München, 14. Juli. Der Münchener In. Die alte Frau mit den scharfen Lügen, die Sie stieß ihn an und sagte im Tone leisen genieuc Fritz Gehre will einen neuen, nur 36 l wohl einst schön gewesen sein konnten, blickte BorwurfS:
bis 50 Pfg. pro Kilo kostenden Sprengstoff erfunden haben, der bei einer Ladung von 60 Gramm eine Kruppsche 7,5 Aentimeter-Schnrll- fkuergranate zersprengt und vorschriftsmäßig zerstreut.
München, 13. Juli, Zwei Gauner entrissen heute vormittag in der Hypotheken« und Wechselbank einem Geldzähler, während sie am Schalter mit ihm sprachen, zwei Notenpakete im Wert von 10000 Mk. und wollten emfliehen. Durch die sofort in Tätigkeit gesetzte Alarmv0rr>chtung konnten die Türen noch rechtzeit geschlossen und die Diebe verhaftet werden. Einer davon gibt an, nur englisch zu verstehen, der andere stellt sich taubstumm.
München, 10. Juli. In den Wäldern um Bayreuth herscht die Nonnenplage. Viele Hunderte Tagwerk 5o—60 jährigen Fichtenbe- standes sind von den Raupen der Nonne bereits völlig kahl gefressen.
Berlin, 14. Juli. Dr. Schleihe erklärte in dem von ihm eingeforderten Gutachten über den Zustand des Fürsten Eulenburg, dieser leide an einer starken Venenenizündung. Es sei zu befürchten, daß bei dem Angeklagten, wenn er sich nur dem kleinen Transport von seiner Lagerstätte nach dem Konferenzsaal unterziehe, der Blutpfropfen, der im Bein sich befinde, bei der geringsten Erschütterung sich loSlöse, was mit Lebensgefahr für den Angeklagten verbunden sei.
Borbeck, 15. Juli. Auf der Zeche Carolus Magnus in Borbeck bei Essen fand heute nachmittag str4 Uhr aus der siebenten Sohle eine furchtbare Explosion statt. Die Zahl der Toten und Verletzten ist noch unbekannt. Gerüchte sprechen von über 100 Toten; die Zechenverwaltung bezeichnet diese Anzahl als übertrieben. Die Explosion fand in der Dynamitkammer der siebenten Sohle statt; zu den RetlungSarbeiten find die Rettungskolonnen von Essen und Vordeck eingetrsffen. Da die Arbeiten durch die auf der Unglücksstelle liegenden Trümmer sehr erschwert werden, läßt sich der ganze Umfang der Katastrophe nicht erkennen. — Bis Uhr abends waren 19 Verunglückte und 8 Tote geborgen,
— Die Kunst des Bauchredens kann, am Unrechten Orte angewandt, recht schlimme Folgen haben. Der Neger John Samson aus Queen S- town mußte das kürzlich erfahren. Er be. gegnet einem Leichenzuge, schließt sich dem Trauer- gefolge an und als man auf dem Friedhof sich anschickt, den Sarg in die Grube hinabzu- zulafsen. ertönt» eine tiefe Stimme, die aus dem Sarg hervorzudringen scheint: „Sachte Kinder, nur sachte." Alle anwesenden Neger werden beinahe weiß vor Entsetzen. Aber die Stimme klingt fort: „Aber sachte Ihr Tölpel, laßt mich nicht fallen, Ihr werdet mir das Rückgrat zerbrechen." Außer sich vor Fnrcht, lassen die Neger den Sarg fallen, das Trauergefolge stürzt in alle Winde davon und nur John Samson lachte, bis — die Polizei kam und den Bauchredner einsperrte.
Unterhaltendes.
Schloß Schönfeld.
Erzählung von Franz Teller.
(Forts.) (Nachdr Verboten.)
„Die Familie," sagte Else, „führt ihren Stammbaum bis in das zwölfte Jahrhundert zurück."
„Bis zum zwölften Jahrhundert? Eine alte Familie, eine lange Reihe Ahnen, deren Schatten oftmals schwer auf den Nachgevorenen lastet."
