von Fragezeichen machen. Wen,» sie tatsächlich gemacht worden sind, so weiß man nicht, was man zu der heutigen Schwatzsüchtigkeit unserer früheren Führer sagen solt.

Eine Preußische Verfügung

über den Religionsunterricht.

Berlin, 2. April. Der Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung erläßt eine Verfügung, in der es heißt:Bis zum Erlaß künftiger Gesetze, die die Bezieh, ungen von Staat, Kirche und Schule zueinander auf neue Grundlagen stellen, ist den nachstehenden Grundsätzen ge­mäß zu verfahren. Erstens: Soweit nicht bereits nach den bisherigen Bestimmungen die Schüler der öffentlichen Schulen von der Teilnahme am lehrplanmäßigen Religions­unterricht befreit sind oder befreit werden können, sind sie auf Antrag von der Teilnahme am Religionsunterricht zu entbinden. Zur Stellung des Antrags sind diejenigen be­fugt, welche die Religion, in der die Schüler zu erziehen sind, zu bestimmen haben bezw. nach Erreichung des reli- ionsmündigen Alters die Schüler selbst. Zweitens: Schüler, ie von der Teilnahme am Religionsunterricht befreit sind, sind auch nicht zur Teilnahme an Schulfeiern religiösen Charakters verpflichtet. Drittens: Lehrern und Lehrerinnen an öffentlichen Schulen mit Ausnahme der eigens für den Religionsunterricht angestellten, die aus Gewissens- bedenken die Befreiung von der Verpflichtung zur Erteilung des Religionsunterrichts nachsuchen, ist die Erteilung des Religionsunterrichts abzunehmen, ohne daß sie deshalb in ihren Dienstbezügen gekürzt oder von den Aufsichtsbehörden zurückgesetzt werden dürfen. Sie sind auch zur Teilnahme an Schulfeiern religiösen Charakters nicht verpflichtet. Viertens: Die Teilnahme von Lehrern und Schülern an kirchlichen Veranstaltungen außerhalb der Schule ist stets freiwillig. Bei organisch vereinigten Kirchen- und Schul­ämtern bleibt die Ausübung der kirchlichen Amtspflichten der Stelleninhaber einer späteren Regelung Vorbehalten. Die Bestimmungen treten mit dem Beginn des neuen Schuljahrs in Kraft. Der Erlaß vom 29. 11. IstfF wird aufgehoben."

_Sparlirktns als Diplomat:

. - -BrV dem^Mcmnheimer Putsch drang u. a. auch eine spartakistische Rotte von etwa 15 Mann in die Billa eines Schweizers ein, um zu requirieren. Der Besitzer machte die ihre Säcke füllenden Plünderer darauf aufmerksam, daß sie sich hüten sollten, ihn zu belästigen, denn er sei Aus­länder und diplomatische Schwierigkeiten seien zu erwarten. Nach kurzer Beratung untereinander erklärte derSprecher": Mir wolle aach kee diplomatisch Verwicklung?. Do un- nerschreiwe Sie eenfach den Zeddl un die Sach is erledigt!" Der Zettel war nichts weiter als die Erklärung, daß der Eigentümer die ihm geraubten Sachen freiwillig verab­folgt habe. (Franks. Ztg.")

Ass SM md Land.

Calw, den 5. April 1S19.

Zur Konfirmation.

