der Kurgäste einerseits und für die Hebung des Verkehrs und die wirtschaftliche Entwicklung der Badeitadt andererseits haben daher die bürgerlichen Kollegien Wildbads am 27. Sep­tember 1905 beschlossen, das Unternehmen durch unentgeltliche Abgabe des Areals, soweit die Bahn städtisches Eigentum berühren wird, und des Steinmateriais, sowie durch Abgabe der elektrischen Kraft zum Bahnbetrieb zu billigen Sätzen zu unterstützen. Eine weitere Förderung erhielt das Projekt durch eine Stiftung des Herrn Kommerzienrat Heermann in Heilbronn für Herstellung von Spazierwegen und Schutz­hütten aus der Sommerberghöhe. Die Würt- tembergische Gesellschaft für Elektrizitätswerke in Ehlingen, welche mit der Maschinenfabrik Eßlingen, die schon für eine große Anzahl von Berg- und Seilbahnen die maschinelle Einrich­tung geliefert hat, in Verbindung sieht, ließ hierauf im Einverständnis mit der Stadtge­meinde und unter beratender Mitwirkung des Herrn Oberbaurats von Leibbrand in Stutt­gart durch Herrn Regierungsbauweister Eber­hardt daselbst ein vollständiges Projekt der Bahn ausarbeiten. Die Bahn nimmt hienach ihren Ausgang von dem im Mittelpunkt der Stadt in unmittelbarer Nähe der Badanstalten und sämtlicher größeren Hotels am Schulplatz ge­legenen Hammer'schen Hause. Der Ankauf der erforderlichen Liegenschaften ist unter Wahrung des Rücktrittrechts bis 1. Januar 1907 bereits erfolgt. Am Endpunkt der Bahn auf dem Sommerberg ist die Erstellung eines allen Ansprüchen genügenden Restaurants geplant. Die Aufbringung der zur Ausführung der Bahn erforderlichen Mittel, die sich nach dem Vor­anschlag auf insgesamt 250000 Mk. belaufen werden, soll durch Bildung einer Aktieugeselb schast mit einem Kapital von 200000 Mk. und durch Aufnahme einer Hypothekenschuld von 50000 Mk. erfolgen. Die Unterlagen zur Beurteilung des Unternehmens sind in der dem Rundschreiben angehängten Darstellung der Württembergische» Gesellschaft für Elektrizitäts­werke gegeben. ES ergeht nun Einladung zur Zeichnung des Aktienkapitals zunächst an die hiesigen, an der Entwicklung unseres Kurorts interessierten Kreise, denen die Förderung des Unternehmens vor allem obliegt. Die Gewinn­ung weiterer Beteiligungen von auswärtigen Freunden und Gönnern unseres Kurortes wird nach Vollzug der Wildbader Zeichnungen die Württembergische Vereinsbank m Stuttgart in liebenswürdiger Weise übernehmen. Es ist dann Sache einer in Bälde cinzuberufenden Versammlung der Zeichner hiesiger und auswärtiger die Gesellschaftsgründung und die erforderlichen weiteren Beschlüsse zu bewerk­stelligen." Aus den Ausführungen der Württ. Gesellschaft für Elektrizitätswerke die von Herrn Direktor L. Keßler unterzeichnet find, geht hervor, daß die Bahn als Drahtseil­bahn mit Wasserbelastung projektiert ist und die Gesamtkosten sich auf 250000 Mark be­laufen werden, wobei Gesamteinnahmen von jährlich 40000 Mark in Aussicht genommen sind, denen ca. 15000 Mark Betriebskosten gegenüber stehen. Die Württ. Ges. f. E. W. glaubt deshalb eine Dividende von mindestens 4°/», die sich aber bis auf ca. 7st8°/ steigern ließe in Aussicht stellen zu können. Dem Aus­spruch des Stadtvorstauds, daß in der Berg­bahn ein dringendes Bedürfnis für die weitere Entwicklung unseres Kurortes zu erblicken sei, ist nur in vollem Maße be'zuvflichten. Alle Kreise unserer Kurgäste haben sich auch in diesem Sinne ausgesprochen. Treffen die Voraus­setzungen der Württ. Ges. f. E. W. bezüglich der Rentabilität zu, woran kaum zu zweifeln sein wird, so bildet das in dem Bergbahnunter­nehmen untergebrachte Kapital zudem eine gün­stige Kapitalanlage die den Zeichnern nicht unbeträchtlichen Gewinn bringen könnte. Neben dem Nützlichen also noch dos Angenehme. Möge daher der Appell des Stadtvorstands an die Unternehmungslust der Wildbader Geschäfts­welt zum Segen unseres Kurorts freudigen und klingenden Widerhall finden.

