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Handelsgewerbes freie Zeit gewährt werden muß. Das Schöffengericht und die Strafkammer hatten die Freisprechung beschlossen, das Oberlandesgericht hatte jedoch das Urteil der Strafkammer auf. gehoben und die Sitche zu nochmaliger Beratung an die hiesige Strafkammer zurückverwiesen. Nunmehr hat aber die Strafkammer den Restaurateur zu einer Geldstrafe von 3 Mk. verurteilt, da der Verkauf von Postkarten nicht zum Wirt- schaftsgewerbe gehöre und ein Wirt im Vorteile gegenüber anderen Geschäftsleuten wäre, wenn ihm der Verkauf von nicht zum Wirtschaftsgewerbe gehörenden Ge- genständen zu einer Zeit gestattet würde, zu der er anderen Geschäftsleuten ver- boten ist.

Die Elektrizitätswerke Schuckerl in Nürnberg und Siemens u. Halske in Berlin sollen in eine Gesellschaft mit einem Aktienkapital von 90 Millionen Mark verschmolzen werden. Die Gesell­schaft, welche den Namen Siemens- Schuckert-Werke, G. m. b. H. annimmt, soll mit dem 1. April d. I. in Thätigkeit treten, sobald die betr. Verträge durch die Generalversammlung der Aktionäre ihre Genehmigung gefunden haben.

Dresden, 10. Febr. Wie in unter­richteten Kreisen verlautet, werden im morgigen Eheprozeß die Anwälte der Kronprinzessin Louise Geisteskrankheit der Angeklagten behaupten, und versuchen, die Einsetzung eines neuen wesentlich späteren Termins zu erlangen.

Dresden 11. Febr. Das Urteil im Eheprozeß lautet: Die Ehe der Par­teien wird wegen Ehebruchs der Beklag­ten mit dem Sprachlehrer Giron dem Bande nach geschieden. Die Beklagte trägt die Schuld an der Scheidung. Die Kosten des Verfahrens werden der Be­klagten auferlegt.

Berlin, 10. Febr. Die Budget- Kommission des Reichstages hat heute den Antrag des Abgeordneten Grafen Oriola angenommen, die Petition der Veteranen und Invaliden um Unter­stützung teilweise der Regierung als Material zu überweisen.

Der Bund der deutschen Hand­werkskammern, dem sämtliche 71 Hand­werkskammern des Reiches angehören, beschäftigt sich zurzeit mit praktischen Vorarbeiten zur Einführung einer In­validen- und Altersversicherung für Handwerksmeister im Anschluß an die staatliche Invaliden- und Altersversicher­ung der Arbeiter. Der Plan ist bereits dem Reichsversicherungsamte unterbreitet worden.

Braun schweig, 11. Feb. Dr. Karl Pelers veröffentlicht in denBraunschw. Neuest. Nachr." eine Erklärung, in der er seine ursprünglich in diesem Blatte erhobene Beschuldigung, Leutnant a. D. Bronsart von Schellendorf sei der Ur­heber des Tuckerbriefes, jetzt zurücknimmt. Peters gibt an, daß sein Vertrauensmann sich in einem Irrtum befunden habe.

Die GothaerFeuerversicherungs- bank auf Gegenseitigkeit, welche im Jahre 1821 errichtet ist, hat mit dem Jahre 1902 zweiundachtzig Jahre ihrer ge- meinnützigen Thätigkeit vollendet. Im Jahre 1902 waren für 5864 925400 M. (gegen 1901 mehr 109 783800 Mark) Versicherungen in Kraft. Die Prämien- cinnahme, abzüglich Rückversicherungs- Prämie, betrug im Jahre 1902:18 543 966 Mk. 40 Pfg. (gegen 1901 mehr 582588

Mk. 10 Pfg.). Von der Prämieneinnahme wird in jedem Jahre derjenige Betrag, welcher nicht zur Bezahlung der Schäden und Verwaltungskosten, sowie für die Prämienreserve erforderlich ist, den Ver- sicherten zurückgewährt. Nach dem jetzt veröffentlichten Rechnungsabschlüsse für das Jahr 1902 betrug dieser den Ver- sicherten wieder zufließende Ueberschuß 14093 893 Mk. 30 Pfg., gleich 75°/o der eingezahlten Prämie. Im Durchschnitt der dreißig Jahre von 1873 bis 1902 sind jährlich 74,61°/« der eingezahlten Prämien an Ueberschuß den Versicherten zurückerstattet.

Die bekannten Hydragesell­schaften betreiben jetzt, nachdem ihnen das Handwerk in Deutschland gelegt worden ist, ihre unsauberen Geschäfte vom Ausland aus. Gegenwärtig werden in Damenkreisen Kupons einer Pariser Firma, M. Rosette, zu verschleißen gesucht, mittelst deren man einen seidenen Unter- rock im Wcrte von 40 Frauken für 2 Mk. erwirkt und die damit verbundene Verpflichtung, vier weitere Kupons in Bekanntenkreisen abzusetzen, erfüllt. Also ein regelrechtes Hydrasystem, welches bei uns gesetzlich verboten ist. Wir warnen unsere Leserinnen dringend, sich an dem Geschäft" zu beteiligen, da auch der Verschleiß der Kupons strafbar ist.

Wien, 10. Febr. Wie derBerl. Mgp." gemeldet wird, bezeichnen die Aerzte den Zustand der ehemaligen Kron­prinzessin von Sachsen als nicht unbe­denklich. Sie leide an einem hysterischen Seelenleiden und der Eintritt einer Frühgeburt sei wahrscheinlich. Der Lei­ter des Sanatoriums, Doktor Martin, wünschte, daß jemand von den weiblichen Verwandten der Prinzessin demnächst sich in die Anstalt Lamaiterie begibt.

