mich tritt naturgemäß niemand ein, weil keiner den Sprung ins Dunkle wagen will. Aber mein Ziel ist mir klar, und ineine Berechnungen sind richtig!" Auch sonst sagte er wohl in diesen kritischen Zeiten: „Ich nehme es keinem Menschen übel, wenn er mich für einen Toren hält; deshalb weiß ich doch, daß es meine Aufgabe ist, ruhig weiter zu arbeiten und meine Idee, die ich für richtig erkannt habe, weiter zu verfolgen."
— Ein abtrünniger „Genosse" bereitet den Sozialdemokraten in der bayerischen Stadt Hof mancherlei Unannehmlichkeiten. Es handelt sich dabei um den im ganzen nördlichen Oberfranken bekannten sozialdemokratischen Agitator Johann Ebert, der im Januar ds. Js. aus der sozialdemokratischen Partei ausgetreten und jüngst in den „Jungliberalen Verein" eingetreten ist. Die Ursache zu diesem Schritte bot die seinerzeitige Bierpreiserhöhung, die Ebert, der selbst Wirt ist, mitgemacht hatte. Daraufhin wurde er in der sozialdemokratischen Presse heftig angegriffen, ja man drohte ihm mit dem Boykott. Nun, da er den Bruch vollzogen hat, nimmt er im Hofener Anzeiger das Wort und erzählt einiges über das wahre Gesicht der menschenbeglückenden Sozialdemokratie. Er schreibt: „Äöas meine Stellung beim „Bierkrieg" betrifft, so konnte ich als Wirt nicht anders handeln. Es war Ehrensache von mir, für die Interessen meiner Kollegen (der Wirte) nach Kräften einzutreten. Und es ist doch sozialdemokratischer Grundsatz, daß derjenige ein Ehrloser, ein Lump ist, der seinen Kollegen bei Erringung besserer Existenzverhältnisse in den Rücken fällt. Ueber- dies waren damals alle sozialdemokratischen Wirte mit der Bierpreiserhöhung einverstanden, und die paar Mark Mehrverdienst pro Monat hätte auch jeder brauchen können. Aber damals zeigte sich, daß dieselbe Partei, die stets und ständig, besonders aber bei den Wahlen betont, daß sie für die Interessen des Mittel- und Gewerbestandes eintritt, — daß dieselbe Partei nur auf den Ruin, die) es Standes, diese Existenzen hinarbeitet. Durch Lohnbewegungen und Streiks, sowie andere Ursachen wird die Lebenshaltung des Wirtes wie aller Leute, sowie seine Produkte, welche er umsetzt, verteuert. Aber 1 oder 2 Pfennig für das Glas Bier mehr zu verlangen, spricht den „Parteiprinzipien Hohn", und wer dagegen handelt, (mag er noch so viel für die Partei getan haben) wird existenzlos gemacht, wird mit Weib und Kind ins Elend gestürzt zur höheren Ehre der „Freiheit und Brüderlichkeit". — Nachdem Ebert seine Parteitätigkeit
geschildert, schreibt er weiter:.„Was
mich veranlaßte, auszutreten, war die leider zu späte Erkenntnis, daß die Sozialdemokratie kein Freund, sondern ein Feind des Mittel- und Gewerbestandes ist, und daß der Klassenkampf und der Klassenhaß, den ich selbst über ein Jahrzehnt gepredigt habe, verkehrt ist. Am eigenen Leibe mußte ich die Wirkungen verspüren, sonst wäre ich wohl heute noch nicht kuriert. Mit der Hungerpeitsche sollte ich bestraft werden, obwohl ich an die 15 Jahre Parteibeiträge geleistet, stets meine Pflicht und Schuldigkeit voll und ganz, wie auch meine Feinde anerkennen müssen, erfüllte, und mir im Dienste der Partei eine Lungenkrankheit geholt hatte. Allerlei Verleumdungen und Verdächtigungen wurden und werden noch über mich verbreitet. So habe ich die „Brüderlichkeit" zu kosten bekommen." Ebert dürste mit seiner späten Erkenntnis in der Sozialdemokratie nicht allein stehen. Es gibt noch Tausende, die gleichen Sinnes sind, aber aus bekannten Gründen nicht den Bruch mit ihr vollziehen können.
