des Innern vorgelegl hatte, in den letzten Tagen abgewiesen worden.
Berlin, 10. Dez. Die vor kurzer Zeit zur Untersuchung des Fürsten Eulenburg nach Liebenberg entsandte gerichtsärztliche Kommission hat nuumehr der Staatsanwaltschaft ein schriftliches Gutachten übermittelt. Aus demselben geht, wie die „Berl. Universalkorrespondenz" hört, hervor, daß die Kommission eine Wiederherstellung des Fürsten nach menschlichem Ermessen bezweifelt. Sie hält es daher für ausgeschlossen, daß Fürst Eulenburg in Anbetracht seines hohen Alters jemals wieder verhandlungsfähig sein wird. Um aber den gesetzlichen Vorschriften zu genügen, wird die Staatsanwaltschaft den Fürsten dauernd alle 4—6 Monate von einer gerichtsärztlichen Kommission untersuchen lassen, um somit die Verhandlungsunfähigkeit des Fürsten stets aufs neue feststellen zu können.
— Auf dem belebten Potsdamer Platz in Berlin ist jetzt das letzte der alten Häuser verkauft, um einem Restauralionsneubau Platz zu machen. Das Grundstück kostet 2^/, Millionen Mk., das heißt der Quadratmeter knapp 2000 Mark.
— Der erste Gewinn der Berliner Schiffsbauausstellungs-Lotterie im Betrage von 50 000 Mk fiel einem mit zahlreichen Kindern gesegneten Schneidermeister in Niederbreisig zu. Der unerfahrene Mann ließ sich auf Anraten eines Finanzkundigen verleiten, fast die ganze ihm so unverhofft in den Schoß geschüttete Summe bei der Bonner Bank zu hinterlegen, die bald darauf ihre Zahlungen einstellte.
— Wie aus Hamm verlautet, sind die Geldsammlungen für die Verunglückten der Zeche Radbod nunmehr abgeschlossen. Die Summe wird auf 1200 000 Mk. geschätzt. Vorläufig sollen 20000 Mk. als Weihnachtsgaben verteilt werden.
— In St. Gallen hat sich eine Vereinigung zur Schaffung von Familiengärten gebildet. Man hat Land gepachtet und legt etwa 100 Gärten an, die zu billigem Preise für das Jahr den Mitgliedern überlassen werden.
Innsbruck, 11. Dez. Aus fast ganz Tirol werden schwere Schneefälle gemeldet. In manchen Orten beträgt die Schneehöhe 70 cm.
— Wie Paris seine „Apachen" los werden kann, dafür weiß der frühere Polizeipräfekt von London, Sir Robert Anderson, einer der ausgezeichnetsten englischen Kriminalisten, einen Rat. „Ich halte das für eine Schande," sagte er zu einem französischen Korrespondenten. „Diese Banditen diskreditieren Paris und ganz Frankreich. Wir haben auch vor zwanzig Jahren unsere „Garotters" gehabt. Mehrere Monate energischer Bestrafung haben genügt, um ihren Eifer abzukühlen. Das Mittel, das wir damals anwandten, ist einfach, aber sehr wirksam. Es hatte überraschende Resultate. EZ ist die körperliche Züchtigung, verbunden mit Zwangsarbeiten. Man füge jedesmal, wenn ein Apache sich eines Dolches oder Revolvers bedient hat, der Gefängnisstrafe einige kräftige Peitschenhiebe zu. Ich zögere nicht einen Augenblick, Ihnen zu erklären, daß die „neunschwänzige Katze" das einzige Mittel ist, um Paris von den Apachen zu befreien. Ich gebe Ihnen mein Wort: Paris wird dann in sechs Monaten keine Apachen mehr haben."
Sehastopol, 12. Dez. In den letzten Tagen hat im Schwarzen Meer ein schwerer Sturm gewütet, bei dem zahlreiche Personett ums Leben gekommen sind. Eine türkische Barkasse kenterte; 50 Personen fanden hiebei den Tod.
— Zwischen Japan und Amerika ist ein Abkommen über die Politik beider Länder im pazifischen Ozean getroffen worden. Dieses Abkommen verpflichtet jede der beiden Mächte, den Besitzstand der anderen zu achten und die Integrität Chinas zu verteidigen. Es gewährt allen Nationen gleiche Vorteile für Handel und Industrie. Ferner werden dem Abkommen gemäß Japan und Amerika für den Fall, daß Verwicklungen den Status quo bedrohen sollten, darüber in Verhandlungen eintreten, was gemeinsam zu tun ist.
— Heute war ich in Heliopolis, der „Stadt der Zukunft," so wird der „Voss. Ztg." von einer Dame geschrieben." Sie liegt nicht weit von Kairo und zwar mitten in der Wüste.
