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steht, in Natal einzufallen, während eine starke Burenabtheilung sich der Telagoa- bahn bemächtigt. (M. N. N.)
— Ueber die Behandlung der gefangenen Burenfrauen und Kinder in den englischen Schutzlagern wird in einem amtlichen Bericht Kitcheners offen zugegeben, daß unter den Burenfamilien, die in den von.Kitchener eingerichteten großen „Schutzlagern" gefangen gehalten werden, alle diejenigen, von denen noch männliche Angehörige unter Waffen stehen, nur „halbe Rationen" für ihren Lebensunterhalt bekommen. Nach der Erklärung Kitcheners habe sich dieses Mittel bereits in mehreren Fällen wirksam erwiesen, indem auf die Bitten der hungernden Frauen und Kinder hin die betreffenden Familienangehörigen die Waffen niederlegten und ebenfalls nach den „Schutzlagern" kamen. Andere Burenfrauen seien jedoch, so sagt der Bericht, noch eigensinnig und weigerten sich, die Aufforderung zur Waffenniederlegung an ihre Männer oder Söhne zu unterzeichnen. — Hieraus geht hervor, daß diese Auf- fordernngsbriefe von den Engländern selbst hergeftellt werden, und daß man die betreffenden Frauen durch Hunger und die Entbehrung ihrer Kinder zu zwingen sucht, diese Briefe zu unterschreiben.
Tsingtau, 28. Jan. Gouverneur Jaeschke starb hier am 27. ds. am Darmtyphus.
- - Das ungeheure Anwachsen des britischen Reichs unter der Königin Viktoria veranschaulichen folgende Zahlen. Nach einer wenige Jahre vor Beginn der Regierung der Königin aufgestellten Berechnung umfaßte das gesamte britische Reich 183479 Quadrat:::. mit 136500000 Einwohnern; davon 5554 Quadratmeilen mit 21396000 Einwohnern auf europäischem Boden. Nach dem heutigen Stande hat das Gebiet der vereinigten Königreiche 314 339 Quadratkilometer mit 40 905 925 Einwohnern, das Kaiserreich Indien 5 068 340 Quadratkilometer mit 290 575000 Einwohnern, das Gebiet der Kolonien und Schutzstaaten 22 736760 Quadratkilometer mit 56 579 000 Einwohnern; demnach das gesamte britische Weltreich zusammen 28119 500 Quadratkilometer mit 388060000 Einwohnern. Das gibt in 64 Jahren einen Zuwachs von etwa 201560000 Einwohnern.
HlnterHcEenöes.
Kesperus
oder: Der Kcrrnps um den Iicrmuntvn.
Erzählung von Frank Barrett.
(Forts.) (Nachdr. verboten.)
Lola hatte auffallend hübsche kleine Hände und Füße, einen olivefarbenen Teint, einen großen, aber sehr schön geschnittenen Mund mit prächtigen, weißen Zähnen und herrliche, schwarze Augen, deren Ausdruck nur zu deutlich ihre Kühnheit und ihr wildes, jeden Zügels spottendes Temperament verkündete. — Wäre Lola in eleganter Kleidung und reingewaschen erschienen, dann hätte man sie für eine spanische Prinzessin halten können; in ihrem gegenwärtigen Zustande indeß war sie nicht mehr und nicht weniger als eine eigensinnige kleine Wilde. Das „Zicklein" hatte uns viel Not gemacht;
hätten wir im Voraus gewußt, was Alles wir mit ihr anszustehen haben würden,! dann wären vermuthlich weder Van Hoek, noch ich selbst darauf eiugegangen, jenen Lola betreffenden Passus in unseren Vertrag anfzunehmen. Joe Brace hatte uns dazu bestimmt; zum besseren Verständnis des Lesers füge ich eine Abschrift des Vertrages, von welchem noch mehrfach die Rede sein wird, bei.
Vertrag. Capstadt, 1. 5. 84.
Die Endesunterfertigten sind übereingekommen, so lange gemeinschaftlich zu arbeiten, als die vorhandenen Mittel und Kräfte ausreichen und treffen die Bestimmung daß jeder etwa zu erzielende Gewinn zu gleichen Teilen an die drei Unterzeichner dieses Dokuments fallen soll — der Umstand, ob Dieser oder Jener glücklicher im Auffinden eines besonders werthvollen Steines ist, darf hierbei in keiner Weise maßgebend sein. Der für die Vertheilung des zu erhoffenden Gewinns geeignetste Zeitpunkt wird entweder durch Majoritätsbeschluß, oder, je nach den Umständen, durch's Loos festgesetzt; — des Weiteren treffen die Endesunterzeichneten die Bestimmung, daß, falls ein Teilhaber mit Tod abgeht, oder auf irgend eine andere Weise aus dem Verbände ausscheider, der etwa auf ihn entfallene Gewinn zu gleichen Teilen an die anderen Teilhaber fällt; sollte von diesen Beiden einer sterben, oder ans andere Weise aus- scheiden, dann tritt der Ueberlebcnde in den Vollbesitz alles Dessen, was an Arbeitsmaterial, Werkzeugen, Land und Gewinnobjekten vorhanden ist. Alle seitens etwaiger Verwandten und Freunde der Gestorbenen, resp. Ausgeschiedenen erhobenen Ansprüche an die durch dies Dokument gewährleisteten Errungenschaften sind null und nichtig.
