214
Preisunterschied vom Lieferanten der Farbstoffe vergütet erhielt, der in der beständigen Kundschaft seine Rechnung fand. Farbenfabrikant und Werkmeister wurden immer wohlhabender, aber die Kunden des Färbers beschwerten sich fortgesetzt über die schlechte Arbeit,' und der schier verzweifelte Mann sah sein schönes Ge- schüft schrittweise zurückgehen, bis ein Streit unter den beiden Gaunern den Schwindel ans Tageslicht brachte. Was hatte der Farbenlieferant zu sagen? Ohne derartige Bestechnngen sei es überhaupt nicht möglich in England ein Geschäft zu machen, und er sei immer noch besser als seine Kollegen. Ein anderes Bild: Ein Großgrundbesitzer und gewaltiger Nimrod kam dahinter, daß sein Förster von jeder Patronenliefernng eine Steuer vom Pat- ronenmacher bekam. Er ging der Sache auf die Spur und fand, daß Förster, Jagdgehilfen und Kammerdiener von jeder Flinte und jeder Patrone eine Abgabe erhielten. Er stellte den Fabrikanten zur Rede und dieser jammerte ihm nun vor, es sei im ganzen Reiche nicht möglich, Bestellung zu erhalten, wenn nicht die Angestellten des Käufers mitverdienten. Der Lord verzieh dem Fabrikanten und versprach ihm die Kundschaft zu belassen, wenn er ihm versprechen wollte, den Unfug der heimlichen Geschenke einznstellen. Und was that der Fabrikant? Er weigerte sich schlankweg, unter diesen Bedingungen zu liefern, „denn," sagte er, „wenn die Leute nichts verdienen, so machen sie meine' Ware schlecht." Die Londoner Handelskammer hat festgestellt, daß unter den Aerzten die Uebung weit verbreitet ist, von jeder Apothekerrechnung ein Viertel bis zur Hälfte des Betrages vom Apotheker zu beanspruchen, dem sie das Rezept zuwenden, ja, daß es nicht wenige Aerzte giebt, die vielleicht 20 v. H. der Bestattungskosten ihrer ehemaligen Patienten vom Begräbnisunternehmer erhalten, den sie den trauernden Hinterbliebenen empfehlen. Kein Geschäftsreisender kommt bis zum Prinzipal, den er besuchen will, ohne dem Hausknecht, Kommis, vielleicht auch dem Prokuristen Brückengeld entrichtet zu haben.
Lokales.
Wildbad, 8. Mai. Gestern Nachmittag fand aus dem Windhof das Schluß- und Preisschießen des hiesigen Schützen- Vereins statt. Der vor drei Jahren von dem hiesigen Verein gestiftete Wanderpreis, bestehend in einem schönen silbernen Pokal, hatte auch diesmal nicht verfehlt, seine Anziehungskraft auf d:e befreundeten Nachbarvereine auszuüben, indem trotz der ungünstigen Witterung ca. 20 Mitglieder derselben erschienen waren. Der Wanderpreis wurde bekanntlich vor zwei Jahren von den Pforzheimer Schützen und im letzten Jahre von dem hiesigen Verein errungen. Um aber dauernd in dem Besitz eines solchen zu bleiben, muß derselbe zweimal nacheinander gewonnen werden, was denn auch gestern dem hiesigen Verein glänzend gelungen ist. Es beteiligten sich an dem Konkurrenzschießen die Vereine Neuenbürg, Pforzheim und Wildbad mit folgendem Resultat:
Wildbad 358 Punkte Pforzheim 315 „
Neuenbürg 308 „
Im Einzelschießen erhielten die ersten 10 Preise auf Festscheibe I die HH.:
K. Blumenthal
mit 54 Th. I. Pr.
Fr. Kloß
„
56 „
II.
C. Maurer-Pforzheim
69 „
. III.
„
Robert Krauß
„
87 „
IV.
A. Kuppenheim „
„
93 „
V.
„
E. Kiefer
„
117 „
VI.
W. Treiber
„
138 „
VII.
C. Klein - Pforzheim
„
145 „
VIII.
„
W. Reiß
„
155 „
IX.
Max König „
„
178 „
X.
„
Im ganzen waren für obige Scheibe ca. 30 Ehrengaben gestiftet, bestehend in hübschen Gebrauchs- und Luxusgegenständen aller Art, welche von den beteiligten Schützen" nach der Reihenfolge ihres Schusses ansgewählt werden konnten.
Auf der Hauptscheibe erreichten:
Hr. Wilh. Treiber
54 Pkt.
„ A. Kuppenh eim-Pforzheim
53 „
„ Oberschützenm. Maurer „
53 „
„ Schützeum. Hippelein - Calw
52 „
„ Re iß-Pforzheim
52 „
„ König
52 „
„ K. Blumenthal
51 „
„ Fr. Treiber
51 „
„ Alois Rainer-Neuenbürg
51 „
„ Fr. Kloß
51 „
Herr Schützenmeister Treiber hielt
nach Beendigung des Schießens noch eine Ansprache an die beteiligten Vereine und brachte zum Schluß ein Hoch auf dieselben aus, worauf Herr Maurer-Pforzheim dankend erwiderte und den Wildbader Schützen-Verein hochleben ließ. Bis zum Abgang des Zuges blieben die Teilnehmer noch in gemütlicher Unterhaltung beisammen.
