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Lokales.
Wildbad, 13. Febr. (Einges.) Der Präsident des Reichstags, Gras Ballestrem hat im Seniorenconvent des Reichs- tags Mitteilungen über den Schluß der gegenwärtigenTagung und überde nT er- min der Neuwahlen gemacht. Danach ist anzunehmen, daß die Wahlen mitte Juni stattsinden werden. Dieser Zeitpunkt derNeuwahlen wird nicht ohne fühlbaren Einfluß auf den Geschäftsverkehr der Bade- und Luftkurorte in kommender Saison sein. Angesichts der bei den bevorstehenden ReichstogSwahlen sicher zu erwartenden, überwiegenden Zahl nötiger Stichwahlen wird sich die Beendigung der Wahlg-schäfte in vielen Wahlkreisen bis Ende Juni hinziehcn. Vorher werden sich aber die meisten Reichstagswähler derjenigen Kreise, ZUs welchen unser Kurpublikum hauptsächlich besteht, nicht ent- schließen können, die gewohnte Sommerreise anzutrcten. Die Signatur der kommenden Saison wird ohne Zweifel lauten: Schlechte Vorsaison. Im Interesse der deutschen Bade- und Luftkurorte wäre es sehr zu wünschen, daß die Reichstagswahlen auf Anfang Mai oder Oktober anberaumt würden.
— (Sommer-Fahrplan.) Die Generaldirection der StaatSeisenbahnen hat bei dem Minist, d. ausw. Angelegenh., Abt. f. d. Verkehrsanstalten u. a. folgende Anträge gestellt. Für die Strecke
Wildbad—Pforzheim:
An Sonn- und Feiertagen soll ein Per- sonenzug gefahren werden:
Pforzheim . . ab 5.55 Bm.
Wildbad . . . an 6.48 „
Es soll wie im vorigen Sommer ein Personenzug eingelegt werden, der in Pforzheim an den badischen Zug 257 nach Karlsruhe anschließt:
Wildbad . . ab 8.55 Vm.
Pforzheim. . an 9.44 „ Karlsruhe . „ 11.00 „
Im Anschluß an den bad. Zug257 von Mühlacker soll wie im vorigen Sommer ein weiterer Personenzug gefahren werden: Stuttgart . ab 7.56 Bm.
Heilbronn . „ 7.50 „
Mühlacker . „ 9.32 „
Pforzheim . . „ 10.12 „
Wildbad . . an 11.06 „
Die Schnellzüge 318 u. 319 sollen wie im vorigen Sommer wieder auSgeführt werden:
Wildbad . . ab 3.35 Nm.
Pforzheim . . an 4.15 „
und
Pforzheim. . ab 4.35 Nm.
Wildbad . . an 5.13 „
Zur Herstellung eines unmittelbaren Anschlusses von dem früher zu legenden Schnellzug 183 von Berlin soll der Personenzug 325 vorgerückt werden:
bisher:
künftig:
Berlin . . ab 8.20 Vm.
8.20 Bm.
Bietigheim . „ 8.52 Nm.
7.55 Nm.
Mühlacker . „ 9.56 „
8.40 „
Karlsruhe , 9.05 „
8.30 „
Pforzheim . „ 10.30 „
9.15 „
Wildbad . an 11.20 „
9.58 „
Wie im vorigen Sommer sollen an Sonn- und Feiertagen die Personenzüge: Wildbad . . ab 6.50 Nm.
Pforzheim. . an 7.48 Pforzheim. . ab 8.10 Wildbad . . an 9.04 und
Wildbad . . ab 9.09 Nm. Pforzheim. . an 10.00 „ wieder ausgeführt werden.
Als Gegenzug zu dem Zug 974 soll Sonn- und Feiertags ein weiterer Personenzug gefahren werden:
Pforzheim. . ab 10.30 Nm. Wildbad . . an 11.20 „
Mnter-HciLtenöes.
Der Diamant des Levantiners.
Erzählung aus dem Orient von R o s ent h a l-B o n i n.
2) (Nachdruck verboten.)
Ich war ohne Vermögen, hatte noch sieben Wochen vor mir, mit denen ich nichts anzufangen wußte, und konnte während dieser Zeit ein schönes Stück Geld verdienen. Der Auftrag war nicht derartig, daß er mir in meiner Stellung schaden konnte, er hatte nichts bedenkli ches an sich, im Gegenteil, ich erwies einem unglücklichen Manne einen großen Dienst. Falls ich wirklich keinen Erfolg hatte, waren die Summen, welche der Bankier dafür aufwenden wollte, im Verhältnis zu seinen Mitteln nur gering fügig, denn er galt als ein zwanzigfa- eher Millionär. Ich erklärte daher, daß ich den Fall übernehmen wolle und heute Abend noch mit dem Dampfer, der von Odessa kam und uach Alexandrien ging, abzureisen gedächte.
Der alte Herr war hocherfreut. „Der Himmel segne Sie, und lasse meine Hoff nung sich erfüllen!" rief er. „Sie bringen mir Josua zurück — das weiß ich! In einer Stunde haben Sie Geld und Kre ditbriefe auf Kairo im Betrage von drei- ßigtausend Franken in Händen. Ich will auch an meinen Geschäftsführer in Kairo telegraphieren."
