2 Mitrailleusen und der Kavallerie unter dem Kommando des Generals Drude ab. Nach einigen Zusammenstößen mit den Arabern, welche nur in geringer Stärke auftraten, bewegten sich die Franzosen unaufhaltsam, jeden Widerstand mit dem Bajonett aus dem Wege räumend, gegen Taddert vor, bis sie den Ort in Sicht bekamen. Nach kurzer Beschießung der arabischen Zelte wurde die Infanterie gegen das Lager vorgeschickt. Der Feind floh unter Zurücklassung der Gefallenen. Das Lager wurde vollständig verbrannt. Die Franzosen kehrten mit geringen Verlusten nach Casablanca zurück.
London, 12. Sept. Die anfänglich nur mit Zweifel aufgenommene und von der Familie Toscana bestrittene Nachricht von einer bevorstehenden Wiedervermählung der ehemaligen sächsischen Kronprinzessin findet jetzt ihre volle Bestätigung. Gräfin Montignoso ist tatsächlich in London eingetroffen, um ihre Vermählung mit dem Pianisten Toselli zu betreiben. Ihre Tochter Monica Pia befindet sich in Stresa am Lago Maggiore unter der Aufsicht einer Dame. Wie verlautet, ist nicht anzunehmen, daß der sächsische Hof oder die Eltern der Gräfin Schwierigkeiten in dieser Angelegenheit machen werden.
Wien, 12. Sept. Florentiner Nachforschungen ergaben, daß Toselli, den die Gräfin Montignoso heiraten will, Virtuose und Komponist ist und in London und Paris Konzerte gegeben hat. Er ist 24 Jahre alt, und ein Sohn des französischen Sprachlehrers und einstigen Hauptmanns Heinrich Toselli. Der Virtuose Toselli hat der Gräfin Montignoso Klavierstunden gegeben.
San Sebastian, 11. Sept. Der König von Spanien unterzog sich heute vormittag einer Operation zum Zweck der Erweiterung der Nasenzugänge. Die Operation glückte vollständig. Das Befinden des Königs ist sehr befriedigend. Der Ministerpräfidern Maura, sowie der Palastches, Herzogs. Sotomayor, wohnten der Operation der
„Frau Lore".
Erzählung von I. Jobst.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
„Nein, ich bin kein echter Schulz-Hoffslde, ich soll aussehen, wie mein Großvater mütterlicherseits. Aber mein Junge wird desto unverkennbarer die Familienzeichen tragen, das sieht bis jetzt aber nur mein Vaterauge," lachte der Assessor.
„Ich will es mir bis morgen überlegen,' sagte Wieblitz ernst, „denn ich muß doch schließlich für alles haften, wenn es schief geht. Und bei dem Hartkopf, mit dem wir es zu tun haben, könnte mich das die alte Freundschaft kosten. Ich könnt' es ja schließlich ertragen, aber dann würde er ganz einsam werden, der arme, unglückliche Mann."
Die letzten Worte verloren sich fast in dem stattlichen weißen Bart, der Wieblitz bis auf die Brust herabhing.
„Wenn ich nicht wüßte, daß mein Onkel nicht unglücklicher werden kann, als er schon ist, so würde ich an die Sache gar nicht Herangehen,' versicherte Schulz treuherzig. „Aber ich möchte ihm so gern wieder zu etwas Sonnenschein verhelfen."
„Und den brächten Frau Lore und die Kinder mit. Gerade weil Lore ganz unbefangen ist, wird sie die beste Helferin sein in dem Kampf gegen das verbitterte, alte Herz. Lerne sie nur erst kennen, unsere liebe, kleine Frau, und dann unfern Jungen."
„Was soll die kleine Frau und ihr Junge, Onkel Firstmeister?" fragte eine lachende Stimme vom Garten her. Da stand die rosige, junge Frau und niemand hatte sie kommen sehen.
„Sie soll einen alten Herrn wieder fröhlich machen," neckte Braun, „darin hast du ja Uebung, kleine Hexe."