Folgen die Unterschriften:
Jean Van Hoek,
Josef Brace (genannt der Richter),
Bernhard Thorne.
?. 8. Die Unterzeichner des Dokuments haben die Vereinbarung getroffen, daß im Fall eines besonders glücklichen Fundes das „Zicklein" nicht vergessen werden soll.
"Zeichen des „Zickleins" („Lola Brace".) Als seiner Zeit Joe Brace in uns gedrungen war, seiner Tochter in dem Dokument in :oben gemeldeter Weise zu gedenken, hatte er unter Anderem geäußert: „Die Kleine hat Augen im Kopf, mit welchen sie mehr sieht als andere Leute; sie kaun gleich uns nach Steinen suchen, und da sie nun doch einmal zum weiblichen Geschlechts gehört, mag sie für uns kochen, waschen und flicken." Ob Lola im Stande gewesen wäre, die ihr zuge- dachten Obliegenheiten zu erfüllen, vermag ich nicht zu beurtheilen, sicher ist nur, daß sie es nicht that.
„Wie mögt Ihr Derartiges von ihr erwarten?" meinte Joe Brace begütigend, als ich ihm dies vorhielt; Lola's Mutter war die Tochter eines verdammt schmierigen Mexikaners und wenn das „Zicklein" seinen: Großvater nachschlägt ist's doch wahrhaftig nicht seine Schuld."
An den Docks angelangt, machte Joe Brace Halt und wandte sich an einen dort stationierten Polizisten mit der Frage:
„Guter Freund, könnt Ihr mir nicht sagen, wo sich das erste Bankhaus Southamptons befindet?"
Offenbar legte der Polizist dieser
Frage eine verfängliche Absicht unter,
was ich ihm in keiner Weise übel nahm; er betrachtete uns mit mißtrauischen
Blicken und antwortete endlich zögernd und widerwillig, das fragliche Bankgeschäft befinde sich in der Hochstraße — einmal dort, werde uns Jeder das Haus zeigen können.
Zweites Kapitel.
Der erhaltenen Auskunft gemäß
schlugen wir den Weg nach der Hochstraße ein und unser Aufzug erregte mannigfache Vermuthungen und ein gut Teil Heiterkeit und Spott. Die Leute blieben unterwegs stehen und blickten uns nach; Bemerkungen flogen herüber und hinüber und eine Schaar Kinder lief uns nach — vermuthlich hielten sie uns für Persönlichkeiten, welche die Absicht hegten, irgend eine Straßen-Vorstellung zu geben. — Endlich hatten wir das Bankgebäude erreicht und marschirten hinein; eine Schaar Neugieriger blieb iwr der Thüre stehen, durch welche wir, Lola als die Letzte, einpassirt waren. Tie Beamten blickten von ihren verschiedenen Beschäftigungen auf und starrten uns mit offenem Munde an, während wir uns längs des Zahltisches aufstellten.
„Ist der Geschäftsführer dieser Bude anwesend?" fragte der Richter. „Hand weg," schrie er gleich darauf mit Stentorstimme, als das „Zicklein", neugierig wie immer, unter dem Messinggitter, welches den Zahltisch umgab, durchgriff und mit den Schalen der dort befindlichen kleinen Waagen spielte.
Lola ließ sich indeß nicht beirren und zog die Hand erst zurück, nachdem sie ihre Neugier befriedigt hatte. Sie stützte den Ellbogen auf den Zahltisch, legte den Kopf, in die Hand und blickte mit unerschütterlicher Gleichgiltigkeit auf die Kommis.
„Der Geschäftsführer ist anwesend," sagte jetzt ein Kommis; „was wünschen Sie von ihm?"
„Holland hat das Wort," sagte Joe Brace, iudem er zurücktrat und Van Hoek vorschob.
„Wir beabsichtigen, wegen eines Darlehens zu unterhandeln und bieten als Sicherheit einen großen Diamanten, welchen wir vom Kap mitgebracht haben," sagte van Hoek.
„Achthundertzwanzig Karat — reines Wasser," fügte der Richter bei, der größte Diamant des Weltalls."
Die Kommis flüsterten eine Weile mit einander, und dann begab sich einer in das hinter dem Comptoir gelegene Privatkabinet des Chefs und kehrte in Begleitung des Herrn zurück.
„Ich bin der Geschäftsinhaber — was ist Ihr Begehr?
Van Hoek wiederholte seine Darlegung des Sachverhalts.
„Und wer bürgt mir für die Echtheit des Steines," fragte der Bankier freundlich lächelnd, „sowie dafür, daß der Diamant Ihr rechtmäßiges Eigenthum ist?"
„Na, was den letzteren Umstand betrifft, Herr," meinte der Richter gleich- müthig, „so sollte ich denken, wenn irgend Jemand einen Diamanten von solchem Wert verloren hätte, würde er es uns schon verleidet haben, denselben am helllichten Tage auszubieten; was die Echt-
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