Vom Kriegsschauplatz i« Südafrika.

Berlin, 13. März. Drahtungen aus Lourenzo-Marques melden aus Buren­quellen, der Fall von Mafeking scheine gewiß zu sein. Ein allgemeiner Sturm­angriff sei in Vorbereitung. Die Buren glauben, die Einnahme der Stadt werde den sinkenden Mut der Burghers wieder beleben. Der Berichterstatter derDaily News " im Hauptquartier von Lord Roberts meldet aus Driefontein am Sonntag Morgen: Eine Schlacht wütete gestern den ganzen Tag. Roberts errang einen neuen Erfolg, aber nicht ohne beträcht­liche Verluste. Der Feind wurde bei Abrahamskraal angetroffen, er hielt weit besser Stand als Mittwoch. Erst nach heißem Kampf wurden seine Stellungen von der Infanterie mit dem Bajonett genommen. Die Buren wurden schließlich nach Süden vertrieben und ließen viele Tote zurück. Die Kavallerie hatte eine härtere Aufgabe als sonst. Der Versuch, eine Flankenbewegung auszuführen, schei­terte mehrere Male, der Feind schien in größerer Stärke zu sein, als erwartet wurde, seine Linie erstrekte sich über den ganzen Bischoffsrand, mehrere seiner Geschütze wurden trefflich gehandhabt. Die Kavallerie setzte indes mit großer Hartnäckigkeit eine Bewegung nach Süden in dem Versuch, den Feind zu überflügeln, fort. Die Buren folgten hinter hügeligem Gelände, sie versuchten, uns zu überflügeln. Der letzte Schuß wurde um */r8 Uhr abends abgefeuert. Wir sind jetzt auf dem Wege nach Bloemfontein. Roberts stößt ohne Zeitverlust vor.

Aus London, 12 März meldet man der Straßb. P.: In Militärkreisen sagt man, daß die Verluste Roberts bei Drie­fontein am Samstag bedeutender gewesen seien, als bisher verlautete. Der Wider­stand der Buren setzte die Militärbehör­den nicht weiter in Erstaunen, sie seien neuer Gefechte gewärtig und verlangten Verstärkungen. Die Bewegung der Afri­kander, die zwei von Kitchener ausgesandte Regimenter in der Nähe von de Aar ge­schlagen haben, erregt große Besorgnis.

London, 12. März. Ueber den Kampf von Drietfontein wird weiter be­richtet, daß die Engländer, obgleich sie nur ein kleines, feindliches Korps von 3000 Mann gegenüberfanden, außeror­dentliche Verluste erlitten haben. Sie sollen über 500 Todte und Verwundete verloren haben, eine große Anzahl wird außerdem vermißt. Unter den Tobten und Verwundeten befinden sich auch viele Offiziere.

London, 12. März. Lord Roberts telegrasirt von Driefontein vom 11. ds. Die Verbündeten haben sich unserem Vor- marsch während des gestrigen Tags ent- gegengestelltundhaben uns, da sie das Terrain kennen, arg zu gesetzt. Dank der bewunderungswürdigen Haltung unse­rer Truppen sind wir bei unserem Be- stimmungsort angekommen. Die Division Kelly-Kenny war am meisten engagirt. Zwei ihrer Bataillone trieben die Buren mit dem Bajonett zurück. Die Buren, die große Verluste hatten, ließen 102 Tote zurück. Wir haben 20 Gefangene gemacht. Unsere Verluste kennen wir noch nicht genau. Gefallen sind 2 Haupt­leute und ein Gemeiner, und verwundet sind 2 Obersten, 2 Hauptleute und 5 Leutnants.

London, 13. März. Amtlich wird gemeldet: General French besetzte letzte Nacht zwei Bloemfontein beherr­schende Hügel.

Ventersvlei, 13. März. Morgens. Lord Roberts hat General French ange­wiesen, daß er sich, wenn er Zeit dazu finde vor Ablauf des Tages der Eisen­bahnstation Bloemfontein und des rollen­den Eisenbahnmaterials bemächtigen soll. Um Mitternacht wurde Roberts von French benachrichtigt, daß er nach heftigem Wider­stande zwei in der Nähe der Eisenbahn­station befindliche Hügel besetzt habe. Ein Bruder des Präsidenten Steijn wurde gefangen genommen. Die Telegraphen­leitung ist beschädigt. Roberts setzt sich soeben mit der 3. Kavalleriebrigade und mit berittener Infanterie in Bewegung, um die Kavalleriedivision zu verstärken.

Kapstadt, 14. März. General French ist in Bloemfontein eingetroffen.

Unterhaltendes.

Der alte Pofteimlehmer.

Eine Erzählung von M. Ling. (Schluß.) »Nachdruck verboten.)

Daß sein Sohn steckbrieflich verfolgt werde, empörte ihn nicht weniger.Nach dem, was ich eben gehört," sagte der Amts­richter endlich, ,,kann ich nur mein auf­richtiges Bedauern über unfern Mißgriff aussprechen. Ich beeile mich," (er zog die Uhr)da es wohl noch Zeit ist, Ihren Herrn Schwager sogleich in Freiheit zu setzen. Wollen Sie mich begleiten ?" Natürlich ging der Doktor mit und der Postinspektor schloß sich an.