— Einer außerordentlich günstigen Nachfrage erfreuen sich die seitens der Verwaltung der 4. Geldlotterie zu Gunsten des Elsaß-Lothringer Kriegerheimes zu Straßburg i. E., Spießgaffe 46, zur Ausgabe gelangten Lose, welche angesichts ihres guten Zweckes nichts nur in Elsaß-Lothr. vielmehr auch in Bayern, Württemberg, Baden und Braunschweig durch allerhöchste Entschließung genehmigt sind. Nicht nur der geringe Preis eines Loses von Mk. 1,10 (Porto und Liste 25 Pfg. mehr) und der Umstand, daß auf 10 Lose ein Freilos, auf 25 Lose sogar 3 Freilose gewährt werden und daß es sich um eine reine Geldlotterie durch welche 4161 Geldgewinne, darunter solche von 20,000 Mk., 10,000 Mk., 5,000 Mk., insgesamt 69,000 Mk. verlost werden.
und daß der Gewinnplan tatsächliche Vorteile manchen anderen Lotterien gegenüber aufweist, sondern auch der gute Zweck veranlaßt manchen zur Entnahme von Losen. Die Ziehung findet am 5. u. 6. Oktober 1908 im Rathause zu Straßburg i. E. öffentlich unter Leitung eines Notars unter behördlicher Aufsicht statt. Jeder Gewinn wird einzeln gezogen. Die Auszahlung der sicher gestellten Gewinne erfolgt sofort nach beendigter Ziehung spesenfrei durch die Verwaltung der 4. Geldlotterie zu Gunsten des Elsaß-Lothringeschen Kriegerheimes zuStraßburg i. E., Spießgasse 46.
— An das Fernbleiben des deutschen Kronprinzen vom Turnfest in Frankfurt am Main werden immer noch allerlei Vermutungen geknüpft. Jetzt ist, wie der „Frkf. Ztg." von gut unterrichteter Seite mitgeteilt wird, in einer Sitzung des geschäftsführenden Ausschusses der deutschen Turnerschaft, die in Leipzig stattfand, festgestellt werden, daß dem Kronprinzen weder das Programm noch eine Einladung zum Turnfest zugeschickt wurde. Bei einer solchen Nachlässigkeit braucht sich die deutsche Turnerschaft allerdings nicht über das Fernbleiben des Kronprinzen zu wundern.
Landau (Pfalz). 24. Sept. Die Strafkammer verurteilte den Weinhändler und Weingutsbesitzer Heinrich Klein wegen Weinfälschung zu 6 Monaten Gefängnis und beschlagnahmte 190 Fuder Wein im Wert von 60000 Mk., wegen Behilfe erhielt der Kaufmann Eißenhardt von Rhodt 2 Monate und der Adjunkt Rueffel von Oberlustadt 14 Tage Gefängnis.
— Ein ehemaliger Arbeiter aus dem Bezirk Speyer stand kürzlich vor dem Schiedsgerichte in Speyer und forderte Invalidenrente. Der Mann hatte 10 Karten vollgeklebt, als er aus dem versicherungspflichtigen Verhältnis austrat. Er wurde „selbständig", Milchhändler. Ueber 4 Jahre lang kümmerte er sich nicht mehr um die Versicherung. Als es mit seiner Gesundheit mehr und mehr bergab ging, erinnerte er sich daran, daß andere invaliden Menschenkinder Rente beziehen. Eine neue Karte wurde geholt und als darin 13 Marken geklebt waren, wagte er es. Aber die Versicherungsanstalt prüfte und zählte nach. Antwort: Ueber 4 Jahre nicht weiter geklebt, darum vor 2 Jahren bereits die Anwartschaft verloren! Und das (Schiedsgericht: „Wir können Ihnen nicht helfen, wer in 2 Jahren als ehemaliger Versicherungs- Pflichtiger wenigstens 20 Marken nicht weiter geklebt hat, verliert die Anwartschaft auf Rente." Und der Berufskläger? „Ich bin ein armer Mann!" und er — weinte. Ein trauriges Bild, dabei die Familie um jährlich mindestens 180 Mk. geschädigt. — Zum Nachdenken für alle, die es angeht, besonders aber für diejenigen, welche gesonnen sind aus dem versicherungspflichtigen Verhältnis auszutreten und als Kleingewerbetreibende, Kleinbauern mit Glücksgütern nicht gesegnet sind. Statt 2,40, 3 und 3,60 Mark im Jahr zu opfern und sich später Hunderte von Mark zu sichern, gibt man das Geld oft lieber für unnütze Sachen aus und darbt dann m Alter, in kranken Tagen.
— Reichsschatzsekretär Sydow hat sich über Aufgaben und Wege der Reichsfinanzreform in der „Deutschen Rundschau geäußert: Die Hauptpunkte sind: „So kann und darf es nicht fortgehen; diese Ueberzeugung fängt an zum Gemeingut des deutschen Volkes zu werden." Mit der Anlehenswirtschaft ist zu brechen, der Kapitalmarkt muß von den großen Beträgen kurzfristiger Schatzanweisungen entlastet und das finanzielle Verhältnis von Reich und Bundesstaaten neu geregelt werden. Es muß dafür gesorgt werden, daß die Steuer auch wirklich auf die Massen übergehen kann und nicht im wesentlichen auf dem Gewerbe hängen bleibt. Der Minister befürwortet die Einführung einer allgemeinen Nachlaßsteuer, wobei kleinere Vermögen frei bleiben sollen. Die Steuer sei eine unumgängliche Bedingung für das Zustandekom- der Reichsfinanzreform. Endlich sollen die Matrikularbeiträge erhöht werden. Besprochen werden noch die der Lösung der Aufgabe entgegenstehenden Hemmnisse, als die Agitation der Interessenten, insbesondere vom Tabakverein, sodann die verschiedenartige Stellung der politischen Parteien. Der Aufsatz schließt: „Die Ordnung der Reichsfinanzen ist eine Lebensfrage
für das Deutsche Reich und seine Gliedstaaten. Sie muß gelöst werden und zwar jetzt, da jede Hinausschiebung die Lösung nur noch erschweren kann. Ich vertraue darauf, daß diese Erkenntnis sich im Reichstage wie im deutschen Volke in ihrem vollem Ernste durchsetzen wird. Es scheint mir kaum denkbar, daß das Gedeihen, ja der Bestand des Deutschen Reiches, das mit so viel Arbeit, so viel Idealismus, so viel Selbstlosigkeit und so viel Blut geschaffen und zusammengekittet ist, aufs Spiel gesetzt werden sollte, weil das deutsche Volk trotz seiner steigenden Wohlhabenheit nicht die zur Erhaltung des Reiches erforderlichen Mittel hätte aufbringen wollen."