Es lag etwas Bitteres in ihrem Ton, als sie langsam, fast nachdenklich so sprach.
„S>e scheinen auch nicht viel vom alten Adel zu halten, Madame?" meinte Mehlburger.
Es traf ihn ein seltsamer Blick aus den dunklen Aug>n der Frau Otto Lehmann bei dieser Aeußerung, den Else recht gut bemerkte; er aber fuhr selbstgefällig fort:
„Ich habe mein Vermögen als Bierbrauer verdient, Christian MehlburgerS Feljenbräu.
starr vor sich hin, und eS entstand ein kurzes Schweigen, welches Herr Mehlburger mit der Frage unterbrach:
»Ihr Herr Gemahl ist wohl Geschäftsmann?"
„Mein Mann ist Knopfmacher," entgegnet» sie in trockenem Ton.
„Hm so, Knopfmacher."
Alle drei waren von der Antwort und dem Tone, in welchem sie gegeben wurde, verblüfft, besonders Else.
Frau Otto Lehmann Gattin „eines Knopf- macherS?" Machte sich die Greisin über die Familie des Bierbrauers lustig?
Aber auf ihrem alten, runzelvollen Gesicht lagerte ein Ernst, der zu übermütigem Scherze wenig stimmte.
Und doch, dieses „Knopsmachen" kam so seltsam heraus, so gelassen, einfach — eine Aristokratin hätte in demselben Tone sagen können: Ministerpräsident.
„Ich würde Ihnen nur sehr dankbar sein, Herr Mehldurger, wenn Sie mir gestatten wollten, Ihr schönes Besitztum etwas zu durchwandern, soweit es, ohne zudringlich zu erscheinen, geschehen kann.".
Mit ^diesen Worten erhob sich Frau Lehmann.
„Oh, ich mache mir eine Ehre daraus, Ihnen alles zu zeigen, was sehenswert ist. Else kann »nS begleiten. Wissen Sie, wir nehmen das Kind mit, die versteht von Kunstsachen mehr als ich. Habe im Leben keine Zeit gehabt, mich um etwas anderes als mein Geschäft zu bekümmern. Ich denke, eS ist genug, wenn der Mann einen wenn auch kleinen Kreis beherrscht, den aber vollständig und gründlich, und — das konnte ich."
Der Mann, dem als Schloßherrn der Par» venu aus jedem Knopfloch blickt, machte jetzt, wo er mit ruhigem Seldstbewußtsein sich auf seine bürgerliche Tätigkeit berief, einen viel besseren Eindruck, als bisher. Er führte, von Else begleitet, Frau Lehmann durch eine Flucht von Zimmern, welche reich, aber nicht immer ge, schmackvoll möbliert waren.
Frau Lehmann, hie und da die Lorgnette vor das Auge nehmend und einzelnes betrachtend, ging schweigend hindurch, den Erklärungen der Hausherrn mit einem leisen Neigen des Hauptes oder einem kurzen Wort gelegentlich zustimmend. So kamen sie iu den großen Saal des Schlosser, der dunkel in Farben gehalten war, aber viel Spiegel in den Wänden enthielt. Die Decke zeigte außer reichem Stückwerk ein großes Gemälde zwischen den beiden Kronleuchtern.
„Es sieht hier am Tage ein bischen düster aus, trotz der Spiegel, aber am Abend macht fich'S ganz brillant. Ja, Sie sehen nach der Decke, Frau Lehmann, und wundern sich über die alte verräucherte Kleckserei da oben. Ich wollte etwa« Ordentliches hinmaleu lassen, aber da kam die Else und lamentierte. Das sei ein Meisterwerk, meinte sie, und es sei barbarisch, das zu zerstören. Na, das Kind versteht ja so etwas besser, und ich tat ihren Willen. Damit nun das Ganze mit dem alten Bilde da oben stimmt, ließ Else den Saal so dunkel in Farben halten."
„Er macht so einen durchaus harmonischen Eindruck, mein Fräulein, und es war gewiß nicht leicht, diese Harmonie hier' herzustellen."
