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Bringen wir dem Dichter der „Glocke" an > seinem Ehrentage der Glocken Dank dar.
Stuttgart, 14. April. (Pferdemarktlotterie.) Bei der heutigen Ziehung wurden folgende Hauptgewinne gezogen: Es fielen 40000 Mk. auf Nr. 51272. 10000 Mk. auf Nr. 21187. 2000 Mk. auf 22187, 2 Gewinne L 1000 Mk. auf 23113 und 106 616, 6 Gewinne L 500 Mk. auf 71656, 74297, 98440, 63 763, 69 773, 102935, 20 Gewinne L 100 Mk., auf 74980, 47 161, 12 464, 55 165, 28491,j 31415, 31 111, 19642, 34321, 12366,, 81554, 23 275, 49 277, 71066, 1663,
90953, 45452, 686, 73 640, 103 820, (Ohne Gewähr.)
— Der bei der Lagerhausgeseüschaft Stuttgart in Arbeit stehende verheiratete Taglöhner Jos. Rodel war in letzter Woche mit dem Ausladen amerikanischer Viehhänte beschäftigt, die er auf der Achsel wegtrug. Dabei kamen die Häute, die mit Milzbrandbazillen behaftet waren, mit seinem Genick in Berührung, wo ec vorher ein unscheinbares Geschwür hatte, dieFolgewar, daß der bedauernswerte Arbeiter von der mörderischen Krankheit angesteckt wurde und am Samstag im Katharinenhospital starb.
Ulm. 12. April. (Strafkammer.) Am 16. Dez. v. I. setzte sich der Schultheiß Wunsch von Laichingen im Wirtshaus an einen Tisch, an dem auch ein etwas angeheiterter Schmied saß. Dieser nahm bald Veranlassung, dem Schultheißen sein Maß zu widmen und sprach dazu die Worte: „Prosit Herr Schultheiß". Dadurch fühlte sich dieser beleidigt und ließ den Handwerker sofort einsperreu. Eine solche Behandlung ließ sich der Handwerksmann aber nicht gefallen, sondern erstattere Anzeige. Heule stand der Schultheiß wegen Freiheitsberaubung vor der Strafkammer und wurde in Anbetracht seines rücksichtslosen und völlig ungerechtfertigten Vorgehens, wie in der Urteilsbegründung hervorgehoben wurde, zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt.
Ravensburg, 8. April. Der „Beobachter" schreibt: In einer der letzten Sitzungen hatten sich die bürgerlichen Kollegien wieder mit der Schillerfeier zu beschäftigen. Vom evangelischen sowie vom katholischen Schulrat war vorgeschlagen, jedem Kind der Volksschule ein Schiller- buch zu überreichen, in den oberen Klassen eine größere, in den unteren eine kleinere Ausgabe. Dieser Vorschlag fand aber nicht die Billigung der zur Vorbe- ratung der Feier eingesetzten Kommission, angeblich wegen zu großer Kosten. Dage- gen wurde auf Antrag des Rechtsanwalts Grasseli, der der Kommission angehört, beschlossen, den Kindern zur Erinnerung an Schiller je eine Wurst mit Brot zu verabreichen und dieser Beschluß wurde von der Mehrheit der bürgerlichen Kollegien auch gut geheißen! Herr Grasseli motivierte seinen Antrag u. a. auch damit, daß er sagte: wenn man die Kinder fragen würde, was ihnen lieber sei, ein Schillerbuch oder eine Wurst, so würden sie sich zweifellos für letztere entscheiden! Ja, wenn die Kinder auch gefragt würden, ob sie lieber in die Schule gingen oder lieber „Vakanz" hätten, so wären sie wohl ebenso begeistert für die „Vakanz" wie für die Wurst!
