26 —
schuldner, event. jeden V,o, zur Zahlung von 2043,76 Mk. zu verurteilen. Das Reichsgericht hat nunmehr in letzter Instanz diesem Antrag stattgegeben und — die Beklagten solidarisch zur Entrichtung des Schadenersatzes verurteilt.
— Die Morning Post meldet schwere Bestrafungen von deutschen Soldaten, welche an den Plünderungen in China teilgenommen haben. Das Kriegsgericht verhängte angeblich bis 10 Jahre Zucht- Haus.
London, 8. Jan. Die „Times" melden aus Odessa, daß in diesem Jahre 35000—40000 Mann über Odessa zur Verstärkung der rusischen Armee im fernen Osten die bereits über 170000 Mann zählt, entsendet werden sollen.
London, 11. Jan. Die heutigen Morgenblätter stellen fest, daß sich die Lage in deö Kapkolonie in den letzten 24 Stunden bedeutend verschlimmert hat. Die Telegramme vom Kriegsschauplätze beweisen, daß eine vollständige Aender- ung in der englischen Taktik erfolgt sei, indem sämmtliche verfügbaren Streitkräfte zur Deckung der Eisenbahnlinien benutzt werden, während alle entfernt liegenden Garnisonen ihrem Schicksale überlassen bleiben.
Brüssel, 10. Jan. Dem „Petit Bleu" zufolge weilte Krügers Enkel und Sekretär Eloff mehrere Tage im Metropolitan-Hotel in London und empfing daselbst den Besuch politischer Persönlichkeiten, welche die Beendigung des Krieges herbeiwünschen. (M. N. N.)
Washington, 8. Jan. Im Senat kam gestern Senator Lodge bei der Beratung der Heeresvorlage auf die Handelspolitik zu sprechen. Er sagte, der Handelskampf mit Europa habe bereits begonnen und könne nur enden mit einer kommerziellen und wirtschaftlichen Oberherrschaft der Vereinigten Staaten über die ganze Welt. Redner betont die Notwendigkeit ein starkes Heer und eine starke Flotte zum Schutze der Rechte des Landes gegen mögliche Feinde zu unterhalten.
MnterHcrltenöes.
Geheilt.
Humoreske von A. Römer.
(Schluß.) (Nachdr. verboten.)
Wenige Minuten später saßen Graf Konrad und Gräfin Mix in der Reihe der Tanzenden, er kämpfte augenscheinlich mit einem Entschluß und rang mühsam nach Fassung, einige gleichgiltige Fragen an seine Dame richtend, endlich lehnte er sich in den Schatten zurück und flüsterte leise:
„Gräfin, würden Sie jemals einen Invaliden lieben und heirathen können?"
„Warum nicht, wenn er liebenswürdig ist."
Der Graf schwieg einen Augenblick und sagte dann;
„Gräfin, meine Gefühle sind Ihnen längst bekannt — darf ich, trotz des Unglücks, das mich unerwartet ereilt hat, noch für die Zukunft hoffen?"
„Worauf", fragte sie ruhig.
„Worauf", rief er erregt, „daß Sie. trotz meiner Krankheit, die einen traurigen Invaliden und Krüppel aus mir machte, dennoch mich lieben und heirathen werden."
Gräfin Alix rang heldenmütig nach Fassung, betrachtete den Grafen aufmerk, sam vom Kopf bis zu den Füßen und sagte dann in bewunderungswürdiger Ruhe:
„Ich finde nicht, daß Sie wie ein Krüppel aussehen, und jedenfalls sah ich noch nie einen Invaliden, der so walzt wie Sie, Graf."
Ein flüchtiges Lächeln glitt über seine Züge, aber, ehe er etwas anders erwidern konnte, erschien Comtesse Louise mit einem in der Eile improvisirten Orden, den sie ihm mit vielsagendem Blick ansteckte.
Widerstrebend folgte er der ihn zum Tanze holenden Dame, die ihn mit der ihr eigenen Koketterie länger an ihre Seite fesselte, als er ertragen konnte.
„Haben Sie viel Mühe mit unserem Ritter von der traurigen Gestalt?" fragte der Geheimrath hinter dem Stuhle der Gräfin.
„Ich hoffe das Beste", erwiderte diese.
„Da kommt er zurück, darf mich hier nicht finden, könnte sonst ein Complott wittern."
„Nun Gräfin", sagte Graf Konrad sich wieder neben sie setzend, „welchen Trost, welche Hoffnung haben Sie mir zu geben?"
„Die beste, lieber Graf, fassen Sie doch nur Muth, der Geheiwrath sagt, Sie sind hergestellt, Ihnen fehlt nur frische Luft und besonders Lebenslust."
„Lebenslust! Wo dieselbe erlangen?"
