Umgebung. Der Platz auf dem Granitfelsen der „Herrnhilfe" am Eingang zum Rennhach- tal und zur neuen Straße ist wie geschaffen zum Standort für das neue Gotteshaus. Die Stadt selbst verjüngt sich von Jahr zu Jahr. Neubauten entstanden und schöne, moderne Läden trotz einer Großstadt. Und der Helle Verputz der Häuser wie die sauberen Straßen bilden einen freundlichen Gegensatz zu den dunklen Wäldern auf den Höhen. Die neue Bergbahn soll unsere prächtigen Wälder erst recht den Kranken und den Gesunden erschließen. Mit dem Bau wurde bereits begonnen; er wird jedenfalls ein interessantes Schauspiel darbieten ohne viel die Ruhe zu stören. An den Zeichnungen für die Bahn sind hauptsächlich Wildbader Bürger und an» säßige Geschäftsleute beteiligt. Langjährige Kurgäste und Freunde der Stadt haben ihre Anhänglichkeit ebenfalls durch Zeichnung größerer Summen bewiesen. In der Liste der Zeichner erscheint neben anderen Mitgliedern der Familie Klumpp auch Kommerzienrat Heermann von Heilbronn, der schon viel für Wildbad getan und bereits im Vorjahr eine Stiftung zur Herstellung von Spazier, wegen vom Endpunkt der Bergbahn in die Wälder gemacht hat. Sehr anerkennenswert ist auch das Entgegenkommen dieser Familie gegenüber der Kurverwaltung durch die Abtretung des Platzes vor dem neuerworbenen Hotel Bellevue zur Verbreiterung der Promenade an der Trinkhalle. Der Eingang in den Kurpark macht nun einen noch viel besseren Eindruck als bisher, das Ansehen des Hotels wird dadurch natürlich auch gehoben. Die Kurverwaltung ist auch nicht müßig. Dank der Einsicht von Regierung und Volksvertretung braucht hier ja keine falsche Sparsamkeit geübt werden. Das Schwimmbad ist nun fertig und sein innerer Ausbau tadellos. Die äußere Ansicht ist allerdings Geschmacksache, vielleicht gefällt sie besser, wenn sich das Auge mehr daran gewöhnt hat. Im ersten Stock befindet sich das im Aufzug erreichbare medico- mechanische Institut mit seinem Apparatsaal. Auf dem Kurplatz wurde eni neuer, größerer Musikpavillon errichtet, der vortrefflich in den Rahmen der Umgebung paßt. In den Bädern selbst wurde in diesem Winter nur wenig geändert, ist doch erst im Vorjahr die Pracht- volle Wartehalle im König-Karlsbad eingebaut worden. Der Kurpark hat wiederum manche Verschönerungen erfahren. Eine alte Forderung für Wildbad ist ein Kurhaus. Da es aber in unserem engen Tal eben sehr an Platz fehlt, wird man sich wohl nicht anders helfen können, als nach Entfernung der alten Stadt- kirche das K. Badhotel in ein modernes Kurhaus umzubauen. Neben dem Wildbad für die Leidenden gibt es in Zukunft auch ein Wildbad für die Erholungsuchenden und für die Gesunden. Die ersten Schritte zum Ausbau der Stadt als Luftkurort sind bereits getan durch die Erbauung des Schwimmbads, einer Naturheilanstalt und der begonnenen Bergbahn. Andere Voraussetzungen dafür, als prächtige Wälder, schöne Spazierwege, Konzerte und Theater zur Unterhaltung der Gäste sind ja schon längst gegeben. Dank der Rührigkeit feiner Verwaltung gibt es im Fortschritt Wlld- bads keinen Stillstand. Bahn und Post haben auch ihr möglichstes getan, die Verbindungen sind in jeder Hinsicht besser geworden. — Möge die Bedeutung Wüdbads immer mehr gewürdigt werden. Es bietet ja mindestens ebensoviel wie die entsprechenden anderen Bäder. Baden-Baden z. B. ist nur voraus durch seine Vergnügungen größeren Stils, die Genüsse, die unser schwäbischer Kurort bietet, sind mehr intimer Natur und der Gesundheit dafür umso zuträglicher.
