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Karlsruhe, 10. Jan. Der Kaiser hat der Krankenpflegerin Johanna Wittum, in Pforzheim, der Tochter des Landtagsabgcordneten Wittum, die Rote Kreuz-Medaille 3. Klasse verliehen. Fräulein Wittum hat der im südafrik mischen Krieg thätig gewesenen Sanitätskolonne des deutschen Vereins vom Roten Kreuz angehört und sich besonders ausgezeichnet.
Karlsruhe, 12. Jan. Im Hinblick auf den bisherigen milden Verlauf des Winters erinnert die „Lahrer Ztg." an die abnorme Kälte im Winter 1852/53. Damals konnte man um Weihnachten Gras und Klee mähen, um Neujahr standen die Kirschbänme usw. in voller Blüte nicht nur in geschützter und warmer Lage, sondern auch aus dem rauhen und zugigen Langenhardt. Die warme Witterung hielt bis gegen den 20. Febr. an, dann aber kam es anders; es wurde rauh, kalt, Regen mit Schlossen vermischt stellte sich ein; am 1. März 1853 fiel der erste Schnee. Der Gewährsmann der „Lahrer Ztg." ging tagszuvor in die Fremde und erfror beinahe auf der Eisenbahn bis Mannheim, da er (als Handwerksbursche) im offenen Stehwagen fuhr. Den ganzen Tag regnete und stürmte eS fürchterlich. Am 18. März hatte man 10 Grad Kälte und 2 Fuß Schnee.
Baden-Baden, 10. Jan. (Der Leutnant und der Tambour.) Das „Echo von Baden" schreibt: Ausgangs der 1840er Jahre traten beide gleichzeitig in dieselbe Kompagnie der Grenadier-Regiments in Karlsruhe ein. Während der Tambour später wohl 50 Jahre als Eisenbahn- schaffner zwischen Baden-Baden und Oos sein „bewegtes" Leben führte, avancierte der erstere. Dieser übersandte dem jetzt beinahe 80jährigen ehemaligen Tambour sein Bildnis und lud ihn in den letzten Tagen des Dezembers Mittags auf sein Schloß ein und ließ ihm ein Mahl auftragen, wie es der Eingeladene nicht jeden Tag hat. Bei der bis 3 Uhr in der leutseligsten Weise geführten Unterhaltung erinnerte der Tambour an den ersten Ausmarsch der Kompagnie von Karlsruhe nach Mühlburg und wie er dabei ununterbrochen getrommelt habe. Heute käme ihm das schwer vor. Der „ehemalige" Leutnant lachte darüber herzlich. Sie erinnerten sich aller Kameraden der Kompagnie, wobei es sich her- ausstellte, daß schon alle Bekannte bis aus drei zur großen Armee ins Jenseits abgecückt sind. Der ehemalige Leutnant ist Se. Kgl. Hoheit Großherzog Friedrich, der Tambour ist der nun im Ruhestand lebende Christian Felleisen, Waldseestr. 3 Hierselbst. Auch I. K. H. die Frau Groß- Herzogin ließ es sich nicht nehmen, den ehemaligen Tambour freundlichst zu be- grüßen.
München, 11. Januar. Dr. Sigl hinterläßt etwas über 300000 Mark.
Berlin, 11. Jan. In der Revi- sioiis-Verhandlung des Krosikprozesses nahm das Reichs-Militärgericht dem Antrag des Obermilitär-Anmalts entsprechend die beiden gegen Marten und Hickel gefällten Urteile zurück und verwies die Sache zur nochmaligen Verhandlung an das Berufsgericht.
— Zu der Rede des Reichskanzlers Grafen Bülow schreibt noch nachträglich! die englische Zeitung „Daily Graphic" in einem besonderen Leitartikel: „Britische Minister sind nicht gewöhnt, vor Ausländern Bußpsalmen zu singen, namentlich wenn sie nichts zu büßen haben. In der That ist die Praxis, fremde Länder öffentlich zu beleidigen und sich dann bei ihren Regierungen privatim zu entschuldigen, ein Trick der Politik, der in Berlin besser verstanden wird, al» in London. Bülow hat den Fehler gemacht, sich einznbilden, dies sei ein allgemeiner Gebrauch der europäischen Diplomatie." Weiter betont das Blatt, daß Bülows Rede die Wirkung gehabt habe, der anti-deutschen Agi- tation in England großen Antrieb zu geben. Dann weist der „Daily Graphic" darauf hin, daß Bülow sich den Anschein gegeben habe, zu glauben, daß der Zusammenbruch des durch Bismarcks Genius geschaffenen Dreibundes keine sehr ernste Sache für Deutschland sein würde. „Wüßten wir nicht, was für ernste Befürchtungen diese Möglichkeit schon bei der deutschen Regierung erweckt hat, so wür- den wir glauben müssen, daß der Kanzler tatsächlich daran denkt, in Sachen der „splendiden Isolierung" mit England in eine Art Wettbewerb zu treten. Wir glauben, Bülow verbirgt unter der Maske der Ueberempfindlichkeit eine unerschöpfliche Fähigkeit, ein Durcheinander anzurichten. Seit er Kanzler ist, haben sich die inneren und äußeren Angelegenheiten Deutschlands vom Schlechten zum Schlimmern verändert." Hochmütiger kann die ruhige und besonnene Zurückweisung einer englischen Unverschämtheit nicht wohl beantwortet werden.