Schon stand Lore oben und verbeugte sich anmutig zu dem Fremden hin, der sie mit großem Wohlgefallen anblickte. Noch im Lauf des Abends steigerte sich dies Wohlgefallen so sehr, das Wieblitz sich ihrem Zauber nicht
mehr entziehen konnte, und der ihm so kühn erschienene Plan zum festen Entschluß wurde. Dies süße Geschöpf mußte ja alle Herzen gewinnen, warum nicht auch das des alten, einsamen Mannes. Sein Freund Braun hatte recht, eine bessere Helferin konnte man gar nicht finden, und so wanderte er denn nach dem Abendessen noch lange mit ihr in den stillen, vom Mondschein taghell beschienen Wegen des Forstgartens umher und bewegte alle Tiefen eines warmen, mitleidigen Frauenherzens durch die Schilderung des unglücklichen alten Mannes, der trotz allen äußeren Glanzes sein Leben in Groll gegen Gott und die Menschen verbrachte.
„Von dem Umgang mit Ihrem lieben, frischen Gatten hoffe ich alles, meine gnädige Frau schloß er zuletzt, „und das Zeugnis meines alten Braun bürgt mir dafür, daß ich in dem Assessor den richtigen Mann gefunden habe."
„Wird es denn seiner Karriere nicht schaden, Herr Forstmeister?" fragte Lore besorgt, denn sie war eine kleine, ehrgeizige Frau, die bewundernd und gläubig zu der Tüchtigkeit ihres Mannes emporsah.
Wieblitz lachte über ihren Eifer. „Nein, meine Gnädigste, es ist nur ein Nutzen für ihn, wenn er wieder in neue Verhältnisse kommt. Die Zeit bis zum Oberförster wird ihm noch lang genug werden, und Ihnen erst," setzte er neckend hinzu, „ich glaube gar Sie sind ehrgeizig."
„Muß ich auch sein, Herr Forstmeister, denn meinem lieben Mann fehlt diese Eigenschaft gänzlich, und da sich ein Ehepaar in allem ergänzen soll, so bin ich es für ihn und sogar tüchtig."
„So ist es recht," lobte Wieblitz und sah belustigt in das vor Etfer gerötete herzigr Gesicht und die sprühenden braunen Augen Frau Lores.
„Er ist zu bescheiden, Herr Forstmeister. Er weiß nichts aus sich zu machen, wie so mancher andere, der nun ein Blender ist. Und doch sagt er Onkel Forstmeister — und der uiuß es doch wissen — daß er der tüchtigste von allen ist. Er sagt mir dergleichen aber stets heimlich, denn wenn mein Mann dergleichen hört, so wird er ärgerlich."
„Kann der Assessor auch ärgerlich werden?' setzte Wieblitz das Gespräch fort, denn auf diese Weise lernte er die junge Frau am besten kennen.
„Selten genug, Herr Forstmeister. Wenn es bei mir schon blitzt und donnert und ich rein aus der Haut fahren möchte, so bleibt er noch gelassen, und dann mal bricht es überraschend bei ihm los."
„Bei welcher Gelegenheit zum Beispiel?"
„Bei allem, was seiner ritterlichen Gesinnung entgegen ist. wie bei Lüge, unredlicher Gesinnung und übler Nachrede. Sie sollten meinen Walter mal als Vater sehen. Unfern Buben leitet er mit einem Blick, ich glaube, der Junge hat noch nie einen Schlag von seinem Vater bekommen und gehorcht ihm dennoch aufs Wort. Wie oft muß ich schelten, ja mit Strafen drohen, und doch macht der liebe Mann mit mir, was er will. Und wenn er ehrlich sein will, muß ich gestehen, er setzt jedesmal seinen Willen durch." Frau Lore seufzte tief und setzte dann hinzu: „Sie glauben gar nicht, wie schwer es ist einen Jungen zu erziehen."
„Wem sagen Sie das? Einem Vater von vieren, Frau Lore — darf ich Sie auch fo nennen? Es klingt so hübsch!"
„Gern, Herr Forstmeister, alle meine Freunde nennen mich so," sagte das frische Geschöpf unbefangen und war sehr erstaunt, aks Wieblitz ihre kleine, feste Hand ergriff und gerührt sagte: „So rechnen Sie mich also schon zu Ihren Freunden, Frau Lore? Wie mich das glücklich wacht!"
Lore errötete etlpas, sagte aber dann offenherzig: „Jedem bin ich nicht zugänglich, Herr Forstmeister. Nur hier in meiner kleinen Welt bin ich so — ja, ich will es ehrlich gestehen — so zutraulich. Da draußen in der großen Welt heiße ich die stolze Frau Assessor, und die Leute haben recht, wenn sie mich so nennen."
Ueber das Gesicht der jungen Frau zog eine merkwürdige Wandlung; es war, als ob
alles unter einem Eiseshauch erstarre, und die schönen Augen blickten stahlharr unter den feingezeichneten Aagenbraunen in die Weite, als ob dort etwas Feindliches nahe.