WnLe vHcrlL enöes.
Entlarvt.
Kriminalroman von Friedrich Halt.
(Fortsetzung.) (Nachdr. verboten.)
Kahle sah auf, er sah nicht deutlich, denn Thränen rollten ihm über sein gefurchtes Gesicht, sie drangen unaufhaltsam aus den alten müden Augen hervor, aber er sah doch, wie von Aoskor sein Gesicht jetzt mit dem Taschentuch deckte, auch er mußte wohl weinen, der Arbeiter sah es, trotz der eigenen Thränen, wie der starke Mann vor innerer Erregung znsammenzuckte.
„Ihr wißt, wie man hier die Leiche eines Menschen, der die Hand an sich gelegt, beerdigt", fuhr nach einer langen Pause von Aoskor fort, indem er die Hand mit dem Tuche sinken ließ, „wir müssen es zu verbergen suchen, wollt Ihr, Mann? Der Baron soll ehrlich beerdigt werden."
Der Arbeiter nickte, stumm nach der Leiche des Barons blickend, als wolle er diese zum Zeugen seines Versprechens an- rufen.
„Seht, Kahle, der Baron hat noch sein Hündchen vorher aus der Welt geschasst, er wußte wohl, daß es nun Niemand so lieb haben werde, wie» er es gehabt, macht die Schnur los und bringt den Hund fort, es soll Niemand wissen, daß das noch der Baron in den letzten Augenblicken seines Lebens gethan hat."
„Wollt Ihr, Kahle, keinem Menschen etwas sagen?"
„Ja Herr, ich werde es thun. Wo ist
der Hund, er lief ja noch vor einer Viertelstunde auf dem Hofe umher. "
„Und er folgte dem Herrn Baron, als er in den Park ging", erwiderte Herr von Noskor, „seht Ihr denn nicht, er hängt dort an der alten Ruine", setzte er hinzu, als er bemerkte, daß. der Arbeiter sich nicht zurecht finden konnte, wo der Hund sei.
Kahle sah dort hinter holte sein Taschenmesser hervor, um die Schnur zu durch, schneiden, an welcher das Hündlein hing.
„Nicht, Kahle," sagte von Aoskor, „knüpft die Schnur los, bindet einen Stein daran und werft den Hund hinten in den Sumpf und dann kommt zurück und bleibt bei der Leiche — der Baron ist todt, aber ich werde gleich zum Doktor schicken und zur Frau Baronin gehen."
Herr von Aoskor hatte sehr eilig gesprochen, ebenso entfernte er sich, er lief fast nach dem Hofe zu, aber er mußte doch mehrere Male stehen bleiben, um Athen: zu schöpfen.
Als er des Reitknechts auf dem Hofe ansichtig wurde, der neben dem gesattelten Pferde stand, da winkte er diesem. „Nehmt das Pferd, jagt nach der Stadt zum Herrn Doktor, theilt ihm mit der Herr Baron wäre todt im Park gefunden worden, erschossen."
Friedrich stand, ohne sich zu rühren; er sah zu Herrn von Noskor auf, als werde er im nächsten Augenblick den Einsturz des Himmels fühlen. Friedrich rührte sich noch immer nicht, das was er gehört, war zu unerwartet gekommen, für ihn unsaßlich.
„Macht, daß Ihr fortkommt, schnell, so schnell als möglich,? vielleicht ist , der Herr Baron noch zu retten —", drängte Herr von Noskor.
Diese Worte mußten dem Manne ein Verständnis von dem gebracht haben, was er eben gehört, mit einem Satz war er im Sattel und jagte dem Stäbchen H. zu.
Herr von Aoskor ging nach dem Herrenhanse, langsam, schwer und doch erregt, er mußte nicht mit sich einig sein, wie er drinnen die schreckliche Nachricht anbringen sollte. — Der Verwalter des Vorwerks kam denn herauf. Herrn von Aoskor schien es lieb zu sein, dadurch eine Gelegenheit zu haben, noch mit seinem Eintritt in das Haus zögern zu können und doch mußte es ihm zu lauge währen, denn er winkte dem Verwalter schneller zu gehen.
Dieser schien aber von dem Wunsche wenig Notiz zu nehmen, er beschleunigte kann: seine Schritte. Als er auf den Gnts- hof trat, ging Herr von Aoskor eilig auf ihn zu.
„Sie wollen zum Herrn,Baron? fragte er hastig den Verwalter.
„Ja gewiß", gab dieser zurück und die Antwort klang eben nicht sehr verbindlich.
„Erschrecken Sie nicht, es ist hier ein Unglück geschehen, ein furchtbares", ent- gegnete Herr von Aoskor, „ich sah Sie kommen, ich bin froh, Sie in den nächsten Stunden neben mir zu haben; thun Sie mir einen Gefallen, Sie können, Sie werden es mir nicht abschlagen, sorgen Sie dafür, daß sofort ein Wagen und zum Doktor nach der Stadt gefahren wird, ich habe in meiner Bestürzung einen reitenden Boten geschickt, ehe der Doktor-