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dtinigen: Frauenarbeit sieht man meistens erst dann, wenn sie ganz liegen bleibt.

5) Halte dir öfter den Spruch vor: Leicht überschätzt der edle Mann Das, was er selbst nicht machen kann. Verkleinernd unter das seine HerabziehtS der Gemeine."

6) Gib deiner Frau gesondertes Geld für die Wirtschaft und für ihre persönli­chen Bedürfnisse. Laß sie die Sorgen für die täglichen Lebensbedürfnisse nicht ganz allein trogen, sondern besprich hin und wieder freundlich mit ihr, wo etwa Ein­schränkungen möglich sind. Gebt dann wo nötig ist, beide etwas von teuren Ge­wohnheiten auf und bedenkt, daß der eigene Herd uns immer lieber wird, mit je größeren Opfern wir seinen Besitz er- kaufeu müssen.

7) Habe hin und wieder ein freund­liches Lob für die Geschicklichkeit deiner Frau im Haushalt und ein zärtliches Wort für sie. Es tut ihr unbeschreiblich wohl, wenn sie es vielleicht auch nicht sagt. Ihr Sorgen und Mühen für dein Wohl ge­schieht dann mit doppelter Freudigkeit und Hilst ihr über manche Stunde hinweg, wo du im Geschäftsärger und unter sonstigen Sorgen dich einmal wenig gerecht zeigst.

8) Laß die Gerechtigkeit auch im Hause deine vornehmst» Tugend sein und habe keine Lieblinge unter deinen Kindern, die vielleicht das Schmeicheln besser verstehen, als die zurückhaltenden. Das kränkt das Mnttcrherz sehr.

9) Frage deine Frau nach dem Grunde ihrer Handlungsweise, ehe du tadelst. Tadle sie aber niemals in Gegenwart deiner Kinder, sondern sei dann stets einig mit ihr. Du machst ihr sonst die Erziehung sehr schwer, die bei d.iner häufigen Ab­wesenheit fast ganz auf ihren Schultern liegt.

10) Habt ihr einen Streit oder ein Mißverständnis gehabt, so deukt an das alte schöne Wort: Lasset die Sonne nicht nntergehen über euren Zorn! Versöhnt euch beizeiten, che es zu spät wird, und macht unter euch aus, abwechselnd das erste Wort zum Guten zu sprechen!.

Mnter ha ttendes.

Im Banne der Pflicht.

Erzählung von A. L. Lindner.

23) (Nachdruck verboten.)

Sein ganzes Leid wachte wieder auf. Sie hätten beide so wundervoll zusammen- gepaßt. Er hatte immer das Gefühl ge- habt, als seien sie beide aus der ganzen Menschlichkeit ausdrücklich für einander be­stimmt gewesen und dennoch! Da sti­erte sie Feste an Heidingers Lecke, und er ritt einsam in dunkler Nacht seinem öden Waldhaus zu. Es war ein schöner Abend, stlll, sternenklar und für die Jahreszeit warm. Die Bäume ragten noch kahl zum Himmel aus, aber die Knospen regten sich schon, es lag Lenz in der Luft und die braune, rissige Erde hatte jenen eigenen, unverkennbaren Frühlingsgeruch. Und mit dem Erwachen der Natur regen sich auch im Menschenherzen allerlei geheimnisvolle Kräfte. Mit schwerem Flügelschlage huschte eine Eule über den Weg, sonst begegnete dem einsamen Reiter weder Mensch noch Tier, um ihn von den Gedanken abzulenken, die chm Bild auf Bild vor die Seele zauberten.

Wenn er heinikehrte und fände die

Zimmer erleuchtet, und sie stünde auf der i SchweA ihn zu empfangen i Er ließ das Pferd gehen, wie es wollte, -und bemerkte kaum, daß es endlich ganz still stand.Du sollst nicht begehren dei- ?nes Nächsten Weib!" Er schreckte jäh zu­sammen. Hatte das jemand neben ihm > gesagt, oder war es nur seines eigenen i Gewissens Stimme gewesen? Er zog hef- - tig die Zügel an und ritt nun in scharfem ! Trabe davon. Zu Hause angelangt, ver- ' sorgte er selbst den Gaul, dann schloß er behutsam die Tür auf und stieg leise, um Frau Müller nicht zu stören lsiuauf in sein Zimmer.

5.

Der Junitag war drückend hech gewe- sen und hatte den Schnittern bei ihrer Ar­beit manchen Seufzer erpreßt. Erst mit dem Sinken der Sonne kam ein ersehntes kühles Lüftchen., Es strich erfrischend über Wald und Flur und fand auch seinen Weg in die rosenumraukte Veranda der Villa Hejdinger und zu Juliane, die lässig in einem der zierlichen Schaukelstühle lag. Die bunte Handarbeit lag auf dem Bambus­tischen neben ihr, aber wer konnte bei die­ser Hitze sticken? Die Seide klebte ja wahrhaftig an den Fingern fest, und dann gab es ja der bunten Bestehen schon genug und übergenug im Hause, die Arbeit war schon allein durch ihre Zwecklosigkeit unin­teressant, so uninieressant, wie das ganze müßige Leben überhaupt. Die junge Frau seufzte tief auf. Der kühle Luflhauch brachte im Wehen einen leisen Geruch frischen Heus von einer fernen Wiese mit, und der Duft erweckte so manche Erinnerungen an das Leben und Treiben der Erntezeit, und ein sehnsüchtiges Verlangen nach der frischen Tätigkeit, dem Befehlen und An­ordnen vergangener Tage, ja fast ein Ge­fühl des Neides gegen die, die da draußen im Sonnenbrand ihre Kräfte erproben konnten.

