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das Verdienst erwarb, die erste deutsche, Rebe zu pflanzen. Später errichtete er eine große Weinfarm. Die beiden Söhne haben auf den deutschen Schulen ihre Allsbildung und eine echt deutsche Erziehung genossen. Trotz der ziemlich mangelhaften Fachbildung machten die beider: Brüder in Amerika großartige Carrisre. August Kautz hat es zu einem der tüchtigsten Reiter-Generale der dortigen Armee gebracht, während Albert Kautz einer der hervorragendsten Flotteuführer geworden ist-
Auv Ir-iedensbewegung.
Es dürfte nachgerade au der Zeit sein, den sog. Friedeusvereiuleru und ihrem Treiben etwas genauer auf die Finger zu sehen, denn so ganz harmlos, wie sie auf den ersten Anblick erscheinen, sind diese Leute in Wirklichkeit doch nicht. Kann doch der Schreiber dieser Zeilen aus zuverlässiger Quelle mitteilen, daß bei einer in der Nähe von Stuttgart abgehalteueu Friedensversammluug es vorgekommeu ist, daß ein Redner die anwesenden Frauen ansforderte, gegen die Auslieferung ihrer Sohne zum Militärdienst öffentlich zu protestieren. Man braucht ja das nicht tragisch zu nehmen, allein das Bestreben der Friedensvereine in weitere Kreise der Bevölkerung Abscheu gegen das Militärwesen zu tragen und unserer Jugend den waffenfreudigen Sinn zu rauben, ist ein Unterfangen, das ernstere Beachtung verdient und das angesichts der herrschenden Weltlage geradezu als ein Verbrechen am deutschen Volk bezeichnet werden muß. Ringsum, wohin wir in der Welt blicken, hat Deutschland fast nur Feinde und Neider, die blos den Augenblick erspähen, um über den funbequemen Nebenbuhler herznfallen und ihn unschädlich zu machen. Deutschland ist Weltmacht geworden und will es in noch höherem Maße werden, das ist in den Augen des Auslandes ein Verbrechen, das es uns nicht verzeihen kann. Für Deutschland aber ist es infolge des stetigen und starken Anwachsens seiner Bevölkerung Bedürfnis, neue Absatzgebiete für seine Industrie aufzusuchen und Pflicht, den Abfluß seiner überschüssigen Bevölkerung dahin zu leiten, wo dieselbe dem Mutterland erhalten bleibt, Deutsch land ist, kurz gesagt, darauf angeiviesen, will es sich nicht selbst aufgeben, Expansionspolitik zu treiben. Dazu gehört aber notwendigerweise ein starkes Heer und vor allem eine mächtige Flotte, dagegen abrüsten und den gegenwärtig herrschenden Zustand einfach sanktionieren, wäre gleichbedeutend mit Aufgeben seiner Welt- machtstellnng und Ueberlassung derselben an Engländer, Russen, Franzosen, Amerv kaner. Dafür ist gottlob die Mehrzahl der deutschen Bevölkerung vorläufig nicht zu haben, wohl aber befindet sich unter den sog. Friedensvereinlern ein nicht geringer Prozentsatz von Leuten, die ans Haß nicht nur gegen eine Weltmachtspo litik Deutschlands, sondern aus Haß gegen Kaiser und Reich überhaupt in der jetzigen Friedensbewegung eine willkommene Ge legenheit erblicken, um Deutschlands milk tärische Kraft zu schwächen. Und mit diesen bewußten Feinden des Reiches ziehen — cS ist geradezu beschämend, es mitan sehen zu müssen — loyal gesinnte und sonst patriotisch denkende Männer, aber unverbesserliche Fantasten und Optimisten,
die einem Friedensfantom nachjagen, das nie zu erreichen ist, es sei denn, daß auf unserem Planeten die Ruhe des Kirchhofs eingekehrt ist, ferner Pastoren, Gelehrte und Künstler, die den Blick für die Wirklichkeit entweder nie besessen oder denselben in ihrer Friedensduselei völlig verloren haben, endlich lat not lsast gefühlvolle, znm Teil „hochstehende Damen ä tu Bertha v. Suttner, für die es am geratensten wäre, in politische Dinge sich überhaupt nicht einzumischen. Das sind im wesentlichen die Elemente, aus denen die sog. Friedensvereine zusammengesetzt sind, welche die Menschheit mit dem ewigen Völkerfrieden beglücken wollen. Ueber Urteile von Autoritäten wie Bismarck und Moltke, die in klarer und überzeugender Weise die Unmöglichkeit der Realisirnng ihrer Wünsche dargethan haben, glauben ich die Leute in unglaublicher Verblendung und Verkennung der Wirklichkeit, deren Ursache in ihrem Mangel an Geschichts-, Völker- und Menschenkenntnis zu suchen ist, einfach hinwegsetzen zu dürfen.
