Amtsblatt Anzeiger

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Uro. SS.

Rundschau.

Seine Majestät der König hat den Regierungsassessor Hornung bei der Regierung des Neckarkreises, z. Zt. Kcl- legialhilfsarbeiter bei der Ministerialab- teilung für das Hochbauwesen, zum Oberamtmann von Neuenbürg ernannt.

Die neuen Eisenbahnpaketadressen sind nunmehr ausgegeben und in Gebrauch genommen worden. Aus starkem Papier gefertigt, zeigen sie am oberen und am unteren Rand ein ziemlich breites rotes Band. In der Mitte ist Platz für die Adresse und für Wertangaben, links be­findet sich der Abschnitt zur Nennung des Namens rc. des Absenders und zu even> tuellen Mitteilungen auf der Kehrseite, rechts eine Rubrik zur Angabe des Leit­ungswegs, ferner ein Raum für Gewichts- angaben und für Marken und Stempel rc. Die Rückseite enthält unter anderem die Bestimmungen des Tarifs und einen Raum für die Empfangsbestätigung. Die Marken sind etwas kleiner als die Post- Wertzeichen und unterscheiden sich von diesen der Form nach auch dadurch, daß sie mehr breit als hoch sind. Sie tragen oben die AufschriftWürttemberg", un­tenStaatsbahnen", rechts und links Pfennig". In der Mitte befinden sich auf einer ovalen in ein Rechteck einge­schlossenen punktierten Fläche die durch dunklere Farbe und großen Druck deut­lich sichtbaren Wertzahlen. In Len Ecken des erwähnten Rechtecks sind geflügelte Räder angebracht, rechts und links von den Aufschriften abwechslungsweise je drei Löwen und drei Hirschhörner. Die 20 Psg.-Marken sind blau, die 5 Pfg.-Mar- ken blaßrot.

Calw. Eine unliebsame Erscheinung findet man gegenwärtig an den Obstbäu­men. In großer Zahl treten die Raupen auf und fressen die Bäume halb kahl. Besonders werden die Zwetschgenbäume von den Schädlingen befallen, die Ge- spinnste umfassen ganze Zweige und eine Menge Raupen nagen an den Blättern. Die Folgen dieser Plage sind deutlich sichtbar, die angesetzten Früchte welken und fallen ab. Es ist sicher, daß durch die Raupen der Ertrag vieler Bäume sehr geschmälert wird. Aber nicht blos am Steinobst nagen diese Tiere, auch am Kern­obst beginnen sie ihre Zerstörung. Man trifft Apfelbäume, die ganz zerfressene Blätter haben und demnach wenig Obst liefern werden. Die Hoffnung ans ein gutes Obstjahr ist zwar immer noch vor­handen, aber manche Bäume werden den gewünschten und erwarteten Ertrag nicht geben. Es zeigt sich auch dieses Jahr wieder ein bedeutender Unterschied in den Sorten. Die spät blühenden Bäume ha-

Montag, Herr 6. Juni 1904.

ben viel mehr Früchte angesetzt als die früh blühenden, mit Ausnahme der Gold, parmänen, die Heuer überreich mit Früch­ten dastehen. Eine sehr reiche Ernte versprechen die Heidelbeeren. Im letzten Jahr ist diese Frucht rar gewesen, um so reichlicher wird der heurige Ertrag sein. Die Beeren werden vielen fleißigen Händen eine gute Einnahme verschaffen.

Tübingen, 2. Jun i. Als Geschwo­rene für die Sitzungen des 2. Quartals wurden u. a. aufgestellt: Zipperlen, Gast­wirt in Enzklösterle, Hartmann, Ge­meindepfleger in Unterlengenhardt, Kär- cher, Sägwerkbesitzer in Hirsau, Beck sen. Rotgerber in Altensteig, Kalmbach, Bauer in Altensteigdorf, Ramm, Oberförster in Calmbach, Holzer, Verwalter ans Säg­werk Rothenbach, Rau, Mechaniker in Wildberg, Hanselmann, Bauer in Neu­bulach.

Ulm, 1. Juni. Das Schöffengericht hat den früheren Redakteur derUlmer Zeitung", Schönfelder, wegen Beleidigung des früheren Obersten im Feldartillerie­regiment Nr. 13 Hüger zu 20 Mark Geldstrafe verurteilt. Schönfelder hatte Hüger, der eine militärische Broschüre herausgegeben hatte, unter anderem einen Ulmer Bilse" genannt. Das Gerichts ging in seiner Urteilsbegründung davon aus, daß Bilse als der Typus eines Mannes aufzufassen sei, der die in mili­tärischen Kreisen herrschende Abgeschlos­senheit und Vertraulichkeit geflissentlich mißbraucht habe, um die Skandalsucht zu befriedigen.

