an den Körper eines Verstorbenen anlege, es sei denn, daß es die Leiche eines Hin­gerichteten sei. Der französische Arzt ging deshalb zum allgewaltigen Vizekönig Li Hungtschang, um ihm seine Not zu klagen. «Ich habe zu wenig Leichen", sagte er, und ohne die Leichen können die Medi­ziner nicht Anatomie studieren".Sie bekommen doch die Leichen der Hingerich­teten", erwiderte Li Hungtschang.Ja", antwortete der Arzt,das ist aber viel zu wenig".Nun, erklärte Li Hung­tschang niit großer Seelenruhe,man wird also mehr hinrichten".

Unterhaltendes.

Hammers Sanatorium.

Von Alwin Römer.

«Nachdruck verboten.)

Noch was von Wichtigkeit, Lorenz?" fragte der Kommerzienrat Hammer sicht­lich abgespannt seinen alten Privatsekretär, mit dem er die Vormittagspost soeben er­ledigt hatte.

Nein," entgegnete der alte Vertraute des wackeren Fabrikbesitzer, der mit Lorenz schon bekannt gewesen war, als er selbst noch als Werkmeister in der großen Jordan- schen Fabrik gearbeitet hatte.

Der Alte war dort ein trotz seines Fleißes schlecht bezahlter Buchhalter gewesen und hatte mit Freuden eingewilligt, in Ham­mers Dienste zu treten, als dieser that- kräftige eisern fleißige Mann sich selbst eine kleine Fabrik gründete. Durch ein paar wesentliche Verbesserungen an den Maschinen, die er baute, war Hammers Unternehmen damals schnell zur Blüte gelangt. In kurzer Zeit hatte er die Kon­kurrenz überflügelt. Seine Maschinen ge­nossen den besten Ruf, auch im Auslande, und hatten ihm ein Vermögen erworben. Natürlich war auch der Titel dann nicht ansgeblieben, und so konnte er mit Be­friedigung auf ein Leben voll Arbeit zu­rückblicken, das wie selten eines mit reichem und ehrlichen Erfolge gekrönt worden war. Dafür hatte ihn das Geschick mit mancher­lei Kummer in der Familie heimgesucht. Zwei Kinder waren weggerafft, und sein Weib, das ihm die sorgenvollen Jahre feines Emporstreböns durch aufopfernde Liebe und ausdauernde Selbstverleugnung leicht gemacht hatte, war diesem Schlage nichs gewachsen gewesen. An feiner inner­lichen, unheilbaren Krankheit war sie da­hingesiecht.

Es hatte nicht an guten Freunden gefehlt, die dem Vereinsamten alsbald mit Vorschlägen zu einer zweiten Ehe gekom­men waren. Er war ja noch ein Vier­ziger, kräftig und gesund und was die Hauptsache war: reich und angesehen. Aber g rade diese letzten beiden Gründe, die ihm Erhörung selbst bei jungen und vornehmen Schönheiten gesichert hätten, waren es, über die er nicht hinwegkommen kounte. Seine verstorbene Frau war ein schönes Mädchen, allerdings mit geringer Bildung, aber voll natürlicher Begabung gewesen, das ihn, den einfachen Arbeiter, um seiner selbst willen gemocht hatte. Bei allen diesen liebenswürdigen, hochgebildeten Damen mit den prachtvoll fristeten Köpfen und den sanft und hingebend strahlenden Augen wurde er den Gedanken nicht los, daß sie sich auch nichteinen Pfifferling aus ihm machen" würden, wenn er noch der einstige Werkmeister und nicht reiche

Kommerzienrat Hammer, Ritter pp. wäre! Und so hatte er sich bis heute zu keiner neuen Verbindung entschließen können, wiewohl ihm die Annehmlichkeit einer trauten Häuslichkeit schwer entbehrlich war.

Um so höher war aber die Fürsorge gestiegen, die er für das Wohl seiner Arbeiter hegte. Alle modernen Wohl­fahrtseinrichtungen, die sich als zweckmäßig erwiesen, traf er in seiner Fabrik als einer der ersten. Er hatte Kranken- und Pensionskassen gegründet, hübsche Arbeiter- familienhänser bauen lassen, kümmerte sich um die Erziehung der Kinder seiner Leute und unterstützte die Befähigten durch nam­hafte Beiträge, damit sie ihren Anlagen gemäß ansgebildet werden konnten. Vor allem aber sorgte er für die Gesundheit unter seinem Personal. Abgesehen davon, daß er ihnen tagsüber statt des leidigen Branntweins im Sommer Kaffee und im Winter Bier verabreichen ließ, hatte er einen tüchtigen Arzt verpflichtet, der eine Art sanitärer Kontrolle über sein kleines Heer übte, um bei allen aufkeimenden Leiden gleich die nötigen Vorkehrungen zu ihrer Bekämpfung treffen zu können. Hauptsächlich stellten sich in der Fabrik Krankheiten der Atmnngswerkzeuge ein. Hammer hatte daher auf den Rat des Arztes vor ein paar Jahren in einem hochgelegenen, waldreichen Ort des nahen Gebirges ein geräumiges Haus erbauen und bequem einrichten lassen, worin alle die seiner Arbeiter Erholung und Genesung finden sollten, die im Dunst und Staub und Qualm der Fabrik an ihren Lungen Schaden gelitten haben.

