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seit gestern in den Gebirgen. Die Bünd- lerpässe sind unpassierbar. Die Post ist ausgeblieben. In den Thälern herrscht eisige Kälte.
Schleswig, 15. Jan. Der Kassierer Johann Klaus bei der hiesigen Spar- und Hilfskasse ist flüchtig. Man spricht von einer Unterbilanz von 60000 Mark.
— Pariser Blätter melden, in der französischen Hauptstadt sei ein Vertreter von Barnum und Baily eingetroffen, um Fräulein Eva Humbert für die „größte Schaustellung der Welk* zu gewinnen. Er ist beauftragt, der jungen Dame eine bedeutende Summe für eine elfmonatliche Tournee in Amerika zu bieten. Auch auf den schönen Fall Gi- ron-Kronprinzessin sind die Barnums jetzt aufmerksam geworden. Einem Mit- arbeiter des Echo de Paris erzählte Gi ron, daß der Repräsentant eines ameri- kanischen Blattes telephonisch 1500 Francs für 20 Zeilen von der Hand der Prinzessin angeboten habe.
Newyork, 14. Jan. Dem New- yorker Herald wird von Juarez in Mex- iko gemeldet, daß der bekannte Stierkämpfer Francisko Matillerabei einem Stiergesecht in furchtbarer Weise seinen Tod fand. Als er einem mexikanischen Stier gegenübertrat und diesen reizte, glitt er aus und wurde von dem wütenden Tier mit den Hörnern vollständig durchbort. Die Hörner drangen durch beide Hüftknochen und nagelten den Unglücklichen an den Boden fest. Die Zuschauer, 4000 an der Zahl, sahen dem scheußlichen Schauspiel zu. Die Mexikaner jubelten lustig, offenbar erfreut über den Sieg des mexikanischen Stiers, während manden Sterbenden aus der Arena trug und ein Matador dem Stier durch einen Degenstich ein Ende machte.
MnterhctLtenöes.
Der kleine Lord.
Bon
Frances Hodgson Burnett.
(27. Forts.) (Nachdruck verboten.)
„Es sind schlimme Neuigkeiten, Mylord, deren Ueberbringer ich zu meinem größten Leidwesen sein muß, höchst betrübende Dinge."
Dem Grasen war schon den ganzen Abend unheimlich zu Mute gewesen, so oft er seinen Anwalt angesehen hatte, und dies beängstigende Gefühl machte ihn reizbar und verstimmt.
„Weshalb starren Sie nur immer den Jungeu an?" rief er heftig. „Den ganzen Abend haben Sie ihn im Auge behalten, als ob — so hängen Sie doch nicht immer den Kopf über ihn hin wie ein unheilverkündendes böses Omen. Mit Lord Fauntleroy werden doch Ihre Neuigkeiten nichts zu schaffen haben."
„Mylord, ich will ohne Umschweife zur Sache kommen. Gerade auf Lord Fauntleroy beziehen sich meine Mitteilungen, und wenn dieselben sich als richtig erweisen, so ist der Knabe, der hier schläft, überhaupt nicht Lord Fauntleroy, sondern einfach Cedrik Errol. Und der wirkliche Lord Fauntleroy ist ein Kind Ihres Sohnes Bevis und befindet sich in diesem Augenblick in einem Hotel garni in London."
Der Graf hatte krampfhaft mit beiden Händen die Armlehnen seines Stuhles umklammert, so daß die Adern dunkelblau
darauf hervortraten; auch die Stirnader j trat heraus; das Gesicht war totenblaß.
„Was wollen sie damit sagen?" keuchte er. „Sind Sie wahnsinnig geworden? Das ist eine infame Lüge!"
„Wenn es eine Lüge ist, so sieht sie der Wahrheit zum Verwechseln ähnlich. Heute früh erschien eine Frau auf meinem Bureau. Sie sagt aus, daß Ihr Sohn Bevis sie vor sechs Jahren geheiratet habe — in London; den Trauschein wies sie mir vor. Ein Jahr darauf trennten sie sich im Unfrieden und er unterhielt sie ausreichend, unter der Bedingung, daß sie chm fernbleibe. Sie hat einen Knaben von fünf Jahren. Die Frau ist Amerikanerin, von niederem Stande, und wußte bis vor kurzem uicht, welch: Ansprüche ihr Sohn erheben kanu. Von einem Ad vokalen erfuhr sie dann, daß der Knabe rechtmäßiger Lord Fauntleroy und Erbe der Grafschaft Dorincourt sei, und macht natürlich ihre Ansprüche geltend."
Das Lockenköpfchen auf dem gelbseidenen Kiffen rührte sich; ein tieferes Aufatmen, wie ein schwerer Seufzer, drang zwischen den halbgeöffneten frischen Lippen hervor, verriet aber keine Unruhe. Seinen Schlummer störte es nicht, daß man beweisen wollte, daß er ein kleiner Usurpator sei, und durchaus kein Lord Fauntleroy, und nie und nimmer ein Graf und Erbe von Dorincourt werden könne. Er legte einfach sein Gesichtchen auf die andre Seite, wo der alte Mann, der ihn so erschüttert anstarrte, ihn noch besser sehen konnte.
Das Gesicht des Grafen war vollkommen verstört. Ein furchtbar bittres Lächeln verzerrte seine Züge.