Else dankte für das Kompliment mit einem leisen Neigen des HaupteS.
„Hier hingen," fuhr Mehlburger fort, „viele lebensgroße Bilder der GodSberg. Ich habe sie natürlich abnehmen lassen, denn zu meinem Heim paffen sie nicht."
„Besitzen Sie die Bilder noch."
„Ja, sie stehen auf dem Boden."
„Ich bin eine große Freundin alter Porträts und wäre nicht abgeneigt, da sie doch für Sie als Fomilienerinnerung keinen Wert besitzen, sie zu erwerben.
„Ist mir sehr recht, ich habe an den alten, verstaubten und verräucherten Rittern gar kein Interesse, lieber den Preis werden wir schon einig werden."
In Elses Gesicht stieg bei diesen Worten des Varers eine seine Röte empor.
„Papa, bedenke!"
„War denn, Kind, was denn?"
„Geschäft ist Geschäft, und was tue ich denn mit dem Kram?"
„Aber, Herr von Godsberg, Vater?"
„Ach so!" Ja richtig, das habe ich ja ganz vergessen. Der Sohn des verstorbenen Freiherrn hat mir nämlich schreiben lassen, verstehen Sie, Frau Lehmann, schreiben lassen, das ist nämlich vornehm, er möchte die Bilder haben. Na, wer am meisten gibt, hat sie."
Else wurde rot bei dieser Aeußerung, und sie sagte iu einem Tone, durch den trotz aller Mäßigung Unwillen hindurchklong:
„Ich glaube nicht, daß mein lieber Vater mit den letzten Enkeln dieses alten Geschlechts, die noch dazu gänzlich verarmt sind, um ihre Familienbilder handeln wird."
Frau Lehwann betrachtete durch ihre Lorgnette das Deckengemälde. Das Freskobild war alt, und die Zeit nicht spurlos an ihm vorüber- gegangen, aber der Kunstverständige erkannte bald, daß er hier ein vortreffliches Werk vor sich hatte. Es stellte die Olympier beim Gastmahl dar.
„Sie haben den Kunstwert dieses Bildes erkannt, mein Fräulein."
»Ja, gnädige Frau, ich male selbst ein we> nig, und diese Tätigkeit hat mein Urteil geschärft."
„Es ist ein bedeutendes Bild italienischer Schule." Leise wie mit sich sprechend, setzte sie hinzu: „Auch der Kronide ist dom Thron gestürzt ; es endet jede Herrlichkeit auf Erden."
Frau Lehmann wandte das Auge von dem Bilde und ging weiter. Eine neue Flucht von Zimmern öffnete sich, reich wie die anderen Räume möbliert, doch in modernen Formen, welche zu der Architektur der Zimmer, wie der Fenster nicht stimmen wollten.
„Sie haben, wie es scheint, das Schloß ganz neu möbliert, Herr Mehlburger?"
„War auch nötig; das altmodische Gerümpel habe ich auf den Boden schaffen lassen.—Recht war es meiner Else nicht."
„Ich bin eine Freundin alter Möbel, wie alter Bilder; vielleicht haben Sie die Güte, mich beider sehen zu taffen."
„Recht gern, nur müssen wir dann zum Boden hinauf. Wenn Sie vas nicht anstrengt?"
„Durchaus nickt, führen Sie mich nur hin."
Sie stiegen eine Treppe hinauf und erreichten die ausgedehnten Böden.
Else hatte die Familicnbilder der GodsbergS in einem abgeschloffenen, durch Oberlicht ganz gut erleuchteten Raum in der Reihenfolge ordnen lassen, wie sie noch vor wenigen Wochen im großen Saale des Schlosses gehangen hatten.
Da standen, jetzt unter das Gerümpel verwiesen, die Ahnen der noch lebenden Enkel de« Geschlecht« im Eisen Harnisch, in altdeutscher, in spanischer Tracht, in der Gewandung des siebzehnten and achtzehnten Jahrhunderts, bis zum General der Freiheitskriege. Daneben ihre Gemahlinnen^ (Forts, folgt.)
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