* Ein Ehrentag soll die heilige Feier der Konfirmation tltr die der Schule entwachsenen Knaben und Mädchen sein, die von diesem Tage an nicht nur von der Kirche sondern auch von der weltlichen Gemeinschaft als ein erwachsenes Mitglied betrachtet werden. Es war stets ein ernster, feier­licher Tag. der Tag der Konfirmation, für die Kinder wie für die Eltern. In jenen die naive Freude, daß man nun der Kinderstube entwachsen war, und bald zu denGroßen" gerechnet würde, bei den Eltern die Freude an dem Heran­wachsen der Kinder, aber bei manchen auch die Sorge für die Zukunft. Gewiß, es ist ein schwerer, verantwortungs­voller Schritt, der an diesen Tagen oft gemacht wird, ge­macht werden muß, wenn entsprechend den Verhältnissen und Fähigkeiten der Kinder eine Berufswahl getroffen werden muß. Aber, das sollten sich in diesem Augenblick die Eltern und Erzieher vor Augen halten: Trotz aller Be­deutung der beruflichen Tätigkeit für die Zukunft eines Menschen ist sie doch nicht der Hauptfaktor für ein wert­volles', befriedigendes Leben. Dazu gehören noch andere Momente, auf deren Ausbildung bei den jungen Leuten man besonders achtgeben sollte. Was einen Menschen erst achtenswert macht, das ist sein Charakter. Beruf und Stand vermögen auf die Dauer gegenüber dem Urteil der Welt nicht zu ersetzen, was in Bezug auf Charakter ge­sündigt wird. Und nicht nur nach außen ivird der charakter­volle Mensch sich Geltung verschaffen können, auch in seinem Innern wird er sich durch Selbstzucht und getreue Pflicht­erfüllung eine Summe von Lebensfreude und Tatkraft er­werben, die mehr Wert haben als äußeres Ansehen und Vermögen. Die neue Zeit will ja mit Recht mit diesen Dingen aufräumen, unter denen soviel falscher Schein und unechtes Geflunker war. Aber ehe man bei andern anfängt, die es gewiß sehr notwendig haben, muß man bei sich selbst anfangen. In allen Schichten unseres Volkes hat der Krieg die moralischen Dämme eingerissen, die durch die kirchliche und gesellschaftliche Erziehung gegenüber den An­griffen auf unsere Rechts- und Moralgrundsätze aufgerichtet worden waren. Wir müssen deshalb zuerst daran gehen, sie wieder aufzubuuen. Vielleicht sind heute auch etwas andere Bindemittel 'zum Aufbau nötig, solche, deren chemische" Zusammensetzung' auch der analysierenden Wirk­ung ätzender Kritik ftandhält, denn das Volk ist in der taugen Leidensschnle des Krieges so scharfsichtig und so kritiksüchtig geworden, daß. nur reinste Wahrhaftigkeit und Bekundung ehrlichsten Willens es wieder zum Glauben an das Gemeinschaftsmteresse in moralischem wie völkischem Sinne fülMi kann., ^ ^

: Amtliche Uekanntmachnngen.

Typhusepidemie in Pforzheim.

Da die schwere Typhusepidemie in Pforzheim noch nicht nachgelassen hat, so wird wiederholt gewarnt, alle unnötigen Reisen nach Pforzheim zu unterlassen,- soweit sich aber die Reise nicht vermeiden läßt, wird bringend vor dem Genuß von Trinkwasser und ungekochten Speisen gewarnt.

Calw, den 2. April 1919. Oberamtmann: Gös.

Oberami Calw.

Betr. Verwendung von Kriegsgefangenen zu land­wirtschaftlichen Arbeite». (Frühjahrsbestellungen.)

Angesichts der beim Kriegsministerium in steigender Anzahl einlaufenden Gesuche von Landwirten um Zuweisung von Kriegsgefangenen zu der Frühjahrsbestellung .wird folgende Verfügung des Kriegsministeriums bekanntgegeben:

1. Zur Behebung der besorgniserregenden Arbeits­losigkeit in fast allen Zweigen des deutschen Erwerbslebens ist es dringendes Erfordernis, daß alle offenen Arbeits­stellen, auch in der Landwirtschaft, mit deutschen Kräften besetzt werden.

2. Die Landwirte haben sich daher wegen Beschaffung fehlender Arbeitskräfte zunächst an die zuständigen Arbeits­ämter zu wenden.

3. Nur in Fällen, in denen die zuständigen Arbeits­ämter nicht in der Lage sind, deutsche Arbeitskräfte zu vermitteln, können Gesuche um aushilfsweise Gestellung von Kriegsgefangenen zu landwirtschaftlichen Arbeiten an das Kriegsministerium, K. S, eingereicht werden. In dem Gesuch sind die geltend zu machenden Grüyde dar­zulegen; außerdem ist dem Gesuch eine Bescheinigung der Ortsbehörde über die Notwendigkeit der Gestellung, sowie eine amtliche Bestätigung des zuständigen Arbeitsamts bei­zufügen, aus der hervorgeht, daß die Inanspruchnahme des Arbeitsamts erfolglos gewesen ist.

4. Das Kriegsmiinsterium entscheide! die Gesuche um Gestellung von K-i^tzapsaniie«« ' b->nockrichti<it das Lanvesamt für Arbeitsvermittlung von. den erfolgten Zu­weisungen. Das Landesamt kann die Notwendigkeit der Kriegsgefangenen-Gestellung nachprüfen und hat das Recht, die Zurückziehung der Kriegsgefangenen und die Einstellung deutscher Arbeitskräfte zu veranlassen.

