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war noch ein Attentat gegen das königliche Paar geplant, das in der Kirche ausgeführt werden sollte. Dieser Beschluß wurde aber durch irgend einen Zufall verhütet. Man beabsichtigte, soviel Explosivstoffe zu verwenden, um die ganze Kirche, samt allen Anwesenden, etwa 50 fürstlichen Persönlichkeiten in die Luft zu sprengen.
Madrid, 2. Juni. Der „Epoca" zufolge sind bei dem Attentat auf das Königspaar 13 Militärpersonen und 11 Civilisten gelötet, 26 Militärpersonen und 24 Civilisten schwer und zahlreiche Personen leicht verwundet worden.
London, 1. Juni. Laut „Evening Standard" hat ein spanischer Student der Medizin namens Ballifsa, der am 3. Mai in London eintras, nachdem er aus Frankreich ousgewiesen worden war, gesagt, daß Alfonso der letzte König Spaniens sein werde. Im ganzen sollen 50 Anarchisten verschworen sein.
— Das Leben des jungen spanischen Königspaares ist nur durch einen Zufall gerettet worden. Die Bombe traf an einen elektrischen Draht und platzte in der Luft. Die Stücke, die den Wagen des Königs getroffen haben würden, wurden durch einen Balkon aufgehal- ten, wo sich zahlreiche Zuschauer aus der Aristokratie versammelt hatten. Die Splitter übten unter den dicht gedrängten Menichn eine furchtbare Wirkung. In den engen Räumen standen nachher große Blutlachen. Vier furchtbar verstümmelte Leichen lagen dicht am Geländer. Es waren die der Marquise de Tolosa, ihrer Tochter, ihres Cousins Don Antonio Calvo und einer noch nicht festgestellten Persönlichkeit.
— In Natal finden fortgesetzt recht ernste Gefechte statt. Am Sonntag hatte Oberst Mackenzie bei Nkhandla wieder einen Zusammenstoß mit den aufständischen Zulus. 60 Aufständische und 4 Soldaten sind gefallen, 7 Soldaten wurden verwundet.
Lokcrl.es.
Wildbad, 5. Juni. Am Samstag abend führte Herr Hofphotograph Blumenthal dem zur Zeit anwesenden Fremdenpublikum im Kurtheater seine Lichtbilderserie „Der Schwarzwald und sein Leben" vor und erntete damit allgemeine» Anerkennung der Besucher. Wir hatten diesen Winter schon Gelegenheit, diese herrliche Bildersammlung zu bewundern; jedes einzelne ist künstlerisch aufgesaßt und ausgestaltet. Blumenthal ist anerkannt ein Meister der Landschastsphotographw; wie natürlich und stimmungsvoll wirkt z. B. der Wildsee im Bilde. Aber auch die Genrebilder, die das Leben und Treiben unserer Schwarzwälder so treffend charakterisierten, fanden bei allen Vortragsbesuchern Anklang. Der begleitende Text, den Herr Redakteur Klemm von Pforzheim sprach, brachte glücklich den richtigen Ton der verschiedenen Gefühle und Empfindungen zum Ausdruck beim Anblick der Bilder. — Am Pfingstsonntag abend wurde im Kurtheater von Wildbader Bürgern und Bürgerinnen das vaterländische Schauspiel „Der Uebersall in Wildbad" aufgeführt. Das Stück, dem eine historische Begebenheit aus der Geschichte Wilddads zu Grunde liegt, weist eine hochpolitische Sprache auf, bedarf aber, um mehr bühnenwirksam zu sein, einer gründlichen Umarbeitung. Es fehlt eine eigentliche Handlung, zu viel Dialoge und Monologe. Das Stück war gut einstudiert, die Darsteller gaben sich alle Mühe, den Anforderungen, die ihrrRolle an sie stellte, gerecht zu werden, manche» gelang es überraschend gut. Ohne des weiteren auf Einzelleistungen ein- gehen zu wollen, müssen wir doch erwähnen, daß die weibliche Hauptrolle „das Rösle" in ausgezeichneten Händen lag. Nur ein bischen zu modern war es, das Näsle. Manche Darsteller hatten zwei Rollen übernommen, um die Aufführung zu ermöglichen und das verdient alle Anerkennung. Das Theater war auSver- kauft. Wenn auch viele Besucher den schwäbischen Dialekt nicht recht verstanden; der Applaus nach jedem Akte und besonders am Schluß zeigte doch, daß die Aufführung sie befriedigte. Die Damen erhielten prächtige Blumenspenden. Der Vorstellung wohnte auch der K. Badkommissär Freiherr v. Gemmingen mit Gemahlin an.
