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Nro.34.

Isrertag, 20. Würz 1903

39. Jahrgang.

Rundschau.

Stuttgart, 18. März. (Strafkam­mer.) Am 11. Dez. Morgens stieß infolge unrichtiger Stellung einer Weiche auf dem Filderbahnhof in Degerloch ein Zahnradbahnzug, der mit 60 bis 70 Fahrgästen besetzt war, bei der Einfahrt mit einem Filderbahnzug zusammen, infolgedessen die Lokomotive des elfteren entgleiste, der Zug einige Meter zurück­gestoßen wurde und ein kleiner Material­schaden entstand. Dieser Unfall führte zur Erhebung einer Anklage wegen fahrlässiger Transportgefährdung gegen den Stationsvorsteher Feikens, den Lokomotivführer Steck und den Stations­wärter Mößner von Degerloch. Feikens hätte vorschriftsgemäß sich vergewissern sollen, ob die Weiche richtig gestellt war; Mößner hätte diese umstellen sollen; Steck soll mit zu großer Geschwindigkeit eingesahren sein. Nach Vernehmung von 11 Zeugen und des Sachverständigen Banrat Beyerlen von der Generaldirektion der Staatseisenbahnen wurden Feikens zu einer Geldstrafe von 40 Mark und Mößner zu 6 Tagen Gefängnis verurteilt; Steck wurde freigesprochen.

Eine dankenswerte Einrichtung hat die Generaldirektion der württemb. Staatsciscnbahnen getroffen, indem sie angeordnet hat, daß auf einer größeren Zahl württembergischer Eisenbahnstationen die vom statistischen Landesamt heraus­gegebenen neueren Karten ausgehängt werden sollen, vor allem die Höhen­kurvenkarten im Maßstab 1: 25,000, die Blätter des topographischen Atlasses im Maßstab 1: 50,000, die Generalkarte im Maßstab 1: 20,000, die mehrfarbige Uebersichtskarte im Maßstab 1: 40,000 und außerdem kleine lithographierte Kartenübersichtsnetze, die auf Verlangen von den Stationsvorstehern auch an etwaige Interessenten und an Untergebene unentgeltlich abgegeben werden. Die Karten sind in den Warteräumen und in den Vorhallen der Bahnhofsgebäude so auszustellen, daß der Zweck, sie möglichst bekannt und allgemein zugänglich zu machen, erreicht wird.

Ueber den gegenwärtigen Stand der Jnvaliditäts- und Altersversicherung liegen jetzt interessante Angaben vor, die zeigen, mit welchen gewaltigen Zahlen hier gerechnet wird. Auch im Jahr 1902 ist die überwiegende Mehrzahl der Träger der Jnvaliditäts- und Altersversicherung bemüht gewesen, bei der Verwaltung ihres Vermögens, das Ende 1901 sich ans '929,2 Millionen Mark belief, gemeinnütz ige Zwecke zu fördern. Es ist zu Gunsten dieser Zwecke aus dem Vermögen der Versicherungsanstalten der Betrag von

43,6 Millionen Mark und aus dem der Kasseneinrichtungen der Betrag von 3,2 Millionen Mark hergegeben worden. Hierdurch haben die seit Anfang 1891 für diese Zwecke aufgewendeten Mittel bei den Versicherungsanstalten in Höhe von 310,4 Millionen und bei den Kassen- einrichtungen die Höhe von 12,7 Millionen Mark erreicht. Von dieser Endsumme sind zur Befriedigung von landwirtschaftlichen Kreditbeckürfnissen 67,5 Millionen Mark, für den Bau von Kranken- und Genesungs- Häusern, Volksheilstätten, Pflegestationen, Arbeiterkolonien, Volksbädern, Blinden­heimen u. s. w. 127,8 Millionen, für den Bau von Arbeiterwohnungen 103,4 Mill. für eigene Veranstaltungen, wie Kranken- Häuser, Heilanstalten, Lungenheilstätten, Erholungs- und Genesungsheime, Jnva- lidenhäuser u. s. w. 24,4 Millionen Mark hergegeben werden.

Calw, 14. März. Die Fleischbeschau wurde hier in folgender Weise geregelt: Als Fleischbeschauer wurde Tierarzt Kleinbub mit einer jährlichen Entschädig, ung von 1000 Mk. aufgestellt. Um die Fleischpreise nicht zu erhöhen, wurde von einer allgemeinen Beschaugebühr Abstand genommen. Die Stadtkasse partizipiert an den Kosten mit 600 Mk., die Metzgerinnung übernimmt den Rest mit 400 Mk. Gebühren werden deshalb nur von Nichtmitgliederu der Innung und bei Privatschlachtungen erhoben. Die Gebühren fließen in die Stadtkasse. Bei Notschlachtungen fällt die Gebühr ganz weg.

