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den übrigen süddeutschen Staaten rückhaltlosen Anschluß an Preußen, die Um- gestaltung des Heerwesens, die Unterste!- lung aller deutschen Heeresabteilungen unter den preußischen Oberbefehl für den Kriegsfall empfahl. Am 31. Dezember 1866 wurde der Fürst vom König Ludwig zum Minister des königlichen Hauses und des Aeußern ernannt. Im Februar 1870 trat der Fürst von der bayrischen Ministerpräsidentschaft zurück. Als Mitglied der bayerischen Reichsratskammer hat Fürst Hohenlohe noch vor Schluß desselben Jahres für die Versailler Verträge stimmen können. Wie im Zollparlament als Vertreter des Wahlkreises Forchheim-Kulmbach hat sich Fürst Hohenlohe auch im deutschen Reichstag bis 1881 thatkräftig an den Beratungen beteiligt. Im Jahre 1874 berief ihn Kaiser Wil- Helm I. auf den durch des Grafen Arnim Abberufung erledigten Botschafterposten in Paris. In dieser Stellung blieb er bis zu seiner Ernennung zum Statthalter von Elsaß-Lothringen im Jahre 1885, auf welchem Posten er 9 Jahre verblieb. Unter dem 29. Oktober 1894 wurde er zum Reichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten ernannt. Er hat, wie wohl ein Lebenswerk wie das des in diesem Jahre 75 Jahre alt Gewordenen ihm ein Recht gab, an das „otiuw, eum äiZvitLtö" zu denken, dem Rufe des Kaisers Folge geleistet und das Steuer der Reichspolitik bis zum 18. Oktober 1900 gut und sicher geführt. Bei seinem Ausscheiden aus dem Amt erhielt er neben einem Handschreiben des Kaisers den Schwarzen Adlerorden mit Brillanten. Was Fürst Hohenlohe als Reichskanzler und preußischer Ministerpräsident in erster Linie zu leisten hatte und thatsächlich ge- leistet hat, das steht heute noch in frischer und lebendiger Erinnerung. Es galt vor allem den Riß zu schließen, den die Besten des deutschen Volkes als eine tiefe, schmerzliche Wunde am Reichskörper empfanden: den Riß, der seit dem 20. März 1890 zwischen der Leitung der Reichspolitik und dem greisen Reichsgründer und Nationalhelden im Sachsenwalde klaffte und unzähligen Patrioten die Gemüter verwirrte und die Freude am Vaterland trübte. Mit warmem Herzen und geschickter zarter Diplomatenhand hat Hohenlohe diese Aufgabe gelöst. Hätte Fürst Hohenlohe als dritter Kanzler nichts anderes gethan, als diesen Frieden stiften helfen, so hätte er sich schon damit einen Anspruch auf den bleibenden Dank des deutschen Volkes und auf ein ehrenvolles Denkmal in seiner Geschichte erworben. Unter den weiteren Erfolgen, die er erzielt hat, steht in erster Linie die Aufrechterhaltung guter freundschaftlicher Beziehungen zu den mächtigsten Nachbarreichen, vor allem zu Rußland, England und Frankreich. Unter seiner Aegide ist Las große Werk der Neuordnung des bürgerlichen Rechts zum glücklichen Ende geführt worden und die nach vielen Mühen er- zieltr Reform unserer Militärstrafgerichtsordnung darf er in gewissem Sinne als sein eigenstes, persönlichstes Werk betrachten. Er hat — ohne auch nur ein einzigesmal zur Auflösung des Reichstages schreiten zu müssen — für das Landheer und insbesondere für die Kriegsflotte die zeitgemäßen Forderungen durchgesetzt. Er hat dem Grundsatz Anerkennung verschafft, daß bei der Neuordnung
unserer wirtschaftlichen Beziehungen zum Auslande die Interessen unserer mächtig aufgeblähten Industrie und unseres völkerbindenden Handels nicht den Wünschen eines einzelnen Berufsstandes geopfert werden dürfen. Nicht minder bedeutsam ist das Wirken des Fürsten gewesen, das seiner Natur nach im Stillen geblieben ist. Erst jetzt werden die Verdienste des Staatsmannes ganz erkannt werden, der berufen war, dem Herrschergeist und Herrscherwillen Wilhelms II. in den wichtigen Jahren des Uebergangs aus Sturm und Drang zu der bewußten stetigen Kraft der Mannesreife ein treuer und erfolgreicher Berater und ein ge- schicktes Werkzeug zu sein. Darum folgt Dank uud Anerkennung dem entschlafenen Fürsten auch über das Grab hinaus nach. Er hat während zweier Menschenalter in den schwierigsten Zeiten und in den verantwortungsreichsten Stellungen seinem Vaterlande die unschätzbarsten Dienste er- wiesen, er hat sich stets nnd in allen Lebenslagen als ein guter, braver und tapferer Deutscher bewiesen, er ist insbesondere in Süddeutschland der einflußreichste Vorkämpfer der deutschen Einigung und nach 1866 die „lebendige Mainbrücke" gewesen. Dem Kaiser nnd Reich war er ein ruhiger maßvoller — moäerutvr 6tzrmg.nig.s hat ihn einmal ein Berliner Blatt genannt — leidenschaftsloser und auch energischer Berater.
