eine blau-weiße) zu befestigen. Er stieg in das Innere des Turmes bis über den Glockenstuhl und dann durch eines der dort angebrachten Fenster nach außen, um am Blitz» ableiterdraht emporzuklimmen. Doch bald mußte er sein Wagestück aufgeben, da der Draht — die einzige Möglichkeit für ihn, um auf die höchste Spitze zu gelangen — aufhöne, denn er war bei Beginn des metallenen Turmhelms mit diesem verlötet. Enttäuscht stand er von diesem Vorhaben ab und wandte sich kurz entschlossen zu dem ihm geeignet erscheinenden Turme der Petrikirche. Rasch war Adlmayer am Dache dieser Kirche, und von hier aus ging er im Turminnern in die Höhe, bis er ein passendes Fenster fand, von dem aus er den schwierigsten Teil seiner Aufgabe, den Aufstieg an der Außenseite des Turmes, lösen konnte. Die Höhe des auf diese Weise noch zu erklimmenden Turmteiles war etwa 35 bis 40 Meter. Verhältnismäßig rasch kam Adlmayer mit Klimmzug unter dem Geläute der Kirchenglocken in die Höhe, da verließ ihn auch hier das Glück, das heißt in diesem Falle der Blitzableiter draht, und abermals war das Unternehmen in Frage gestellt. Resigniert überlegte Adl- mayr, ob er sein ganzes Vorhaben aufgeben und die beiden Fahnen wieder nach München zurückbringen solle. Ein paar prüfende Blick» auf das Mauerwerk und die Borsprünge, dann frisch auf — ohne Draht! Mit Aufzug, Ein- stemmcn, Umklammern der Vorsprünge und allen möglichen turnerischen Künsten, oftmals vollständig frei in der Luft hängend, lediglich auf die Muskulatur seiner Finger angewiesen, erreichte er endlich die Turmspitze. Dort nahm er nun, bequem aus einem der großen Vorsprünge sitzend, die Fahnen, die er während des Steigens gerollt um den Körper trug, ab und befestigte sie mit Seilen und Riemen derart, „daß sie in zwei Jahr a no drob'n hänga", wie er sich ausdrückte. Dann kurze Rast — ein Blick auf das feenhaft beleuchtete Berlin — und zurück ging es auf dem gleichen Wege. Das ganze waghalsige Unternehmen erforderte zwei Stunden.
— (Die Haftpflicht der Kraft» fahrzeugbesitze r.) Ein dem Reichstage zugegangcner Gesetzentwurf über die Haftpflicht für den beim Beliebe von Kraftfahrzeugen entstehenden Schaden setzt die Schadenersatzpflicht des Betriebsunternehmers für die Tötung oder Verletzung von Menschen oder Sachbeschädigung fest. Als Kraftfahrzeuge gelten auch Motorfahrräder. Die Ersatzpflicht fällt weg, wenn eine höhere Gewalt oder eigenes Verschulden vorliegt.' Im Falle der Tötung sind die Behandlungskosten, der Erwerbsverlust, der Krankheitsaufwand und die Beerdigungskosten zu ersetzen. Der Entwurf bestimmt ferner, wie dritte Personen zu entschädigen sind, welchen gegenüber der Getötete unterhal tungspflichlig war. Im Falle der Tötung sind die Behandlungskosten, der Erwerbsverlust und der Mehraufwand zu ersetzen. Der Ersatz deS Erwerbsverlustcs und des Mehraufwandes
geschieht für die Zukunft durch Entrichtung einer Geldrente, eventuell unter Verpflichtung einer Sicherheitsleistung. Die Verjährungsfrist der Ersatzansprüche ist zweijährig. Diej Vorschriften des Gesetzes gelten nicht, wenn der! Verletzte auf dem Fahrzeug befördert wurde' oder bei dessen Betriebe tätig war, ferner wenn das Fahrzeug die Amtsmarke trägt, daß es 15 Kilometer Geschwindigkeit nicht überschreiten kann. Die bestehenden über das Gesetz hinausgehenden reichsgesetzlichen Haftpflichtvorschristen bleiben unberührt.