WntevHattenöes.
Zwei Hundertmarkscheine.
Erzählung von Rudolf Jura.
(Nachdruck verboten.)
„Vielleicht gerade," antwortete der Untersuchungsrichter höhnisch. „Auf Reisen haben Sie die beste Gelegenheit, häufig und unauffällig in jedem Gasthof große Scheine wechseln zu laffeu und das falsche Geld rasch und verdachtlos unter die Leute zu bringen."
„Ich habe kein falsches Geld bei mir," rief Heinrich empört. „Hier ist mein Portemonnaie."
„Geben Sie her. Wenn es Ihnen Spaß macht, kann ich das ja gleich untersuchen. Mit Ihrem Koffer wird man das dann draußen tun. Hier haben Sie einen Hundertmarkschein. Hm. Der scheint echt zu sein. Dann hundert- undfünfzig Mark in Gold und etwas Silber. Und was sind denn das für Scheine? Postquittungen. Ueber dreihundert und fünfhundert Mark. Eingezahlt heute morgen. Aha! Sie haben wohl heute früh schon einen Ihrer Tausender gewechselt? Ein Exemplar aus dem anderen gestohlenen Paket?"
„Ich habe vorhin von Rockstroh und Kompagnie tausend Mark Vorschuß auf eine Erfindung erhalten, die ich gemacht habe."
„So? Also wieder eine neue Erwerbs- quelle, von der Sie mir vorhin garnichts erzählt haben. Na, dann braucht also Ihre Frau Gemahlin nicht zu hungern, auch wenn Sie Ihre Reise nach Skandinavien vorläufig noch auf unbestimmte Zeit verschieben müssen. Nee, nee, lieber Freund. Ich habe es jetzt doch satt bekommen, mich von Ihnen anschwindeln zu lassen. Meine Geduld ist zu Ende, Sie werden jetzt abgesührt und ich gehe zu Tisch. Gesegnete Mahlzeit, Herr Kullmaun."
Heinrich seufzte ergebungsvoll. Er sah ein, daß vorläufig jede Hoffnung auf Rettung und Befreiung vergeblich war. Bescheiden bat er nur um die gütige Erlaubnis, wenigstens seiner Firma und seiner Frau eine kurze Nachricht über sein Mißgeschick zu geben.
„An Rockstroh und Kompagnie mögen Sie meinethalben eine Postkarte schreiben," sagte der Untersuchungsrichter gnädig. „Ich will sie aber sehen, ehe sie befördert wird. Ihre Frau aber ist der Mitwisserschaft selbst nicht unverdächtig. Einen Briefwechsel mit ihr kann ich daher keinesfalls gestatten. Ist ja auch nicht nötig. Ihre Frau erhält morgen die dreihundert Mark, die Sie ihr heute geschickt haben, als höchst angenehmen und ausreichenden Gruß und dann wird es vermutlich nicht lange dauern, bis Sie ihr persönlich gegenübergestellt werden. Hoffentlich sind Sie dis dahin vernünftiger und offenherziger geworden."
Lächelnd und leichten Sinnes ging der Untersuchungsrichter davon, während Heinrich gebeugt und trostlosen Herzens das Zimmer an der Seite des Gerichtsdieners verließ.
Kraftlos sank er in seiner Zelle auf dem Holzschemel nieder. Er dachte an seine liebste Anni, und an die Hoffnungen, mit denen er sich noch am Vormittag für ihre Zukunft getragen hatte. Unmöglich konnte er sie als Ver- drecherin vorstellen. Aber vergebens suchte er zu ergründen, woher sich das plötzliche Unheil über seinem Haupte zusammengezogen hatte.
