Amtsblatt Anzeiger

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Samstag, ösn 2. Januar 1904

40. Jahrgang

Rundschau.

Stuttgart, 29. Dez. Gegenwärtig sind gefälschte Zweimarkmarken im Um­lauf Als wesentlichste Merkmale der Fälschung sind bis jetzt festgestellt: Die Farben auf den Falschstücken sind dunk­ler gehalten; die Inschrift auf dem flat­ternden Band ist in gothischen Buchstaben hergestellt, ebenso wie die InschriftDeut­sches Reich"; daS Gebirge im Hintergrund tritt infolge der dnnkleren Farben viel deutlicher hervor; das Markenbild der Falschstücke ist ein wenig höher als das­jenige echter Marken. Vorsicht ist des­halb bei der Annahme solcher Marken an Zahlungsstatt geboten.

DemSchw. Merk." zufolge übergab Frau Geh. Kommerzienrat Benger znr Erinnerung an ihren verstorbenen Gemahl den Arbeitern ihrer Firma eine Stiftung von 25000 Mark.

Heilbronn, 26. Dez. Zum Rück- tritt des Herrn Oberbürgermeisters He- gelmaier wird demSüdd. Corr. B." geschrieben:Es ist ein eigenes Ver­hängnis: die Demokratie hat zum Aus­gangspunkt des Kampfes gegen die Le- benslänglichkeit der Ortsvorsteher fortge­setzt die Verhältnisse in Heilbronn genommen. Als Urbild eines lebensläng­lichen Selbstherrschers und Despoten wurde von ihr systematisch der dortige Stadtvorstand dargestellt, dessen Lebens« länglichkeit mit allen Mitteln beseitigt werden müsse. Oberbürgermeister Hegel­maier tritt jetzt vom Schauplatz ab, aber die Lebenslänglichkeit ist für Heilbronn trotzdem geblieben, und es wird sich die Neuwahl des Nachfolgers noch unter der Geltung des bisherigen Gesetzes vollziehen. Das Versprechen eines Bewerbers, sich nach eiuem bestimmten Zeitraum einer Wiederwahl zu unterwerfen, wäre recht­lich ungiltig, weil gegen das bestehende öffentliche Recht verstoßend, und es könnte somit eine Bestätigung durch die K. Regierung niemals erfolgen, »m so weniger, wenn der mit Hilfe eines unge­setzlichen Versprechens Gewählte mittels dieses unlanteren Wettbewerbs den Sieg über einer Mitbewerber errungen haben würde, der sich auf den gesetzlichen Boden des bestehenden Rechtes gestellt hätte. Die Frage der Nachfolge wird sich außer­ordentlich schwierig gestalten, da die hiesige Demokratie von jedem ihr ange­nehmen Bewerber die offene oder geheime Zusicherung verlangen wird, die Wahl als keine lebenslängliche anzusehen, wäh­rend ein anständiger Mann ein solches Versprechen nicht geben kann und darf. Unter unseren Demokraten herrscht über den Rücktritt des Oberbürgermeisters die unbändigste und rückhaltloseste Freude.

