- Unaufgeklärt ist bis jetzt immer noch wie das Feuer eigentlich entstanden ist. Vielleicht wird dieser Punkt nie aufgeklärt werden. Kaum glaublich ist, daß der Ausstoß des fortgeschleuderten Ballons auf den Boden die Entzündung verursacht habe. Jede Unvorsichtigkeit beim Hantieren der Arbeitsleute wird aufs strikteste in Abrede gezogen. Man erinnert sich ja auch der Berichte über die außerordentliche Vorsicht mit Feuer und Licht, die von der Landestelle bei Oppenheim eintrafen. Man vermutet, daß es sich um eine Entladung atmosphärischer Elektrizität handelt mit der zur Zeit der Katastrophe die Luft stark geschwängert war. Um hierüber ein authentisches Gutachten herbeizuführen, ist eine Autorität auf meteorologischem Gebiet, Dr. Lincke vom physikalischen Verein zu Frankfurt a. M. vom Reichskommissar Lewald nach Friedrichshafen berufen worden.
— Die Daimler-Motorengesellschaft gibt über die Motordefekte des Zeppelinsckien Luftschiffs folgende Auskunft: Nur der vordere der beiden Motore hatte einen Defekt und zwar waren die Lageschalen einer Schubstange ausgeschmolzen, vermutlich infolge mangelhafter Schmierung, weil das Schmieröl bei Temperaturen, wie sie in hohen Luftschichten herrschen, dickflüssig wird. Das Verbrennen des Luftschiffs mit dem Motore in Verbindung zu bringen ist sinnlos," denn die Stichflamme enstand am vorderen Luftschiffende, etwa lOO Meter von dem Hinteren Motor entfernt, während der vordere Motor abmontiert und auf freies Feld verlegt war, um in einzelnen Teilen von den Ingenieuren der Daimler- Gesellschaft nachgesehen zu werden.
— Bei der Frage nach der Ursache des Unglücks haben sich dem Beschauer zwei Gedanken nahegelegt. Erstens schien es nach dem Abgang des Grafen an einer Aufsicht zu fehlen, die als oberste Instanz für das gesamte am Ballon beschäftigte Personal in Betracht gekommen wäre. Der Riese lag ja anfänglich auch ganz harmlos und keineswegs allzu ungebärdig da. Aber als die drohenden Gewitterwolken aufstiegen und der Wind immer heftiger wurde, wäre eine solche oberste Leitung sicher von erheblichem Nutzen gewesen. Und zum andern herrscht der allgemeine Eindruck, daß viel zu wenig Personal zum Festhalten des ge- waltigen Kolosses verwendet war. Die Zahl der Soldaten, die die Gondeln und die Taue festhielten, wird mit 40 bis 50 Mann nicht zu niedrig angegeben sein. Wenn man sich erinnert, daß bei dem ziemlich kleineren französischen Ballon „Patrie" damals ein ganzes Bataillon an den Tauenden hing und einen mehrstündigen, schließlich doch noch erfolglosen Kampf mit der Gewalt des Sturmes führte, so mag dieser Vergleich trotz der Verschiedenheit der Umstande doch zu denken geben. Mau wird den Gedanken nicht los: es wäre anders gegangen. wenn mehr Kräfte sich von Anfang an gegen die Möglichkeit eines starken Sturmes gerüstet hätte». Ein Herr beobachtete, wie noch im letzten Moment vor Beginn der Katastrophe in der Gondel mit einem Lötkolben gearbeitet worden war, er oermntet, daß von diesem Lötkolben das Feuer ausgegangen ist.
Friedrichs Hafen, 7. Aug. Nach Mitteilung von zuständiger Stelle ist nicht daran zu zweifeln, daß nun zunächst, und zwar sobald als möglich, dasModell 1907 wieder flottgemacht wird. Das Äluminiumgerüst des Modells ruht bekanntlich, wie jeder Besucher von Manzell sich mit eigenen Augen überzeugen kann, vollständig gebrauchsfertig in der alten Ballonhalle. Die vollständige Aufmontiervng des Luftschiffes wird umso weniger Schwierigkeiten machen, als die äußere Hülle sowohl wie die Zellenballons vollständig iutakt vorhanden sind. Bei einiger Beschleunigung der Arbeit könnte das Modell in 6—8 Wochen völlig fertig sein. Eine Pa- rallclaktion wird dann die gleichzeitige Inangriffnahme eines neuen Luftschiffes.