Als der Bürgermeister, Paul und Dora, die es sich nicht nehmen ließ, ihren Onkel selbst abzuholen, am andern Morgen in die Stadt kamen und zuerst Pauls Vater aufsuchten, waren sie freudig erstaunt, bei ihm am Frühstückstisch den alten Einnehmer zu finden.

Griech entzog sich derVerhaftung durch schleunige Flucht. Er war zufällig auf dem Bahnhof in der Stadt gewesen, als Paul mit seinem Vater anlangte und hatte sie gesehen. Später kam ein Brief von ihm, aus Brasilien, worin er die Unschuld Pauls bestätigte. Er habe, um sich das Wohlwollen des Einnehmers zu verschaffen, an jenem Abend allerdings eine Sendung an seine Mutter (von fünf Mark) aufgegeben, aber heimlich wieder mitgenommen, als Paul ankam,da Dora jetzt doch für ihn verloren sei und er jene Ausgabe somit sparen könne." Pauls rasche Abreise habe ihn veranlaßt, einen Postschein in hohem Betrag zu fälschen, um Paul in den Augen der Seinigen zu verdächtigen. Als er die Wirkung seines Kniffs wahrgenommen habe, wollte er durch den Einnehmer einen Druck auf Dora ansüben. Gegen seinen Willen sei die Sache znr Anzeige gekommen und nun habe er nicht mehr zurückgekonnt. Die Liebe zu Dora habe ihn auf diese Abwege geführt.

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Der Einnehmer hat sich von den Er­schütterungen der letzten Wochen über Erwarten rasch erholt und sitzt mit seinem Schwager und Neffen im Gärtchen.Du könntest mir eine Zigarre bringen, Paul," sagte der Doktor.Das Kistchen steht im Wohnzimmer."Mit Vergnügen lieber Vater."

Paul kommt an der Küchenthüre vor­über und sieht dort Cäsar mit großem Eifer Dora in ihren Haushaltungsge­schäften Beistand leisten. Da der Neger etwas deutsch sprach, kamen die Leiden prächtig mit einander zurecht.Cäsar, du machst Fräulein Dora den Hof, alter Kerl!"

O nein, Cäsar Miß Dora nicht Hof machen. Miß Dora bald Braut, aber nicht für alten Nigger."

Cäsar!" rief Dora verweisend und wurde sehr rot.

Miß Dora Herrin von Cäsar!" fuhr der Schwarze fort.

Ich bin nicht deine Herrin!" wider­sprach das Mädchen.

Aber Miß Dora es werden, sehr bald es werden!" eutgegnete Cäsar und zeigte höchst vergnügt grinsend seine weißen Zähne. Dora entrann in die Wohnstube und Paul folgte ihr, um seinem Vater die verlangte Zigarre zu holen.

Ich weiß nicht, wo der Junge bleibt!" sagte der Doktor, der lauge vergeblich auf die Rückkehr Pauls wartete. Er ging ein paar Schritte, um zu einem offenen Fenster der Wohnstube, die zu ebener Erde lag, hineinzusehen, und winkte, nach­dem er einen Blick durch dasselbe ge­worfen, seinen Schwager zu sich heran: auf dem Sofa saßen Paul und Dora, ihr Kopf ruhte auf seiner Schulter, während sein Arm sie umschlungen hielt.

Ein Blick Doras streifte das Fenster und sie sah die beiden alten Herren.Er will mich mitnehmen, Onkel," sagte sie mit glückstrahlendem Gesicht,ohne übrigens ihre Stellung zu ändern.

Und du gehst, scheint es, recht leichten Herzens?"

Nein, Onkel," rief sie, und zog Paul mit sich zu den beiden Alten hin, während in ihre eben noch fröhlich lachenden Augen Thränen traten,recht schweren Herzens gehe ich von dir und den Eltern. Aber Anna wird meine Stelle bei dir ver­treten, sagt Paul."

So? sagt er dies? das ist recht freundlich von ihm, für mich zu sorgen. Du willst also mit über das Wasser?"

Ich möchte doch auch das schöne Haus sehen, von welchem Paul uns erzählte," meinte sie lächelnd.

Es wird das Deinige sein, mein Kind," sagte der Doktor.Aber nun kommt herein, Vater, Onkel," bat Dora ernst­haft,kommt herein und segnet Eure Kinder, dann gehen wir zu meinen Eltern hinüber!"

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Woher der Erzähler diese Geschichte habe? Von Weidingen selbst und dort hat sie ihm der Totengräber erzählt, der des alten Märte Schwesterkind ist. All­jährlich nämlich unternimmt der Erzähler mit dem Zeichenbuch und Malkasten eine Fußwanderung, um sich von den Unter­richtsstunden, die er um des lieben Brotes willen giebt, zu erholen und um Stoffe zu neuen Bildern zu sammeln. So ging ich vorigen Sommer dem Weidinger Bach entgegen, das Gebirge hinauf, und die Burgruine mit ihrem Turm zog mich an und die Kirche mit ihrem schönen Chor, der so malerisch zwischen den breitschattigen Linden liegt. Als ich mir einen Platz suchte, von wo ich sie zeichnen wollte, fielen mir zwei neue, ganz gleiche Grab­steine auf, die neben einander standen.