fanteriekompagnie in Stärke von 120 Mann wurden mit Ausnahme von 5 Mann alle getötet oder verwundet. Große Verluste hatte auch d s deutsche Kontingent. Die Verluste der Engländer betragen 30 Mann. Die Deutschen sandten 250 Kranke und Verwundete, meist mit Seymours Kolonne in großen Flußbooten nach Taku. Dieselben wurden auf dem ganzen Weg dorthin von den Chinesen unaufhörlich belästigt. Die Chinesen erneuten den Angriff auf Tientsin am 6. ds. Ms. mit 2 vierzölligen Batterien. Es gelang der Artillerie der vereinigten Truppen, dieselben nach achtstündigem Gefecht zum Schweigen zu bringen.
London, 11. Juli. „Expreß" mel- det aus Syanghai: Aus den Informationen, welche die chinesischen Beamten haben, ergebe sich, daß zwischen der Kaiserin- Witwe und dem Prinzen Tuan ein Krieg bis aufs Messer geführt werde. Die Abschrift eines Dekretes kam in Shanghai an. In demselben lobt Tuan die Tapferkeit seiner loyalen und ergebenen Boxer. Er ernennt in dem Dekret den Prinzen Tzuan mit der eisernen Kappe und die Prinzen Jsaiskan und Kanyi zu Komman- danten der 3 Hauptabteilungen der Boxer. Die Ausländer, sagt er, seien schwach und zum Tode erschrocken. Die Boxer sollten sie mit einem Schlage zu Boden werfen, sie züchtigen und Keinen am Leben lassen.
„Daily Mail" meldet aus Shanghai, dort traf ein Exemplar des Edikts des Prinzen Tuan ein, worin er sich selbst ls Kaiser bezeichnet und die Boxer zu vhrem Vorgehen gegen die Fremden be- iglückwünscht.
— Wie die englischen Kranken in den englischen Lazarethen behandelt werden, davon giebt die „Times" eine Schilderung aus der Feder von Bourdett-Coutks. „Hunderte von Soldaten, welche an typö- sem Fieber litten, waren auf einer Kau- tschukunterlage an der Erde gelagert, nur mit einer einfachen Decke auSgestattet. So lagen diese Unglücklichen ohne Milch und sonstige Nahrung, ohne Arzneimittel, ohne Betten, ohne Tragbahren, ohne Matratzen, ohne Wäsche, nur von wenigen Soldaten gepflegt, welche niemals in der Krankenpflege unterrichtet worden waren. Um 350 Typhuskranke zu behandeln, wa- ren nicht mehr als drei Aerzte anwesend. In Zelten, wo gewöhnlich sechs bis acht Menschen im gesunden Zustande untergebracht waren, lagen zehn Typhuskrauke eng nebeneinander gepreßt, die Sterbenden unter den Genesenden, die Schwerkranken in vollster Krise an der Seite de- rer, welche diesem Zustande mit tödlicher Sicherheit entgegensahen. Im ganzen Ho- spital waren keine Betten, keine Matrazen und nur 42 Tragbahren. 294 Kranke lagen aus der Erde. Der Boden war hart wie Stein, und in der Nacht sank lue Temperatur aus Null Grad. Die Hitze in diesen Zelten am Mittag war entsetzlich, der Geruch fürchterlich. Die Gesichter der Kranken waren mit Tausenden von Fliegen bedeckt und sahen schwarz aus. Zu schwach, um mit der Hand die Fliegen wegzujagen, schnitten die Unglücklichen alle möglichen Gesichter, um durch die Bewe- gung der Haut die ekelhaften Tiere zu vertreiben. Niemand war da, um ihnen zu helfen. In der Nacht kam Niemand, um diejenigen niederzuhalten, welche im Delirium sich erhoben und nackend in das
Feld und in die eisige Nacht hinaus-
Lokales.
Wildbad, 12. Juli. An» nächsten Sonntag trifft von Stuttgart aus ein Sonderzug hier ein. Derselbe geht in Stuttgart ab um 6.30 früh und trifft um 9.30 hier ein. Die Rückfahrt erfolgt Abends 8.30; Ankunft in Stuttgart 11.25.
Unterhaltendes.
Leuchen.
Eine Erzählung von Dr. Emil Freiburger
^Fortsetzung.^ (Nachdruck Verb.)
Vor zwei Jahren war er in seine alte Heimat gekommen und hatte Umschau ge. halten. Weil der Hanfbauer in den letzten Jahren die Zieler nicht mehr einhielt und nur hin und wieder unter Entschuldigung eine Abschlagszahlung schickte, so vermutete der Amerikaner, es gehe mit seinem Bruder den Schneckengang: und d ese Vermutung fand er vollauf bestätigt. Fünf Prozent Zins sollte der Hansbauer bezahlen und vom Kapital noch Annuitäten, während die gekauften Aecker kaum drei Prozent trugen. Die letzten Jahre zeigten sich dem Hanfbau ungünstig; er blieb kurz und taugte nur, wie 'man im Scherz zu sagen pflegte, für Kinderhemd- chen, so daß er schon deshalb mit dem Italiener nicht concurrieren konnte. Um nicht zu verdrießen, mußte der Hanfbauer wiederholt Geld leihen, und, wie das gewöhnlich geht, wenn man es unter der Hand thut, zu erhöhten Zinsen.