Brüssel, 10. Jan. Gestern hatte in der belgischen Hauptstadt eine wichtige Beratung der Burenführer stattgefunden, an welcher der Transvaalgesandte vr. Leyds und die drei außerordentlichen Burengesandten Fischer, vr. Wessels und Walmarans teilnahmen. Die Beratung beschäftigte sich ausschließlich mit der Friedensfrage und stellte, wie ich aus guter Quelle erfahre, die folgenden Be- dingungen auf, unter denen die Buren- führer bereit wären, den im Felde stehenden Anführern die Niederlegung der Waffen anzuraten: 1) Gewährung der inneren Selbständigkeit der beiden Burenrepubliken, die dafür die Oberhoheit Englands in allen äußeren Fragen anerkennen sollen. 2) Zusicherung voller Straflosigkeit für alle Afrikander, welche in dem gegenwärtigen Kriege an der Seite der Buren fochten. 3) Wiederaufbau der zerstörten Farmen. 4) Entwaffnung der Kaffern und die Rückkehr der- selben unter das Verhältnis der Unter- thänigkeit gegenüber den Buren, wie es vor dem Ausbruche des Krieges bestand. 5) Einrichtung einer gemischten Verwaltung für den Witwatersrand d. h. den Goldfelderbezirk. Falls die englische Re- gierung geneigt sein sollte, diese Beding, ungen zur Grundlage der Friedensver- handlungeu zu nehmen, so könnten die letzteren in Bälde beginnen. Es ist aber sicher, daß die Burenführer minder vorteilhafte Bedingungen nicht erörtern wol- len und die Fortdauer des Kampfes jedem weitern Zugeständnisse vorziehen werden.
Vermischtes.
— Aus Leyden schreibt man der Voss. Ztg.: Eine Waffenschmiede der Steinzeit wurde vor kurzem in der Nähe unseres Ortes aufgedeckt. Man fand nämlich zahlreiche, sauber aufgestapelte und nach Gattung und Größe geordnete fertige und halbfertige Steinbeile,Hammer, Pfeilspitzen, und dergl. mehr, woran man unzweifelhaft eine regelrechte Werkstelle für derartige Werkzeuge erkennen kann. Ferner fand man einen Schleifstein, auf dem die Messer und Werkzeuge äugen- scheinlich hergerichtet wurden. Die Stein- zeit wird bis zum 7. Jahrh. v. Ehr. Geburt gerechnet, und man kann das Alter der Waffenschmiede daher wohl mit Recht auf etwa 2500 Jahre schätzen.
(Hunde nase.l In „Prof. Dr. Jägers Monatsblatt" schreibt ein Arzt: In meinem Besitz ist seit ungefähr drei Jahren ein älterer Dachshund. Des öfteren schon bemerkte ich vom Fenster aus, daß derselbe mit wütendem Gebell auf eine Arbeiterfrau losfuhr, die so ziemlich täglich den freien Platz vor unserer Wohnung kreuzte, oder daß er sich bei Annäherung derselben knurrend und zähnefletschend zur Seite drückte. Letzte- res insbesondere, seitdem er einigemale von mir aus diesem Anlaß empfindlich abgestrast worden war. Meine Frage an die Frau, ob sie den Hund reize oder sonst etwas mit ihm habe, verneinte sie auf das bestimmteste. Meine Jungen, die ich in der Sache fragte, behaupteten, daß fast alle Hunde die Frau anbellen, und daß einige ihrer Kameraden von der Straße sagten, daß die Frau Hunde und Katzen esse. Ich hielt das für eine zum mindesten unbewiesene Behauptung und ließ die Sache auf sich beruhen. Mittler- weile verzogen wir in einen andern Stadtteil. In letzter Zeit hatte ich nun beschlossen, den Hund, da er knurrig und widerwärtig geworden war, abznschaffen. Da kam unter anderen Liebhabern und unter großem Protest des Hundes auch besagte Frau. Nach mehrfachem Hin- und Herfragen, was sie denn mit dem Hunde wolle usw., gestand sie ein, daß sie in der That abgängige Hunde kaufe, manchmal auch einfange, um sie als billigen und willkommenen Braten zu verspeisen. Also doch! Wer hat dem Hund dies Geheimnis verraten? Sein „Instinkt", sagt die Wissenschaft und überläßt es dem geneigten Leser, sich darunter zu denken, soviel und was er kann und mag; seine „Nase" würde Professor Jäger sagen. Und dieser Erklärung möchten auch wir uns anschließen, denn sie ist einfach und klar: der Hund hat mit seiner seinen Hnndsnase in der Ausdünstung der Frau den „Braten längst gerochen." Was ist eine solche Hundenase gegenüber der feinsten chemischen Reaktion, gegenüber den raffinirtesten unserer ärztlichen, Krankheitserkennung suchenden Hilfsmitteln ! Daß wir unseren Dackel dem ihm durch diese Frau drohenden Schicksal nicht überantwortete, versteht sich von selbst. (Dr. M. I.)
(Moderne Jugend.) „ . . . Ein Fahrrad können wir dir wirklich nicht kaufen, Junge — das erlauben unsere Mittel nicht!" — „Ach geh', Mama . . ich Hab' mich doch im Auskunftsbüreau über Euch erkundigt!"