Wildbad, 2. Mai. Den wenigen sonnigen Frühlingstagen vom Anfang voriger Woche folgte bald kalter Regen und eines Morgens begrüßten uns die umliegenden Höhen sogar mit einer leichten Schneedecke, die jedoch die warme Nachmittagssonne glücklicher Weise bald zerstörte. Sind auch die Nächte noch kalt und steigt die TageStemperatur im Schatten kaum über 12° Telsius, so hoffen wir doch wohl mit Recht, wenn uns die Anzeichen nicht trügen, auf baldiges
schönes Wetter. Immerhin wurde unsere nerven- anregende, nervenstärkende und den Körper erwärmende frische Luft gestern, am Tage der offiziellen Eröffnung unserer Badesaison, schon von einer ziemlichen Anzahl von Fremden in vollen Zügen genossen. So verhallten denn die ersten Klänge unseres Kur-OrchesterS, das auch Heuer wieder unter der bewährten Leitung des Königlichen Musikdirektors, Herrn Prem, steht, nicht ungehört und uns war es eine de- sondere Freude auch einige alte Stammgäste begrüßen zu können, die sich au den lieblichen Melodien der „Rosen aus dem Süden" von Johann Strauß, dem unsterblichen Walzerkönig, trotz des scharfen Mailüsrerls ergötzten. Die gestern Mittag veröffentlichte Kurkiste weist zwar nur wenig Kursreunde aus, doch haben die Nach, mittags und Abends hier eintreffenden Züge bereits großen Zuwachs. Kurz, es regt sich an allen Enden, neues Leben pulsiert überall und ein lachender blauer Himmel, der gestern den Tag beschloß und heute mit mildem Sonnenschein eröffnet« sagt unS: „Es muß doch Frühling werden".
Unterhaltendes.
Teuer erkauft.
Erzählung von I d a v o n C o nr in g.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
Arnold erstieg nun langsam die Treppe zum ersten Stock, in dem die Wohnzimmer lagen. Metas Jungfer, eine frische, rothaarige Person mit frechem Ausdruck, kam ihm entgegen. Sie hatte augenscheinlich eine elegante Boubonmare, die sie noch in der Hand hielt, geplündert, denn ihre Backentaschen waren gefüllt wie die eines Hamsters. „Frau Pfeiffer sind ausgegangen. Der Herr wird wohl oben sein," erwiderte sie auf Arnolds kurze Frage.
Diesmal stimmte es. Richard saß auf dem Fensterbrett des Flures und las seine.Zeitung
— er war noch im Morgenanzug, trug eine lose Joppe über dem bunten seidenen Hemd, dazu Helle Schuhe — und sah blaß und übernächtig aus. „Guten Morgen, Arnold, wo kommst Du so früh her?" — „Erlaube, es ist fast zwölf Uhr Mittags. Was machst Du denn auf dem Flur? Du wirst Dich hier unfehlbar erkälten!" — „Mein Zimmer ist noch nicht in Ordnung — da bleibe ich lieber draußen — sieh mal her!" — er öffnete die Tür — „da ist noch keine ordnende Hand gewesen." Ein Ausdruck von Unbehagen glitt über sei» Gesicht. „Weißt Du, ich bin etwas eigen — und unausgeräumte Zimmer sind mir ein Greuel." — „Das kann ich begreifen, aber nicht, weshalb Du solche Wirtschaft in Deinem Hause duldest, das ist ja unerhört!"
Arnold schob den schweren Vorhang zurück, der noch feit dem gestrigen Abend das Fenster verhüllte und verschaffte einem Strom von Sonnenschein und frischer Luft Eingang. Daun schellte er energisch. „Du erlaubst doch, Richard?" — Dieser hatte sich in die Sopya- ecke geworfen und schloß die Augen. — „Bitte, tu' ganz nach Dernem Belieben! —
„Bringen Sie das Frühstück für den Herrn!" befahl Arnold, als der Diener endlich erschien. Und sorgen Sie, baß hier ei« wenig geheizt wird. Aber etwas eilig, wenn ich bitten darf. Und nehmen Sie das mit!" Seme Hand wies auf das Choas, das die Tischplatte in unschönem Gewirr bedeckte — Aschenbecher mit halbgerauchten Zigaretten darin, daneben gebrauchte Weingläser, Apfelsinenschalen und derartige Reste mehr. —
„Du wunderst Dich wohl, wie es hier aussieht," sagte Richard matt. „Ich sollte es nicht dulden — aber sieh mal, bei solchen Kopfschmerzen ist man froh, wenn man nur Ruhe hat."
— „Ihr seid gestern wohl wreder spät nach Hause gekommen?" — „Das tun wir ja immer. Jeden Abend sind wir in Gesellschaft, wenn wir endlich nach Hause kommen, raucht Meta hier noch stundenlang und kann nicht zu Bett finden. Ich kann dann nicht schlafen und bin dann für den ganzen Tag arbeitsunfähig."