Dieses Sanatorium war seine Freude wegen der guten Einwirkung, die es aus­geübt hatte; aber die Leitung und Ver­waltung desselben hatte ihm im Laufe der paar Jahre schon viel Verdruß be­reitet. Die Damen, die er nacheinander als Vorsteherinnen dieser seiner Anstalt engagirt hatte, waren alle nicht lange auf dem reichlich dotirten Posten geblieben. Theils hatte er sie wegen schlechter Wirt­schaftsführung entlassen müssen, teils hatten sie eine passende Gelegenheit zur Verhei­ratung gefunden. Auch jetzt, zum Beginn der diesjährigen Kurzeit, hatteer wieder nach einer neuen Kraft Umschau halten müssen. Die Angelegenheit ging ihm durch den Kopf.

Wie ist's, Lorenz?" fragte er.Ist die Dame angetreten in Fichtenstein?"

Heute Mittag trifft sie ein! Die Schlüssel sind im Schulzenamt. Ebenso die erste Rate des Wirtschaftsgeldes! Soll mich wundern, wie wir mit ihr fahren. Reichlich jung ist sie noch!"

Hm danach geht's nicht! Die Aelteste, die wir hatten hieß sie nicht Schmiedecke?war die Schlimmste!"

Ja, der alte Geizdrache, der unfern armen Winkelmann hat hungern lassen! Na, der neuen habe ich geschrieben, wie Sie nach der Seite hin denken!"

Das ist gut, Lorenz! Hat denn der Doktor übrigens schon bestimmt, wer für den Mai hinauf soll?"

Noch nicht. Er kommt nachher wohl noch mit vor!"

So? Na, dann ordnen Sie nur alles mit ihm. Ich muß jetzt zur Magistrats­sitzung!"

Hmich hätte gern gesehen, wenn Sie dabei gewesen wären! Vielleicht

hätten Sie sich auch bewegen lassen, aus­zuspannen, auf ein paar Wochen nur! Sie sehen wirklich nicht gut aus!"

Ich fühle mich auch erschöpft. Aber das geht vorüber, Alter! In meinen Jahren! Wo soll man jetzt auch hin? Italien ist viel zu weit auf ein paar Wochen!"

In Fichtenstein soll es schon ganz nett sein! Morgen ist der erste Mai. Laut Prospekt der Kurverwaltung fängt da die Saison an!"

Ja, mit Heulen und Zähneklappern! Nicht war, Doktor?" wandte er sich an den eben eintretenden Arzt, der, nachdem er sich orientirt hatte, lachend erwiderte:

Ein bischen windig ist's oben aller­dings noch. Deshalb meine ich auch, wir lassen unsere Patienten noch vierzehn Tage hier. Zumal für die Frau vom Werkmeister Wenzel ist die Luft jetzt noch viel zu scharf. Aber für Sie, Herr Kom­merzienrat, fallen solche Bedenken wirk­lich fort. Sie sind nichts weiter wie ner­vös überreizt durch ihre unvernünftige Arbeitswut. Da ist Fichtenstein jetzt wie für Sie geschaffen. Der Wald im Auf­knospen außer den immer grünen Nadel­beständen; noch kein , Freudenlärm, keine Table d'hote, kein Kurkonzert! Wenn Sie nicht nach dem Süden wollen, gibt's gar nichts Besseres!"

Außerdem sehen Sie gleich einmal, wie der Umbau ausgefallen ist! Und wie wirmit derneuen Wirtschaftsdame fahren!" warf Lorenz ein.

Natürlich!" sagte lebhaft der Doktor. Nehmen Sie ihr einen fürchterlichen Eid ab, daß Sie sich nicht unterstehen soll, nach kaum genesenen Buchhaltern oder Monteuren, die ich ihr hinaufschicken werde, zu angeln, wie nun schon zwei ihrer Vor­gängerinnen!" (Forts, folgt.)

Vermischtes.

Von allen Erfindungen, die bis dato den Markt überschwemmt haben, dürfte wohl ein Verfahren zur Verwand­lung von Erde in Brennmaterial die be­deutendste sein. Sie wird in kommerzieller und industrieller Beziehung, sowie bei allen Denjenigen von einschneidender Bedeu­tung sein, die die Kohle als Brenn- und Heizmaterial verwenden. Diese enorme Erfindung wird der Kohle eine kaum glaub­hafte Niederlage bereiten. Die künstliche brennbare Erde wird vermöge ihrer größe­ren Heizkraft und 3fach längeren Brenn­barkeit, bei einem bedeutend geringen Preise, die Kohle in kurzer Zeit ersetzen. Da jede Erde, sogar Straßenkehricht, Schlacken und sonstige wertlose Abfälle, mit gleich gutem Vorteil verwendet werden kann, werden die mit geringen Kosten herzustellenden Fabrik-Anlagen, hauptsächlich in den grö­ßeren Städteu, nicht mehr lange auf sich warten lassen und ihr Fabrikat dem Konsum übergeben. Für die gesamte Industrie ist die Erfindung von geradezu unschätz­barem Wert. Die Feuerungsanlagen wer­den neben einem höheren Heizeffekt eine viel raschere und billigere Bedienung durch die Erdbrikets erhalten. Die Heizproben, die sowohl in Kesselanlagen als auch im häuslichen Familienherd (mit der brenn­baren Erde schon angestellt wurden, legten das glänzendste Zeugnis ab von der groß­artigen Erfindung. Aber nicht nur der Industrielle, sondern auch der mittlere und kleinere Mann werden mit gleich großer Genugthuunz die Vorteile dieser hochwich-