Sie halten nunmehr den Zeitpunkt für gekommen, um unter der Führung der Herren Rosengart und Betz ihre Partei­herrschaft auf dem Rathaus zu etablieren, was ihnen unter dem bisherigen Stadt­vorstand, der in der Gemeindeverwaltung durchaus über den Parteien stand, ein Ding der Unmöglichkeit war. Weil er die Demokraten nicht, wie diese es wollten, aufkommen ließ, war er in ihren Augen allerdings ein Gewaltmensch und Tyrann. Eine bestimmte Tatsache, daß er jemals über seine gesetzlichen Befugnisse hinaus- gegangen wäre, konnte dagegen nie geltend gemacht werden. Das Ergebnis der letzten Kemeinderatswahl war auf den Beschluß des Oberbürgermeisters, sich in das Privatleben zurückzuziehen, ohne jeden Einfluß; er hatte auch ohne An­stand mit einer sozialdemokratischen Mehr­heit regiert, vielleicht besser als mit einer demokratischen. Abgesehen von seinem derzeitigen Gesundheitszustand, der übri­gens eine völlige Wiederherstellung in Kurze hoffen läßt, veranlaßte ihn gan besonders auch zu seinem Rücktritt das Verhalten des Gemeinderats bei der Feier seiner silbernen Hochzeit im Sommer dieses Jahres. Das genannte Kollegium faßte damals in Abwesenheit des Ober­bürgermeisters den protokollarischen Be­schluß, von Seiten der Stadtgemeinde der Familie einen Glückwunsch zu dieser Feier nicht abzustatten und ließ, um das Maß der Beleidigung voll zu machen, diesen Beschluß der Familie noch beson­ders zustellen. Wer die Anschauungen derselben über öffentlichen Anstand kannte, konnte nicht darüber im Zweifel sein, daß ihr Bleiben in Heilbronn nur noch von kurzer Dauer sein werde. Oberbürger­meister Hegelmaier wird zunächst ein Sanatorium aufsuchen und sodann, wenn seine Gesundheit wieder gekräftigt sein wird, bleibenden Aufenthalt in Stuttgart nehmen, wohin seine Familie indessen übersiedelt sein wird; er kehrt also nicht mehr nach Heilbronn zurück. Infolge der Neubesetzung der Stelle des hiesigen Stadtvorstands wird auch für die Stadt­kasse neben der zu gewährenden Pension ein erheblicher Mehraufwand entstehen, der insgesamt auf 1215000 Mk. an- zuschlagen sein wird, denn es wird nach dem Vorgang von Ulm unerläßlich sein, daß dem neuen Stadtvorstand ein aka­demisch, womöglich juristisch gebildeter Hilfsbeamter, sowie ein weiterer Beam­ter für die Besorgung des Gemeinde- u. Gewerbegerichts an die Seite gegeben wird. Der Antrag des seitherigen Ober­bürgermeisters auf Anstellung eines be­soldeten Gemeinderats gab der hiesigen demokratischen Presse Anlaß zu persön­

liche» Angriffen, sodaß Hegelmaier nicht mehr auf den Antrag zurückkam und dessen Erledigung seinem Nachfolger überläßt.

Tübingen. (Schwurgericht.) Am 29. Dez. wurde die Strafsache gegen Bauer Ludwig Müller aus Simmozheim wegen Meineids verhandelt. Derselbe hat in einer vor dem Schöffengericht Calw verhandelten und wen g belang­vollen Strafsache wegen Bedrohung der Wahrheit zuwider beschworen, daß er nicht mit Steinen nach seinem Gegner und dessen Frau geworfen habe. Die Geschworenen, mit Fabrikant Wur­ster aus Oberboihingen als Obmann, bejahten die Schuldfrage, worauf Müller neben den gesetzlichen Nebensirafen zu 9 Monaten Gefängnis verurteilt wurde.

Letzte Woche wurde in Tü­bingen ein Fischereikucs ab­gehalten, an dem über 80 Personen aus allen Kreisen der Bevölkerung, Herren, und Berufsfischer, teilnahmen. Der Vorstand des Württ. Landesfischerei­vereins, Excel!, von Plato, begrüßte die zahlreich Erschienenen und wünschte guten Verlauf. Von ersten Autoritäten im Gebiet der Fischzucht wurden die neuesten Forschungen oorgeführt und war den Teilnehmern auch Gelegenheit geboten, sich durch Fragen über manche ungewisse Punkte auftläre» zu lassen. Hr. Professor Dr. Hofer aus München, der selbst eine große Fischzuchtanstalt (mit über 100 Weihern) leitet, hielt Vorträge mit prak­tischen Demonstrationen über natürliche und künstliche Fütterung der Edelfische, Fischkrankheiten, die in der Hauptsache aus unregelmäßige Fütterung zurückzu < führen sind, ferner auf natürliche und künstliche Fortpflanzung der Salmoniden, über Laichfische und ihre Behandlung Brutanlagen, Pflege und Transport von Eiern und Brnt, Aussetzen von Jungbrut und Aufzucht von Jährlingen, endlich über Krebszucht. Hr. Prof. Blochmann aus Tübingen referierte über die Natur­geschichte der Salmoniden und die Ent­wicklung des Aals. Hr. Pros. Heße hielt einen Vortrag über die Atmung der Fische und über eine einfache Methode zur Bestimmung des Sauerstoffgehaltes des Wassers. Die Vorlesungen im Hör­saale des zoologischen Instituts dauerten an 2 Tagen vormittags und nachmittags je 3 Stunden. In den Pausen war den Besuchern des Kurses Gelegenheit gegeben, die interessanten und reichen Sammlung­en des zoologischen Instituts unter sach­kundiger Führung zu besichtigen. Auch wurde das Legen von 3 verschiedenen Otterfallen vorgeführt. Einen schönen Abschluß fand die Veranstaltung am