Eine Gesellschaft hat das Land sehr billig erworben, muß sich dafür aber auch streng an die Vorschriften halten. Ich habe schon ein gutes Stück der Welt gesehen und manches Schöne beobachtet, jedoch niemals etwas Schöneres als die werdende Wunderstadt. Die Häuser sind insgesamt ganz weiß mit wundervollen Marmorsäulen. Die Kuppeln und Verzierungen auf den Dächern sind großartige, so daß es sich kaum beschreiben läßt. Dazu wunderschöne Gärten und Promenaden. Ich sah ein herrliches Kasino, nahezu vollendet. Das im Bau begriffene Hotel soll das größte der Welt werden. Farbige und einfache Häuser dürfen unter keiner Bedinguug gebaut werden. Die Stadt soll an Schönheit alle Städte der Welt übertreffen, und ich halte es für keine Reklame. Mir kam unser Kairo , ganz bescheiden und nüchtern vor, als ich dorthin zurückkehrte. Und dabei wohnt zurzeit, außer einem Gastwirt kein Mensch in der Zukunftsstadt, obwohl große ektrische Lampen den ganzen Abend brennen. Eigene, der Gesellschaft gehörende, sehr schöne elektrische Wagen fahren alle zehn Minuten von Kairo dorthin, damit man sich die im Werden begriffenen Baulichkeiten, auch Schulen und Theater, ansehen kann. Das einzige bewohnte Haus ist zurzeit das des erwähnten Gastwirts, ohne den es ja nicht geht, denn Gelegeneit zum Ausruhen muß den Besichtigenden gegeben werden. Darum wohnt der Mann aber auch mietsfrei. In etwa vier Jahren aber ist Heliopolis, da- von bin ich überzeugt, „bezogen."
Lokales.
Sitzung der Gemeindekoüegieri.
vom 11. Dezember 1908.
Die Kgl. Eiienbahnbauinspekton Pforzheim bittet durch Schreiben vom 3. Dezember 1908 um Ermäßigung der von ihr gemäß Beschlusses der Gemeindekollegien vom 23. Oktober 1908 für die Erlaubnis zur Ablagerung von Aushubmaterial auf städtischem Grundeigentum an der Paulinenstraße geforderten Entschädigung von 300 Mk., da die Auffüllung im Interesse der Stadt liege, indem sie hiedurch in den Stand gesetzt sei, die geplante Paulinenstraße später durchzuführen. In Anerkennung der Richtigkeit dieser Tatsache wird beschlossen, die von der Kgl. Eisenbahnverwaltung für die Gestattung der Auffüllung zu leistende Entschädigung von 300 Mk. aus 200 Mk. zu ermäßigen.
Seit einiger Zeit besteht in der Parzelle Sprollenhaus eine von Frau Lmse Schneider geleitete Kleinkinderschule, die von 73 Kindern besucht wird. Die Einwohner von Sprollenhaus bitten nun um Gewährung eines Beitrags zu den 101 Mk. betragenden Kosten der Anschaffung von Schulbänken ftir die Kleinkinderschule. Es wird beschlossen, zu obigem Zwecke einen Beitrag von 50 Mk. aus der Stadtkaffe zu bewilligen.
Dem Oberlandjäger Raichle wird für seine Dienstleistungen an den Markttagen ein Tagegeld von 3 Mk. ausgesetzt.
Der Versicherungsanstalt Württemberg wurde laut Gemeinderatsprotokoll vom 15. Oktober 1902 anläßlich der Erbauuug ihres Krankenheims hier die Erlaubnis erteilt, von der städt. Gas- und Wasserleitung aus je eine Rohrleitung zu demselben zu führen, auch eine Wasserableitungsdohle bis zum Rennbach herzustellen und diese drei Leitungen in den Feldweg Nro. 10 und 8 einzulegen. Die Stadtgemeinde hat sich hiebei das Recht Vorbehalten, die Wasser- und Gasleitung sowie die Dohle um den Selbstkostenpreis abzüglich 1*/o Abnützung pro Jahr vom Tage der Inbetriebsetzung an später käuflich zu erwerben. Nachdem nun die Kgl. Eisen- bahuverwaltung ihren Neubau eines Beamtenwohngebäudes an der Paulinenstraße an die Gas- und Wasserleitung und die Kanalisation anzuschließen beabsichtigt, fragt die Versicherungsanstalt an, ob die Stadt jetzt nicht bereit wäre, den Kanal sowie die Gas- und Wasserleitung zu übernehmen. Da für die Stadt keinerlei Gründe zur Uebernahme dieser Gas,- Wasser- und Dohlenleitungen vorliegen, wird die Uebernahme von den Gemeindekollegien einstimmig abgelehnt.
