Ausgängen der Bahnsteige oder der in die Sperre einbezogenen Warteräume statt. Speziell in Wildbad findet sie nur an den Ein- und Ausgängen des Bahnsteigs statt. Die viel- verbreitele Ansicht des Publikums, die Prüfung der Fahrkarten unterwegs finde nicht mehr statt, ist irrig; die Prüfung fällt nicht weg, nur die Lochung der Karte unterbleibt unterwegs, sie wird am Zugang zum Bahnsteig vorgenommen und nur die Fahrkarte hat Gültigkeit, welche am Bahnsteig gelocht ist. Um unliebsamen Aufenthalt an der Sperre für sich und Andere zu vermeiden, empfiehlt es sich, die Fahrkarte rechtzeitig bereit zu halten. Zum Betreten des abgesperrten Raumes ist entweder die Fahrkarte, oder eine Bahnsteigkarte erforderlich, welch letztere der in der Vorhalle aufgestellte Automat zum Preis von 10 Pfg. abgibt. Sie berechtigt aber nur zum einmaligen Eintritt; Tages-, Zeitoder Jahreskarten werden nicht ausgegeben. Personen, welche die Eisenbahn benutzen wollen, denen aber wegen Verspätung die Lösung einer Fahrkarte nicht mehr möglich war, werden zwar zum Bahnsteig zugelassen, es empfiehlt sich aber im eigenen Interesse nach Informierung des Bahnsteigschaffners sofort auch dem Zug. führer zu melden, daß es nicht mehr möglich gewesen, eine Karte zu lösen. Dienstmänner und Gasthofdiener dürfen in Ausübung ihres Berufs den Bahnsteig nur gegen Lösung einer Bahnsteigkarte und nur dann betreten, wenn sie Reisenden Gepäck an den Zug bringen oder zur Abholung von Gepäck einen bestimmten Auftrag erhalten haben. Kinder unter 4 Jahren haben in Begleitung Erwachsener, die sich im Besitze einer Bahnsteigkarte oder einer Fahrkarte befinden, freien Zutritt. Für Kinder über 4 Jahren, für die keine Fahrkarten gelöst sind, werden Bahnsteigkarten verlangt. Für 2 Kinder im Alter von 4—10 Jahren genügt die Lösung einer Bahnsteigkarte. Für zur Beförderung bestimmte Hunde ist eine Hundekarte vorzuzeigen. Für Hunde, welche von Bahnsteigkarteninhabern mitgeführt werden, ist eine besondere Karte nicht zu lösen, sie sind jedoch im Innern des Bahnhofs und auf den Bahnsteigen an der Leine zu führen oder zu tragen. Personen, die sich den getroffenen Anordnungen widersetzen oder durch ihr Benehmen den Anstand verletzen, werden auf den Bahnsteig nicht zugelassen. Streng bestraft wird absichtlich unterlassene Lösung einer Fahrkarte. Da zu den Briefeinwürfen in den Bahnpostwagen ebenfalls der gesperrte Raum zu betreten ist, so hat der nicht im Besitz einer Fahrkarte Befindliche entweder eine Bahnsteigkarte zu lösen oder er benützt, wenn er letzteres vermeiden will, den innerhalb des nicht gesperrten Raumes auf dem Bahnsteig am hiesigen Stationsgebäude angebrachten Briefkasten, welcher 5 Minuten vor Abgang jeden Postzugs geleert wird.
— (Bahnsteigsperre und Arbeiterverkehr.) Vom 1. Juli ab werden zur wesentlichen Erleichterung des Verkehrs auch auf der Enzbahn neben den seitherigen Wochenkarten die sog. Farbkarten eingefühn, wie solche bereits aus verschiedenen Strecken eingeführt sind, und zwar wird stets die gleiche Sorte (Farbe) ausgegeben, die von Baden und anderen württembergischen Stationen nach Pforzheim ausgegeben wird. Zur leichteren Verständigung der Arbeiter werden Auszüge aus den diesbe- züglichen Bestimmungen erstellt, die auf den beteiligten Stationen angeschlagen werden, auch event. zur unentgeltlichen Abgabe gelangen. Die Farbkarten gelten nur von Montag bis Samstag und zu täglich je einer Hin- und Rückfahrt und sind nach Beendigung der letzten Fahrt an den Samstagen abzugeben bezw. abzunehmen. Die Hinfahrt hat mit den vor 1 Uhr nachmittags verkehrenden Personenzügen zu erfolgen; Ausnahmen können gestattet werden. Da diese Farbkarten nur vorgezeigt, aber nicht durchlocht werden, vollzieht sich der Verkehr an der Sperre für die Inhaber solcher Karten in rascher und bequemer Weise. Die Ausgabe der Karten erfolgt jeweils für die kommende Woche schon vom Freitag an, erstmals vom 28. Juni s ab. Möglichst ausgiebiger Gebrauch dieser
äußerst vorteilhaften Einrichtung dürfte sich für sämtliche Arbeiter empfehlen.
