der Fragen erschweren könnte. Es wäre verfehlt, leugnen zu wollen, daß sich schwierige diplomatische Auseinandersetzungen ergeben können. Nur sollte darüber nicht vergessen werden, daß man durch ängstliche und übertreibende Ausmalung möglicher Gefahren nicht den sachlichen und gesunden Lösungen vorarbeitet, die herbei- zuführen ein allen Mächten gemeinsames Interesse gebietet. In solchen Zeiten der Erwartung, wie wir sie gegenwärtig durchleben, drängen sich erfahrungsgemäß Elemente in den Vordergrund, die Lust am Unheilstiflen haben. Solche Zeiten geben den geeigneten Nährboden für die haltlosesten Gerüchte ab, und es bedarf nur einer flüchtigen Lektüre der Zeitungen, um sich davon zu überzeugen, mit welchem Eifer die Ausstreuung bösartiger Erfindun gen betrieben wird. Die deutsche Politik aber hat besonders Grund zur Wachsamkeit, da sich fast alle diese Gerüchte gegen sie als ihr gemeinsames Angriffsobjekt richten. Leider haben wir die Beobachtung zu machen, daß den Treibereien gegen die deutsche Politik in Deutschland selbst hie und da durch Sensationslustige Vorschub geleistet wird. In einem Augenblick, da die Fragen des näheren Orients von besonderer Bedeutung sind, gehört eine erhebliche Leichtfertigkeit dazu, um die gänzlich unbegründete Nachricht in die Oeffentlichkeit zu werfen, daß der Botschafter Frhr. v. Marschall abberusen und durch den Generalinspekteur Frhrn. v. d. Goltz ersetzt werden soll. Schlimmer noch ist der Unfug, daß Aeußerungen, die S. M. der Kaiser im Kreise seiner Offiziere getan hat, in unve- glaubigter und willkürlicher Form in die Presse gebracht worden sind. Was dieser so bestimmt in Umlauf gesetzten Meldung zu Grunde liegt, ist die Besprechung, die der Kaiser in Döberitz am 29. Mai nach dem Exerzieren der vor 20 Jahren von dem damaligen Kronprinzen S. M. dem Kaiser Friedrich vorgeführten Kaiserbrigade abgehalten hat. Diese Besprechung hatte nur dienstliche und militärische Angelegenheiten zum Gegenstand. Sie bezog sich nicht auf politische Tagesfragen, und ist darin auch nicht vom ,,Einkreisen" und „Uns stellen" die Rede gewesen, wohl aber hat der Kaiser der Ueber- zeugung Ausdruck gegeben, daß die Armee dem Geiste Friedrich des Großen getreu, ihren Aufgaben gewachsen bleiben werde. Gewiß wollen wir alle unsere Augen gegenüber möglichen Gefahren nicht verschließen. Unsere Soldaten tragen nicht an der Mütze den unkriegerischen Sinnspruch des Hildesheimer Kontingents der ehemaligen Reichsarmee: Da pscem äomiue in äiebus uostris. Das Bewußtsein unserer Kraft darf uns die Zuversicht und die Ruhe geben, die allein eines großen friedlichen Volkes würdig ist.
— Die Verhandlung gegen den Fürsten Eulenburg, die am 29. Juni beginnt, ist auf vormittags l l Uhr angesetzt worden. Die spä> teste Stunde des Beginns soll mit .Rücksicht auf den Gesundheitszustand des Angeklagten gewählt worden sein. Aus dem gleichen Grunde wird angeblich auch nur drei Stunden täglich verhandelt werden, so daß die Hauptverhandlung sich mindestens eine Woche lang hinziehen wird. Die Anklage wird wahrscheinlich Oberstaatsanwalt Dr. Jsenbiel selbst vertreten. Man rechnet damit, daß die Oeffentlichkeit schon vor dem Eintritt in die Verhandlung ausgeschlossen wird.
Berlin, 19. Juni. Aus Petersburg berichtet der Lokalanz.: Der Frau des Generals Stöffel droht ein Prozeß. Große Summen der Port Arthurwohltätigkeitsgesellschaft fehlen, desgleichen die Belege. Frau Stöffel die der Gesellschaft Vorstand, hat sich angeblich in Bezug aus den Verbleib der von ihr verwalteten Gelder in Widersprüche verwickelt.