„Frau Lore", Wieblitz faßte nach der schlaff herunterhängenden Hand, „hat Ihnen die Welt da draußen solches Leid zugefügt?"
„Ja," lautete die harte Antwort, „und ich kann es nicht vergessen."
„Auch in Ihrem Glück nicht, Frau Lore?"
Langsam wendete sie ihm das bleiche, von Mondstradlen hell beleuchtete Gesicht zu, die Augen, in denen die Härte schon schmolz, dann klagte sie leist: „So fragt mich mein Walter auch, und ich kann nur antworten, auch in meinem Glück nicht."
Wieblitz fragte nichts mehr, er fühlte, hier war er auf etwas Rätselhaftes gestoßen, zu dem er keinen Schlüssel fand. Aber, daß die junge Frau so kräftig zu hassen verstand — dos war seinem Karakter nur sympathisch. Die frische, impulsive tatkräftige Frau würde schon Leben in das stagnier, nde Dasein der beiden Alten in Hoffelde bringen.
Der alte Herr war früher ein eifriger Verehrer von Frauenschönheit gewesen, so würde Frau Lores Anblick sein Wohlgefallen erregen und das Weitere würde folgen. Klug war die junge Frau, und taktvoll auch — welche feinfühlige Frau wäre das nicht — nein das Wagnis war nicht zu groß, er hoffte aus ein fröhliches Gelingen.
So nahm man denn am nächsten Morgen Abschied voneinander in der Hoffnung auf baldiges Wiedersehen.
(Fortsetzung folgt.)
Wörishofen, 6. Sept. Ein reizendes Bild aus dem Tierleben im Walde kann man in dem dicht bei Wörishofen gelegenen, sogenannten Eichwalde beobachten. Dieser Wald besteht, wie übrigens alle Wälder der dortigen Gegend, fast nur aus Tannen, einige wenige Eichen am Eingang des Waldes haben ihm zu dem pomphaften Namen »erhoffen. Er enthält aber eine Besonderheit, welche wohl schwerlich noch einmal anzutreffen rst. Hunderte von Eichhörnchen bevölkern den nicht übermäßig großen Wald, und diese sonst so scheuen Tiere sind dem Menschen gegenüber von einer Vertraulichkeit, die jeden neuen Ankömmling in großes Erstaunen versetzt. Hansi! Haust! tönt es durch den Wald, und es währt auch nicht lange, so , läuft ein solcher Hansi, das heißt ein Eichhörnchen, vom Baum herunter und klettert an dem Rufenden empor, um die mitgebrachten Leckerbissen, Eicheln oder Nüsse, die man dort in jeder Obstbude für wenig Geld erstehen kann, aus der geöffneten Hand zu nehmen, sie zu verzehren oder für den Winterbedarf zu vergraben. Alt und jung, und natürlich vor allem die Kinder, beteiligen sich mit Eifer an dieser Fütterung. Sie wachen mit rührender Sorgfalt über ihre Schützlinge, keiner darf ihnen etwas zu Leide tun; die Eichhörnchen wissen das ganz genau, daher das Zutrauen der Tiere. Ich habe viele Male die Tierchen versorgt; die geöffnete Hand mit den Früchten in halber Leibeshöhe hallend, lockte ich sie mit dem bekannten Ruf; sofort klettterte ein Eichhörnchen an den Beinkleidern hinauf, sich mit den Hinterpfoten an den Kleidern sesthaltend legt es die Vorderpfoten mit den scharfen Krallen behutsam in die Hand, ohne mir im geringsten weh zu tun, sucht sich dann das schönste Stück aus, kletterte eilig wieder hinab, um es zu verzehren oder zu vergraben und kommt dann hurtig wieder, bis alles geholt ist. Ein anderes Mal sah ich, wie ein Eichhörnchen an einem großen kräftigen Herrn bis zur Schulter hinaus kletterte, dann an dem gekrümmten rechten Arm hinuntereilte, auf dessen ziemlich breiter Hand gemütlich Platz nahm, die ihm mit der linken Hand wie auf einem Präsentierteller vorgehaltenen Nüsse behaglich verzehrte und als es fertig war, mit einem gewaltigen Satz in den Zweigen des nächsten Baumes verschwand. Recht possierlich sieht sich auch das Vergraben der überzähligen Früchte an; den von der