— 438 —
die beiden Republiken seien nicht erobert, er weigere sich, sich der britischen Herrschaft zu unterwerfen, da die Mächte die Unabhängigkeit der Republiken anerkannt hätten.
Lissabon, 16. Sept. Die portugiesische Regierung richtete an den Gouverneur von Mozambique ein Telegramm, worin die Abreise des Präsidenten Krüger nach Europa gestattet wird. Aber der Gouverneur werde sich versichern müssen, daß Krüger dieses Reiseziel eiuhalte und alle Vorsichtsmaßregeln treffen müssen, um bis zur Einschiffung Krügers für dessen Sicherheit und ehrerbietige Behandlung Gewähr zu leisten.
Shanghai, 17. Sept. Nach amtlicher deutscher Meldung aus Tientsin wurde am l l. ds. Liang von den deutschen Seebataillonen erobert und niedergebrannt. 500 Boxer wurden getötet. Deutscherseits wurde 1 Mann getötet und 5 ver- wundet.
Lokales.
Wildbad, 18 . Sept. Die Aufführung des Wildbader Festspiels am Sonnkag Abend war wiederum ein glänzender Erfolg. Das Theater war so überfüllt, daß man nur mit Mühe zu seinem Platze gelangen konnte, wenn man nicht
Stunde vor Beginn sich einstellte. Herrn Dr. Teufel wurde ein prächtiger Lorbeerkranz überreicht und viele der Mit- spielenden wurden mit reichen Blumenspenden bedacht. Das Spiel war in allen Teilen gelungen und man steht recht gut, gegenüber den früheren Vorstellungen, daß die Spielenden an Sicherheit des Auftretens und Gewandtheit in Mimik und Ausdruck ganz bedeutend zugenommen haben. Graf Eberhardt und besonders der Jude waren vortreffliche Leistungen, die ein Schauspieler von Beruf nicht übertreffen könnte. Rösle's (Frl. Maier) unbefangenes, einfach-natürliches Spiel berührte ungemein sympatisch und die Wirtin (Frau Seyfsert) zeigte sich ihrer Rolle ebenso gewachsen, wie der Schmied (ihr Mann), der jedesmal Bewunderung erregt. Herr« Krimmel als Jörg gebührt das ungeteilteste Lob und sein »Maurer* war nicht weniger gut. Veit (Herr Lindenberger) Wildbrett (Herr Riexing er) und Herr Treiber als „Schuttes* fanden wieder großen Beifall, besonders aber Herr Fuchslocher als „Kunz". Doch auch Herr Wurster als Diethelm, Herr Maler Schmid als Meister und Hr. Zimmermann Schmid, der Markgröninger, sowie Frau Pfeiffer als Zigeunerin, zeichneten sich durch treff- liches Spiel aus und die übrigen alle halfen zusammen zu dem wirklich großartigen Erfolg. Wird denn das Festspiel nicht auch einmal in Stuttgart zur Aufführung gelangen? Es verdient doch gewiß, vor einem größeren Publikum in der schwäbischen Landeshauptstadt aufgeführt zu werden und die Darsteller wahrlich brauchen sich vor einer scharfen Kritik nicht zu scheuen!
Wildbad, 19. Sept. (K. Kurtheater.) Nächsten Sonntag werden sich die Pforten unseres Musentempels noch einmal öffnen und durch dieselben die bereits weit und breit berühmten Königskinder ihren Ein- zug halten. Dieses prachtvolle Märchenschauspiel, das bereits über 700 Mal in
vielen großen Städten aufgeführt worden, j fängnis^verurteilt werden. Denken Sie so im Hoftheater zu Baden-Baden, am darüber nach', ob Ihnen nichts einfällt, fürstlichen Hoftheater zu Sigmaringen was die That dieser Soldaten mildern
vor dem ganzen fürstlichen Hof, 15 Mal in Karlsruhe unter hoher Protektion der Großherzoglichen Herrschaften,findet über- all stürmischen Beifall. Zahlreiche, glän- zende Zeugnisse hoher Orts- und Schul- behörden, ja selbst fürstliche Handschreiben beurkunden den künstlerischen Wert des Werkes und dessen stets tadellose Darstellung durch die kleinen Künstlerscharen unter der bewährten Leitung des Verfassers, Herrn I. Pohl- Prantl, welchen wir mit seinen lieblichen Königskindern dem freundlichen Wohlwollen der hiesigen Einwohnerschaft empfehlen möchten.
Wnte rHatt enöes.
Der vergangene Auditor.
von Maximilian Schmidt.
(Fortsetzg.) (Nachdruck verboten-)
„Wenn Sie aber über den Stnhl hinabfallen?* fragte der Oberstleutnaut lächelnd.
„Ich werde fest sitzen," versicherte der Auditor, „und Sie werden sehen, wie ich meiner Funktion treu und gewissenhaft Nachkommen werde."
Der Vorsitzende und die Richter nahmen ihre Plätze ein. Elfterer hielt eine kurze Ansprache, hierauf erfolgte die Beeidigung, die Zeugen wurden vorgeführt und dann in das Zeugenzimmer verwiesen. Der Angeklagte wurde durch eine Ordonnanz hereingeführt.