Nachdem die Wasserleitung der Parzelle Sprollenhaus verbessert, die dortigen Häuser
mit Anschlüssen und die Straßen mit Hydranten versehen wurden, verlangt die Kgl. Forstdirektion als Eigentümerin der für die Wasserleitung benützten, im Staatswald Parzelle entspringenden Quelle die Eingehung eines neuen Vertrags über die pachtweise Ueberlaffung eines Teils dieser Quelle an die Stadt. Hiebei ist unter Aufhebung des Vertrags vom 8. Juli 1904 der von der Stadt zu entrichtende jährliche Pachtzins von 5 Mk. auf 75 Mk. erhöht und das zur Versorgung der Parzelle Sprollenhaus aus der Quelle zur Verfügung gestellte Wasserquantum auf 11,2 Sekundenliter festgesetzt worden. Vom Gemeinderat wird mit Zustimmung des Bürgerausschusses beschlossen, den neuen Pachtvertrag zu genehmigen und an die Kgl. Forstdirektion die Bitte zu stellen, von Anbringung der in Z. 1 des Vertrags zur Abteilung der Wassermengen vorgesehenen Einrichtung insolange absehen zu dürfen, als die Kgl. Forst- Verwaltung den Rest der Quelle nicht für andere Zwecke benötigt, sich aber zu verpflichten, die genannte Einrichtung auf jederzeitiges Verlangen der Kgl. Forstdirektion auf Kosten der Stadt herzustellen.
Es wird beschlossen, von einer käuflichen Erwerbung der der Witwe Krauß gehörigen Wiesenparzelle Nro. 541 in der Rennbach beim Schlachthaus abzusehen.
Es folgen Decreturen, Baufachen und ver- schiedene kleinere Gegenstände.
Alnter.'Hvrtlenöes.
Der schwarze Koffer.
Autorisierte Uebersetzung aus dem Englischen von Emmy Becher.
(Nachdruck verboten.)
Es war in Paris im Nordbahnhof. Der London-Calaier Zug war eben eingetroffen — sechs Uhr dreißig Minuten abends, so viel ich mich erinnere — und die Reisenden beförderten ihr Gepäck hastig nach dem großen Raum mit den hufeisenförmigen Gestellen, wo die Zollbeamten ihres Amtes walten — walteten, sollte ich vielleicht sagen, aber ich denke mir, daß diese Einrichtung heute noch dieselbe ist. Ich war ebenfalls von England herübergekommen, da ich aber kein größeres Gepäck bei mir hatte und mein' Handkoffer schon bei der Landung des Schiffes untersucht worden war, hätte ich in Frieden meines Weges ziehen können. Trotzdem trieb ich mich auch in dem kahlen, geräuschvollen Zollbüreau umher, denn ich mußte meine „Partei' die Leute, die ich im Auftrag meines Büreaus zu bewachen hatte — im Auge behalten. Unbekannter und gänzlich unerwünschter Weise widmete ich meine Dienste einem jungen Paar, das des frommen Glaubens war, seinen beiderseitigen Vätern entlaufen zu sein. Sie waren sehr verliebt und sehr harmlos diese glücklichen Menschen und ich sah wohl, mit welchem Eifer sie die Riemen an ihren Koffern aufschnall- ten und die Schlüssel handhabten. Die Liebenden machten mir meine Aufgabe nicht schwer, und ich hatte vollauf Muße, mich nach allen Seiten umzusehen.
Ich schleuderte zwischen den erregten, hastigen, gereizten Leuten herum und suchte nach irgend einem Gegenstand, der mein Interesse fesseln könnte, und nicht lange dauerte es, so zogen zwei Damen, offenbar 'Mutter und Tochter, die vor einem wahren Gebirge noch uneröffneten Reisegepäcks standen, meine Aufmerksamkeit aus sich. Wie deutlich ich sie heute noch vor mir stehen sehe und wie wenig ich damals ahnte — aber die Wendung stammt entschieden aus einem Roman, den ich irgend einmal gelesen haben muß und ich habe mir geschworen, jeden Anlauf zur Schönschreiberei zu unterlassen, denn wozu soll ich einen Gaul besteigen, von dem ich im voraus weiß, daß ich ihn nicht reiten kann?
Richtig ist übrigens, daß die beiden Damen eine wichtige, wenn auch nicht die Hauptrolle in der Tragödie spielen sollten, deren erster Aufzug für mich wenigstens hier zur Aufführung kam. Die eine von ihnen war, wie schon gesagt, ältlich, mindestens fünfzig, wenn nicht mehr, wohlbeleibt, blond und leb-