— Gegenwärtig treibt sich in Baden und Württemberg ein Schwindler herum. der insbesondere Näherinnen und Damen überredet, auf Modezeitungen aus einem Züricher Verlag oder von der Firma
> „Herzer und Preis" in Konstanz zu abonnieren. Er führt vorgedrnckte Quittungs- bezw. Antragsformulare mit und läßt sich 2,50 Mark vorausbezahlen. Eine solche Firma existiert in Konstanz nicht. Die Betrogenen sehen ihr Geld niemals wieder, natürlich auch keine Modezeitung.
Pforzheim, 9. April. Der Jahres- bericht der Gewerbeschule teilt mit, daß am 1. Mai mit Beginn des neuen Schuljahres die Trennung der bisherigen Schule I in eine Gewerbeschule und eine Golöschmied- schule vor sich gehen wird. Während erstere unter der Leitung des erst am 1. Septbr. berufenen Vorstands, Ingenieur M. Schmid, bleiben wird erhält letztere Hrn. Professor Rudolf Rücklin, deu Sohn des früheren Gewerdeschulrektors zum Vorstand. Die Schule war im abgelaufenen Schuljahr von 1624 Schülern, davon 588 in der Handwerk.rableilung, 611 in der Gold- schmiede-Abteilung und 425 Zeichenschülern und Gästen besucht. Das stärkste Kontingent stellten die Gold- und Silberarbeiter mit 358, die Graveure und Fässer mit 220, die Mechaniker und Maschinenschlosser mit 206, Tüncher und Maler mit 40, Maurer mit 36, Bau- und Kunstschlosser mit 35 und Schreiner mit 31 Schülern. Dazu kamen noch 382 Gold« und Silberarbeiter als Gäste, die nur das Zeichnen und Modellieren besuchten. — Die Volksschule war im abgelaufenen Schuljahr in Alt- Pforzheim von 5140, in Brötzingen von 1066 Kindern besucht.
München, 12. April. Das Kollosseum wurde heute der Zwangsversteigerung unterworfen; den Zuschlag erhielt das Angebot von 836,000 Mk. der Spaten-Brauerei.
— lieber die Lage im Hereroland geht der Tägl. Rdsch. aus Swakopmund ein Bericht zu, aus dem zu ersehen ist, daß der Kleinkrieg noch auf lange hinaus Soldaten und Ansiedler in Atem erhalten wird. Der Bericht lautet: „Der Buschkrieg steht bei uns jetzt in vollster Blüte; kleine Herero- und Hottentottenbanden streifen im ganzen Land umher, stehlen Vieh, überfallen schwächere Posten und marschierende Abteilungen und sind meist mitsamt der Beute verschwunden, wenn man unsererseits die Verfolgung aufnimmt; gelingt es auch ab und zu unseren Abteilungen, ein paar der Räuber niederzuschießen und ihnen ein paar Stücke des Raubs wieder abzujagen, so ist es bei aller Tapferkeit und Unermüdlichkeit unserer Truppen doch bisher nicht möglich gewesen, einen nur einigermaßen sicheren Zustand im Hereroland zu schaffen. Kaum wagt es ein Farmer, vertrauend auf den Umstand, daß ein paar Wochen in die Umgebung seiner — meist mit kleinen Schutzwachen besetzten — Farm kein Herero gekommen ist, seine kleine Herde nur ein paar 100 Meter vom Haus entfernt weiden zu lassen, so kann er sicher darauf reckmen, daß plötzlül, wie aus der Erde gezaubert, eine Horde schwarzer Banditen unter heftigem Gewehrfeuer den Wächter verjagt und das Vieh forttreibt. Und das geschieht vor den Toren großer, starkbesetzter Plätze, wie Windhuk, Okahandja, am Hellen Tag. „Die Berge um Windhuk herum sitzen voll Hereros," sagte mir kürzlich erst ein von ihnen beraubter Farmer, „sie sind von unseren Soldaten einfach nicht zu fassen, dazu gehört mehr als alle Tapferkeit und Schießfertigkeit, dazu gehört die Gabe der Eingeborenen, sich wie ein Raubtier an das auserkorene Opfer heranschleichen und es blitzartig überrumpeln zu können." Der Mann hat recht, das scharfe Auge und
Gehör unserer schwarzen Gegner hat de Verfolger längst wahcgenommen, ehe es diesem gelingt, den Räubern auf Schußnähe anzukommeu; noch hell lodernde Feuer, Teile des soeben geschlachteten Viehs und vielleicht ein paar alte Weiber und Kinder sind alles, was gefunden wird; die entwischte Bande schreibt sich obenein noch einen neuen Sieg aufs Kerbholz, die Deutschen haben uns nichts lua können.