Der Auditor konnte sich kaum des Lachens enthalten, als er den robusten Burschen eintrcten sah. Aus dem feindlichen Blicke, den der Filzler auf ihn warf, merkte er, daß diese« kaum eine Ahnung habe, wen er heute Nacht durch den Panger- filz geführt.
Der Auditor begann nun das übliche Verhör. Der Mann blieb bei seiner ersten Anssage, er behauptete, nur im Halbschlaf den Unteroffizier geohrfeigt zn haben. Mehrere Zeugen sagten dann aus, daß Pangerer auf den Unteroffizier schon längere Zeit eine „Pike" gehabt und öfters geäußert habe: „Der kriegt amal oane von mir, daß er an mi denkt!"
Fraglicher Unteroffizier Botsch selbst wurde nicht beeidigt. Er deponierte ebenfalls, wie in der Voruntersuchung, ließ aber in Zweifel, ob Pangerer im Halb- schlafe gehandelt habe oder nicht. Das Zeugenverhör ward beendigt, der funktionierende Staatsanwalt begründete die Klage und beantragte eine Schuldigsprechung deS Verbrechers gegen die Sub- ordination und eine einjährige Gefängnisstrafe.
Der arme Filzler wurde bei diesem Anträge kreideweiß. Der Auditor wußte, daß er jetzt an seine Großmutter denke. Bevor noch der Verteidiger seine Rede begonnen, bat der Auditor, da sich neue Umstände zum Vorteile des Angeklagten ergeben hatten, noch einige Fragen an den Hauptzeugen, den Unteroffizier Botsch, richten zu dürfen, ebenso an den Soldaten Friesinger.
„Unteroffizier Botsch," sagte er alsdann zu diesem, „Sie haben den Antrag des Herrn Staatsanwalts gehört. Der Soldat Pangerer soll zu einem Jahr Ge-
könnt».*
Der Unteroffizier schüttelte verlegen mit dem Kopfe.
„Nichts?* fragte der Auditor weiter. ES mag sein, daß Sie irgend eine Schuld Ihrerseits verschweigen, um sich nicht zu kompromittieren und nicht selbst Unglück- lich zu werden. Aber das ist höchst un- moralisch, das ist im höchsten Grade feig und verwerflich, wenn ein anderer ehrlicher Mann darunter leiden soll, ein Mann, der die einzige Stütze seiner alten Großmutter ist, die ohne seine Hilfe verhungert, der, wie sein Leumund uns sagt, noch keinerlei Strafe erhalten hat und nur als ein hitziger Bursche bezeichnet wird, ein Mann, sage ich, der gewiß die Hochachtung aller verdient, wenn man erfährt, daß er sich für einen Unwürdigen aufopfert."
Der Auditor hatte dieses mit feierlicher Stimme gesprochen, der Pangerer Hans glaubte kaum seinen Ohren trauen zu dürfen. Bei Erwähnung seiner Groß- mutter konnte er sich der Thränen nicht erwehren.
„Ja, ja," sagteer, „für die armAhnl is 's hart. Wie aber wißt's dös alles — i Hab nix g'sagt?"
Im Kriegsgerichte machte sich eine große Unruhe bemerkbar.
„Sie sind doch gesünder, als ich ge- dacht habe," sagte der Oberstleutnant leise zu dem neben ihm sitzenden Auditor. „Schießen Sie nur los, wenn Sie etwas wissen. Der Duckmäuser von einem Un- teroffizier macht ohnedies einen schlechten Eindruck auf mich."
Der Auditor nahm zur Stärkung eine Prise Tabak, dann wandte er sich wieder an Botsch und fragte abermals: „Also Sie haben nichts einzugestehen?"
„Nein," antwortete der Gefragte frech.
„Nun, so will ich Ihnen etwas erzählen," fuhr der Auditor fort. „Am Lichtmeßtag hat Sie die Marketenderin zur Zahlung einer Schuld geplagt und Ihnen mit Klage beim Herrn Hauptmann gedroht. Sie hatten morgens kein Geld, nachmittags aber bezahlten Sie die Frau. Wo nahmen Sie das Geld her?"
„Von meinen Verwandten," antwortete der Unteroffizier.
„Ich weiß es besser," sagte der Au- ditor; „Sie verkauften eine Uhr."
Der Unteroffizier wurde jetzt bleich bis in den Mund hinein.
„Warum werden Sie so bleich?" rief der Oberstleutnant. „Gestehen Sie ein, es ist so."
„Ja", sagte der Unteroffizier, „ich ver- kaufte meine Uhr."
„Also haben wir Sie schon auf einer Unwahrheit ertappt," fuhr der Auditor fort- „Erst sagten Sie, Sie hätten das Geld von Ihren Verwandten bekommen, jetzt gestehen Sie ein, daß Sie Ihre Uhr verkauften. Ich weiß aber, daß die Uhr nicht Ihr Eigentum war. Sie haben dieselbe dem Soldaten Friesinger weggenommen, wenn Sie wollen, gestohlen."
„Auf Ehr und Seligkeit, ja so ist'sl" rief Friesinger.
(Fortsetzung folgt).