Amsterdam, 17. Juni. Wie das „Handelsblatt" aus Batavia meldet, fanden in Alt-Agam an der Westküste von Sumatra wegen der Einführung von Steuern Ruhestörungen statt, bei denen von der Bevölkerung 90 Personen getötet bezw. verwundet wurden. Die Truppen hatten 9 Tote und 13 Verwundete. Auch an anderen Orten am Singkarak- See kam es zu Ruhestörungen. 4 Gendarmerie- Abteilungen wurden nach den Aufstandsorten abgesandt.
Hlnterhattenöes.
Die verschwundene Braut.
Von Conan Doyle.
Autorisiert. (Forts.) Nachdruck verboten.
„Die junge Dame kam hierauf nach London, uud Sie knüpften hier die Bekanntschaft wieder an?"
„Jawohl. Ihr Vater brachte sie zur diesjährigen Saison herüber. Ich traf mehrmals mit ihr zusammen, bis ich mich mit ihr verlobte und kürzlich verheiratete."
„Sie hat. wenn ich recht berichtet bin, eine beträchtliche Mitgift erhalten?"
„Eine ganz hübsche Mitgift. Nicht größer, als es in meiner Familie üblich ist."
„Und diese Mitgift verbleibt nun natürlich Ihnen, nachdem die eheliche Verbindung zur Tatsache geworden ist?"
„Danach habe ich mich wirklich noch nicht erkundigt."
„Das läßt sich denken. Waren Sie mit Ihrer Braut am Tage vor der Hochzeit zusammen?"
„Jawohl."
„War sie da guter Laune?"
«In so froher Stimmung als jemals. Sie machte fortwährend Pläne für unsere Zukunft."
„Wirklich? Das ist höchst merkwürdig. Und am Hochzeitsmorgen?"
„War sie so heiter als nur möglich. Wenigstens bis nach der Trauung."
„Und haben Sie nach der letzteren eine Veränderug an ihr bemerkt?"
„Nun ja, um die Wahrheit zu gestehen, erfuhr ich bei dieser Gelegenheit zum erstenmal, daß sie auch etwas heftig werden kann. Das Vorkommnis war übrigens zu unbedeutend, um ein Wort darüber zu verlieren, und hat keinerlei Bedeutung für den vorliegenden Fall."
„Bitte, teilen Sie eS uns trotz alledem mit."
„Ach, es hört sich wirklich kindisch an. Während wir auf die Sakristei zugingen, ließ sie ihr Byuquet fallen. Sie schritt gerade an der vordersten Sitzreihe vorüber, und so fiel es in einen der Kirchenstühle ein. Dies verursachte einen Aufenthalt von einigen Augenblicken, allein der aus dem Platze befindliche Herr händigte ihr den Strauß sogleich wieder ein, auch schien er durch den Fall nicht gelitten zu haben. Trotzdem gab sie mir auf meine Bemerkungen über den Vorfall nur abgerissene Antworten, und während unserer Fahrt nach Hause zeigte sie eine unbegreifliche Erregung über dieses unbedeutende Vorkommnis."
„Wirklich! Wie Sie sagen, befand sich ein Herr in dem Kirchenstuhl. Es waren also Leute aus dem Publikum zugegen?"
„O ja. Dies läßt sich unmöglich vermeiden, wenn die Kirche offen ist."
„Jener Herr gehörte nicht zu den Bekannten Ihrer Gemahlin?"
„Nein, nein. Ich nenne ihn nur aus Höflichkeit einen Herrn; es war ein ganz gewöhnlich aussehender Mensch, den ich kaum bemerkt hatte. Aber ich glaube, wir schweifen ziemlich weit von unserem Ziele ab."
„Ihre Gemahlin war also bei der Rückkehr von der Trauung in einer weniger heiteren Stimmung als auf dem Hinweg. Was tat sie nach der Ankunft im väterlichen Hause?"
„Da sah ich sie im Gespräch mit Alice, ihrem amerikanijchen Kammermädchen, das sie aus Kalifornien mitgebracht hat."
„Wohl eine vertraute Dienerin?"