4. Kaprtel.
Am nächsten Tage erlösten Heinrichs Brief und seine dreihundert Mark die unglückliche Frau Anni aus großer Angst und Sorge. Sie hatte in den Tagen seiner Abwesenheit fast noch chlimmere Aufregung und Schmerzen erduldet als ihr unschuldig verdächtigter Gatte.
Georg von Hankwitz hatte ihre alte verborgen glimmende Liebe mit stürmischer.Gewalt zu neuen Hellen Flammen angefacht u. war am Tage darauf spurlos verschwunden. Zunächst hatte sie, ungeduldig zwar, aber doch zuversichtlich, auf seine Rückkehr gehofft. S»e hatte sich mit der Meinung getröstet, er möchte, weil er sich ja auf einer Vergnügungsreise befand, einen Ausflug in die Umgebung gemacht habe» und würd. schon wiederkehren, wenn ihn die Liebe dazu drängte. Aber als er auch am nächstfol
genden Tage von seiner Liebe noch nicht zu ihr zurückgcdrängt wurde, zwar sie in sein Hotel gegangen und hatte sich möglichst unauffällig uach ihm erkundigt, und die betrübende Auskunft erhalten, daß er tatsächlich abgereist war.
Ohne ihr auch nur Lebewohl zu sagen, hatte er ihre eben genossene Liebe verächtlich von sich geworfen und ihr hingebendes Herz treulos verraten!
Es war freilich nur die gerechte Strafe für die Untreue, die sie selbst an ihrem arglosen Gatten begangen hatte. Aber der Kummer ihres rasch zur Reue bereiten Herzens wurde noch vermehrt durch die drückendste Geldnot.
In der Hoffnung auf weitere freundliche , Darlehen oder Geschenke des freigebigen Herrn ^ von Hankwitz hatte sie den Hundertmarkschein, den sie ihm eingewechselt, und einen anderen, den er ihr außerdem gegeben hatte, dazu verwendet, Schneiderin und Putzmacherin zu besänftigen und zu neuen Lieferungen geneigt zu machen. In dieser Hoffnung auf weitere Unterstützung wurde sie nun plötzlich getäuscht, und ohne einen Pfennig Barschaft sah sie sich bei den geringen Vorräten ihrer Speisekammer geradezu dem Mangel preisgegeben. Denn Fleischer, Bäcker und Giünwarenfrau verkauften doch nur gegen bar.
Ihrem Heinrich wagte sie ihre No> nicht zu beichten. Auch hatte er selbst nichts zu schicken, nachdem er ihr die letzten entbehrlichen lmudert Mark zurückgelaffen. Ebenso schämte sie sich vor Gertrud, die mit den bittersten Vorwürfen nicht zurückgehalten haben würde, wenn sie ihr den rasche» Verbrauch der hundert Mark eingestanden Hütte. Auch einen Griff in die kärgliche Ladenkasse wagte sie nicht. Der sonst so bescheidene Böhlein würde es keinesfalls geduldet und den ihm anvertrauten Reichtum nöiigen- falls mit seinem Leben verteidigt haben.
Aber die Not stieg noch höher. Ganz unvermutet war sie vor Gericht geholt und gefragt worden, von wem sie die beiden Hundertmarkscheine erhalten habe. Im ersten Augenblick war sie tödlich erschrocken. Mußte sie doch denken, ihr geheimes sträfliches Vergehen sei offenkundig geworden! Aber nein, der Beamte, der sie ausfragte, wußte augenscheinlich nichts von ihren Beziehungen zu Georg von Hankwitz. Natürlich durfte sie nun Nicht selbst so töricht sein und sich verraten. Sie jagte aus, die Scheine von ihrem Mann erhalten zu haben und gab auf weiteres Befragen Dresden als seinen augenblicklichen Aufenthaltsort an. Daraufhin wurde sie ungckränkt wieder entlassen.
(Fortsetzung folgt.)
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