— Arnold empfand ein aus Zorn und Mitleid
gemischtes Gefühl — er hätte den blaffen Mann da schütteln und ihm zurufen mögen: „Wache doch aus und wehre Dich Deiner Haut!" — Was war aus dem Harmlosen, Fröhlichen geworden? „Was soll denn aber daraus werden?" fragte er aus diesen Gedanken heraus. Richard wehrte müde ab. „Laß, Du meinst es gut — es wird sich alles machen, wen» die unglückselige Gesell- schaftsz.it vorüber ist. Meta ist jetzt fast gar nicht mehr zu Hause. Sie schläft bis elf Uhr, steht in ihrer blühenden Frische auf und geht aus. Natürlich hat sie täglich endlose Besorg, ungen zu machen." —
(Fortsetzung folg,.)
— Wie in früheren Jahren, so find auch neuerdings Niederländische Losgeselljchaften, welche sich „Banken" (Prämien-, Effektenbanken, Wechsel- und Effektenbanken ujw.) zu nennen pflegen, wieder bemüht, Losanteile oder Anteile von Prämienpapieren oder Urkunden über das Recht, aus den Bezug der aus Lose oder Prämienpapiere etwa entfallenden Gewinne (Promeffen) in Württemberg abzusetzen. Da cS sich der allen diese» Losgesellschasteu um schwindelhafte Unternehmungen handelt, so wird vor der Beteiligung an denselben gewarnt.
— Wie leicht man in ganz unvorhersrhbarer Weise haftpflichtig werden kann, zeigt folgendes Vorkommnis in L . . ingen. Am 14. August 1906 fuhr der dort wohnende Gastwirt und Bäcker L. mit seiner Frau fort und überließ die Sorge für die Wirschaft und das Hauswesen der 23jähiigen T. Als diese nun für L.'s kleines Kind auf einem Spirituskocher Milch wärmen wollte, kippte der Tisch, der Kocher schlug um und die T. verbrannte sich an dem überlaufenden brennenden Spiritus die Unke Hand so schwer, daß ein Arzt noch im Januar ds. IS. eine Verminderung der Arbeitsfähigkeit um die Hälfte begutachtete. Das Kippen des Tisches war aber dadurch herdeigefuhrt worden, daß L. unter dem einen vorderen Beine des Tisches, das zu kurz war, nicht lange vorher die für gewöhnlich untergeschobenen Hölzer entfernt und sie versehentlich nicht wieder an ihre Stelle gebracht hatte. So gab oie Tischplatte, als sich die T. darauf stützte, nach und der Unfall war geschehen. Unter diesen Umständen war an L.'s Haftpflicht für den Schaden nicht zu zweifeln, und er konnte nur froh sein, dag ihm seine Haftpflichtversicherung beim Stuttgarter Ver- jtcherungsverein Eriatz für die Schadenzahlung von 3750 Mk. brachte, mit der er die Verletzte abfinden konnte.
(Ein neues Licht.) In der Londoner Molorausstellung in der „Agricultural Hall" wird ein neuer BeleuchtuugSstoff gezeigt, der nach den Angaben englischer Blätter berufen scheint, die Verbreitung des elektrischen Lichtes und der Gasoeleuchtung ernsthaft zu bedrohen. Das neue Gas ist gewöhnliche Luft, die mit 1 '/s Prozent Petroteumdampf imprägniert wird. An sich oder in einem gewöhnlichen Brenner kann dieses GaS nicht entzündet werden; eS wird erst brennfähig, nachdem es einen besonderen Apparat passiert Hot. Alsdann erglüht eS in rötlich blauem Lichte. Wenn man die Flamme mi: etwas weißes umgibt, liefert sie ein stark leuchtendes, weißes, aber keineswegs grelles Licht, das in seiner BeleuchtungSkrast das elektrische oder das Kohlengaslicht übertrifft- Der große Vorzug dieses neuen Gases ist, daß mit dem geeigneten Apparat, dessen Preis je nach Größe variiert, jedermann sich in seiner eigenen Wohnung seinen Beleuchtungsstoff selbst anserligen kann und dabei 70 °/o der Kosten erspart. Die einfach zu bedienende Maschine, die auSreicht, das Licht für ein 20 Zimmer- Haus zu liefern, steht auf einem Tischchen, da» kaum dre: Quadralfuß mißt. Die Herstellungskosten betragen sur 100s Kudiksuß etwa bü Pfennige, dabei hat man die Kontrolle über den Verbrauch selbst in der Hand.
— Das eigenartige Experiment, das kürzlich in der Parijer Sorbonne mit Wassertropfen ausgeführl wurde, erinnert an einen ähnlichen, ganz merkwürdigen Versuch, von dem Professor