^Mannheim, 6. August. Die „N. Bad. Landesztg." meldet: Die deutsche Luftflottenzentrale Mannheim hat an sämtliche Oberbürgermeister und Bürgermeister der deutschen Städte mit mehr als 20 000 Einwohnern ein Zirkular mit einem Aufruf versandt und
angeregt, daß in allen diesen Städten zur Durchführung der Sammlung für den Grafen Zevpelin besondere Ortsausschüsse gebildet werden sollen. Die in den einzelnen Städten gesammelten Beiträge sollen dann an die Rheinische Kreditbank in Mannheim als an die Hauptsammelstelle des Deutschen Luftflottenvereins abgeführt werden, damit dann das ganze Ergebnis der eingeleiteten Sammlung als Ehrengabe des deutschen Volkes in einer Summe dem Grafen v. Zeppelin überreicht werden kann.
— Der Betrag der beim „Schwäb. Merk." eingegangenen Zeppelin-Spenden betrug bis Freitag Vormittag bereits 20 000 Mk. Ewer schickte 10 Mark und schrieb dazu: „Gras Zeppelin sei nur nicht bange, das deutsche Volk hält dir die Stange."
Heidelberg, 6. Aug. Eine ungenannt gebliebene Person spendete 20000 Mark für Zeppelin.
Berlin, 6. Aug. Nach einem Privattelegramm des Berl. Tagebl. aus Friedrichshafen sind aus Privatmitteln bereits 1 300 000 Mark gezeichnet worden. Bis zum Schluß der Berliner Börse waren dort insgesammt zirka 100 000 Mark für den Grafen Zeppelin gezeichnet. Die großen Banken zeichneten je 10 000 Mark.
Lübeck, 6. August. Bei der in Lübeck sofort ei »geleiteten Sammlung zum besten des Luftfchiff-Bausonds für Graf Zeppelin sandte Senator Possehl-Lübeck 100 000 Mk.
Essen a. R., 6. Aug. Der Bergbauliche Verein in Essen a. R. hat heute mittag dem Grasen Zeppelin eine Sympathieadresse gesandt und ihm als Beihilfe zum Bau eines neuen Luftschiffes 100 000 Mk. überwiesen.
Essen, 7. Aug. Die Firma Krupp hat für die Zeppelin-Sammlung 100000 Mk. gespendet.
Berlin, 7. Aug. Die Firma Rudolf Herzog übergab dem Bürgermnister Reicke für das große Werk Zeppelins 10 000 Mk.
Baden-Baden. Eine zur Kur hier weilende Dame spendete für die Sammlung für Zeppelin 50000 Mk. Auch sonst fließen die Gaben hier sehr reichlich.
— Die Tägl. Rundschau meldet aus New- york: Graf Zeppelin habe von Amerika 20 Millionen Mark für sein ganzes Unternehmen als Kaufpreis angeboten erhalten, habe aber das Anerbieten abgelehnt.
WnterHattenöes.
Schloß Schönfeld.
Erzählung von Franz Teller.
(Forts.) (Nachdr- verboten.)
Godsberg begab sich von dem Kammerdiener direkt zu dem Justizrat, der über seine Mitteilungen nicht wenig erstaunte und Schritte bei Mehlburger zu tun versprach, um den möglichen Inhalt des Turmes zu sichern, auch zu veranlassen, daß man den Helfershelfer des Kammerdieners, diesen Matthias — ein wenig unter Aufsicht hielte. Der junge Offizier eilte aber noch am Abend hinaus, suchte Gottfried auf und gab ihm Kenntnis von dem, was er gehört hatte.
„Dann ist es dcch richtig mit der Gestalt, die man am Turme gesehen haben will, und das war also der brave Matthias? Nun, Junker Heinrich, jetzt lege ich mich auf die Lauer, und zwar mit der Flinte, bis der Turm regelrecht und gesetzmäßig untersucht werden kann. Ich habe auch geglaubt, als ich hörte, daß der Familienschmuck fort sei, das Diebsvolk habe ihn dem alten Herrn abgeschwatzt. Gott sei Dank, so geht doch das Geschlecht der Godsberg nicht zugrunde. Wenn das Demantkreuz wieder da ist, blüht es auch wieder auf."
Der Alte spielte auf eine Sage an, nach welcher die Existenz, die Wohlfahrt der Familie, an den Besitz eines uralten Kleinods geknüpft wäre. Ein alter, weil bekannter Spruch lautete:
„Solang' das Demantkreuz in Godsbergs
Hand,
Blüht seirt Geschlecht im weiten Land."
