Präsident v. Podewils und andere Personen aus dem Publikum springen sofort hinzu und tragen den Knaben, der Schmerzensrufe aus­stößt, in eine Seitennische, wo sich in der Festversammlung anwesende Aerzte um ihn bemühen. Der kleine Fürst ist tief blaß und wie leblos. Sein Gesicht ist von dem Staub des Fußbodens beschmutzt, und alle sind um ihn geschäftig, um ihn wieder zur Besinnung zu bringen. Nachdem die Sanitätswache mit einer Tragbahre herbeigeeilt ist, wird der Fürst in dem Wohnhause des Walhalla-Kommissärs rmtergebracht, wo er nach einiger Zeit wieder zu sich kam. Außer ihm ist übrigens bei der inneren Feier, und zwar während der Rede Bülows, ein Student, ein Vertreter des Heidel­berger KorpsFrankonia," ohnmächtig geworden, hat sich aber ebenfalls bald wieder erholt.

Berlin, 21. Okt. Die Nordd. Mg. Ztg. bringt anläßlich des 50. Geburtstags der Kai­serin einen Artikel, worin sie auf die gleichzeitige Vermählung des Prinzen August Wilhelm hin­weisend sagt:In der Verbindung beider Fest­lichkeiten kommt von neuem beredt zum Aus­druck, wie tief vom Geiste reinsten Familiett- glücks, als dessen erhabene Hüterin Ihre Majestät waltet, unser Herrscherhaus erfüllt ist." Das Blatt zitiert dann das Wort des Kaisers von 1890:Das Band, das mich mit Schleswig- Holstein verbindet, das ist der Edelstein der an meiner Seite glänzt", und sagt, gleichsam eine Familie im weiteren Sinne Ihrer Maje­stät die ganze Nation, deren Wohl und Wehe der Kaiserin am Herzen liegt, wie das des eigenen Hauses. Der Artikel schließt mit innigen Segenswünschen für die Kaiserin und das junge Paar.

Berlin, 21. Okt. Prinz August Wilhelm hielt heute mit seiner Braut Alexandria Vikto­ria von Holstein-Glücksburg seinen Einzug. Die Kronprinzessin begleitete die Braut. Gegen 3 Uhr ordnete sich im Schloß Bellevue der Zug. Voran ritt eine Eskadron des 2. Gar­de-Dragonerregiments mit dem Trompeterkorps Dann folgten drei sechsspännige Wagen mit den Herren des Gefolges. Hierauf kam die Hälfte der Leibschwadron der Gardes du Corps, dahinter der große vergoldete königliche Staats­wagen mit der Braut und der Kronprinzessin. Eine Eskadron der 2. Garde-Ulanen mit Musik schloß den Zug, dem sich am Tiergarten 6 Postinspektoren und 40 Postillone unter Füh­rung eines Oberpostdirektors anschlossen. Die Postillone spielten:Wir winden dir oen Jung­fernkranz". Am Pariser Platz wurde das Brautpaar von den städtischen Behörden begrüßt. Vom Schloß Bellevue bis zum Zeughaus bil­deten Innungen, Kriegervereine, die Studenten­schaft und der Schützenbund Spalier. Die Feststraße war mit Blumen und Fahnen in den deutschen und schleswig-holsteinischen Farben, Vekränzungen und wetterfesten Jlluminations- ballons reich geschmückt. Von dem inneren Schloßhof geleitete der Kronprinz die Braut, Prinz August Wilhelm die Kronprinzessin zum Schweizersaal. Hier wurde die Braut vom Kaiser und den Prinzessinnen empfangen und durch die Prunkräume geleitet, in denen sich die hohen Militärs, die prinzlichen Hofchargen, die Gefolge der Gäste, der Reichskanzler, die Ritter des Schwarzen Adlerordens, die Mini­ster und Staatssekretäre, die Präsidenten der Parlamente und die Damen der Umgebungen versammelt hatten. Im Rittersaal wurde die Braut von der Kaiserin und den Gästen begrüßt. Zur Vollziehung der Ehepakten begaben sich die Majestäten, die Eltern der Braut der Großherzog von Oldenburg als Chef des Hauses Glücksburg und das Brautpaar nach dem Kur­fürstenzimmer. Als Hausminister waltete Graf zu Eulenburg. Nach Vollziehung der Ehepakten geleiteten die Majestäten die Braut nach den Gemächern. Abends 6 Uhr fand im Elisabethen­saal des Schlosses Familientafel bei den Maje­stäten mit den Höchsten Gästen statt. Gleich­zeitig war Marschalltafel für sämtliche Gefolge in der Bildergalerie. Anschließend war Gala- Oper.