„Auf die einfachste Weise der Welt, aus dem sie umgebenden Leben, Ihrer gesellschaftlichen Stellung, die Liebe Ihrer Eltern, Ihrer Kameraden —"
„Meiner Alix", unterbrach er sie scherzend. „Wir schweifen zu weit ab, Gräfin, Sie waren einst nicht abgeneigt, meine Hand anzunehmen, darf ich dies unter den veränderten Verhältnissen noch hoffen?"
„Ich sehe keine Veränderung der Verhältnisse."
„Wie, meine Krankheit?"
„Ist ein überwundener Standpunkt."
„Ich habe noch keinen Ritt versucht, fürchte mich davor."
„Um so mehr werden Ihre Freunde Ihre Gesellschaft genießen können."
„Ich bin langweilig und hypochondrisch geworden."
„So gilt es, Sie aufzuheitern."
„Ich werde nie wieder ein Held des Salons sein."
„Desto vortheilhafter für ihre Häuslichkeit."
„In meinem Klub bin ich unmöglich geworden."
„Ein großes Glück für Ihre Zukünftige."
„Welch' reizendes Duett", sagte eine Stimme hinter ihnen.
Sie sahen sich um, erkannten aber Niemanden.
„Kurz und gut, Gräfin Alix, wollen Sie es dennoch mit mir versuchen?"
„Von Herzen gern."
„Meine süße Brant."
„Lieber Konrad."
Die Sckilußpolka beginnt, Graf Konrad, treten Sie an," rief Lieutenant Fels.
Sie traren an und tanzten bis zum Schluß mit, dann aber umringten Alle den Grafen, dessen völlig verändertes Aussehen allgemein auffiel, er wollte aus- »weichen und den auf ihn einstürmenden ' Fragen entfliehen, aber seine muthige
Braut hielt ihn energisch fest.
„Laß uns zu Deiner Mutter gehen!"
Gräfin Th. überflog prüfend die zum Souper gedeckten Tische; als sie ihren Sohn Arm in Arm mit der jungen Gräfin eintreten sah, wußte sie Alles und schloß ihre Kinder selig an's Herz.
„Laß die Sache heute noch unter uns bleiben, Mama, ich möchte den Glückwünschen entgehen," bat der Sohn, und sie willfahrte ihm gern.
Nach dem Souper sagte der Geheim- rath harmlos:
„Wissen Sie, Graf Konrad, in Algier beginnt ein lustiger Krieg, haben Sie nicht Lust, sich dort Lorbeeren zu erwerben? Das Klima ist ausgezeichnet für Lungenkranke.
„Bin ich lungenkrank, lieber Geheim- rath? Wo denken Sie hin, und was würde Gräfin Alix dazu sagen?"
„Ach, so pfeift der Vogel jetzt. Wird mein Patient übermüthig? Was aber hat denn Gräfin Mix mit Algier zu thun?"
Dabei drohte der alte Herr lachend mit dem Finger, sein Gesicht strahlte vor Vergnügen, er nahm warmen Antheil an der Heilung seines Patienten.
„Mein Kompliment, Gräfin Alix, es war ein Meisterstück von Ihnen, unseren Ritter von der traurigen Gestalt an Rosenketten ins frische Leben znrückzu- führen. Jetzt packe ich meine ganze Wissenschaft zusammen und überlasse Ihnen getrost die weitere Kur."
Vermischtes.
— Wie die sBuren es mit den gefangenen Engländern machen, wird in einem in einer holländischen Zeitung veröffentlichten Briefe eines Kämpfers unter Dewet geschildert. Es heißt da: „Mit unfern Kleidern allerdings sieht's traurig aus. Wir ziehen den gefangenen Tommys wohl immer ihre Kleider aus, aber das Zeug taugt nicht viel; dafür sorgen die Armeelieferanten. Die Tommys thun uns ja recht leid, wenn sie im Hemd den Marsch nach ihrem Knox antreten müssen, aber wir können doch nicht ohne Hosen zu Pferde sitzen. Es sieht wirklich komisch aus, wenn die ausgekleideten Tommys im Gänsemarsch ihrem Lager zusteuern; sie sehen dann wirklich aus wie eine Heerde Gänse. Merkwürdig, daß keiner von ihnen Strümpfe trägt. Da ich solche schon seit acht Monaten entbehre, suche ich eifrig darnach; aber wie viel Tommys ich auch schon die Stiefel habe ausziehen lassen, ich kann keine finden ..."
— Der bekannte Naturmensch „gustav nagel" ist am kürzlich 15 Grad Kälte in Saubach b. Mersebnrg eingezogen. Sein Abendbrot bestand aus Möhren, einigen Zuckerrübenscheiben, Aepfeln uud etwas Schwarzbrot; sein Getränk aus eisig kaltein Wasser. Gegen 10 Uhr begab er sich auf den kalten Tanzsaal, öffnete sämtliche Fenster und legte sich in Adamskostüm auf einen Strohsack, um der Nachtruhe zu pflegen.
I SW. L-LE ,
NAtausst.
ZI<Ie>1LtSffeL"LL2 «lv«ei.5L0r-scni,lilM
1 ». I^ipiixerstr. 13, ,