Beilage z.

ildbader Chronik

L^rv. 13. Arertag, öen 29. Januar? 1904 40. IaHvgang.

Plauderei über Chiromantie j

oder das Wahrsage« aus deu Zeichen und Linie» der Hand.

(Nachdruck verboten.)

Die Chiromantie oder die Kunst, das Schicksal eines Menschen aus den Linien der Hand zu erraten, ist so alt als die Welt. Sie stützt sich auf den Grundsatz, daß die von der Gottheit in die Hand gezeichneten, bei jedem Menschen ver­schiedenen Züge und Linien den Charak­ter ausdrücken und die Andeutung seiner künftigen Schicksale enthalten. Im Mit­telalter erhielt die Chiromantie ihre Ausbildung und war lange Zeit hoch angesehen, bis sie allmählich zu einer Spielerei herabsank. Noch zu Anfang des 18. Jahrhunderts wurden auf deut­schen Universitäten chiromantische Vorles­ungen gehalten. In neuester Zeit hat man namentlich in England der Chiro­mantie wiederum besondere Aufmerksam­keit geschenkt und dieselbe praktisch in der Art angewendet, daß von Verbrechern nicht allein das Gesicht, sondern auch die Hand photographiert wird.

Fast die ganze Kenntnis der Hand beruht auf den drei großen Hauptlinien, die man auf den ersten Blick auf der inneren Handfläche entdeckt und die, ausgehend aus der Nähe der Wurzel des Zeige­fingers, die Hand in der Form eines großen lateinischen N durchziehen.

Die erste dieser Linien, die den Fingern nächste, heißt die Herzlinie, die zweite, die mittlere führt den Namen Kopflinie und endlich die dritte, welche die Wurzel des Daumens umgibt, wird Lebenslinie genannt. Diese drei Haupt­linien stellen also die Dreiheit des mensch­lichen Daseins dar: Das Herz oder das Gefühl, den Kopf oder den Verstand, das Leben oder das Handeln.

Außer diesen drei großen Linien fin­den sich noch drei wichtige Linien; es sind die saturnische Linie, die Leberlinie und die Linie der Sonne. In der Chiro­mantie ist die Handfläche in verschiedene Teile eingeteilt, so daß man genau be­zeichnen kann, wo sich die Linien und die Zeichen befinden, von denen man spricht. So heißt man die kleinen Erhöhungen (Ballen), welche unterhalb emes jeden Fingers sind,Berge". Der Berg des Jupiter ist derjenige unter dem Zeig­finger; der Berg des Saturn befindet! sich unter dem Mittelfinger, der Berg" des Apollo unter dem Ringfinger, der Berg deS Merkur unter dem Kleinfinger; der Berg des Mars ist der fleischige Teil der Hand, der nach dem Berg des Merkur folgt; der Berg des Mondes folgt auf den vorhergehenden und zieht sich gegen die Handwurzel herab; der Berg der Venus ist von der Daumen­wurzel gebildet und von der Lebenslinie umgrenzt. Als Ebene des Mars endlich bezeichnet man die Höhlung der Hand. Die Berge und die Linien sind die hauptsächlichsten Zeichen für das Wahr­sagen aus der Hand.

Ll. Oosburollss, der große Meister in dieser Kunst, lehrt uns, daß jeder dieser Berge von dem Planeten, dem er

«geweiht ist, einen günstigen oder unheil­vollen Einfluß erhält, je nachdem seine Entwicklung mehr oder weniger vollkom­men ist.

Der Berg des Jupiter (unter dem Zeigfinger) bezeichnet die Heiterkeit, einen weisen Ehrgeiz, Sinn für Reli­gion, Liebe zur Natur, Familiensinn, all das im Uebermaß, wenn er sehr stark entwickelt ist, oder mangelhaft im entge. gengesetzten Fall.

Der Berg des Saturn bezeichnet ebenso Klugheit, Vorsichtigkeit, Weisheit, glücklichen Erfolg, äußeres Glück über­haupt.

Der Berg des Ap ol lo läßt schlie­ßen auf Sinn für Kunst und Wissenschaf­ten, auf Liebe für alles Schöne, auf Prunkliebe, Geldliebe, Ruhmsucht, Ehr­sucht; ferner auf Intelligenz, Geist und Wohlwollen.

Der Berg des Merkur: Sinn für Wissenschaften, kaufmännische Fähig­keit, industrielles Geschick, erfinderischer Sinn, rasche Auffassungsgabe, rasches Handeln und Denken, Arbeitsliebe, Kam­pfeslust, auf das Praktische gerichteter Sinn, Geschäftsgewandtheit, Beredsamkeit.

Der Berg des Mars: Mut, Ent­schlossenheit, Aufopferung, Stolz, Würde, Ruhm, Kaltblütigkeit, Resignation, Selbst­beherrschung, Widerspruchsgeist, Sinn für Wahrheit, Recht und Gerechtigkeit.

Der Berg des Mondes: Mysti­zismus, Träumerei, Phantasie, Zärtlich­keit, Keuschheit, Melancholie, Mitleid, Milde, Nächstenliebe.