Wildbad, 29. Juni. Die Tagesordnung für die heute und morgen hier stattfindende 25. allgemeine Landssver sammlung des Württ. Aerztlichen Landesvereins ist folgende:
29. Juni nachm. 4 Uhr im untern Saale des
König-Karlbades:
1. Begrüßungen
2. Uebersicht über die bisherigen Landesversammlungen durch den
: Vorsitzenden des Landesausschusses
3. Professor Dr. v. Bruns-Tübingen: Die Chirurgie der letzten 25 Jahre
4. Professor Dr. Gaupp-Tübingen: Ueber die Nervosität unserer Zeit im Lichte der Wissenschaft.
Nach Schluß der Verhandlungen findet im Kgl. Badhotel ein gemeinsames Festessen statt.
30. Juni 8—9 Uhr Zusammenkunft bei der Kur
musik in der Trinkhalle.
9'/i Uhr Vortrag von Geh. Hofrat Dr. Weizsäcker über die Kur- mittel Wildbads im Saale des König-Karlbades verbunden mit Demonstrationen 1(ft/- —11^/r Uhr Gang durch die Anlagen.
11?/s—1 Uhr Frühschoppen mit Musik und Imbiß in den Kuranlagen, dargeboten von der Kgl.'Kur- Verwaltung
1*/st Uhr Besichtigung d. Kuranstalten und Bäder
Von 3 Uhr ab Ausflüge und zwanglose Vereinigung bei der Kurmusik.
— In der am Donnerstag in Neuenbürg stattgehabten Amts-Versammlung wurden in geheimer Abstimmung in den Ausschuß gewählt die Ortsvorsteher von Neuenbürg, Wildbad, Herrenalb, Birkenfeld, Neusatz und Jgclsloch; als Stellvertreter die Ortsvorsteher von Höfen, Schwann und Gräfenhausen. Die Amtsschadenumlage wurde gegen das Vorjahr um 5000 Mark erhöht und beträgt jetzt 75000 Mark. Bei der nochmaligen Beratung der Platzfrage für das neue Bezirkskrankenhaus wurde mit 16 gegen 10 Stimmen der Platz auf der Wilhelmshöhe nun endgültig gewählt. Die Baukosten belaufen sich auf ca. 200000M. — Zum Distriktsarzt für die Gemeinden Enz- klösterle rc. wurde Dr. Theod. Hill er in Wildbad angestellt mit der Verpflichtung, wöchentlich einmal diese Gemeinden zu besuchen.
IlnterHaLtenöes.
Teuer erkauft.
Erzählung von Jda von Conring.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
Das Schlafzimmer war verdunkelt. Man hatte dort ein Fenster geöffnet und die Vorhänge zusammengesteckt. Nun kam der warme Wind in leichten Stößen herein und blähte die grünseideneu Falten wie Segel empor. Es war so still in dem weiten Raum, daß man das gleichmäßige Ticken der schönen alten Uhr, die drüben auf dem Kaminsims stand, deutlich hören konnte — so still, daß Ulla einen angstvollen, fragenden Blick auf den jungen Arzt warf, der plötzlich neben ihr stand. Dieser schüttelte den Kopf, als beantwortete er die stumme Frage. „Herr Fowler hat Morphium bekommen," flüsterte er. »Deshalb liegt er so ruhig da. Ich glaube indessen nicht, daß die Wirkung des Mittels noch lange anhalten wird. Sie können näher treten, ohne den Kranken zu stören."
Ulla ging mit vorsichtigen Schritten durch das Zimmer uud nahm den großen Armstuhl, der zu Füßen des Bettes stand. Nun, wo ihre Augen sich an das Halbdunkel zu gewöhnen begannen, konnte sie Johns Gesicht ganz deutlich sehen. Es hatte eine gelbliche Farbe, ganz blutlos, die Schläfen waren eingesunken, um die schmerzlich heräbgezogenen Mundwinkel lag eine scharfe Linie, wie von herbem Schmerz gegraben. Die Adern am Halse pochten — es war etwas unruhig Flatterndes in ihrem Pulsschlage. Johns Hände
— seine lange, schmale, feingliedrige Hände — seine einzige Schönheit, lagen regungslos wie Wachsgebilde auf der dunklen Seidendecke. Wie ein gewaltiger Katafalk stand das Bett da. Ein riesiges Prachtstück von vor Alter schwarz gewordenem Eichenholz, mit überreicher Schnitzarbeit verziert. Die Vorhänge, die in schweren Falten, von einer Krone znsammen- gehalten, von den Seiten herabwallten, hatte man zurückgeschlagen, um dem Kranken mehr Luft zu schaffen. An der Hinterwand hing ein großes Bild in breiten Goldrahmen — Johns früh verstorbene Mutter, von Meisterhand gemalt. Mit wehmütig süßem Lächeln schaute das liebliche junge Weib auf das bleiche Antlitz unter ihr herab.