Des deutschen Volkes harren für die nächste Zukunft noch gewaltige Aufgaben, da brauchen wir Männer, ganze Männer und keine verschwommenen Hnmanitäts- und Friedensdusler, deren haben wir in unserem jetzigen femininen Zeitalter ohnedies mehr als genug. Daß uns der Friede eit 1870 erhalten geblieben ist, das haben wir nächst der Geschicklichkeit unserer Diplomatie hauptsächlich der Furcht unserer Nachbarn vor unserem guten, scharf geschliffenen deutschen Schwert zu verdanken, und diese beiden im Bunde mit einander werden, so hoffen wir, uns den Frieden auch fernerhin erhalten, dazu bedarf es weder einer Friedensbertha noch ihrer männlichen Schleppträger. Eine starke Waffenrüstnng, mag sie auch etwas drücken, bietet uns Deutschen immer noch die icherste Friedensgarantie, erdrücken wird 'ie uns nicht, das haben die Jahre seit 1870 zur Genüge bewiesen, die ja dem deutschen Volk einen ungeahnten Auf- 'chwung seines nationalen Wohlstandes gebracht haben.
WnterHclttenöes.
Entlarvt.
Kriminalroman von Friedrich Halt. (Fortsetzung.) (Nachdr- verboten.)
Von der Stadt bog jetzt der Wagen em, in welchem der Justizrat Willmann und dessen Sekretär Neitsch kamen, sie begaben sich mit dem Kreisphysikus in Begleitung des Herrn von Aoskor nach der Stelle, wo der Baron tot lag: es ward bis dahin, außer einer kurzen Begrüßung, kein Wort gesprochen.
„Eine Kugel hat dem Leben ein Ende gemacht?" fragte der Jnstizrat, ein großer hagerer Herr, auf seinem scharf markirten Gesicht lag jetzt ein finsterer Zug und die Augen sahen fest ans von Aoskor hin, der neben dem Kreisphysikus stand.
„Heute Mittag!" gab von Aoskor zur Antwort.
Auf einen Wink des Rates nahm der Arbeiter Kahle das Tuch von der Leiche.
„Ich habe mir die Stelle angesehen, wo die Kugel eingedrungen ist", sagte der Doktor, „der Schuß ist aus unmittelbarer Nähe abgegeben, sowohl die Ränder der Wunde, als die nächste Umgebung ist vom Pnlverdampf leicht geschwärzt, das Pistol
liegt neben der Leiche, es ist also nur an einem —"
Der Kreisphysikus unterbrach sich selbst, wollte er nicht anssprechen, was er glauben mußte, wollte er es nicht aussprechen, um nicht den Richter durch seine Aussage zu beeinflußen?
Der Jnstizrat sah über die Umgebung hin, dann nach der Leiche, dieselbe lag etwa zwei Fuß von der Ruine, fast in der Mitte des etwa fünfzig Fuß langen Gebäudes, in gleicher Richtung mit dem alten, dicht mit Ephen umraiikten Mauerwerk zwischen diesem und der Leiche das Pistol.
Auch der Aktuar Neitsch, ein kleiner verwachsener Herr mit großen dunklen Augen, hatte die Umgebung scharf gemustert, als suchten seine Augen einen Gegenstand, den vielleicht einem Mörder im Augenblick der That zum Versteck gedient haben könnte, er schüttelte leicht mit dem Kopf, als sein Blick dem fragenden des Richters begegnete.
Der Justizrat sah zu dem Kreisphysikus hin.
„Wohl Selbstmord", sagte er leise, es war halb fragend, halb überzeugt gesprochen.
„Ja", war die Antwort, „soweit der Befund der Wunde, die Lage der Leiche spricht, ist Selbstmord die Todesursache", gab der Doktor zurück.
„Herr v. Aoskor", wandte sich der Rat an diesen, „wollen Sie befehlen, daß ein Tisch und einige Stühle hergeschafft werden, wir müssen zunächst hier an Ort und Stelle ein Protokoll anfnehmeu."
Joskor ging, nach etwa fünfzig Schritten rief er, sich znrückwendend:
„Kahle! Ihr könnt den Tisch holen, einer der Leute auf dem Hofe mag Stühle bringen."
„Darf ich Sie bitten, sich selbst zu bemühen und den Mann hier zu lassen?" gab der Justizrat zurück.
Herr von Noskor blickte etwas erstaunt zu dem Richter hin, er schien nicht daran gewöhnt zu sein, seine Befehle durch Jemand corrigirt zu sehen, aber er kam doch der Anordnung nach.
Der Kreisphysikus ging nach einer etwa hundert Schritte von der Ruine befindlichen Bank, wie ermattet ließ er sich dort nieder, das Alter, die Erregung der letzten Stunden, mochten doch wohl ihre Rechte geltend machen; nach einigen Minuten saß der Justizrat neben ihm.
„Mir erscheint die ganze Sache wie ein böser Traum", sagte der Doktor, den Kops nach der Richtung wendend, wo die Ruine stand, „mir ist es unerklärlich, fast unglaublich."
Der Rat zuckte die Achseln.
„Ich denke, der Baron hat sich unglücklich gefühlt, keine Ruhe, keinen Frieden im Hause gehabt", sagte er ziemlich bestimmt, „ich habe wenigstens solche Andeutungen hie und da gehört", setzte er dann wie entschuldigend hinzu, als er bemerkte, wie der Doktor die Stirn runzelte und zn ihm hinblickte.
„Ach Papperlapapp, — altes Weibergewäsch" — gab der Doktor heftig zurück, „den Himmel hat er wohl nicht in der Ehe gehabt, das will ich zugestehen, aber so verzweifelt war das Unglück nicht, daß er es Hütte durch ein solches Ende abschütteln müssen, — daran glaube ich nun und nimmermehr.