Der Berg der Venus: Anmut, Liebe für ein schönes Aeußeres, Bedürf­nis zu lieben, Gefallsucht, Zuneigung, Smnenliebe, großes Wohlwollen, Gabe, zu entzücken, Gewandtheit in Leibesüb­ungen, gefällige Manieren.

Ist einBerg" mehr entwickelt als die andern, so treten gleichsam alle übri­gen ihre Eigenschaften zu gunsten dieses einzigen Berges ab, dessen Untertanen sie in gewisser Beziehung werden. Wenn beispielsweise der Berg des Jupiter, der Sitz des Ehrgeizes, viel hervortretender ist als die anderen, wird diese Eigen- schaft als maßloser Ehrgeiz, Hochmut u.s.w. sich zeigen.

Es möge nun die Erklärung der Mutterlinieu folgen, von denen wir oben schon ein kurzes Wort gesagt haben.

-Die Herzlinie, wenn sie recht deutlich und in ihrer ganzen Länge recht rot ist, bezeichnet ein gutes Herz, starke und glückliche Liebe. Je nach der größe­ren oder geringeren Länge ist auf Stärke oder Schwäche der Neigung zu schließen. Wenn sie oben fehlt und erst in der Höhe des Bergs des Saturn beginnt, wird man mehr sinnlich als von Herzen lieben. Geht die Linie vom Jupiterberg und reicht nur bis zum Merkur, so wird man nur mit dem Herzen lieben, der obere Teil der Liebe bezeichnet die ideale Liebe, der untere das Gegenteil. Diese Linie, des öftern unterbrochen, beweist Unbeständigkeit in der Freundschaft, Ge­ringschätzung. Eine Unterbrechung ist immer ein Zeichen von Schwäche. Hat die Heczlinie die Form einer Kette, so beweist das Wankelmut. Wenn sie leb­

haft rot gefärbt ist, so ist dies ein Be­weis von heftiger Liebe; blaß und breit bezeichnet sie Ausschweifung. Bereinigt sie sich zwischen dem Daumen und Zeig­finger mit der Kopf- und Lebenslinie, so ist dies ein unheilvolles Vorzeichen von einem gewaltsamen Tod. Befindet sie sich auf beiden Händen in ihrer gan­zen Ausdehnung, so bedeutet dies Ver­anlagung zu Verbrechen. Wenn sie von andern als den Hauptlinien durchschnitten wird, so deutet dies auf Enttäuschung und Unglück in der Liebe hin.

(Schluß folgt.)

Vermischtes.

(Eine Warnung an Auswan­derer.) Irgendwo in Europa gibt es eine Druckerei, in welcher amerikanische Bürgerpapiere hergestelll werden; ferner werden in Agram (Kroatien) falsche amer­ikanische Pässe gedruckt, und diese Doku­mente werden an Auswanderer verkauft. Die Bürgerscheine und Pässe sind sicher in Berlin, Wien und Paris erhältlich, wahrscheinlich auch in anderen großen Städten des Festlandes. Es gibt unter den Auswanderern manche Unwissende, d'ie wirklich glauben, daß man sich das Bürgerrecht auf solche Weise erkaufen kann; demgegenüber muß festgestellt wer­den, daß ein Einwanderer in Amerika mindestens fünf Jahre leben muß, ehe er das Bürgerrecht erlangen kann, und daß niemand für ihn diesen Termin ver­kürzen kann. Wer danach sein Geld für falsche Papiere ausgiebt, ist wissentlich ein Schwindler und darf sich nicht über die Folgen beklagen, die ihn darob tref­fen. Die amerikanischen Behörden haben neuerdings ein sehr wachsames Auge auf solche falschen Papiere und schicken jeden Inhaber derselben unweigerlich sofort nach Europa zurück. Bei dieser Gelegenheit sei auch auf die deutschen Auswanderermis­sionen hingewiesen, die in den wichtigsten Ausfuhr- und Einfuhrhäfen, wie in Ham­burg, Bremen, Nerv-Jork und Baltimore ihre Stationen haben und jedem Aus­wanderer mit Rat und Tat zur Seite stehen. Auch brieflich kann man sich an sie wenden.

Die Rückwanderung aus Nord­amerika nach Europa kommt seit einiger Zeit der Auswanderung dorthin ziemlich gleich. Fast jeder aus New-Iork oder Baltimore in Bremerhafen eintreffende Lloyddampfer hat das Zwischendeck voller Passagiere. So landete wieder der von New-Jork kommende Dampfer Neckar 1100 Zwischendecker. Auch von der Lin e Genua-Neapel-New-Iork des Norddeut­schen Lloyd ist dasselbe zu melden. Der Lloyddamfer Prinzeß Irene hat vor kur­zem in Genua 2000 italienische Rück- wunderer gebracht. Die Heimkehrenden berichten übereinstimmend von schlechten Arbeitsverhältnissen in den Vereinigten Staaten.

Der Simplontunnel ist, nach der Voss. Ztg.," nun bis auf eine Strecke von 1833 Meter durchschlagen; auf der Südseite ist die Bohrung 7752, auf der Nordseite 1014» Meter vorgerückt. Auf der Nordseite, wo sich die Bohrung jetzt im Gegengefäll vollzieht, ist man Ende