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Stunden konnten 250 Polizisten Ordnung schaffen. Inzwischen wurden Dutzende von Verwundete in die Hospitäler gebracht, deren eines einen Verbandsplatz auf dem Gefechtsfeld anlegen mußte.
— Wie der Standard aus Schanghai meldet, haben die Japaner in Korsakow (Sachalins 3000 Kulis gelandet. Die Gesamtstärke der japanischen Truppen auf der Znsel Sachalin beträgt 14000 Mann.
— Der Londoner „Daily Graphic" meinte heute, die Einnahme der Insel Sachalin durch die Japaner sei von der europäischen Presse durchaus nicht seiner vollen Bedeutung nach gewürdigt worden. Der Besitz der Insel sei für die Zukunft und die Sicherheit Japans von außerordentlicher Bedeutung. Durch diese Insel komme auch der letzte Eingang in die japanische See in die Hände des Mikados und Japan erhalte so eine Art von Binnenmeer. Die Gefahr einer russischen Seeherrschaft in Ostasien werde ein für allemal beseitigt, denn was habe Wladiwostock für einen Wert, wenn alle Zugänge zu dem Hafen in den Händen der Japaner seien! Weiter sei der strategische Wert des Amur vollkommen zerstört. So sei Rußland eigentlich vollkommen von dem Stillen Ozean abgeschlossen, denn an der Küste von Kamschatka lasse sich kaum ein zweites Wladiwostock gründen, auf keinen Fall aber ein zweites Port Arthur.
Lokales
Wildbad, 19. Juli. Bei dem am letzten Sonntag stattgehabten Gauturnfest des Unteren Schwarzwaldgaues in Engelsbrand errang der Turnverein Wildbad im Vereinswctturnen, an welchem sich 15 Vereine beteiligten einen II. Preis mit 25V- Punkt. Im Einzelmeiturnen erhielten von hier Preise: einen 3. Wilh. Schill (59-/-) P.). 11. Wilh. Proß (54V- P.), 16. Robert Schmid, (51V- P.), 24. Adolf Dommer (47 P.). 26 Wilh. Vollmer (46 P.), 27. Friede. Treiber (45V- P.), 29. Wilh. Rapp (44V- P.), 31. Robert Funk (43-/- P.) Die beiden elfteren erhielten je einen Kranz mit Diplom, die folgenden je ein Diplom. Am Einzelwetturnen beteiligten sich 77 Turner. Bei den allgemeinen Stabübungen ca. 300.
Unterhaltendes.
Noras Roman.
von
Emil Peschkau.
14) (Nachdruck verboren).
Was hatte ich getan, daß mir das geschehen mußte? Jedes döse Wort, das ich dem Knaben gesagt, brannte mir jetzt wie Feuer in der Seele, und der Groll, den ich noch zuletzt gegen ihn empfunden, lastete schwer auf mir. Vielleicht war dieser Groll doch stärker gewesen als das Gute in mir, vielleicht hatte er doch meine Hand gelenkt, vielleicht war ich doch eine Mörderin! Ich geriet in eine wahnsinnige Angst, mein Gehirn arbeitete fieberhaft, aber wie ich mich auch bemühte, nur den ganzen Vorgang wieder zu vergegenwärtigen, es gelang mir nicht. Ja so unglaublich, so unfaßbar erschien m,r mit einemmale alles, daß ich mich plötzlich wieder in meinem Bette aufsetzte, die Hände Katharinens ergriff und sie stammelnd fragte, ob es denn wirklich geschehen sei. Sie versuchte
es, wich zu trösten und weinend sank ich wieder in meine Kiffen zurück.
Ich weiß nicht, wie lange ich so dalag. Plötzlich sah ich den Onkel und die Tante vor mir, beide blaß und verweint. Die Tante reichte mir ihre Hand und legte die andere auf meinen Kopf. „Armes Mädchen!" sagte sie, und dann stoffen ihr wieder die Tränen aus deu Augen und sie küßte mich. „Du hast es sehen müssen — o mein Gott, ich wäre gestorben!"
Das Benehmen der Tante beruhigte mich ein wenig. Sie kam nicht zürnend, anklagend, sie hatte Mitleid mit mir und nicht der leiseste Verdacht konnte in ihr sein.
Sie war in die Kniee gesunken und ihr Kopf lag nun auf dem Bette. Dabei schluchzte sie und hielt meine Hand fest in der ihren.
„Wie ist es eigentlich geschehen?" fragte der Onkel, der bisher stumm neben uns gestanden war.
Das jagte alles in mir wieder auf, und wenn er mir in diesem Augenblick ins Gesicht gesehen hätte, er hätte aus meinen Augen das Bekenntnis einer Tat lesen müssen, die ich gar nicht verübt hatte.
„Wenn es dir Schmerz macht — laß es!" sagte er dann, als ich schwieg, aber in mir ries eine Stimme: Um Gottes willen, nein, rede — was muß man denken, wenn Du schweigst!
Und ich sprach! Jede S'lbe löste sich schmerzlich von meiner Zunge, bei jedem Worte rief es in mir: Du lügst! Und doch fand ich nicht den Mut zur Wahrheit, doch log ich weiter!
