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aus der Armee gemacht. Bebel suchte er zu veranlassen, seine Entlassung, mit der ihm nach seiner Ansicht Unrecht ge­schehen war, im Reichstag zur Sprache zu bringen. Bebel is^ daraufhin wohl mit Kollmann in Verbindung getreten, hat aber dann nichts mehr in der An­gelegenheit getan. Kollmann wollte des­wegen auch sein Testament wieder um­stoßen, ist aber nicht mehr dazu gekom­men. Mit der Vertretung Bebels ist ein hiesiger Rechtsanwalt betraut.

Gmünd, 12. Juli. Hier hat sich nach dem Vorgänge in Stuttgart und Eßlingen ein Spar-Rabatt-Lecein, E. V für Gmünd und Umgebung gebildet. Derselbe zählt über 100 Geschäftsleute aus allen Branchen, darunter 13 Metzger, als Lieferanten, welche den Mitgliedern 5 Prozent gewähren, und wird am 15. d. M. seine Tätigkeit eröffnen. Auch in Ulm ist ein Rabattverein, in der Bildung begriffen, gleichwie solche in zahlreichen mittel- und norddeutschen Siädten in letzter Zeit entstanden oder im Entstehen sind.

Balingen, 11. Juli. Heute nacht um i/'r3 Uhr brach in dem Arbeitssaal der mechanischen Trikotagenfabrik M. Stotz u. Cie. hier Feuer aus, welches das ganze Gebäude samt den darin be­findlichen 60 Maschinen total in Asche legte und vernichtete. Ueber die genannte Firma ist der Konkurs verhängt und war seit einigen Wochen der Geschäfts­betrieb eingestellt.

Die Beteiligung am deutschen Turnerfest in Nürnberg wird in turnerischer Hinsicht die der früheren deutschen Turnfeste noch übertreffen. Es nehmen teil am Sechskampf 1600, am Dreikampf 1100 und am Ringen 200 Turner: außerdem werden Muster- und Wettspiele in großer Anzahl zur Vor-' führurg gelangen und damit der Beweis dafür geliefert werden, daß seitens unse-! rer Vereine auch dieser Seite des Turnens ! diejenige Aufmerksamkeit geschenkt wird,! die sie um ihrer Bedeutung willen mit! Recht verdient. Für jeden Turner und jeden Freund körperlicher Hebungen wer­den die geplante» Vorführungen des I teressanten und Lehrreichen genug bieten. Es hat deshalb auch die Kreis­leitung des schwäbischen Turnkreises dessen Angehörigen die Beteiligung am Feste aufs Angelegentlichste empfohlen; der Erfolg war ein über Erwarten guter. Vom XI. (schwäb.) Kreis beteiligen sich in aktiver Weise von 85 Vereinen an den allgem. Stabübungen 574, an der Kreisvorführung 529, am Sechskampf 12S, am Dreikampf 107, am Ringen 12 Turner, an den Spielen 5 Riegen und am Musterriegenturnen 21 Riegen mit 377 Turner».

Köln, 13. Juli. Ueber das Unwetter, welches gestern nachmittag die Gegenden beim Siebengebirge heimgesucht hat, wird gemeldet: Ein furchtbarer Hagel ver­nichtete die gesamte Ernte und richtete unberechenbaren Schaden in denjWeinber- gen an. Oberhalb Gadesberg wurde eine Gesellschaft aus freiem Felde vom Un­wetter überrascht. Der Blitz schlug in einen Wagen mit Ausflüglern ein. Zwei Personen wurden gelähmt, die übrigen kamen mit Brandwunden davon. Eine vom Drachenfels kommende Reisegesell­schaft suchte im Waldesdickicht Schutz vor dem Unwetter, als ein Blitzstrahl hernie­derfuhr und den Kutscher tötete. Auch

weiter am Niederrhein, in Krefeld, und Umgebung sowie an der Lahn richtete das Unwetter mehrfach Verheerungen an.

Neiße, 13. Juli. Aus den Kreisen Neiße und Neustadt werden furchtbare Hochwasserschäden gemeldet. In Arnolds­dorf ist die Kirche eingestürzt, der Kirch­hof verwüstet, die Leichen sind fortge­schwemmt. 50 Pioniere sind von hier zur Hilfeleistung dorthin abgegaugen. In Langenbrück find 32 Häuser zerstört, 30 drohen noch einzustürzen. In Wiese sind 19 Häuser zerstört. In Ziegenhaus sind 7 Häuser zerstört. Das Forsthaus im Bielauer Park ist fortgeschwemmt, die Bewohner würden noch kurz vorher ge­rettet.

Berlin. Nach einer soeben erlasse­nen Verfügung erfolgt dre Rekruten-Ein- stellung in diesem Jahre zwischen dem 13. und 17. Oktober.

Am Donnerstag vormittag konnte man -.die Berliner wirklich in großen Massen weinen sehen. In der Zimmer­straße war aus einem Transpvrtwagen ein großer Glasballon mit Salmiakgeist geplatzt und die Flüssigkeit ergoß sich die ganze Straße entlang. Unwillkürlich grif­fen die Vorbeieilenden nach ihren Taschen­tüchern und riehen sich die Augen, aus denen sich Ströme von Tränen ergossen. Die neugierig gewordenen Bewohner öff­neten die Fenster, um nach der Ursache des ungewöhnlichen Vorganges zu forschen, aber auch ihnen erging es nicht anders, auch sie mutzten ihren Tribut an Tränen entrichten. Es dauerte mehrere Stunden, ehe sich der starke Salmiakgeruch ver­flüchtigte.