In der Hauptversammlung des Deutschen Flotten-Vereins im Jahre 1904 ist die Gründung eines Südwestafrika-Fonds beschlossen worden. Die vom Deutschen Flotten-Verein

für diesen Zweck zur Verfügung gestellten Un- terstützungsgelder dürfen nur für Teilnehmer an dem Feldzuge, deren Familienmitglieder und Hinterbliebenen verwendet werden. Die Ver­waltung des Fonds ist einem Kuratorium über­tragen, zu welchem das Reichs-Marineamt und das Oberkommando der Schutztiuppe je 2 Ver­treter als weitere stimmberechtigte Mitglieder in das Kuratorium abzuordnen berechtigt ist. Die von dem Kuratorium bewilligten Unter­stützungen werden durch Vermittelung der Haupt- Ausschüsse ausbezahlt. Zuwendungen werden jeweils für die Dauer eines Jahres bewilligt. Die Unterstützungsgesuche sind bei dem zu­ständigen Hauptausschuß in Stuttgart, zu Hän­den des Herrn Hofrat Thomä, Uhlaudstraße Nr. 3 oder bei der nächstgelegenen Ortsgruppe und zwar in Wildbad bei vr. Metzger einzureichen, von wo die Gesuche weiter gelei­tet werden.

Man schreibt uns: Wohl in keinem Bade­ort von Bedeutung bestehen hinsichtlich der An­kunft der Frühzüge solch ungünstige Verhält­nisse wie in Wildba d. Daß in einem Kurort, welche, eine Jahresfrequenz von ca. 15000 Frem­den zu verzeichnen hat, der erste Zug während der Badezeit erst morgens 8 Uhr 23 Min. eintrifft, ist zweifelsohne ein den Bedürfnis­sen des Verkehrs in keiner Weife Rechnung tragender Zustand. Abhilfe ist hier dringend geboten, sowohl der Badegäste und Geschäfts­leute der Umgegend, als auch der schnelleren Beförderung der Postsendungen wegen. Nach den bisherigen Kursverhältnissen gelangte die Frühpost zwischen 10 und 11 Uhr Vormittags in die Hände der Empfänger, durch Wetter­führung des um 5 Uhr 57 Mi», in Neuen­bürg eintreffenden Zugs 1173 nach Wildb. d wäre Gelegenheit geboten, die Postsendungen so zeitig hieher zu bringen, daß mit der Zu­stellung schon von 7 Uhr 30 Min. morgens ab begonnen werden kann. Auch die Einrichtung einer täglichen, in die späte Abendstunde zu verlegende Verbindung mit Pforzheim, durch welche die um 10 Uhr 34 Min. und 10 Uhr 41 Min. in Pforzheim nach Karlsruhe bezw. Stuttgart abgehenden Züge noch erreicht werden würden, ist zu einer unumgänglichen Notwen­digkeit geworden. Ein weiterer empfindlicher Mißstand entsteht während des Sommerfahr­plans durch das späte Eintreffen des die Pa­ketpost befördernden Morgenzugs. Es ge­langen dadurch z. B. die in Stuttgart nach i/s7 Uhr abends aufgegebenen Pakete erst um

11 Uhr anderen Morgens hieher um dann nach

12 Uhr mittags an die Adressaten beliefert zu werden. Diese Beförderungsart wurde dadurch bedingt, daß für den Uebergang von dem Calwer Zug 2S2, welchem die Paketpost für das Enztal zugeführt wird, auf den Wildbader Zug 659 nur 6 Minuten Zeit vorgesehen wa­ren, welche weder zu einem Umladen der Pakete, noch zu denjenigen Rangierbewegungen aus­reichten, die zu dein Einstellen des Bahnpost­wagens in den Wildbader Zug erforderlich sind. Durch Hinausrücken der Abfahrtszeit des Zu­ges 659, bei welchem es nicht von Belang sein kann, wenn seine Ankunft 10 Minuten später in Wildbad erfolgt, könnte, wie im Winter­fahrplan, die Paketpost noch vor 10 Uhr in Wildbad eingehen. Die Verwirklichung dieser Anregungen würde eine zeitgemäße Regelung der Verkehrsverhältnisse unserer Badestadl be- deuten und nicht nur für sie, sondern auch für sämtliche Ortschaften des Oberamtes be­deutende Vorteile im Gefolge haben. Sache der verschiedenen Interessentenkreise wird es nun sein, mit Nachdruck auf Berücksichtigung dieser Bestrebungen zu dringen, sicherem Ver­nehme» nach, haben sich bereits das K. Bad­kommissariat und das Stadtschultheißenamt mit dieser Angelegenheit befaßt.

In Calmbach brannte Sonntag nacht st?2 Uhr die gefüllte Heuscheuer des Straßen- warts Ritt mann in der Calwerstraße voll­ständig nieder. Die Feuerwehr schützte die be­nachbarten Wohngebäude vor Gefahr. Es scheint Brandstiftung vorzuliegen.