Der Kaiser brachte auf die Gesundheit des Brautpaares folgenden Trinkspruch aus: Ich spreche euch in unserem Namen und im Namen meines Hauses den herzlichsten Glück­wunsch aus. Meine liebe Alix, du kommst von

dem meerumflossenen Land zu uns, nicht als Unbekannte, denn du hast viele Wochen deiner Jugend bei uns verlebt in verschiedenem Alter. In frühester Zeit hat sich zwischen Euch das Band geknüpft, das zu dem heutigen glücklichen Tag geführt hat. Ich nehme dich mit offenen Armen auf bei uns, und mögest du bei uns die schöne Heimat wenigstens etwas vergessen. Ihr werdet nun euren Hausstand gründen und das Leben zusammen beginnen. Leben heißt arbeiten, arbeiten heißt schaffen, schaffen bedeu­tet wirken für andere, für das Vaterland, für unser Volk, wirken in unserem Haus. Nach den frohen Stunden der ersten Tage und Mo­nate wird auch an euch der Ernst des Lebens herantreten mit seinen Pflichten, den Pflichten, wie sie in unserem Haus geübt werden. Wir sehen auf euch beide als auf unsere Helfer in unserem Wirken. Du, mein Sohn, hast unserem Hause Ehre gemacht mit deinem Examen, wel­ches dir zu deiner Zivillaufbahn den Weg ge­macht hat, und du wirst meiner Frau hilfreich zur Seite stehen in den Werken der barmher­zigen Liebe. Möge für euch auch das Bild maßgebend sein, welches für uns Menschen von oben gezeichnet ist: der Strom, der sich vielfach teilt, der eine Arm, der belastet wird, der das Schiff trägt dem Meere zu, ein Vorbild dafür, daß einem im Leben von oben Lasten auferlegt werden, die gemeinsam getragen werden sollen, und daß die Kraft zum Tragen aus dem Ver­trauen aus dort oben erwächst. Und der andere Arm, der die Arbeit verrichtet. Auf dieses Bild greifen wir zurück, als Bild dafür, daß wir stetig wirken sollen in Werken der Liebe zu den Brüdern und wirken in stetiger Arbeit für das Wohl des großen Ganzen und zur Ehre unseres Hauses. In diesem Sinne erhe­ben wir die Gläser und trinken jetzt auf das Wohl Sr. K. Hoheit des Prinzen August Wil­helm und der Prinzessin August Wilhelm von Preußen." Das Fest schloß nach alt herge­brachter Sitte mit einem Fackeltauz im Weißen Saal.

Berlin, 21. Okt. Aus Konstantinopel wird derVossischen Zeitung" gemeldet: Gestern hat sich Oesterreich mit der Pforte über die Einverleibung Bosniens und die Räumung des Sandschaks geeinigt. Die Türkei hat die Einverleibung anerkannt und die Räumung angenommen. Damit ist dieser Teil des Pro­gramms der Konferenz erledigt. Dem gleichen Zweck dient die Reise des bulgarischen Abge­sandten Dimitroff, der gestern hier eintraf. Er hatte bereits Besprechungen mit dem Großwesir und dem Minister des Aeußern, die um so erfolgversprechender sind als die Regelung der finanziellen Fragen besonderen Unterhandlungen Vorbehalten bleiben soll. Damit sind die Aus­sichten zur Erhaltung des Friedens bedeutend gestiegen.

Die Zentrumspresse hat ihr Urteil über Bismarck wesentlich geändert. InderKölnischen Volkszeitung" findet man jetzt einen Vergleich zwischen Napoleon und Bismarck, der als Beitrag zur Walhalla-Feier gelten könnte: Einer der größten Menschen aller Zeiten nach meiner persönlichen Auffassung sogar der größte Kriegsmann, den jemals die Erde ge­tragen war der erste Napoleon. Kaum einer war so vielseitig wie Napoleon I., der gleich groß als Feldherr, Staatsmann, Regent und Gesetzgeber war. In Bezug auf den letzteren Punkt sei nur an den Code Napoleon erinnert, dem er mehr als den Namen gab, denn seine Verfasser leisteten doch hauptsächlich nur die Kleinarbeit, um den Napoleonischen Geist in Formen zu gießen. Welcher Regent hat jemals die Bedürfnisse seiner Untertanen so bis ins kleinste zu verstehen und zu beurteilen vermocht, welcher Staatsmann sich so gewandt gezeigt im Umgang mit Menschen! Von den Pyramiden bis zur Ostsee, von den Schluchten Spaniens bis zu den Eisfeldern Rußlands reichen dabei die Erinnerungen glänzender Waffentalen Napoleons. Der wärmste Verehrer Bismarcks muß zugeben, daß er vor diesem Riesengeist, der schon als zweiundzwanzigjähriger Jüngling ein großer Feldherr war, den Hut abziehen muß, und doch hat Bismarck mehr erreicht, mehr Dauerndes geschaffen, als der geniale Korse. Woran lag das? Napoleon übernahm sich und wagte zuviel; er raste wie