Wien, 11. Febr. An Wiener und Salzburger Hofstellen gerichtete Tele­gramme des Direktors des Sanatoriums, in dem sich die Prinzessin Lnise befindet drücken die Auffassung aus, daß die Reue der Prinzessin eine tiefe und aufrichtige und die Trennung von Giron eine definitive sei.

Salzburg, 11. Febr. Im Austrage des toskanischen Hofes wird die Villa des Fürsten Wrede in St. Gilgen in Salzburg wohnlich eingerichtet. Man glaubt, daß die Prinzessin Luise dort nach ihrer Niederkunft Aufenthalt nehmen wird.

Basel, 11. Feb. Giron ist heute morgen von Brüssel kommend hier ein­getroffen. Er hat sich mit Zug 7.35 Uhr nach Lausanne begeben. Von dort reist er nach kurzem Aufenthalt mit dem Genfer Schnellzug nach Nyon, wie es heißt, um betreffs des weiteren Aufenthalts der ehemaligen Kronprinzessin von Sachsen in der Nervenheilanstalt zu verhandeln.

Bern, 10. Febr. Das Sanatorium Lemaiterie, in welches sich die Kronprin­zessin Luise begab, gilt in erster Linie als Irrenanstalt. Hier glaubt man, daß es sich bei der Aufnahme der Prinzessin Luise darum handelt, durch den dirigie­renden Arzt Dr. Martin prüfen zu lassen, ob die Prinzessin zurechnungsfähig sei.

San Franziskos 8. Febr. Der hier eingetroffene DampferMariposa" meldet, auf den Gesellschaftsinseln seien am 13. Januar infolge einer Sturmflu- tausende Eingeborene ums Leben gekomt men; 80 Inseln seien völlig verwüstet. Die Gesellschafts- oder Societäts-

Jnseln im Stillen Ozean zwischen 1° und 18° südl. Br. und 148 und 1536 westl. L. werden nach ihrer Lage zum Passatwinde in zwei Gruppen geteilt: die Inseln unter dem Winde (471 glcm) im Nordwesten und die Inseln über dem Winde (1179 gkm) im Südosten. Die östliche Gruppe enthält die Hauptinsel Tahiti und ist französischer Kolonialbesitz. Die Inseln sind von großen Korallen, riffen umgeben, hinter denen schöne, aber schwer zugängliche Häfen liegen. Der höchste Berg ist der 2231 m hohe Oro- hena auf Tahiti, die übrigen Inseln erreichen mit den höchsten Spitzen kaum 900 m. Die Zahl der Bewohner, von Cook und Förster auf hunderttausende geschätzt, beträgt jetzt etwa 18000 die sich sämtlich zum Christentum bekennen. Eingeschleppte Krankheiten und Laster haben, so bemerkt dieFranks. Ztg.", die Zahl der Eingeborenen sehr ver­mindert.

Paris, 10. Febr. Die Springflut, welche die französischen Gesellschafts. Inseln heimgesncht hat, soll 10 000 Men­schenleben vernichtet haben, darunter auch ein'ge Europäer. Sie wird mit der Katastrophe verglichen, die 1889 im Hafen von Apia u. a. zwei deutsche Kriegs­schiffe zerstört hat. Der Gouverneur von Tahiti verlangt dringend Gelder und Nahrungsmittel für die Ileberlebenden der heimgesuchten Inseln.

Gem ein« ülziges.

Die Echtheit des Rotweins läßt sich auf einfache Weise nnd zuver­lässig mit Kreide erproben. Ein vierecki­ges Stück Kreide, wie sie als Tafelkreide verkauft wird, befeuchtet man an irgend einer Stelle wiederholt mit einigen Trofen des zu prüfenden Weines. Man erhält da sehr schöne, karakteristische Färbungen, und meistens genügt schon ein einziger Tropfen der Flüssigkeit, »m die Fälschung der Färbung, wenn eine solche vorhanden ist, nachzuweisen. Ist der Wein mit Heidelbeersaft gefärbt, so wir der auf der Kreide blau, ins Violette spielend. Kermesbeerensaft bleibt unver­ändert. Malvenfarbstoff färbt sich auf der Kreide blau oder grün, oft nimmt er beide Farben neben einander an. Fuchsinlösung bleibt unverändert. Echter Rotwein färbt sich braun oder schiefergrau.

Um Glas zu schneiden, speziell solches von großer Dicke, umspänne man dasselbe an der zu trennenden Stelle mit einem Hanffaden, welcher in Terpen­tin getränkt ist. Derselbe wird alsdann angezündet und das Glas mit kaltem Wasser bespritzt, worauf es bei geringem Drucke längs der Richtung des ursprüng- lich aufgespannten Fadens scharf abspringt.

StcrnöesbucH-KHrorrrU

der Stadt Wildbad vom 5. bis 12. Febrxar 1903.

Geburten:

10 . Febr. Schmid, Wilhelm Friedrich, Steinhauer

hier, 1 Tochter.

11. Brachhold, Christian Hermann, Kauf­

mann hier, 1 Tochter.

Aufgebote:

5. Scherer, Emil, Handlungsreisender,

in Stuttgart und Wurm, Karoline

das. Cigarrenagenten Wtw.

6. Kilgus, Friedrich Jakob, Tapezier in

Karlsruhe und Eitel. Wilhelmine

Philippine von hier.

Gestorbene:

6 .

Thienger, Anton, Privatier, 69 Jahre alt.