Ottenbach, 31. Mai. Ein bezeich­nender Zug aus dem Leben der Vögel, durch den die große Elternliebe der so viel verschrieenen Raben in ein Helles Licht gerückt wird, wurde dieser Tage hier beobachtet. Ein Landwirt ließ eine Tanne fällen, auf welcher sich ein Raben­nest mit Jungen befand. Der alte Rabe blieb, als die Tanne ins Wanken kam, ruhig in seinem Nest sitzen und breitete seine Flügel über seinen Nachwuchs aus, um diesen vor der drohenden Gefahr zu schützen. Die Tanne fiel und erschlug die Rabenbrut und den alten Raben.

Schwenningen, 30. Mai. Der bekannte Hölzlekönig, der größte Baum Deutschlands, der von vielen Fremden besichtigt wird, zeigt neuerdings Spuren der Hinfälligkeit. Nachdem ihm ein heftiger Sturm die Spitze abgerissen, ist der Baum noch 33 Meter hoch und hat in Brusthöhe einen Umfang von rund 6 Meter, also einen Durchmesser von 1,92 Meter. Das Alter des Baumes wird auf 360 Jahre geschätzt. Bis in die letzten Jahre hinein war er noch gesund ^ und trieb gut aus Obwohl die Gipfel-

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stumpfe mit Blechkappen geschützt sind, wird der Riesenbaum allem Anschein nach nun doch langsam absterben.

Pforzheim, 2. Juni. Die 3. Ver- bandsversammlung des Bundes deutscher Friseur- und Perrückenmacher-Jnnungen (süddeutscher Bezirksverband) findet am 5., 6. und 7. Juni hier statt.

Schweighausen (Schutterthal), 1. Juni. Bei einer fast unerträglichen Hitze und Schwüle zog gestern abend am Himmel ein Gewitter heraus. Alsbald brach ein furchtbarer Hagelschlag los, der sich kaum schildern läßt. Eisstücke in allen Formen, von Haselnußgröße bis zu der einer welschen Nuß fielen dicht und mit großer Wucht eine volle Viertelstunde hernieder, zertrümmerten die Fensterschei­ben gegen Westen und zum teil noch gegen Süden. 34 Stunden nachher waren Wiesen und Felder noch vollstän­dig weiß. Selbst heute mittag lagen Eisstücke hausenweise beisammen. Zu dem unheimlichen Hagelschlag gesellte sich noch ein wolkenbruchartiger Regen. In kürzester Frist glich die kleine Schütter einem reißenden Strom. Das Wasser richtete an den Ufern mancherlei Schaden >an und riß mehrere Stege fort. 3 tote Schweine schwammen den Bach hinunter. Der Schaden dürfte gegen 200000 Mk. betragen. Einen traurigen Anblick ge­währte heute unsere Gegend. In der ganzen Gemarkung ist auf keine Ernte zu rechnen.

Ueber einen höchst eigenartigen und wohl nur selten vorkommenden Kirch­hofstreit, bei dem die Konfession keine Rolle spielt und gar nicht einmal in Be­tracht kommt, berichtet dieKöln. Ztg." vom oberen Schwarzwald. St. Georgen ist das höchstgelegene Städtchen des badi­schen Schwarzwalds und durch seine überaus fleißigen, soliden Uhrmacher, die teils in Heimarbeit, teils in Fabrikindu­strie tätig sind, bekannt. Bei der langen oft siebenmonatigen Dauer des Winters ist cs meistens erst Ende April »der Mai möglich, die Gräber auf dem Friedhof in Ordnung zu bringen. Da m den letzten Monaten seit Eintritt des Schnees meh­rere Beerdigungen stattgefnnden hatten, ist nun ein Streit entstanden, wem das eine und andere Grab gehörte. Die Oeffnung einzelner Gräber führte zu kei­nem Ergebnis, da eben fast alle Särge von Holz sind und aus der Größe oder Beschaffenheit des Sarges kein sicherer Schluß auf den Inhaber des Sarges möglich war. So bleibt zur Schlichtung des Kirchhofstreits nichts übrig, als die Erlaubnis der Behörde zur Oeffnung der Särge einzuholen.