ein Tobsüchtiger durch die Weltgeschichte, aber Bismarckhandelte nach dem klugen und bedächtigen Wort:In der Beschränkung zeigt sicherst der Meister." Bismarck hatte staatsmännisches Augenmaß und wußte nicht bloß zu wagen, sondern im Bedarfsfalls auch vorsichtig zu sein. Darum blieb sein Werk erhalten, aber das Frankreich, das Napoleon geschaffen hatte, wurde schon lange vor seinem Tode wieder zerstört. Wenn Bismarck auch nach Napoleons Vorbild gehandelt und, auf die Feldherrnkunst Moltkes vertrauend, ein Deutsches Reich gegründet hätte, das von einem Ende Europas zum andern gereicht hätte, dann würde ein solcher Neubau wohl schon längst wieder in Trümmer zerfallen sein.

Konstantinopel, 19. Okt. Die herzlichen Worte des deutschen Kaisers an den türkischen Botschafter finden in der gesamten Presse ein freudiges Echo und machten auch beim Sultan einen vorzüglichen Eindruck. Der Sultan ließ den Kaiser versichern, daß sein Vertrauen zu ihm nie erschüttert worden sei, wovon er in den nächsten Tagen einen Beweis geben werde. Den ausländischen Botschaften nahestehende Kreise versichern, es liege in der Absicht der türkischen Regierung, durch Vermittlung des Kaisers Wilhelm, auch eine Verständigung mit Oesterreich-Ungarn herbeizuführen. Der deutsche Botschafter ersuchte den Großvestr, alle gegen Oesterreich gerichteten Boykottbewegungen auf das schärfste zu bekämpfen, da bei einer etwaigen Konferenz die Pforte das Wohlwollen Oesterreichs unbedingt bedürfe.

Detroit, 16. Okt. Hier wüten fortgesetzt Waldbräude. Ein von Presque-Jsle nach der Ortschaft Metz gesandter, mit Flüchtlingen besetz­ter, Eisenbahnzug entgleiste und verbrannte. Nach den letzten Meldungen fanden dabei 200 Personen den Tod.

Aus KM md

Wildbad, 23. Okt. Am 15. d. M . wurde mit den Arbeiten de s Sommerbera- Hotels der Herren Banner und W'Znzlwes^es 100 Nieter von der Bergbahnstation entfernt erstellt wird, beao nnen.-D ie Ausführung und die Bauleitung rmEntwurf vorzüglich gelungenen Hotels liegt in den Händen des Architekten Theodor Preckel in Pforzheim. Der Bau wird ganz im Stile der in unserem Gebirge heimatlichen Bauweise erstellt, lauschige Galerien, von jedem Hotelzimmer aus zugänglich, ziehen um das ganze Haus und geben diesem das einheitliche und gemütvolle Gepräge des Schwarzwaldhauses. In der Anlage selbst und inneren Ausgestal­tung wird allem Komfort der Neuzeit Rechnung getragen, um den verwöhntesten Ansprüchen zu genügen. Dazu ist von der Bauleitung für jedes Zimmer eine besondere Ventilation vor­gesehen, die auch bei geschlossenen Fenstern zur Nachtzeit ohne jede Belästigung und zu jeder Jahreszeit die Räumlichkeiten mit frischer Luft versieht. Die Anordnung der Zimmer, der Badeeinrichtungen usw. soll in praktischkonstruk­tiver Weise geschehen; dabei dürften unter anderem die Ski- und Rodel-Unterkunftsräume welche mit Rücksicht auf die von der Stadt­gemeinde Wildbad in Verbindung mit der Berg­bahn geplante Rodelbahn vorgesehen wurden, von der Sportswelt mit Freuden begrüßt wer­den. An Platz wird das Hotel überhaupt keinen Mangel haben. Es sind etwa 70 Zim­mer vorgesehen, ferner eine große Diele oder Halle mit 200 Quadratmeter, ein großer und ein kleiner Speisesaal mit 300 und 120 Quad­ratmeter, Billard-, Rauch-, Musik-, Schreib­und Konversationszimmer, eine Bierstube, eine ebensolche mit geräumiger Kegelbahn, mehrere große Terrassen etc. Ein Fahrstuhl erleichtert die Erreichung der oberen Geschosse. Das Hotel, 'das bis Ende Mai nächsten Jahres seine gastlichen Räume erschließen soll, kommt auf etwa 300 000 Mark zu stehen.

Neuenbürg, 22. Ott. Einen frechen Einbruch ließ sich ein 18jähr. Bursche in Calm­bach zu Schulden kommen. Er hat schon im Schlafzimmer der Metzgerswitwe Metzler das Portemonnaie gestohlen und war eben daran die Ladenkasse zu plündern, als er von der Metzgerin überrascht wurde. Dabei stellte er sich gegen die Frau, doch diese war ihm an