5. Die in landwirtschaftiichen Betrieben eingestellten Kriegsgefangenen haben als Vergütung für die geleisteten Arbeiten die ortsüblichen Löhne deutscher Arbeiter än- zusprechen.

Calw, den 31.-März 1919. Oberamtmann Gös.

' Oberami Calw.

Betr.: Genehmigung zur Herstellung von Branntwein.

Dem Oberamt ist von der Landesversorgungsstelle die Genehmigung zur Herstellung von Branntwein aus Obst und Obsterzeugnissen auf Widerruf übertragen worden. Die Genehmigung darf nur für solches Obst, Obsterzeugnisse und Rückstände von Obst erteilt werden, die zum mensch­lichen Genuß untauglich sind und wegen ihrer Beschaffen­heit oder aus anderen Gründen zur Herstellung von Mar­melade nicht verwendet werden können.

Den 2. April 1919. Oberamtmann: Gös.

Gerade aber bei unserer Heranwachsenden Jugend müssen wir beginnen mit dem Neuaufbau der sittlichen Gedankenwelt, die allein uns wieder emporführen kann aus den Zuständen seelischer Zerrissenheit und nationaler Intresselosigkeit. Unsere Jugend müssen wir heranbildkn zu sittlich gefestigten, physisch starken, selbständigen Menschen, die ihre Kraft und Fähigkeit, aber auch ihren Charakter zeigen sollen nicht nur im berechtigten Eigenleben, sondern auch in der Betätigung im Interesse des sozialen und nationalen Gemeinschaftsgefühls. O. 8.'

Ein rveiterer Personenzug Pforzheim-Calw.

Am Montag, den 7. April verkehrt Werktags ein weiterer Personenzug mit Wagen 4. Kl. von Pforzheim bis Calw. Ab Pforzheim 4.22, Grunbach Salmbach 4.38, Unterreichenbach 4.47, Moubach-Neuhausen 4.54, Bad Liebenzell 5.01, Ernftmühl 5.09, Hirsau 5.15, Calw an 5.22 Nachm. Vor Grunbach-Salmbach hält der Zug nicht an.

Zur Frage der Sozialisierung der Apotheken.

Die Sozialisierungssrage steht gegenwärtig im Vor­dergrund des Interesses. Sozicäisiert sollen werden Be­triebe, welche große, allgemein wirtschaftliche Bedeutung haben, wie Kohlen- und Erzgruben, Salinen. Mineral­quellen usw. und Monopole. Zu den letzteren können dis Apotheken gerechnet werden, und ich möchte mir ge­statten, über die Sozialisierung der Apotheken einige Worte zu schreiben. Zum allgemeinen Verständnis möge vorausgeschickt werden, daß wir in Würtemberg 2 Arten von Apotheken haben: die sogen. Realrechte und die Per­sonalkonzessionen. Die Realrechte sind Privilegien, ding­liche Berechtigungen zum Betrieb einer Apotheke auf einem Grundstück, welche bei Verkauf ohne weiteres auf den Nachfolger übergehen. Diese Nealrechte sind ein Ideal- weit, welcher beim Besitzwechsel entsprechend bezahlt wer­den muß. Bei den Personalkonzessionen wird die Berech­tigung zunl Betrieb der Apotheke vom Staate einem Apotheker verliehen. Der Apotheker muß die Einrich­tung (das Warenlager, Haus. evtl, besten Miete) aus eigenen Mitteln bestreiten, während er für die Berechti­gung zum Betriebe der Apotheke nichts -n bezahlen hat, im Gegensatz zum Käufer eines Realrechtes. Der Kon­zessionär kann dann allerdings dis °Apotheke nicht wieder verkaufen; es fällt vielmehr, wenn er auf die Weiter-