Die Stille war beklemmend, lastend. Das erregte Blut sauste in Ullas Ohren; ihr Herz schlug, als wolle es zerspringen. Von draußen kam plötzlich ein verlorener Laut — leises, glückseliges Vogelgezwitscher. Der junge Arzt war auf einmal wieder da. Er stand am Bett des Kranken, seine Finger suchten nach dem schwachen Pulse und, wie unter dem Einfluß dieser leisen Berührung, schlug John plötzlich die Augen groß und klar aus. Ein Lächeln kam und lag aus seinen Zügen. „Ulla, Sie sind da?" Das klang so ungläubig und froh, daß der Frau die Tränen kamen. — „Bitte, kommen Sie näher, ganz nahe — ich habe Ihnen noch viel zu sagen. Sind wir allein?" — Ulla sah sich um. „Ja, John, ganz allein." — „Richard soll es nie erfahren, wenn es möglich ist, weshalb — Sie verstehen?" — Ulla nickte.
— „Er würde schwer darunter leiden, und das möchte ich ihm ersparen. Achten Sie auf Frau Meta, Ulla! Richards Ruhe ist teuer erkauft." Dann eine Pause. „Noch Eins! — das Sprechen will nicht gehen — in meinem Testament — Sie dürfen nicht ablehnen, Ulla! Richard bedarf des Geldes — Sie handeln in meinem Sinn, wenn Sie ihm damit helfen."
Ein grauer Schalten glitt über Johns Züge. Der furchtbare Schmerz begann aufs neue zu erwachen. Ein dumpfes Stöhnen entrang sich ihm. „Sie versprechen es mir?" sagte er leise, fast unhörbar. — „Alles, John, Alles, was Sie wollen."
Ulla schwieg, denn Richard war eingetreten. Die Geschwister standen Hand in Hand da und lauschten den abgerissenen Sätzen, die der Kranke sprach. Er war wieder in seiner Kindheit, und alte Erinnerungen stiegen vor ihm auf. „Ulla, Ulla!" Der Name kehrt immer wieder, immer mit dem Ton zärtlichster Liebe genannt.
Plötzlich schien John wieder zur Besinnung zu kommen. Sein Blick war klar und ruhig. „Beten Sie mit mir, Ulla! Ich gehe heim."
— Und Ulla sprach knieend, mit fester Stimme, das Gebet des Herrn. Ihr war sö friedevoll so weltentrückt, und sie fand Worte aus tiefstem Herzen kommend, den Sterbenden aus Gottes Macht und Gnade zu verweisen.
Auch Arnold war plötzlich da. Mit tiefernstem Antlitz stand er im Hintergründe, neben ihm der fassungslose alte Diener. John nickte Beiden zu. „Du hast kein Glück mit den Fowlers, Anton!" sagte er matt. „Schon den Dritten siehst Du sterben. Dank für Deine Treue, alter Freund I Du kannst nun Deinen Lebensrest in Ruhe hinbringen; ich habe reichlich für Dich gesorgt." Dann ein Blick auf Arnold, ein seltsamer, überirdischer, der von ihm auf das gesenkte Haupt der knieenden Frau glitt, und den Arnolds Augen ernst und fest erwiderten. Die Beiden hatten sich ohne Worte verstanden. Das stumme Gelöbnis war gegeben und empfangen. Richard hielt, zur Seite stehend, die Hand des Freundein der seinen. Er atmete schwer und rang mit der übermächtigen Bewegung. (Forts, folg!^
Stanöesbrrch-GHronrA
Geburten:
IS. Juni. Schwerdtle, Johann Friedrich, Waldschutz
hier, 1 Sohn. ^
19. Juni. Pfeffer, vr. W. G., Oberreallehrer, 1 Lohn
20. Juni. Seyfried, Wilh. Friedr., Fuhrmann M
Sprollenhaus, 1 Tochter.
Gestorbene:
35. Juni. Calmbach, Amalie, Tochter des Tagl. Jod-
Georg Calmbach hier, 2 Jahre alt.