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Amtsblatt für die Stadt Witöbad.
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U-r. 182 . j
Mittwoch, 31. Ilezembev 1902.
38. Jahrgang.
-E4 Neujahr. !
Die Sylvesterglocken sind verstummt, auch der wüste Lärm, der besonders in den großen Städten allmählich unzertrennlich zu sein scheint mit dem Jahres- Wechsel, ist verklungen: die Nacht ist vergangen, der Tag ist herbeigekommen, der erste Tag des Jahres 1903.
Was ist uns geblieben von dem vergangenen Jahr? Neben viel frohen und traurigen Erinnerungen, vor allem das Bewußtsein, die Zeit eilt, und unser Weg ist kurz. Deshalb begleitete uns ins neue Jahr der Vorsatz, die Mahnung: „Kaufet die Zeit aus!" Die Träumer, die Drohnen, die Taugenichtse haben heute weniger Raum in der Gesellschaft denn je, in jedem Beruf sind sie Gegenstand der Verachtung. Wer aber am Stabe des Glaubens durch das alte Jahr pilgerte, hat noch mehr gelernt; er durfte ersah- ren: „Der alte Gott lebt noch." Unser Gott ist gestern und heute und derselbige in alle Ewigkeit. Er regiert auch da» neue Jahr. Ohne Weltschmerz, ohne Kleinmut, frisch und fröhlich treten wir die neue Wegstrecke an. „Es kommt selten was Besseres nach", sagt der mutlose Trübsinn und sieht den neuen Reisegefährten, das Jahr 1903 mißtrauisch nur von der Seite an. Ein Christ blickt ihm aber getrost in das Auge. Er wundert sich nicht, wenn der heute noch fremde Geselle seine Tücken und Ueber- raschungen offenbart, er verliert aber nicht den Mut. Mit Gott geht es dennoch voran, und zuletzt kommt das Beste: „Endlich kommt das Jubeljahr, wonach wir uns sehnen".
Rundschau.
Horb, 23. Dez. Heute wurde die neue Neckarbrücke für den Verkehr eröff- net. Dieselbe ist aus Eisen konstruiert und wurde von der Firma Leins-Stuttgart geliefert. Die Fundament-, Stein. Hauer- und Maurerarbeiten hatte Bau. Unternehmer Baresel ausgeführt. Die alte Neckarbrücke mit ihren dicken Pfeilern wird gegenwärtig abgebrochen, wodurch die Hochwassergefahr verringert wird.
Eßlingen, 24. Dez. Die Frage wegen Fortführung des Holzwarengeschäfts „Bayer und Leibfried" ist nun wohl zur Zufriedenheit der dabei beteiligten Beamten uud Arbeiter, mehrere Hundert
umfassend, gelöst. Gestern hat der Besitzer des Elektrizitätswerks Altbach-Dei- zisau, Fabrikant H. Mayer-Stuttgart, das Bayersche Holzwarengeschäft um die Summe von 1 Million Mark käuflich erworben und wird solches mit Beibehaltung des bisherigen Personals vom 2. Januar 1903 an auf seine Rechnung weiterführen. Der seitherige Geschäftsinhaber Fabr. Otto Bayer, der sich vom Geschäft zurückzieht, behält seinen hiesigen Wohnsitz bei.
Mannheim, ?7. Dez. Die Süddeutsche Asbestindustrie, Aktiengesellschaft, die in der letzten Zeit wiederholt durch interne Zwistigkeiten im Schoße der Verwaltung so unliebsam hervorgetreten ist, hat ihren Konkurs angemeldet. Die un- gedeckten Forderungen betragen 70 000 Mk. Das Aktienkapital von 350 000 Mk. ist fast ausschließlich in den Händen des AussichtS rates.