, an Arbeit hatte es in Braunsdorf nie gefehlt, daher hatte auch nie die Laug- weile aufkommen können, während sie hier, in der eleganten Villa, in allen Ecken zu lauern schien. Und Langeweile ist ei» ge­fährlicher Gast. In den vielen unbeschäf­tigten Stunden hatten die Gedanken so viel Zeit, hin und her zu gehen und zu t wühlen in der Vergangenheit und das, was !war, zu vergleichen mit dem, was hätte sein können, und was dennoch verloren war unwiederbringlich.

Nun mein Engel, das nenne ich tief in Gedanken; wovon träumten wir denn eben?" fragte Heidinger.

! Er war unbemekt durch das Gartenzim» !mer in die Veranda eingetreten und legte Julianen beide Hände über die Angen. Sie .fuhr ärgerlich auf:

Mein Himmel, Theobald, wie du mich erschreckt hast, tritt doch auf wie jeder andere Mensch, damit man dich kommen hört."

s Er lachte.

!Ich trete auf wie jeder andere, mein Täubchen. Tu b>st nur ein bischen ner­vös, das ist alles," sagte er und legte den Arm um sie.Ist dies das neue Kleid? -Steht dir famos, ganz famos. Rosa soll­test du immer tragen. Dafür mußt du z notwendig einen Kuß extra haben.

Als er sein Gesicht dem.ihren näherte, spürte sie wieder, wie schon vorhin, den leichten Wcinduust, der ihr allemal zuwi­der war.

Laß nur," wehrte sie,ich sehe es für genossen an."

Ich aber nicht, du spröde kleine Hexe," sagte er noch immer lachend.Na warte, du bekommst deine Strafe schon." Damit faßte er sie plötzlich an beiden Schultern und küßte sie über das ganze Gesicht ab. Juliane ließ es achselzuckend geschehen. Als er sie endlich löslich, setzte jsie sich an das andere Ende des Tisches, nahm ihre Hand­arbeit auf und stichelte darauf los.

Wie steht es in der Fabrik?" fragte sie. Juliane wußte, daß sie hier einen wunden Punkt berührte. Denn Heidinger stand mit seinen Arbeitern fast stets auf gespanntem Fuße, während sonst in den Fabriken der Stadt das beste Einverneh­men zwischen Besitzern und. Antzestell- ten herrschte.

Wie soll es stehen?" war die Ant­wort.Diese Arbeiter sind eine Gesell­schaft, sage ich dir, Juliane .... Tot­ärgern kann man sich über sie. Der Schlimmste ist dieser Kerl, der Michaelski der verhetzt all die übrigen.«

Weshalb entläßt du ihn nicht?"

Das beste wär's schon, aber na, wie das so ist, man hat auch allerhand dabei zu bedenken. Man kann nicht im­mer so wie man möchte."

So," sagte Juliane gleichgiltig. Im To» all ihrer Fragen lag vollendete Znie- rcsseulosigkeit.

Schließlich mußte ich noch in die Stadt zum Rechtsanwalt und ging dann mit ein paar Bekannten in den Ratskeller. Ans soviel Aerger braucht man notwendig eine Erfrischung."

Ach so. Daher deine Zärtlichkeiten."

Im Wein ist Wahrheit. Er bringt nur die Gefühle an den Tag, die ick im­mer für dich habe, mein Engel," sagte er affektiert.

Heidinger gehörte zu den Männern, denen die Weinlaune ganz besondes schlecht steht, und als er seine Frau wieder an sich ziehen wollte, schob sie ihn verdrieß­lich zurück.

Unsinn, Theobald. So laß mich doch flicken."

Ich will aber die Blicke deiner schö­nen Augen nicht immer mit dem dummen Seidenlappe,, teilen," sagte er.

Ich sehe ja schon,was soll's denn noch?"

Hast du heute abend recht was NetNs zu essen?"

Du weißt ja selbst am besten, was du bestellt hast. In unserem Hause be­stimmt und überwacht ja der Mann und nicht die Frau das Menu," sagte sie kurz.

Weshalb soll mau sich nicht einen guten Happen gönne», wenn man's bezah­len kann? Und was die Ueberwachung anbelangt, so hat eben die Köchin mehr Respekt vor mir als vor dir. Uebrigens hatte die Farce i» den Pasteten gestern' abend zu viel Salz. Ich habe Christinen darüber auch meine Meinung gesagt."

Du hast wahrhaftig deinen Beruf ver­fehlt, Theo, als Koch würdest du Großes geleistet haben," sagte Juliane ironisch und stand auf.

Nach Tisch blieb man im Salon. Es war zwar noch herrlich im Freien, aber Heidinger halte allerhand Befürchtungen wegen der Abendluft. Man hatte von den Fenstern einen hübschen freien Blick über die freundliche Wiesenlandschaft, durch die sich wie ein schmales Band die Chaussee hindurchzvg. (Fortsetzung folgt.)

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