„Ja, nur etwas zu sehr. Mir scheint, als gestatte sie sich ihrer Herrin gegenüber große Freiheiten. Doch sieht man derartige Verhältnisse in Amerika natürlich etwas anders an.,,
„Wie lange dauerte dieses Gespräch?"
„Nur ein paar Minuten. Ich dachte gerade an etwas anderes."
„Sie haben nicht gehört, um war es sich handelte?"
„MeineFrau sprach etwas von sin fremdes Gehege kommen'. Ich habe keine Ahnung, was sie damit meinte."
„Und was tat Ihre Gemahlin nach dem Gespräch?"
„Sie begab sich in ihr Speisezimmer."
„An Ihrem Arm?"
„Nein, allein. In solchen'Kleinigkeiten war sie sehr selbständig. Wir mochten etwa zehn Minuten bei Tisch gesessen haben, als sie eilig aufstand, einige Worte der Entschuldigung murmelte und den Saal verließ, um nicht wiederzukehren."
„Wenn ich recht verstanden habe, so wäre sie nach Aussage des Kammermädchens auf ihr Zimmer gegangen, hätte einen langen Mantel über ihr Brautkleid umgeworfen, einen Hut aufgesetzt uud das Haus verlassen."
„Ganz richtig. Darauf wurde sie noch im Hyde-Pulk zusammen mit der Flora Millar gesehen, die an jenem Vormittag bereits in Herrn Dorans Hause eine Störung verursacht hatte und inzwischen verhaftet worden ist."
„Ganz richtig. Ich darf Sie wohl um einige genauere Auskunft über diese junge Dame und Ihre Beziehungen zu derselben bitten."
Lord St. Simon zuckte die Achseln und zog die Augeubrauen in die Höhe. „Wir haben ein paar Jahre lang aus freundschaftlichem Fuße miteinander gestanden — ich darf wohl sagen: auf sehr freundschaftlichem Fuße. Sie war meist am .Allegro' beschäftigt. Ich habe nicht unnobel an ihr gehandelt, und sie hatte keinen triftigen Grund zur Klage über mich, aber Sie wissen ja. wie die Weiber sind, Herr Holmes. Flora war ein liebes kleines Ding, allein äußerst hitzköpfig und von einer blinden Anhänglichkeit an mich. Sie schrieb mir schreckliche Briefe als sie erfuhr, daß ich im Begriffe stehe, mich zu verheiraten; und, um die Wahrheit zu sagen, der Grund, warum ich die Hochzeit so in der Stille feiern ließ, war, daß ich fürchtete, es möchte einen Skandal in der Kirche geben. Gerade wie wir von dort zurückkehrten, erschien sie vor Herrn Dorans Hause und suchte sich unter höchst unziemlichen, ja sogar drohenden Aenßerungen gegen meine Gattin daselbst einzudrängen; allein ich hatte etwas dergleichen geahnt und deshalb zwei Polizisten in bürgerlicher Klerdung aufgestellt, die sie wieder fort- brachten. Sie beruhigte sich schließlich, als sie sah, daß sie mit dem lärmenden Auftritt doch nichts ausrichte."
„Hat Ihre Gattin das alles mit angehört?"
„Nein, Gott sei Dank, das nicht."
„Und mit eben dieser Person hat man sie nachher gehen sehen?"
„Jawohl. Dies ist auch der Punkt, den Herr Lestrade als so schwerwiegend ansieht. Man nimmt an, Flora habe meine Frau in irgend eine schreckliche Falle gelockt."
„Nun, das wäre freilich möglich."
„Sie sind also auch dieser Ansicht?"
„Für wahrscheinlich halte ich es gerade nicht; aber wie denken Sie selbst darüber?"
„Ich glaube, Flora könnte keiner Fliege etwas zu Leide tun."
„Die Eifersucht bewirkt aber doch oft ganz merkwürdige Veränderungen im Charakter des Menschen."
„Sollte Ihnen das Glück beschieden sein, die Lösung diese- Rätsels zu finden —" fuhr unser Besuch fort, indem er sich erhob.
„Ich habe sie gefunden," unterbrach ihn Holmes.
„Wie? Höre ich recht?"
(Fortsetzung folgt.)
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