Neuenbürg, 25. Nov. Nachdem der Kandidat der Deutschen Partei Dr. Kehm-

Ulm in einer Reihe von Bezirksgemeinden gut besuchte Wählerversammlungen gehalten hatte, galt gestern sein Besuch der Oberamtsstadr. In einer gut besuchten Versammlung entwickelte er sein Programm. Einleitend bekannte sich der Kandidat als treuer Anhänger von Kaiser und Reich und betonte die Notwendigkeit eines schlagfertigen Heeres und einer starken Flotte. In Bezug auf das Verkehrswesen hält der Kandidat die Schaffung einer Betriebs- und Finanzgemeinschaft der deutschen Bahnen so­wie die Verwendung des Automobils für eisen­bahnlose Gegenden für notwendig. Die Steuer­reform sei weiterzuführen und an Stelle der Ertragssteuer eine Vermögenssteuer mit stär­kerer Belastung der leistungsfähigen Schultern zu schaffen. Auf dem Gebiet des Schulwesens bekannte er sich als Anhänger einer fachmänni­schen Bezirksschulaufsicht und will die oberste Leitung der Schule in die Hand einer aus Fachmännern bestehenden Oberschulbchörde ge­legt wissen. Die Schullasten seien in weiter­gehendem Maße auf den Staat zu übernehmen. In Bezug auf die Fürsorge und Förderung der Interessen einzelner Berufsstände betonte der Kandidat die Notwendigkeit der Schaffung von Berufsvertretungen für Landwirtschaft und Arbeiterstand. Die Ausführungen des Kandi­daten fanden lebhaften Beifall und eS berührte namentlich die strenge Sachlichkeit recht ange­nehm. Eine Reihe von Anfragen in Bezug auf Fleifchteurung und Schulwesen fanden eine prompte und befriedigende Beantwortung.

- - Auch im Enztal macht sich im Schweine­fleischpreis ein starker Preisrückgang bemerkbar. Auf dem letzten Markt in Neuenbürg blieb bei starker Zufuhr ein großer Teil unverkauft. Milchschweine kosteten nur 1220 Mk., Läufer 4590 Mk. pro Paar.

Alten steig, 24. November. Das ganze Anwesen des Metzger I. Stieringer in Enztal ist gestern abend ein Raub der Flammen ge­worden. Der Brand brach abends 5 Uhr in­folge einer Explosion aus. Im Keller sollte eine Flasche Benzin vom Platze gestellt werden, wobei der Boden ausbrach; das auslaufende Benzin entzündete sich und sofort stand das ganze Anwesen in Flammen. Die herbeigeeilten Feuerwehren waren machtlos und mußten Zu­sehen, wie das Gebäude bis auf den Grund niederbrannte. Der Besitzer, der von Jahr zu Jahr zur Erweiterung seines blühenden Ge- schäfts viel Geld auf bauliche Verbesserungen und praktische Einrichtungen verwandte, ist lei­der nur ganz ungenügend versichert. Ein er­hebliches Quantum feine Wurstwaren, die zum Teil morgen zum Versand kommen sollten, eine große Menge Holz (7080 Raumeter), Ma­schinen und dergl., was alles nicht versichert war, sind der Feuersbrunst zum Opfer gefallen und gewähren mit dem zusammengesunkenen Haus ein trostloses Bild.

Pforzheim, 26. November. Gestern abend zwischen 5 und 6 Uhr wurde beim Bahnhof in Brötzingen ein taubstummer Juwelier von zwei Strolchen überfallen, seiner Barschaft und seiner Uhr beraubt und derart verletzt, daß sie ihn für toi in .inen auf einem Nebengleis stehenden Eisenbahnwagen warfen. Man ist den Strolchen auf der Spur.

Pforzheim, 25. Nov. Dieser Tage wurden hier der besonders in Sängerkreisen wohlbekannte und geschätzte Agent und Häu­serspekulant Emil Rau und in Karlsruhe der dortige Agent Nikolaus Meiser verhaftet, weil letzterer stark verdächtig ist, zahlreiche Wechsel gefälscht und elfterer ihm dabei Hilfe geleistet zu haben, indem er die Wechsel in Umlauf brachte. Auf den Namen von Rau sind hier für etwa l*/i Millionen Mark Häuser und Grundstücke eingetragen, welche aber sämtlich so stark belastet sind, daß bei einer Veräußer­ung für den nominellen Eigentümer kaum viel herauskommen dürfte. Der Wechselumsatz Rau's war in den letzten paar Jahren so bedeutend, daß allein ein hiesiges Bankhaus die Wechsel­summe, welche durch seine Hände gelaufen, für die Jahre 1905 und 1906 auf ca. 300 000 Mk. beziffert.