Amtsblatt für die Staöt Wilöbaö.
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Nr. 1SL
Scirnstclg, 29. DezernlZer 1900
36. Jahrgang.
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Stuttgart, 22. Dez. Das neueste Regierungsblatt enthält eine Köuigl. Verordnung betreffend die niedere Verwalt- ungsdienstprüfuttg. Hienach wird künftig von den in das Verwaltnngsfach eintretenden jungen Leuten der Nachweis der wissenschaftlichen Befähigung für den einjährig freiwilligen Militärdienst verlangt; sodann hat jeder Kandidat vor der Zulassung zum Examen mindestens 5 Jahre praktisch thätig zu sein, wovon mindestens 1 Jahr bei einem geprüften Ortsvorsteher oder Ratsschreiber, 2 weitere Jahre bei einem Verwaltungsaktuar oder einem geprüften, die Rechnung seines Amtes selbst stellenden Körperschaftsrechner und 1 Jahr bei einem Oberamt. Die Prüfung wird künftig nicht mehr bei den vier Kreisregierungen, sondern in Stuttgart vor einer Kommission abgelegt. Durch diese Neuerungen, insbesondere das Verlangen des Nachweises der Befähigung zum einjährig-freiwilligen Militärdienst, wird eine Gleichstellung der Angehörigen des Verwaltungsfachs mit den Kandidaten des Notariats- und Finanzfachs und des mittleren Post- und Eisenbahndienstes herbeigeführt.
Stuttgart, 22. Dez. Die Volkszählung hat für Württemberg laut »Staatsanzeiger" 2165 765 Einwohner ergeben, mithin eine Zunahme von 84614 Personen.
— Schultheiß Gann in Conweiler veröffentlicht im „Enzth." folgende Erklärung: In unverschämter Weise hat ein hiesiger bekannter Einwohner die freche Lüge im hiesigen Ort und durch das Pforzh. Städt. Tagbl. verbreitet, ich habe bei der Stichwahl am 18. d. M. den Stimmzettel eines Wählers aus dem Couvert genommen und einen Stimmzettel mit dem Namen Wasner mit einem auf den Namen Weiß lautende» Zettel vertauscht, weshalb die Wahl »mgestoßen werden müsse. Diese Aussage qualifiziert sich als eine bös- willige Lüge. Ich habe das Kgl. Oberamt ersucht, die Sache gründlich zu untersuchen und hoffe ich, daß der Denunziant der wohlverdienten Strafe nicht entgehen wird.
— Bei dem greisen Dichter und Bauern Wagner in Warmbronn ist durch die Huld Ihrer Majestäten des Königs und der Königin große Weihnachtsfreude eingekehrt. Der Dichter erhält von Ihren Majestäten eine jährliche Rente von vierhundert Mark. Schullehrer Ulshöfer von Ueberberg hatte auf das Geburtsfest der
Königin eine Bitte für den Dichter eingereicht, welche nun diesen schönen Erfolg hatte.
— Aus Spandau, 19. Dez., wird gemeldet: In der vergangenen Nacht hat bei den Pulvermagazinen zu Nieder- Neuendorf ein Wachtposten aus Versehen einen anderen erschossen. Die Wachen stellte das 5. Garde-Grenadier-Reg. aus Spandau. Gestern hatte die 7. Kompagnie die Wache. Ein Soldat faßte nun nachts den unseligen Entschluß, seineu auf Posten sich befindenden Freund in Furcht zu versetzen. In gebückter Haltung näherte er sich ihm in der Dunkelheit, indem er, um eine seltsame Gestalt darzustellen, hüpfend vorwärts sprang. Der Posten, der die Gestalt bemerkte, ries der Vorschrift gemäß mehreremale „Halt!" Als die Gestalt ihr sonderbares Thun fortsetzte uud sich auch nicht l zu erkennen gab, feuerte der Soldat, nicht wissend, wen er vor sich habe, einen Gewehrschuß ab und tötete den „Spaßmacher" durch eine Kugel, die den Kops durchbohrte.