Das merkte der Onkel bei seinem Besuche bald und sah auch täglich, daß beim Essen sechs Kinder mit offenen Mäulern am Tische saßen, während nebenan im Schlafzimmer die Hanfbäuerin ihr Neugeborenes, die Frida, an der Brust liegen hatte. Bei ihm in Amerika saßen freilich nicht ein halbes Dutzend um den Tisch herum, sondern außer ihm bisweilen nur einer, und der hieß, umgekehrt gelesen, Zieg. Doch war die Teilnahme und die Empfindung für ein häusliches Glück noch keineswegs aus seinem Innern verschwunden, und als er die schmucke Schar sah, die sich ihm so freundlich und zutraulich an die Hand und an den Rock hing, ging ihm das Herz auf. Freilich um schon eins oder das andere milzunehmen, dazu waren ihm damals die Dinger noch zu klein. Seine Haushälterin, sonst eine vortreffliche Person, welcher er alles anvertrauen konnte, litt an Griesgrämigkeit und wollte mit Kindern nichts zu schaffen haben. So verschob der Onkel die Sache auf eine spätere Zeit und Gelegenheit.
Doch jetzt nach Verfluß von zwei Jahren stand die Sache anders. Die alte Haushälterin machte zum Glück oder Unglück für den Onkel einen dummen Streich; sie hing ihr Herz und ihre Ersparnisse an einen Knecht und ruhte trotz aller Warnungen nnd Abmahnungen nicht, bis er sie heiratete. Sollte der bald sechzigjährige Mann sich nach einer völlig fremden Haushälterin umsehen? Sein Blick wandte sich nach der Heimat. Könnte er wenigstens ein bekanntes, verwandtes Element in seine nächste Umgebung verpflanzen ; denn selbst Amerika zu verlassen und nach Hause zurückzukehren, dazu vermochte er sich nicht zu entschließen. Der sonst geizige Mann wurde im Gefühl seiner Einsamkeit ganz ungewöhnlich weich.
Er ließ seinem Bruder den rückständigen Zins nach mit der Bitte, sich und alle die Seinen auf einem Familienbild und dann noch jedes der Kinder einzeln photographieren zu lassen und ihm die Bilder recht bald zu schicken.
Selbstverständlich rief dieses Begehren einen freudigen Aufruhr in dem Hause des Hanfbauern hervor; denn photo- graphirt war außer den Eltern bis jetzt noch keines. Der Tag an welchem die Familie, — auch die zweijährige Frida im Kindern,ägelchen — zum Photographen im Amtsstädtchen zog, gestaltete sich zu einem wahren Festtage und dem Photographen rannen die Hellen Schweißtropfen von der Stirn, bis er mit Ach und Krach die Kinder einzeln und dann auf einem Familienbilde glücklich und ohne Kopfwackeln ausgenommen hatte. Frida saß dem Lenchen auf dem Schooße und mußte dreimal erneuert werden. Denn Blitzmaschinen gab es damals noch nicht und Lenchen wollte noch dem Onkel in Amerika von ihrem Liebling, den er damals nnr in den Windeln gesehen, einen ordentlichen Begriff beibringen. Auf den Einzelbilder geriethen Franz und Lenchen am besten. Zu Franz sagte der Photograph im entscheidenden Augenblick, er solle an etwas freundliches denken. Da dachte der Knabe an die große Eierpflaume, die er vor dem Weggehen unter dem Baum im Grasgarten, als die erste reife, gefunden und deren Fnnd er den andern verheimlicht hatte. Bei der Mina wollte diesselbe Mahnung des Photographen nicht fruchten. Sic litt an der schlimmen Gewohnheit, wenn ihr die Mutter die Haare machte, plötzlich mit der Hand auf den Kopf zu fahren und zu kratzen, und alle Mahnungen. diese Untugend zu lassen, wollten bis jetzt nicht helfen. Als nun die Hanfbäuerin an jenem Morgen des photograph- lichen Festtages ihr Tochterlein besonders schön und sorgsam frisieren wollte und just rechts und links vom sanbern Scheidet die Flachshaare glattgekämmt hatte, fuhr ihr das dumme Mädel in der Aufregung mit beiden Händen in die Haare, um ihre Nägel zu beschäftigen, erhielt aber dafür eine saftige Ohrfeige. Der vom Photographen angeratene freundliche Gedanke schlug im entscheidenden Augenblick in diese Erinnerung um, und der Gesichtsausdruck der Mina wurde aus diesem Grunde auf dem Bilde zwar sehr ähnlich, aber doch etwas ernst.
Dem Onkel, für welchen die Bilder ausschließlich bestimmt waren, gefielen dieselben ungemein, und er sprach in dem Brief, den der Hanfbauer vorlas, wiederholt seinen Dank und seine Freude aus. Alle Kinder seien seit zwei Jahren, wo er sie gesehen, hübsch groß geworden; die kleine Frida und Lenchen aber hätten sich doch am besten gemacht.
Der Vater schaute jbei dieser Stelle des Brieses nach seiner ältesten Tochter. Die anspruchslose Jungfrau empfand das ihr vom Onkel gespendete Lob unangenehm und errötete. Um die Verlegenheit zu verbergen, beugte sie sich etwas unter sich, wobei ihr die dicken braunen Zöpfe nach vornen fielen. Sie warf die Flechten zurück und machte sich an. dem auf dem Eckschränkchen stehenden Strickkorb etwas zu schaffen.
Inzwischen las der Vater weiter. Der Onkel möchte am liebsten alle die Kinder haben^und übers Meer holen, ob wenig-