Berlin, 24. Dez. Zu der Flucht der sächsischen Kronprinzessin wird aus Dresden gemeldet, daß der jetzigen Affäre mit dem Sprachlehrer Giron schon einige nicht so gut vorbereitete und deshalb mißlungenen Fluchtversuche mit anderen Persönlichkeiten vorausgegangen seien, daß aber der Kronprinz bisher jedes Mal seiner Gemahlin verziehen, habe. Die Verhältnisse liegen aber diesmal derart, daß ein solcher Ausweg nicht möglich erscheint. Der Vater der Kronprinzessin berichtete nach der Entdeckung der Flucht seiner Tochter, die man erst am späten Vormittag bemerkte, selbst an seinen Schwiegersohn und den Kaiser Franz Josef. Im Aufträge des letzteren suchte Erzherzog Leopold Ferdinand seine Schwester zur Rückkehr nach Salzburg zu bewegen, mußte aber Genf wieder verlassen, ohne seinen Zweck erreicht zu haben. Am Münchener Hofe treten Bestrebungen hervor, in der Angelegenheit eine Vermittlerrolle zu spielen. Die Kronprinzessin soll erklärt haben, niemals wieder das eheliche Leben mit ihrem Gatten aufneh. men zu wollen, habe aber das Verlangen ausgesprochen, daß ihre Kinder ihr verbleiben sollten. Auf diesen Entschluß habe durchaus nicht irgend ein Gedanke an eine andere Neigung mitgewirkt. — Der Kronprinz ist von seinem J.igdun- fall soweit wiederhergestellt, daß er sich umherfahren läßt.
— An eine in München befindliche, ihr sehr nahestehende Dame richtete die Kronprinzessin von Sachsen zwei Briefe
aus Genf, Hotel d'Angleterre. Dieselben lassen wohl eine seelische Depression, keineswegs aber eine Geistesschwäche- die man von Dresden aus der Kronprinzessin unterschieben möchte, erkennen. Die Krön- Prinzessin schreibt in diesem Briefe über die Behandlung, der sie seit langer Zeit am sächsischen Hofe auSgesetzt gewesen sei. Man habe sie unter eine Kontrolle gestellt, die so weit ging, daß ihr selbst nicht Lektüre nach freier Wahl überlassen wor- den sei. Ihre, gewiß nicht in besonderer Weise gesuchte Beliebtheit im Lande habe man ihr als Popnlaritätshascherei zum Vorwurf gemacht. Man habe ihr Zu- rückhaltung auferlegt und ihrer Ober« Hofmeisterin Instruktion gegeben, die sie mit ihrer Würde als Kronprinzessin unvereinbar gehalten habe. In sehr eingehender Weise bespricht die Kronprinzessin die Art ihres Fortgehens von Dresden uud Salzburg, erwähnt sonstige Bezieh, ungen und erklärt die Darstellungen, die offiziös gegeben würden, für nicht ganz den Thatsachen entsprechend. Sie werde diesen aber ebensowenig entgegentreten, wie dem Klatsch.
Berlin, 19. Dez. Das Urteil im Brandtschen Millionenerbschaftsprozetz lautet gegen Brand auf 2 Jahre Gefängnis und gegen Bethke auf 1'/-Jahr Gefängnis und 3 Jahre Ehrverlust. Beide hatten dem deutschen Gesandten Grafen Douglas Betrug vorgeworfen, wurden darauf verklagt und sind nun selbst als Betrüger verurteilt.
— Der nächste preußische Etat wird, den „Berliner Polit. Nachr." zufolge, 100000 Mk. zur Förderung des Kleingewerbes durch positive Maßnahmen ent- halten.
Brüssel, 24. Dez. Der junge Sprachlehrer Andre Giron, welcher mit der sächsischen Kronprinzessin entfloh, ist ein junger Brüsseler, 23 Jahre alt, welcher hier die technische Hochschule besuchte.
Paris, 24. Dez. Der Gouverneur von Martinique telegraphierte dem Kolonialminister, daß der Krater des Jelee Berges noch immer glühende Felsblöcke auswerfe.
Paris, 26. Dez. In der Conciergerie sind 5 Zellen für die H u in b e r t- Daurignac vorbereitet worden, nur für die Tochter der Humdert nicht, so daß man glaubt, sie werde, sobald sie in Paris eiugetroffen sei, sreigelassen werden. Einem Berichterstatter gegenüber erklärte der Untersuchungsrichter Andre, er habe