— Im Hauptbahnhofe Zürich wurde dieser Tage ein löjähriger Knabe angehalten, der sich ein Billet nach Genua lösen wollte. Er gab zu, seinem Vater in Weinsderg (Württemberg) fortgelaufen zu sein, um in Genua auf einem Schiffe Stelle zu suchen. Um nicht ohne Mittel zu sein, entwendete er daheim vor seiner Abreise aus einem Sekretär 90 Mk.
— Die Trennung der Kirche vom Staat wurde von der fianzösifchen Abgeordnetenkammer mit 422 gegen 45 Ztimmen grundsätzlich beschlossen.
- Eine förmliche Ueberflutung Europas durch amerikanische Touristen steht nach den bisherigen Platzbestellungen bei den großen Dampferlinien bevor; die Dampfer werden durchschnittlich 2000 Kajütenpassa- giere nach Europa bringen.
Amsterdam, 13. April. Das „Handelsblatt" bringt heute folgendes Telegramm aus Batavia: Die Nachricht von einem Kampf bei den Anamba-Jnseln ist nicht bestätigt worden.
— In St. Petersburg herrscht, obwohl man sich die gefährliche Lage Roschdjestwenskys nicht verhehlt, infolge des unerwarteten Vordringens der Flotte in die chinesischen Gewässer große Begeisterung. Zur Stimmung in Japen meldet man dem Daily Telegraph aus Tokio, 12. April: „Die Japaner sind begierig darauf, der russischen Flotte eine entscheidende Schlacht zu liefern. Wenn es an der Zeit ist, wird man Admiral Togo nicht weit von Formosa oder den Pescadores- Jnseln finden.
Newyork, 27. März. In Brooklyn starb dieser Tage Jonathan Reed, ein ehemaliger Kaufmann, der, als „Eremit vom immergrünen Friedhofe" ein bekannter Mann, seit acht Jahren im Grabgewölbe seiner verstorbenen Frau lebte. Reed war von dem Wahne befangen, er werde seine Frau durch Wärmevorrichtungen wiedererwecken. Das Mausoleum war mit allen erdenklichen Beheizungsvocrichtungen ausgestattet. Reed wurde nun dieser Tage in dem geräumigen, wohnlich eingerichteten Grabgewölbe auf den Marmorfliesen tot aufgesundeu. Ein Gehirnschlag hat ihn hinweggerafft.
Washington, 9. April. Präsident Roosevelt hat den längsten Sommerauf- enthair angetreten, seitdem er Präsident ist. Seine Ferien wird er sehr eigenartig zubringen. Zwei Monate lang wird er sich hauptsächlich unter freiem Himmel in der Wildnis aufhalten. Sein Sekretär wird an Bord eines Sonderzuges bleiben, der irgendwo bei Colorado auf einem Nebengeleise steht. In einen Waggon hinein führt eine Telegraphenlinie, und nur der Sekretär, Loeb, wird den Aufenthalt des Präsidenten kennen. Er wird Anweisungen erhalten, ihn nicht aufzusuchen, außer wenn Geschäfte von äußerster Dringlichkeit es erfordern. Sobald der Präsident den Zug verläßt, wird er auf dem Erdboden ohne ein Zeltdach schlafen, er wird bloß von Schweinefleisch, Bror, Butter und Kaffee, sowie dem erlegten Wilde leben.