dsf VKNHkiMz E MMS. Es Mell? nun ohne weitstes, daß derjenige Apotheker, welcher eines Personalkonzession erhält, gegenüber demjenigen, welcher sich ein Realrecht kaust, im Vorteil ist dadurch, daß er für die Berechtigung zum Betrieb der Apotheke nichts zu zahlen hat. Ein Nachteil für die Konzessionäre ist aüf der anderen Seite der Ilmstand, daß es wohl selten ge­kästen werden, daß eine Verminderung der Arbeit ein- treten würde, dadurch, daß viele Artikel in einer Zen­trale hergestellt werden konnten, und daß eine ganze An­zahl von Arzneimitteln, welche seither ohne ärztliche Ver­ordnung in den Apotheken abgegeben werden, der sogen. Handverkauf, aus der Apotheke verschwinden würden; den wie wollte man die Abgabe der in Beträgen von 10 und 20 verkauften Waren buchen und kontrollieren, ohne den oben genannten Blanko-Ehrlichkeits-Wechsel? Dieser letztere Punkt, der sog. Handverkauf, führt zu zwei weitern wichtigen Fragen, nämlich der Versorgung des Publikums mit tadellosen Arzneimitteln, und der Renta­bilität der Staatsapvtheke. Sämtliche Mittel der Apo­theke, auch der Handverkauf, unterstehen der regelmäßi­gen, behördlichen Prüfung, und das Publikum hat die Garantie, in der Apotheke nur das Beste zu erhalten, und hat im Apotheker bei der Auswahl der sogen. Hausmittel einen gewissenhaften Berater, ohne daß dieser sich damit, um einen diesbezüglichen Vorwurf gleich vorwegzuneh­men, der Kurpfuscherei schuldig macht. Verschwindet der Handverkauf aus der Apotheke, so geht er in die Hände er Drogen« und anderer Geschäfte über, welche bez. der Güte der Mittel einer staatlichen Aufsicht nicht unterlie­gen (dies ist bei einem der Mittel heute schon der Fall), und das arzneibedürftige Publikum hat nicht die Garantie, daß es dieselbe tadellose Ware erhält, welche es aus der Apotheke beziehen kann.

lingt, vor Erreichung des 40. Lebensjahres eine solche Konzession zu bekommen, also selbständig zu werden.

Sollen nun die Apotheken sozialisiert werden, so liegt es aus der Hand, daß dies bei den Konzessionen verhält­nismäßig einfach zu machen wäre, insofern also der Staat nur das Warenlager und die Einrichtung zu übernehmen hätte, evtl, noch die Gebäulichkeiten, während bei den Realrechten auch noch die Berechtigung zum Betriebe ent­schädigt werden müßte, und auf Entschädigung hat sich die Nationalversammlung ja festgelegt.

Realrechte gibt es in Württemberg ca. 200. Nehmen wir als Durchschnitt für den Preis der Berechtigung, ganz nieder gerechnet, den Betrag von 100 000 -4l an, so er­gibt sich allein für die Ablösung der Berechtigungen eine Summe, welche den württ. Staatssäckel ganz erheblich be­lasten würde, und welche noch entsprechend erhöht würde durch den Betrag für Gebäulichkeiten, Einrichtung und Warenlager. Man mache sich nun einen Begriff, welche Summe für das ganze Reich aufzubringen wäre, nur zur Ablösung der Realrechte, namentlich, wenn man an unsere heutige Valuta denkt. Nun könnte man mir ent­gegenhalten: die Zahl der Apotheken wird nach der So­zialisierung verringert werden, und dadurch werden die Betriebskosten geringer. Es ist zweifellos richtig, daß man mit einer geringeren Zahl von Apotheken ausksmmsiv könnte, und es würden auch sicher in den Städten manche Apothekenbetriebe zusammengelegt werden. Nehmen wir z. B. unsere hiesigen Verhältnisse, so würde hier sehr gut' eine Apotheke zur Befriedigung des Arzneibedürfnistes von Stadt und Umgebung genügen. Aber wie wäre es dann mit dem Personal? Dieses wird wohl auch wie jedes andere, den Achtstundentag beanspruchen dürfen. Da der Apotheker Tag und Nacht jederzeit dienstbereit sein muß, so müßte für entsprechende Ablösung gesorgt werden.

(Schluß folgt.)

Pforzheim, 4. April. Es sind gestern 26 Neuer­krankungen an Typhus gemeldet worden, sodaß die Gesamtzahl nunmehr 2352 beträgt; die der Toten ist auf 161 gestiegen, beträgt also schon rund 7 Prozent. _^

Für die Schriftl. verantwortlich: Otto Seit mann, Calw. Druck und Verlag der A. Ölschläger'schen Buchdruckerei, Calw..

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