„Ja, sagte Godsberg, dem die Verse bei Gottfrieds Worten durch den Sinn gingen,
bitter: „Das Lied sagt Wahrheit, unser Ge schlecht blüht im Lande."
„Nicht den Mut verlieren, Junker Heinrich!"
„Furchtlos allewege! so lautet der Wahlspruch. Das Haus Godsberg wird wieder emporkommen."
Das Gesicht des jungen Edelmannes sah nickt so aus, als ob er diese Hoffnung teile.
Während der gesunkene Glanz seines Geschlechts seine Gedanken beschäftigte, siel ihm auch die so früh und geheimnisvoll gestorbene Schwester seines Vaters ein, und er fragte: „Du hast Helene von Godsberg noch gekannt, Gottfried, sage mir, wann und wie sie gestorben."
Der Alte erschrak so heftig bei dieser unerwarteten Frage, daß er nur mühsam stammeln konnte: „Wie kommen der Junker darauf?"
„Bei uns oder vielmehr bei Mathilde war eine alte Dame, eine Frau Lehmann, welche behauptete, mit Helene von Godsberg einst befreundet gewesen zu sein, und hat sich nach deren Schicksal erkundigt; leider konnte ich keine Auskunft geben. Was ist das für eine geheimnisvolle Geschichte, Gottfried?" Der Gärtner war augenscheinlich sehr erregt und mußte sich setzen.
Godsberg erschrak und sah sich in der kleinen Stube nach Wasser um.
„Es war nichts, Junker, gleich vorüber, hat mich nur angepackt, ist das Alter, nichts weiter."
„Um Gotteswillen, was liegt hier zugrunde Gottfried?"
Statt zu antworte ,, fragte der Gärtner:
„Frau Lehmann war bei Ihnen und Fräulein Mathilde?"
„Ich sagte es Dir."
„Und ist cs dieselbe alte Dame, die hier war?"
, „Sie hat Schönfeld besucht."
lieber Gottfrieds erregtes Gesicht zog ein unendlich glückliches Lächeln, dann faltete er die Hände und schien leise und inbrünstig zu beten.
Mit Jugendkraft aber erhob er sich hiernach und sagte: „Jetzt wird alles gut, und das Haus Godsberg wird blühen und gedeihen."
„Was bedeutet das Gottfried? Was für Geheimnisse schlummern hier?"
„Fragt nicht, Junker Heinrich, denn ich darf nichts sagen; ich habe einst einen schweren Eid geleistet, aber Sie werden's erfahren. Gott im Himmel, es geschehen noch Wunder," und in gewaltiger Aufregung lief der Gärtner im Zimmer auf und ab. Godsberg war sehr erstaunt über das alles, fragte aber natürlich nicht mehr und verließ endlich den ruhiger gewordenen Alten in hoffnungsfreudigerer Stimmung. Er hätte nicht sagen können,,woher die eigentlich kam, aber sie war da.
5. Kapitel.
Es vergingen einige Tage, ehe Heinrich von Godsberg den beabsichtigten Besuch bei dem jetzigen Besitzer von Schönfeld machen konnte.
Er hat um eine Audienz bei dem Herzog nachgesucht,
Der Landesherr hatte aus seiner eigenen Hand die Orden seines Vaters entgegengenommen und ihm bei dieser Gelegenheit viel Teilnahme bezeugt. Herr Mehlburger, dem der Justizrat schon früher vertrauliche Mitteilungen über den vermißten Schmuck gemacht hatte und den er jetzt vorsichtig in Kenntnis gesetzt, daß der geisteskranke Herr ihn möglichenfalls in dem verfallenen Turm versteckt habe, hatte sofort geantwortet, daß der Turm vom Gärtner scharf bewacht werde, und daß es ihn freuen sollte, wenn die Erben in den Besitz eines so wesentlichen Teils ihres Erbgutes gelangen sollten. Heute setzte sich Heinrich von Godsberg in eine Droschke und fuhr nach Schönfeld hinaus. Er ließ den Wagen vor dem Parktor halten, stieg aus und begab sich zu Fuß nach dem Schlosse, dabei einen der ihm bekannten verschlungenen Seitenpfade einschlagend. Dieser führte ihn an dem Turme vorbei, den er mit begreiflichem Interesse einen Augenblick betrachtete.
(Forts, folgt.)