— Ein heiteres Vorkommnis teilt der Kirchenheimer Landbote seinen Lesern mit: Beim Rasieren halte der Bürgermeister und Kirchenpfleger zu W. sich in der Aufregung in die Nase geschnitten. Er rief seiner Frau: „Schnell Kathl, a Heftpflaster!" „Im Nähkorb liegt eines", antwortete die Frau, aber beeile Dich, denn es ist höchste Zeit zur Kirche." Glücklicherweise fand der Bürgermeister das Heftpflaster, klebte das Diug auf die Nase und eilte zur Kirche. Doch er wunderte sich nicht wenig, daß, als er mit der Sammelbüchse von Bank zu Bank ging, die meisten Leute zu lachen anfingen. — Nachdem der Gottesdienst beendet war, fragte der Bürgermeister einen Freund: „Hab ich denn etwas besonderes an mir, daß alle Leute so lachen?" „Ja freilich", antwortete der Gefragte, „Du hast eine Etikette von einem Garnröllchen auf deiner Nase, worauf die Worte stehen : Garantiert 100 Meter lang."
— Ueber eine Theaterbrandkatastrophe in Santiago de Chile, wobei in den rückfichtSlo- festen Kämpfen um die Ausgänge über 40 Personen den Tod fanden, berichtet der Berl. Lok.-Anz.: In einem Theater in Santiago de Chile gab man den Einakter „Vsrbsns, äs la xalsmu". Plötzlich stand der Prospekt in Hellen Flammen und wenige Sekunden später umhüllte ein dichter Rauch die Bühne und den Zu- schsuerraum, in dem sich etwa 1200 Personen befanden, davon die Mehrzahl Frauen und viele mit Kindern. Die vereinzelten Stimmen Besonnener, die zu den Ausgängen auf der rechten und linken Seite rieten, verhallten fast ungehört. Die Masse des Parterrepublikums drängte kopflos der Mitteltür zu. Von dem furchtbaren Kampf geben die zahlreichen Leichen der zertretenen Frauen und Kinder ein schreckliches Zeugnis. Die Zahl der verkohlt aufgefundenen Toten beträgt bisher zehn, die Gesamtzahl soll vierzig überschreiten, darunter vier Schauspieler. Unter den nach den Spitälern gebrachten Verwundeten weisen viele Spuren von Stockhieben aus.
— Der Geburtenüberschuß in Frankreich nähert sich mit Riesenschritten dem Nullpunkt Nach einer soeben abgeschlossenen Statfftik betrug die natürliche Bevölkerungszunahme, d. h. der Ueberschuß der Geburten, der nach Abzug der Todesfälle verbleibt, im Jahr 1904 genau 57H26 gleich 18 auf je 1000 Einwohner, während auf das Jahr 1903 noch 73 106 gleich 1,9 pro Tausend entfielen. Vergleicht man
diese Zahlen mit denen des Deutschen Reiche-, so ergibt sich ein gewaltiger Unterschied, denn bei uns belief sich der Geburtenüberschuß auf nicht weniger als 883830 Köpfe, gleich 13,9 pro Tausend; er erreichte also im Verhältnis zur Einwohnerzahl das Siebenfache und war 1903 schon um 780 724 Köpfe größer als in Frankreich. Der Geburtenüberschuß allein im Deutschen Reiche war größer als die Gesamtzahl aller Geburten in Frankreich, die sich aus 818229 belief und um .28 017 geringer als der Jahresdurchschnitt deS letzten Jahrzehnts war; sie betrug 2,10 pro Tausend gegenüber 34,9 für das Jahr 1903 im Deutschen Reiche. Außerehelicher Abkunft waren dort 8,77, bei uns 8,5 v. H. der Lebendgeborenen; hierin besteht also kein erheblicher Unterschied zwischen beiden Ländern. Gestorben sind in Frankreich 761 203 Personen, 7597 mehr als im Vorjahre.