Bremen, 10. Juli Die Bürger­schaft hat beschlossen, Reichsmünzen mit bremischen Hoheitszeichen in der Ham­burger Münze prägen zu lassen. Bremen ; hat bisher von dem Recht der Prägung; uicht Gebrauch gemacht. Jetzt sollen 20 000 ! Doppelkronen, 20 000 Kronen, 50 000 Fünsmarkstücke und 100000 Zweimark-; stücke mit dem bremischen Hoheitszeichen geprägt werden.

Der Afrikaforscher und ehemalige Oberleutnant in der deutschen Armee,; Theoder Westmark, wurde laut einer! Mitteilung in AItheim (Oberösterreich)! wegen eines Sittlichkeitsdeliktes verhaftet. >

Paris, 14. Jnli. 2 Uhr morgens. § Aus Rom wird soeben telegraphiert, der Papst habe das Bewußtsein vollständig verloren. Wiederholt treten Delirien ein. Die Extremitäten sind bereits erkaltet.

Die Gemeindeverwaltung Saint- Gervais-les-Bains hat die Anlage einer e l e k t r i s ch e n B a h n auf den Mont- blanc genehmigt, die vom Bahnhof le Fayet aus bis zum Gipfel der be­kannten 3800 Meter hohen Aiguille du Gouter führt. Die projektierte Linie er­hält eine Länge von 8,5 Kilometer und sieben Stationen, die so gewählt sind, daß von ihnen aus die besten Ausblicke in die Alpenwelt des Montblanc getan werden können. Uebrigens führt die Bahn durch einen großen Tunnel von 2230 Meter Tiefe, der die letzte Strecke der Bahn darstellt und auf die Aiguille du Gnuter führt.

Rom, 14. Juli. Der Papst hat gestern Abend 9 Kardinale empfangen. Diese fanden den Papst sehr niedergeschlagen. Er sprach mit großer Schwierigkeit und konnte nur mit großer Anstrengung die Hand heben, um sie zu segnen. Die Kar- dinäle äußerten, es sei eine große Aen-

derung im Zustande des Papstes einge- treten und das Ende könne nicht ferne sein.

Rom, 14. Juli. 2.30 nachts Der Papst hat vollständig die Besinnung verloren und spricht, unzusammenhängende Worte. Man glaubt daß er die Krisis diesmal nicht überstehen wird und daß die Katastrophe in kürzester Frist erfolgt.

Aus Newyork wird der Frkft. Ztg. vom 11. Juli gekabelt: Es herrscht eine riesige Hitze. 30 Personen sind infolge der Hitze gestorben, 100 erkrankt. Die Parks sind zum Schlafen eröffnet, da solches in den meisten Wohnungen unmöglich ist.

LoAcrl-'es.

Wildbad, 15. Juli. (Eingesandt.) Wie aus dem Annoncenteil ersichtlich, findet mit gütiger Genehmigung des Kgl. Badcommissärs, Herrn General v. Ka- raß, bei günstigem Wetter, Freitag, den 17. Juli, Nachmittags 3str Uhr in den Kgl. Anlagen das diesjährige Benefice- Concert für das Kgl. Kurorchester statt. Es ist ja eigentlich ganz überflüssig, hier besonders betonen zu wollen, welch' eine bedeutende Rolle die regelmäßigen Kur­konzerte im hiesigen Badeleöen bilden und daß wir den exzellenten Darbietungen unserer erstklassigen Kurkapelle so viele schöne Stunden der Zerstreuung und des Genusses verdanken, weiß Jeder! Es wäre wirklich sehr wünschenswert, wenn das geschätzte Kurpublikum durch recht zahlreichen Besnch dieses Extraconcertes unsere vortreffliche Musikerschaar an ihrem Ehrentage erfreuen würde.

Mntearhcrl'terrdes.

Auf derKolumbia".

Eine Seegeschichte von H. Rusen thal Bonin.

IS) (Nachdruck verboten.)

Waren wir für dieseu Tod aufgespart, so wäre es tausendmal besser gewesen, wenn wir mit dem Schiff in die Tiefe gesunken wären, dann wäre jetzt Alles vorüber.

Aehnlich wie ich, mußte wohl auch der Kapitän in diesem Augenblick gedacht haben, denn er schlug beide Hände vor das Gesicht und saß lange Zeit so stumm und zusammengesunken da.

Er hatte seinen Platz am Spiegel des Bootes, ich den meinen auf der vorderen Bank, dort hatte sich auch die junge Dame, möglichst weit von dem Kapitän nieder­gelassen.

> Mit finsteren Augen hatte er schon ; mehrmals dies Platzverhältnis überflogen. Vor Erschöpfung schlief das Mädchen ein und sank gegen mich, so daß, damit sie nicht auf den Boden des Bootes fiel, ich sie halten und stützen mußte.

Der Kapitän schaute plötzlich auf. Ein gehässiger Strahl fuhr aus seinen Augen auf mich.

MTauschen wir unsere Plätze," rief er mir mit unterdrückter Stimme herüber. Ich gehöre zu meiner Braut, und nicht ein so junger Mann, ein völlig fremder Mensch, von dem Niemand etwas weiß, den wir nicht kennen."

Ob man mich kennt oder nicht," gab ich halblaut zurück,das ist hier völlig gleich. Wir sind drei Unglückliche, ausge­setzt, verlassen hier auf dem Boot. Au