— Wie aus Elsaß geschrieben wird befindet sich die dortige Industrie in einer sehr bedrückten Lage. Namentlich sind es die Wollspinnereien, die im letzten Jahr sehr schlechte Geschäfte gemacht und Millionen zugesetzt haben. Aussicht auf Besserung ist bis jetzt leider noch nicht vorhanden. Viele Fabriken verkürzen die Arbeitszeit, um ihre Arbeiter überhaupt noch beschäf. tigen zu können. Andere setzen am Samstag oder Montag ganz aus. Auch in der Maschinenbranche ist das Geschäft flau. Infolge der teuren Kohlenpreise steigen die Fabrikationspreise und die Bestellungen bleiben aus.
Goeteborg, 24. Dez. Das in Malmö beheimathete Schiff „Sverre" ist am Freitag während eines Sturmes unweit Goeteborg gestrandet und gesunken. Sieben Mann sind ertrunken; drei retteten sich auf eine unbewohnte kleine Insel, wo zwei gestorben sind. Der dritte wurde gestern noch lebend aufgefunden.
Madrid, 24. Dez. Die überlebenden Offiziere des Schulschiffs „Gneisenau" spendeten 1000 Mark für die Hinterbliebenen der Besatzung des gleichzeitig mit der „Gneisenau" untergegangenen spanischen Fischerbootes „Carmen". Die Madrider deutsche Kolonie sammelte 5000 Pesetas zwecks Belohnung der spani- schen Seeleute, die sich bei den Rettungsarbeiten hervorgethan haben. Auch andere Sammlungen sind im Gange. Verschiedene
deutsche Kolonien in Spanien sandten Kränze für die Gräber der Ertrunkenen. Ein Theil des Offizierkorps der „Gneise- nau" bleibt vorläufig in Malaga. Die Verwundeten befinden sich meist auf dem Wege der Besserung.
Aus Böhmen, 20. Dez. Die Nnter- wühlung des Landesbodens durck, dis Kohlengräber wird allmählich immer unbehaglicher. Neulich versank wieder einmal ein ganzer bespannter Wagen in einer Pinge bei Brüx; jetzt heißt es, daß der Friedhof zu Kuttenberg teilweise viele Meter tief in einen alten Stollen hinabsinke und daß man große Ausmauerungen des Untergrunds angeordnet habe. Eines schönen Tages wird man lesen, daß in Karlsbad,Marienbad oder Franzensbad die Quellen versiegen, weil sie von den Kohlengräbern unvorsichtig angebohrt wurden. Die genannten 3 Badeorte haben vor Jahr und Tag schon Schritte bei der Regierung gethan, damit dem Unfug Einhalt gethan werde bis jetzt aber ohne Erfolg.
— Die „Times" veröffentlicht die aus Peking vom 20. Dez. telegraphierte gemeinsame Note der Gesandten der Mächte. Dieselbe beginnt mit einer längeren Einleitung, worin die verschiedentlichen Un- thaten, die Verbrechen gegen die Mensch, heit, das Völkerrecht und die Zivilisation aufgezählt werden. Die verbündeten Mächte sind bereit, der Bitte Chinas um Frieden unter nachstehenden Bedingungen stattzugeben, deren Erfüllung als unwiderruflich bezeichnet wird: 1. Ein chinesischer Prinz soll nach Berlin gesandt werden und dort dem Bedauern des Kaisers über die Ermordung Kettelers Ausdruck geben. Ferner soll an der Stelle der Mordthat ein Sühnedenkmal errichtet werden. 2. Eine Strafe soll entsprechend den begangenen Verbrechen den im kaiserlichen Dekret vom 21. September bezeichneten Persönlichkeiten auferlegt werden (die Namen derselben werden nicht genannt; es find die Prinzen Tuan, Tschwang und zwei andere Prinzen, der Herzog Lau, Tschauschutschiao, Kangyi, Jinghien und eine Anzahl anderer Personen, welche die Gesandten noch bezeichnen werden). Die Staatsprüfungen sollen in den Städten wo Fremde ermordet oder grausam be- handelt wurden, 5 Jahre lang unterbleiben. Japan soll für die Ermordung seines Kanzlers eine gebührende Genugthuung erhalten. Sühnedenkmäler sollen auf allen Kirchhöfen der Ausländer errichtet werden,