Brüssel, 3. Juli. Botha teilte Krüger brieflich mit, die Sache der Buren stehe außerordentlich günstig, besonders seien in der Kapkolonie die Erfolge sehr bedeutend. Die Engländer wären schon längst vernichtet, wenn die Buren nicht gezwungen wären mit Rücksicht auf die Verproviantierung die Gefangenen wieder frei zu lassen.
London, 5. Juli. Lord Kitchener meldet aus Pretoria: Ein gestern von Pietersburg kommender Zug wurde fünf Meilen nördlich von Nabonspruit von den Buren in die Luft gesprengt. Ein Offizier und 11 Mann, sowie der Lokomotivführer, Heizer und Schaffner und vier Eingeborene wurden getötet. Dieses ist der erste Fall dieser Art auf der nördlichen Linie.
MuBriefderFra» desGeueralSDeWet.
Die „Daily NewS" hat von Frau Christian Dewet folgenden Brief erhalten: Johannesburg, 24. April 1901. An den Herausgeber der Zeitung in England in welcher Ende März ein Porträt von mir und meinen Kindern erschien. Mein Herr! Da man mir mitgeteilt hat, daß Sie außer meinem Porträt auch noch veröffentlicht haben, daß ich jetzt in Johannesburg „unter dem Schutze" I. Mas. Regierung lebe, so wünsche ich hiermit ganz energisch gegen die Anwendung eines solchen Ausdrucks zu protestieren. Nach- dem unsere Farm von I. Maj. Truppen verwüstet und alle unsere anderen Besitzungen zerstört und weggenommen waren, irrte ich mit unseren Kindern einige Monate lange umher, um nicht in die Hände der Feinde unseres Volkes zn fallen, bis zum 20. November 1900, als ich gefangen genommen und nach Johannesburg gebracht wurde und zwar in einem Viehwagen, obgleich sie wohl wußten daß ich die Frau des Generals De Wet war. Nachdem ich gefangen und gegen meinen Wunsch und Willen hierhergebracht
und aller Sachen beraubt worden war, verlangte ich von den Militärbehörden hier genügende Nahrung und von guter Beschaffenheit. Zuerst wurde mir dies versprochen, aber später wurde mir schriftlich mitgeteilt, daß ich Nahrung nur er- halten würde, falls ich ein Schriftstück unterzeichne und darin erklärte, „daß ich ohne Subsistenzmittel sei und gänzlich von I. Maj. Regierung abhänge." (Die Königin von England lebte damals noch.) Die Behörden behielten sich ferner das Recht vor, ein solches Schriftstück zu veröffentlichen. Dies zu thun, wäre für mich sehr demütigend gewesen und ich konnte mich dem nicht aussetzen, insbe- sondere nicht gegenüber dem Feinde unseres Volkes. Ich habe von dem Feinde keine Gunst verlangt und ich habe nicht die Absicht, dies je zu thun. Es ist wahr, ich lebe in Johannesburg, aber gegen meinen Willen. Von den Engländern erhalte ich nichts und wünsche nichts von ihnen. Was ich wünsche, hoffe ich durch Menschenfreunde zu erhalten, nicht von Engländern. Ich bin u. s. w. gez. C. M. De Wet. (Frau des Generals Ehr. De Wet.)" Die Frau ist des tapferen Generals würdig.
MnterHal'tenöes.
Kntlarvt.
Roman von Emil Droonberg.
(Forts.) Nachdruck verboten.
Es bleibt uns nur eine Möglichkeit der Rettung."
„Welche?"
Einem Einzelnen könnte es vielleicht gelingen, sich unbemerkt von hier fortzu- schleichen und nach Osole zu entkommen. Wenn er dort von unserer Lage Mitteilung machte, würde man nicht zögern, einen Trupp Militär zu unserem Beistand zu senden. Bis zum Eintreffen desselben könnten wir uns vielleicht hier halten."
Ein verzweifeltes Mittel!"
„Aber nicht verzweifelter als unsere Lage hier."
„Und wer soll es ausführen."
„Ein allgemeines Schweigen erfolgte. Alle sahen sich niedergeschlagen an — sie empfanden, daß das Unternehmen unmöglich war.
Endlich trat Fritz Bender vor.
„Wenn Sie mich mit dieser Mission betrauen wolleu, so will ich den Versuch wagen," sagte er entschlossen. „Sie sagten ja selbst, Herr Marquis, daß das Unternehmen nicht gefährlicher ist als das Hierbleiben. Geben Sie mir einige Zeilen an den Podesta in Osole mit, denn ich glaube, daß er sich dann noch mehr beeilen wird, Ihnen Hilfe zu senden. Uebrigens bin ich wohl auch der Einzige in der Gesellschaft, der den Weg dorthin finden würde."
Eine lange Pause und ein langes Flüstern der Männer untereinander folgte, am Schluffe dessen der Marquis ein Blatt aus seiner Brieftasche riß, um einige Zeilen darauf zu schreiben.
„Hier auf dem Kamin steht ein altes Schreibzeug," sagte Bender, „wollen Sie sich dessen bedienen?"
„Wenn die Tinte nicht vertrocknet ist —"
Statt aller Antwort reichte es Bender dem Marquis, damit er sich selbst überzeuge.
Der Marquis tauchte die Feder ein