Hätte ich in diesem Augenblick das rechte Wort gefunden, es hätte an keine verschlossenen Herzen gepocht! Aber ich fand es nicht, ein Dämon raste in mir, und so oft ich mich der Wahrheit nähern wollte, riß er mich zurück und ließ mich eine Lüge sprechen. Es ist ein Teufel, der so vieles, so vieles Unglück in der Welt verursacht, und auch ich habe unsäglich durch ihn gelitten. Und was für eine unheimliche Macht hat dieser Teufel, daß er uns das Wort zurückdrängt, das wir sprechen wollen, daß er uns lügen läßt in dem Bewußtsein zu lügen, in der Angst, daß uns diese Lüge vielleicht eher schaden als nützen wird. Ich hatte noch nicht das letzte Wort hervorgestammelt, als schon in meiner Seele schwarze Zukunftsbilder emportauchten, als ich mir schon sagte, daß ich mit dieser Lüge nun eine Schuld eingestanden hatte, die nicht meine Schuld war, und daß nun niemand daran zweifeln würde, wenn je dieses entsetzliche Wort wieder gegen mich geschleudert weiden sollte, das Wort: Mörderin!
Aber es war za spät, ich konnte nicht mehr zurück, und so wild hatte dieser Kampf in mir getobt, daß ich nun wieder, ganz entkräftigt, in eine neue Ohnmachtsank.
Ich hatte erzählt, wie ich, mit meiner Arbeit beschäftigt, auf der Terrasse nnter der Bnndeseiche saß, wie dann Hans heraufgesprungen kam und wie ich ihn ermahnte, zu Martha, der er entlaufen war, zurückzukehren. Ec aber achtete nicht auf meine Rede und machte sich an der Balustrade zu schaffen. Ich warnte ihn, bat ihn, den gefährlichen Punkt zu verlassen, aber schon stand er oben auf der Brustwehr und in dem Augenblick, als ich aufsprang und ihm tagte, ich werde die Mama holen, glitt er aus und stürzte hinab in den Fluß.
Was dann weiter geschah, weiß ich
nicht zu sagen. Ich lag vierzehn Tage, lang im Fieber, und als ich genesen war fand ich wenig verändert. Die Tante hatte sich schneller gefaßt als ich erwartet hätte. Sie kam mir ruhig entgegen und war ernst, ohne gerade niedergedrückt zu sein. Ein paar Tage später fiel eS mir auf, daß der Kaplan Wiesner, der Helfer des Pfarrers von Heidegg, sie wiederholt besuchte und mit ihr stundenlang im Park spazieren ging. Der Kaplan war früher im Schlosse nur selten zu sehen gewesen, und so oft die Sprache auf ihn kam, flog ein Schatten über das lebensfrohe Gesicht des Pfarrers. Mir machte es den Eindruck, als ob dieser sich vor seinem Kooperator fürchte und als ich ihn zum erstenmal sah, fand ich diese Furcht begreiflich. Der Kaplan war ein Mann, der im dreißigsten Lebensjahr stehen mochte, aber, wenn man von den Haaren absah, greisenhafter erschien als der Pfarrer. Eine lange, hagere Gestalt, eingefallene Wangen, gelbe, lederartige Haut, und tief in den Höhlen liegende, unruhig flackernde Augen — eine Erscheinung, die mich im ersten Augenblick abstieß und die mir noch unsympathischer wurde, als ich ihn sprechen hörte, denn er sprach nie ruhig und stets mit einer groben, mundartlichen Färbung; es war mir immer, als ob je und je eine Flut von Schimpfworten zwischen seinen dicken Lippen hecvorquellen mußte. Merkwürdigerweise hatte er trotz seiner kurzen Amtstätigkeit schon weit größeren Einfluß als der Pfarrer. Während man dem liebenswürdigen Alten, der mir jedem Bauern- ktnde wie mit seinesgleichen sprach, und der alles, was er besaß, den Armen und Bedürftigen gab, ziemlich gleichgültig entgegenkam, zerschmolz man vor dem strengen, immer Blitz und Donner mit sich führenden Kaplan in Ehrfurcht und respektierte ihn wie einen Götzen. Und nun hatte er offenbar auch die Schloßherrin von Heidegg, die sonst von finsteren Gesichtern nichts wissen wollte und sich au den Anekdoten des Pfarrers krank lachte, in seine Gewalt bekommen. Als ich diese Entdeckung machte, schnürte sich mir das Herz zusammen, und eine unbestimmte, rätselhafte Furcht erfüllte mich, und zwar so sehr, daß ich stets zu zittern begann, wenn ich in der Ferne das schwarze Trauerklcid der Tante und die schwarze Soutane des Priesters auftauchen sah, und dies, trotzdem mein Gemüt wieder ruhiger geworden war, trotzdem die traurigen Ereignisse der letzten Zeit mich nur noch berührten wie etwas, das einer im Nebel sich verlierenden Vergangenheit angehört.
(Fortsetzung folgt.)
Gemeinütziges.
— Strohhutlack ist ein vorzügliches Mittel, um gebrauchte Strohhüte für den Garten u. s. w. wieder sehr schön aufzufrischen. Man löst zu diesem Zweck 15 Gramm Schellack in 25 Gramm reinem, starkem Weingeist und fügt dann 25 Gramm Kolophonium, sowie IV- Gramm Lärcbenterpeutin hinzu. Nach einigem Absetzen ist dieser sehr billig herzustellende Lack vollkommen strichfertig. Wünscht man ihm eine Farbe zu geben, so hat man nur nötig, eine Kleinigkeit spiritus- löslicher Anilinfarbe hinzuzusetzen, die, wie die obenerwähnlen Substanzen, in Dro- genhandlnngen erhältlich ist. Man kann ans diese Weise gelbe, hell- und dunkelbraune, schwarze, rrne auch andersfarbige Hüte Herstellen.