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dorf nach der Volkszählung von 1895 mit 62695 und 59745 Einwohnern da­mals die größten Dörfer waren.

Brette n, 20. Nov. Der große Aal­küstensee bei Maulbronn ist durch Kauf um den Preis von 16000 Mk. an Herrn Gemeinderath Koch hier übergegangen.

Baden-Baden, 19. Nov. Kneißl macht Schule! Zwei in einer Gärtnerei in Oos beschäftigte Arbeiter, von welchen der eine ans Bayern, der andere aus einem Orte bei Baden-Baden stammt, fühlten den Drang in sich, Kneißl zu spielen. Sie stellten sich am letzten Soun- tag mit mächtigen Prügeln auf der Straße zwischen Oos und Badenscheuern auf, sielen über einzelne vorübergehende her und richteten dieselben mit Schlägen auf Kopf und Körper mehr oder weniger übel zu. Bis jetzt sind zehn Verletzte ermit- telt. Die Gendarmerie hat lt.Brsg. Ztg." einen der Unholde verhaftet, der andere ist entflohen, wird aber zweifel- loS der Bestrafung nicht entgehen.

Heidelberg, 20. Nov. Eines be­neidenswerten gesunden Schlafes erfreut sich ein dahier in der Kettengasse arbei­tender Bäckerbursche. Als er auf seiner Ruhestätteim gewohnten Nachmittagsschlaf lag, spielte sein noch wacher Schlafkamerad mit einem scharfgeladenen Revolver; dieser entlud sich plötzlich, die Kugel durch- bohrte die liuke Wange des Schlafenden und schlug ihm einen Zahn aus. Schließ­lich durch den Zahnverlust wach geworden, schaute der Bäckerbursche ganz verwundert um sich. Er will lt.H. Z." von dem Knall des Schusses nichts gehört und von der Kugel, die er schon verschluckt hatte nichts verspürt haben.

Augsburg, 19. Nov. Die Geschwo­renen sprachen wie bereits berichtet, Kneißl schuldig eines Verbrechens des Mordes, begangen an dem Gendarmerie- Stationskommandanten Brandmaier. Be­züglich der Erschießung des Gendarmen Scheidler wurde die Schuldsrage auf Mord verneint, dagegen die Schuldfrage aus Körperverletzung mit nachgefolgtem Tode bejaht. Bezüglich Riegers wird die Schuldfrage verneint. Der Staatsanwalt beantragt hierauf für Rieger Freisprechung, für Kneißl Todes­strafe und IS Jahre Zuchthaus. Der Gerichtsrat verurteilte Kneißl zum Tode und zu 15 Jahren Zuchthaus, sowie zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit. Rieger wurde freigesprochen Als das Urteil gegen Kneißl verkündet wurde, rief die Mutter Kneißls laut: »Justizmörder!" Als sie weiter großen Lärm machte, wurde sie verhaftet.

Gaggenau, i8. Nov. Die heutige Generalversammlung der Eisenwerke Gag­genau Aktiengesellschaft war von 31 Aktio­nären besucht, welche 1256 Stimmen ver­traten. Sämtliche auf der Tagesordnung stehenden Punkte wurden genehmigt und die sofort zahlbare Dividende ans 1 Pro­zent festgesetzt. In Karlsruhe ist Zahlstelle das Bankhaus Alfred Seeligmann u. Co.

Berlin 21. Nov. (Tel.) Die Tech­nische Hochschule in Charlottenburg hat dieser Tage Versuche mit einer neuen Art von Stahlbereitung vollendet, die, wie dasKl. Journ." meldet, nicht verfehlen wird, in den betheiligten Kreisen großes Aufsehen zu erregen. Fachleute behaup- ten, daß die neue Erfindung die ganze

Metallindustrie revolutioniren werde. Der Erfinder ist ein kleiner Mecklenburger Fabrikant, Namens Giebeler, der sich schon seit Jahren mit der neuen Stahl­bereitung befaßt hat, aber erst vor die Oesfentlichkeit treten wollte, nachdem eine Fachautorität wie die König!. Technische Hochschule ein Gutachten über die Erfin­dung abgegeben. Dieses ist nun in gün­stigem Sinne seitens der Hochschule ab- gegeben. Der Prozeß selbst besteht darin, daß durch das Giebeler'sche Verfahren allen Arten von Eisen ein Härtegrad und eine Stärke gegeben wird, die den Har- rey'schen, Krupp'schen und Bvehler'schen Stahl um das Doppelte im Härtegrad übertrifft, obgleich gleichzeitig die Erbeut- ungskosten um 50 Prozent verringert werden. Projektile, die gegen einen 7^4 Millimeter starken Panzer, der nach dem Giebeler'schen System erzeugt worden war, geschleudert wurden, machten bloß einen 1 Millimeter starken Eindruck, während eine Krupp'sche Stahlplatte gleicher Stärke vollständig durchlöchert wurde. Klingen aus dem neuen Stahl erzeugen die Zersplitterung anderer Klin­gen, als wären sie aus Holz gemacht.

