer nur mit dir. und wenn die Gegenwart mir auch reichen Stoff liefert, so — schilt mich nicht, nenne mich nicht neugierig — so hat es mich doch schon oft geschmerzt, daß ich so wenig von dem weiß waS früher dein Leben ausgefüllt hat."
Bruchhausen sah seine Braut, deren Wangen rosig überhaucht waren, etwas verdutzt an.
„Was meinst du, Schätzchen?"
„Erzähle mir von deinen Erlebnissen, ehe wir uns kannten — erzähle mir von allem, was einst eine Rolle in deinem Leben gespielt hat," bat sie.
„Ach, Liebling, was ist da viel zu erzählen. Es spielte sich alles ganz folgerichtig ab: Ich wurde in Breslau als Sohn eines wohlhabenden Fabrik-
Flotte schenken zu können, wird binnen kurzem einspritzen waren, die sämtlich unter den Befehlen des besitzers geboren, genoß alle Vorteile eines solchen.