„Thun Sie das nicht, Herr Baron," unterbrach ich ihn. „Ich möchte als völlig Unbekannter dort ankommen und mich vorläufig mit Niemand in dieser Sache in Verbindung setzen. Ich bitte sogar dringend darum, daß kein Mensch weder hier noch in Kairo erfährt, wohin ich gereist bin."
„Wie Sie wollen — wie Sie wollen! Ich füge mich ganz Ihren Anordnungen," versicherte mir Herr Ephraisi. „Sehe ich Sie vor der Abreise noch einmal?"
„Sie haben mir alles, gesagt, was Sie wissen, Herr Baron?"
„Ja. Ich kann Ihnen nicht ein Wort mehr sagen. Hier haben Sie ein Bild meines Sohnes und hier einen Abdruck des Brillanten in Siegellack, damit Sie die Form und Größe desselben kennen."
Bei diesen Worten überreichte mir der Bankier ein in Gold gefaßtes Elfenbeintäfelchen und ein Schächtelchen das den Abdruck enthielt.
„Eine genaue Beschreibung der Ge- stalt meines Sohnes und der Papiere, welche er bei sich hatte, sende ich Ihnen mit dem Gelbe in einer Stunde. Wenn Sie dann noch eine Frage an mich zu stellen haben, so bitte ich um Ihren werten Besuch. Ich werde den ganzen Nach, mittag zu Hause sein und auf Sie warten."
Der alte Herr ergriff meine Hände, drückte sie herzlich und verließ darauf sichtlich beruhigter, als er gekommen war, meine Wohnung.
Ich befand mich fetzt wieder allein in meinem Zimmer, stand am Fenster und schaute über die schiffsbelebte sonnen- beglänzte Flut und zu den in Licht gebadeten Häusermassen Stambuls hinüber. Mir war seltsam zu Muthe. Welche Umwandlung doch eine Vierielstunde in uns Hervorrufen kann! Vor wenigen Minuten schien es mir, als ob ich an Konstantinopel mit unzerreißbaren Ketten gefesselt sei, und jetzt kam mir die Stadt fast schon fremd vor.
Das Reisefieber hatte mich schon ge- packt, und meine Geda ken eilten über bas Meer zu der alten Stadt der Pharaonen am Nil. Ich hatte Verfügung über dreißiglausend Franken für die nächsten sieben Wochen und ein Gefühl der Unabhängigkeit stieg wohlig in mir auf. Ich fühlte mich in meiner Stellung nicht behaglich, ich strebte nach einer anderen Thätigkeit. Gelang es mir, die Sache zu einem glücklichen Ende zu führen, so war mir eine Geldbelohnung und die Förderung Seitens des Bankiers sicher. Ich k.mnte mich dann vielleicht selbstständig machen.
Diese Wandlung harte sich innerhalb weniger Minuten ereignet. Ich nahm mir vor, all' meine Geistes- und Körperkräfte, all' meinen Scharfsinn und meine Thatkratt daran zu setzen, jenem armen Reichen zu helfen, für ihn zu wirken in dieser Sache, so viel ich irgend nur vermochte.
Ich schritt an den Tisch und nahm das Elfenbcintäfelchen zur Hand. ES zeigte in feiner Miniaturmalerei farbig und unstreitig lebenswahr das BidmS eines auffallend schönen jungen Mannes von etwa fünfundzwanzig Jahren, mit ovalem Gesicht, lockigen schwarzen Haaren, bartlos und nit sanft blickenden, großen, dunkeln Augen. Die Nase war gebogen, der Mund jünglingsartig voll. Im Allgemeinen unterschied sich das Gesicht nicht viel von denen der jungen Levantiner in diesen Jahren. So sahen die meisten hier aus, nur bei Weitem nicht so schön, wie dieser hier gemalt war. Ob nicht ein gefälliger Künstler dem reichen Mann etwas zu stark geschmeichelt haben mochte? In diesem Fall würde mir das Porträt nicht viel nützen.
Ich rief meinem Diener und gab ihm den Auftrag, für eine längere Reise meinen Koffer zu packen, und betrachtete dann den Abdruck des Brillanten. Der Stein mußte auffallend groß sein, und da er rosa schimmerte, ein höchst seltenes Juwel von prachtvoller Wirkung. Vielleicht hatte es den jungen Mann in Tod und Verderben gezogen, und seine Gebeine moderten schon längst in irgend einer versteckten Grubs der alten Stadt der Khalifep.
Ich nahm wieder das Bildnis des Josua Ephraisi zur Hand und ward sehr bedenklich. Jetzt erst kam mir die ganze Schwierigkeit der Sache, die ich auf mich genommen hatte, zum Bewußtsein. Kairo ist groß, eine orientalische Stadt voll wilder Elemente, und es walten dort un- heimliche Mächte genug für einen Menschen der schön, jung, reich ist und einen solchen Schatz bei sich trägt. Es drängte sich mir bei längerem Nachdenken eine ganze Reihe von Fragen aus, die ich notwendig noch an den Vater des Verschwundenen stellen mußte.
In diesem Augenblick brachte mir ei„ Bote ein Päckchen, wohlverschloffen m^