London, 20. Nov. Der Führer der Liberalen, Campbell Bannermann, hielt gestern in Plymouth eine Rede, worin er ausführte, der Einsall Jameson's würde nie vorgekommen sein wenn eine liberale Regierung am Ruder gewesen wäre. Er glaube nicht an eine Verschwö­rung, zum Zwecke, die Engländer aus Südafrika zu vertreiben. Er glaube, diese Behauptung sei lediglich ein nach­träglicher Gedanke, erfunden zum Zweck, ängstliche Herzen zu beruhigen und das öffentliche Gewissen in England zum Schweigen zu bringen. Redner bestritt, jemals irgend ein Wort geäußert zu haben, das von irgend einem noch so feinen Kopfe als Ermuthigung der Buren ge- deutet werden könnte. Er habe einzig und allein auf die Thorheit der Art und Weise hingewiesen, wie die Regierung die Burenangelegenheit betreibe. Campbell Bannermann erklärte ferner, es sei keine Hoffnung vorhanden, daß die Gefahr, der England jetzt gegenüberstehe, beschwo­ren würde, so lange Chamberlain im Ko­lonialministerium und Mitner in Präto- ria verbleibe. Schließlich gab Redner der Ansicht Ausdruck, das England die Verpflichtung gehabt habe, trotz eifrigster Fortsetzung des Kampfes die militärische Aktion andererseits zu begleiten mit der Veröffentlichung annehmbarer, bestimmter Friedensbedingungen.

LokcrLes.

Wildbad, 21. Nov. (Eiliges.) Es sei hiemit erwähnt, daß anläßlich des am nächsten Sonntag stattfindenden Vor­trags in Sachen der Eisenbahnfrage ein beachtenswertes Material, insbesondere auch das Ergebnis der Württbg. Kam­merverhandlungen zuJedermannsEinsicht- nahme im Gasthaus zurSonne" auf­gelegt ist, woselbst auch noch bis zur kommenden Sonntagsversammlung Unter- schristssammellisten für Diejenigen zur Verfügung stehen, die gegen eine preußisch- württbg. Eisenbahngesellschaft eintreten und nicht bereits schon anderwärts un- terzeichnet haben. Bei dem regen Inte­resse, welches das württbg. Volk überall

der gegenwärtig im Vordergrund stehen­den Eisenbahnfeage zuwendel, kann an­genommen werden, daß auch hier eine große Beteiligung an der kommenden Sonntagsversammlung zu erwarten ist.

Ber misch 1 es.

Welche Aenderungen bringt die neueste deutsche Rechtschreibung? Die Schlesische Zeitung" schreibt darüber: Die wichtigste Neuerung ist die vollstän­dige Beseitigung des th aus allen deut­schen Wörtern. Man wird also schreiben: Tal, Ton, Tor, Tau, tun, Turm, Tür, Tau, Teer, Tier, Teil, verteidigen, Eigen- tum, Rätsel, Mut, Met, Not, Rat u.s.w. In Fremdwörtern bleibt jedoch das th. Die Dehnungen sind im allgemeinen be­lassen worden. Man schreibt also Liebe, Lied, Sieg wie bisher. Ebenso werden die Zeitwörter auf ieren und ihre Ab­leitungen mit dem e geschrieben, also regieren, studieren, hantieren, Regierung, Zernierung. Dagegen ist das e in den Jmperfektis wie fing, ging hing, sowie in den Wörtern gib, gibst, gibt beseitigt. Die doppelte Schreibung des Selbstlautes ist nur in folgenden Wörtern belassen worden: Aal, Aar, Aas, Haar, Paar, Saal, Saat, Staat, Beere, Beet, Geest, Heer, Klee, Krakeel, Lee, leer, Meer, Reede (Rhede), scheel, Schnee, See, Seele, Speer, Teer, Boot, Moor und Moos. Von der bereits bestehenden neuen Or­thographie wird auch das s der Endsilbe nis beibehalten, lieber die Schreibung der Fremdwörter ist Folgendes zu be­merken: Der K- und Z- Schreibung ist der Vorzug zu geben, also: Publikum, Kondukteur, Konfession, Konfekt, Direktion, Konzil, Konzert, Prozeß, Partizipium. Dagegen kann das c beibehalten werden in Fremdwörtern, die auch sonst undeut­sche Lautbezeichnungen besitzen, wie Coif­feur, Direktrice. Der Antrag, sämtliche Wörter mit Ausnahme der am Anfänge eines Satzganzen stehenden klein zu schrei­ben, würbe von der Rechtschreibungs­konferenz abgelehnt und nur die eine Konzession gemacht, daß in zweifelhaften Fällen die Kleinschreibung vorzuziehen ist.

Marktberichte.

Stuttgart, 20. Nov. (Mostobst­markt.) Auf dem Nordbahnhof wurden heute zugeführt Waggons: 31 aus Frank­reich, 4 aus Serbien, 2 aus Ungarn, 1 aus Oestreich, 2 aus Italien, zus. 39 Waggonladungen Mostäpfel, Preist 1220 bis 1260 Mk. je per 10000 ir^ bahn- amtliches Gewicht Stuttgart. Verkauf im Kleinen zu 6 Mk. 10 Pfg. bis 6 Mk. 50 Pfg. per 50 irK. Ferner wurden 15 Waggons Mostbirnen im Großen zu 930 bis 940 Mk. die 10000 kA und im Kleinen zu 5 Mk. 20 Pfg. bis 5 Mark Pfg. die 50 kA verkauft.

StandesbircH-KHrorriU.

vom 15. bis 22. November 1901.

Geburten:

16- Nov. Magenreuier, Wilhelm Friedrich, Schuhmacher inSprollenhaus, 1 Sohn Gestorbene:

15- Nov. Hüll, Marie Christine, geb- Knapp, 48 Jahre alt, Ehefrau des Bahn- Wärters, Karl August Holl, hier 16. Nov. Büttner, Johannes, Oberlehrer a. D-. hier 76 Jahre alt

19 Nov. Magenreuter. Gottlieb, 3 Tage alt, Sohn des Schuhmachers Wilhelm Friedrich Magenreuter, in Sprollen­haus.

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