Herren«lb, 16. März. In den nächsten Wochen soll unsere altehrwürdige Klosterkirche, die in der Hauptsache im Jahr 1739 erbaut wurde, wobei noch die berühmten Reste des durch den Grafen Berthold v. Eberstein 1149 gestifteten Cisterzienserklosters vorhanden sind, einer gründlichen Renovation unterworfen werden. Schon die Vorarbeiten hierzu waren recht schwierige. Gilt es doch, das Alte zu erhalten, das Charakteristi­sche aus den verschiedenen Bauperioden zu retten und dabei das Ganze den Anforderungen und Bedürfnissen eines evang. Gotteshauses anzupassen. Wegen dieserArbeiten wurde auch dieKonfirmation, die sonst auf den 29. März fallen würde, schon am 15. abgehalten. Tie Gottes­dienste sind nun bis auf weiteres im großen Saale des Konversationshauses.

Nagold, 18. März. Gestern nach­mittag wurde der Arbeiter Spieß von Ebhausen im Sägewerk des Herrn Werkmeister W. Benz von einer Trans­mission erfaßt, wobei ihm der rechte Unterarm abgerissen wurde. Der Be­

dauernswerte wurde in das Bezirks- krankenhaus übergeführt.

Alten steig, 18. März. In einer Wirtschaft der benachbarten Gemeinde En gab's letzten Sonntag einen eigen­artigen' Handel. Vor der Wirtschaft stand ein beladenes Schiudelnfuhrwerk mit angespanntem Roß. Drinnen in der Wirtschaft saß beim Gerstensaft der Fuhrmann. Da fiel's einem anwesenden Gast ein, nach dem Kaufpreis des Ge- spann's samt Ladung zu fragen. Der Eigentümer verlangte für's Ganze Pr. Zentner M. 30., der Liebhaber bot schließlich M. 25., worauf eingeschlagen wurde. Nun gab's große Augen! Der Wagen wog 12, das Roß 13, die Schin- dein 35 Ztr., giebt 60 Ztr. L 25 M. zus. M. 1500.. Kenner schätzen den Wert der Objekte auf 650 bis 700 M., so daß der Käufer immerhin 800 M. zuviel zahlen muß. Dieser will nun aber den Kauf nicht halten, der Verkäu­fer besteht ober auf Einhaltung deS Kaufs und führte das Gespann vor das Haus des Käufers mit der Aufgabe, darüber zu verfügen. Gestern noch stand der Wagen vor dessen Haus und Vor­übergehende sorgten reichlich dafür, daß zum Schaden auch noch der Spott sich gesellte. Allem nach soll die Geschichte noch durch ein Prozeßle erledigt werden.

Baden-Baden, 17. März. Frau Geheimrat Krupp wird in nächster Zeit zu längerem Aufenthalt in VillaMeineck" hier eintreffeu.

Villingen, 17. März. Die Witwe Disch har sich ihrer Erbschaft von 66000 Francs nicht lange erfreuen dürfen. Vergangene Nacht ist dieselbe gestorben. Jnbezug auf diese Erbschaft wird der Bad. Pr." folgendes mitgeteilt:Am 12. Dezember 1900 starb in Paris eine unverheiratete Dame, Therese Chretieu, welche ein großes Vermögen hinterließ, ohne letztwillig darüber verfügt zu haben. Ihr Urgroßvater, ein Sattler aus Tann­heim, war 1730 nach Frankreich gegangen. Dem Genealogen Richard Silling aus Frankfurt a. M. gebührt das Verdienst, daß ein Teil des Geldes auf den Schwarzwald kam. Der genannte Herr hat in alten Kirchenbüchern unzählige Nachforschungen gehalten und ist es ihm auch gelungen, 4 deutsche Erben ausfindig zu machen. Die französischen Erben wollten anfänglich die Ansprüche der Deutschen nicht anerkennen, so daß man­cher der Beteiligten die Hoffnnng aufgab, etwas von der Erbschaft zu sehen. Unter den 12 französischen Erben befin­det sich ein General, sowie dessen Ge­mahlin, während 4 weitere Anteile nach Newyork fallen. Herr Silling beansprucht