„Ich würde trotz alledem und alledem kein Wort von der Geschichte glauben," sprach er mühsam, „wenn es nicht ein so ganz und gar niederträchtiger Schurkenstreich wäre, der zum Wesen meines Sohnes so vollkommen stimmt. Er ist immer der Schandfleck unsers Namens gewesen; von jeher ein erbärmlicher, lasterhafter, ehrloser Wicht, mit den gemeinsten Instinkten — mein Sohn und Erbe Bevis, Lord Fauntleroy. Die Frau ist eine ungebildete Person?"
„Sie kannkaum ihren Namen schreiben, ist ohne jede Erziehung und ein unverblümt käufliches Geschöpf. In gewissem Sinne ist sie hübsch, aber —"
Der vornehme, alte Jurist hielt inne, offenbar von Widerwillen erfüllt.
Dunkelrot und dick angeschwollen traten die Adern auf des Grafen Stirn hervor, und eisige Schweißtropfen waren es, die er mit seinem Tuche wegwischen mußte. Immer bittrer wurde das fürchterliche Lächeln.
„Und ich," sagte er, „ich habe die — die andre Frau, die Mutter dieses Kindes, von mir gewiesen. Ich habe mich geweigert, sie anzuerkennen. Und die kann doch ihren Namen schreiben. Das ist vermutlich, was man Vergeltung nennt."
Plötzlich sprang er auf und schritt im Zimmer auf und ab, wilde, leidenschaftliche Reden ausstoßeud. Wie der Sturm um einen alten Eichbaum, so tobten Wut und Enttäuschung in des alten Mannes stolzem Herzen. Es war ein entsetzlicher Anblick, und doch entging Mr. Havisham nicht, daß er auch im wildesten Ausbruch seines Schmerzes die kleine Kindergestalt nicht vergaß und seine zornerstickte Stimme sorgsam dämpfte.
„Ich hätte es ja wissen können, daß sie mir auch übers Grab hinaus Schande anthun würden, die Söhne, die mir im Leben nichts andres bereitet haben. Wie habe ich sie gehaßt und sie mich! Bevis war der Schlimmere von den beiden. Und doch — ich will, ich will es noch nicht glauben — ich will dagegen ankämpfen, solange ich kann. Aber es sieht Bevis ähnlich — es ist meines Sohnes Art."
Dann tobte er von neuem, und immer hin und her gehend, stellte er eine Menge Fragen in Bezug auf die Frau und ihre Beweismittel, unv dunkle Glut überzog nun das vorher aschfarbene Gesicht.
Als er zuletzt alles erfahren hatte, was zu sagen war, und auch das Schlimmste wußte, überkam Mr. Havisham eine große Angst, so verändert gebrochen und verstört sah der alte Mann aus. Seine Wutansälle waren jederzeit unheilvoll für seine Gesundheit gewesen, dieser aber war gefährlicher, als alle früheren, weil noch ein andres als Zorn und Wut dabei mitsprach.
Endlich wurde sein Schritt langsamer und dann blieb er vor dem Sofa stehen.
„Wenn einer mir gesagt Hütte, daß ich mein Herz an ein Kind hängen könnte," sagte er, und die harte Summe war schwach und unsicher, „ich würde ihn für einen Narren gehalten haben. Ich habe Kinder immer verabscheut — meine eignen in erster Linie. Den Jungen habe ich lieb und er hat mich lieb. Das kann ich von wenig Menschen sagen, aber von ihm. Er hat sich nie vor mir gefürchtet, er hat vom ersten Augenblick an unverbrüchlich an mich geglaubt. DaS weiß ich, daß er meine Stellung besser ausgefüllt haven würde, als ich eS je gethan habe; er hätte dem Namen Ehre gemacht."
Er beugte sich über das süße, fried- lich schlummernde Gesicht. Die dichten Augenbrauen waren finster zusammengezogen, aber trotzdem hätte sein Gesicht in diesem Augenblicke niemand Furcht eingeflößt. Er strich leise das blonde Haar von der reinen, klaren Stirn, dann drückte er rasch auf die Klingel.
„Tragen Sie," sagte er, auf das Sofa deutend, zu dem eintretenden Diener, „tragen Sie Lord Fauntleroy auf sein Zimmer."
Seine Stimme habe sonderbar geklungen, dachte der Mann.
(Fortsetzung folgt.)
Lokales.
Wildbad, 17. Jan. Heute fand eine öffentliche Sitzung der bürgerl. Collegien statt mit der vorher bekannt gegebenen Tagesordnung: „Errichtung eines Elektrizitätswerks." Der Einladung zur Teilnahme an dieser Beratung hatten die Interessenten unter der Bürgerschaft ziemlich zahlreich entsprochen. Nach einleitenden Worten des Hrn. Stadtvorstands nahm der technische Berater der Stadt, Hr. Ingenieur Weizsäcker aus Stuttgart das Wort zu einem längeren Vortrag in welchem er in klarer, gut verständlicher Weise unter Vorlage eingehender Pläne über Betriebsart, Errichtungs- und Consumtionskosten referierte. « Von dem ursprünglichen Plane, das Electrizitätswerk mit dem städtischen Gaswerk zu verbinden und das von diesem erzeugte Gas mittels Gasmotoren zur Erzeugung der für das Electrizitäts-