Berlin, 24. Sept. Die Aerzte der Charite haben die Transportfähigkeit Eulenburgs festgestellt. Infolgedessen ist der Fürst heute vormittag im Automobil in Begleitung des Stabs- arzts Ritter nach Liebenberg gebracht worden.
Berlin, 23. Sept. Im Zuge von Dresden nach Berlin wurde gestern abend hinter Röderau von einer jungen Dame, die dort zu ihm in einen Abteil zweiter Klasse einstieg, der Referendar v. S. betäubt und seines Portefeuilles mit 1700 Mk., seiner goldenen Ringe, seiner Uhr und Kette beraubt.
Petersburg, 24. Sept. Die Cholerastatistik weist heute 354 Neuerkrankungen an Cholera und 172 Todesfälle auf. Die Gesamtzahl der Erkrankungen beträgt 1705.
Petersburg, 25. Sept. Von gestern bis heute mittag sind 857 Neuerkrankungen und 162 Todesfälle an Cholera zu verzeichnen gewesen. Die Zahl der Erkrankten beträgt gegenwärtig 1806.
Aus Lissabon kommen Meldungen über ein furchtbares Unglück, das sich anläßlich eines Stierkampfes in Motta ereignete. Etwa 3000 Zuschauer warteten vor dem Eingang zur Arena, da die Tore noch nicht geöffnet waren, um dem Stierkamps beizuwohnen. Einige junge Leute öffneten in ihrem Uebermut die Stalltüre, ohne an die Folgen ihres Vorgehens zu denken. Etwa 20 Stiere stürzten heraus und rasten in die Menschenmenge hinein, die entsetzt flüchtete. Die wütenden Stiere warfen mehrere Personen hoch in die Lust, andere wurden niedergestoßen und getötet. Es entstand eine wilde Panik. 8 Personen büßten ihr Leben ein und 47 andere erlitten zum Teil lebensgefährliche Verletzungen. Schließlich wurde Kavallerie requiriert. Die Kavalleristen erlegten 10 Stiere, die übrigen entkamen.
Lokales.
— Bei günstiger Witterung und bei genügender Frequenz wird der Betrieb der Bergbahn vorerst bis Sonntag, den 4. Oktober und zwar vom 1. Oktober ab von 8^/s Uhr Vorm, bis 6'/s Nachm, aufrecht erhalten; unter gleicher Voraussetzung wird an den folgenden Oktobersonntagen in der gleichen Zeit die Bergbahn betrieben.
— Der Gewerbeverein Wildbad bringt den selbständigen Handwerkern nachstehendes zur Kenntnis: Diejenigen jungen Meister, die ihr Geschäft nach dem 1. Oktober 1898 angefangen, und die Meisterprüfung noch nicht bestanden haben, auch Diejenigen welche die Meisterprüfung zu machen gesonnen sind, werden, betr. zukünftiger Lehrlingsanleitung nach dem Gesetz des kleinen Befähigungsnachweises vom 1. Oktober 1908 zu einer Besprechung am 30. September Abends 8 Uhr in das Gasthaus z. „Adler" eingeladen.
Starröesbrrctz-Ghvonik
vom 14. bis 23. Sept. 1908. Geburten.
14. Sept. Günthner, Wilhelm, Holzhauer in Sprollenhaus, 1 Tochter.
20. Sept. Volz, Karl Christian Friedrich, Holzhauer
hier, 1 Sohn.
21. Sept. Volz, Otto Wilhelm, Sattler hier, 1 Sobn.
Au fgebote:
21. Sept. Eitel, Christian, Zimmermann hier und Barth, Sofie Berta, Zimmermädchen von Calmbach.
Gestorbene:
18. Sept. Mayer, Robert August, Sohn des Zimmer« gesellen Karl Robert Mayer hier, 4 Monate alt.
23. Sept. Schidel, Frida Marie, ,Tochter des Hilfswagenwärter Karl Hermann Schidel, hier, 3 Jahre alt.