(Eine Tasse Kaffee als Wetteran- zeiger.) Der Zucker ist bekanntlich in hohem Grade empfindlich gegen Feuchtigkeit, „hygroskopisch", wie die Wissenschaft sagt. Hierauf beruhen die eigenartigen Erscheinungen, die zuerst ein Naturforscher in Valencia wahrnahm, als er seinen Kaffee gezuckert hatte. Er zog daraus folgende Schlüsse: Wenn man den Zucker, ohne den Kaffee umzurühren, ruhig sich auflösen läßt, so steigen Luftblasen empor. Bilden diese eine schaumige Masse in der Mitte der Tasse, so kann man bestimmt auf dauernd klares Wetter rechnen. Setzt sich der Schaum ringsum an den Rand, so gibtS Regengüsse. Zwischen Rand und Mitte verkündet er veränderliches Wetter, fließt der Schaum, ohne sich zu zertei- len, nach einem Punkte des Tassenrandes hin, so steht mäßiger Regen bevor. Das Barometer soll mit diesen Anzeichen immer überein- stimmen. Versuche müssen erst noch ergeben, ob die Wetterprophezeihung durch die Kaffee- taffe wirklich mehr ist als ein Scherz zur Unterhaltung.
Gemeinnützige».
— Um Fettflecken aus Papier zu entfernen, legt man unter und über den Fettfleck mehrere Blätter trockenes Fließ- ober Löschpapier und fährt dann mit einem heißen Stahl (Plätt- oder Bügeleisen) mehrere Male darüber hin; bas Fett wird flüssig, zieht sich in das Papier und der Fleck verzieht.
(Samt zu waschen.) Zwei RindSgallen werden mit etwas Seife und Honig in weichem Wasser gekocht. Der Samt wird auf ein nasses Brett gelegt und mit der Mischung stark befeuchtet. Darauf wird er auf einem Mangelholz gerollt, bis aller Schmutz entfernt ist. Er wird nun durch reines Wasser gezogen, wieder gerollt und zum Trocknen aufgehängt. Halb trocken wird er mit in weichem Wasser gekochter Haussenblase angefeuchtet, zwischen ein reines Tuch gelegt, so lange gerollt, bis er ganz trocken ist dann mit Heu aufgerieben und ausgeklopft.
eKclNNLmclchnNa Bekanntmachung.
Die feuerwehrpflichtigen Ei
betr. des Vogelschutzes.
Der hiesigen Einwohnerschaft wird in Erinnerung gebracht, daß nach Par. 8 der Min. Vers, vom 7. Oktober 1890 (Reg.-Bl. S. 240) dezw. nach der Min. V.rf. vom 29. November 1892 (Reg.-Bl. 591) betreffend den Schutz der Vögel und Art. 40 des Polizeistrafgesetzes mit Geldstrafe bis zu 60 Mk. oder mit Haft bestraft wird, wer in der Ze t vom 1. März blS 15. September Hunde oder Katzen im Walde oder auf freiem Felde umhcrschweifen läßt.
Wildbad, den 7. März 1906.
Stadtschulth eiß enamt:
Baetzner.
Lvliütronvorsin Mäbsä.
Loülltrx, äsv 11. IlLis
MM-Hichli.
Active und passive Mitglieder sind sreundlichst eingeladen.
Aas Schützenmeislercrrnt.
Die feuerwehrpflichtigen Einwohner, soweit sie bei der freiwilligen Feuerwehr noch nicht eingestellt sind, werden aufgefordert sich spätestens bis 31. März bei dem Feuerwehrkommando zu melden, widrigenfalls sie die für den Nichteintritt festgesetzte JahreS- abgabe zur Feuerlösthkasse zu bezahlen haben.
Wildbad, den 7. März 1906.
Stadtschultheißenamt:
Baetzner.
iM-VölM MIM.
Samstag, 10. Mär)
abends 8 Uhr
VorsLwmlllllL
sin der Restauration „Eintracht."
Der Vorstand.
Bekanntmachung.
Denjenigen hier wohnenden männlichen Personen, welche im Be. sitz der württembergischcn Staatsangehörigkeit sind und das 25. Lebensjahr zurückgelegt haben, steht, sofern bei ihnen keine gesetzlichen Versagungsgründe vorliegen und sie seit den drei letzten Rechnungsjah- ren an die Stadtkasse ununterbrochen Steuern aus ihrem Vermögen oder Einkommen und außerdem Wohnsteuer entrichtet haben, das Recht zu, die Erteilung des hiesigen Bürgerrechts gegen Bezahlung der statutenmäßigen Gebühren zu bean- spruchen. Hievon werden dieselben gemäß gesetzlicher Vorschriften in Kenntnis gesetzt.
Wildbad, den 7. März 1906.
Stadtschultheißenamt:
Baetzner.