Kommando« vom hiesigen Feldattllletteregffnent mff 5 Offizieren vor dem Hause Krönung vaterländische Lieder gesungen. Als die Offiziere SO Meter vom Haus« ent- fernt waren, fiel au» diesem ein Schuß. Die Offiziere eilten zurück und stießen im Hausflur auf Krönung und seinen Sohn. 2m Verlaufe eines Wortwechsels wurde Oderleutnant Weiffenbach vom Sohne Krönungs er­schossen. Sämtliche bei dem Vorfall anivesenden Offi­ziere waren ohne jede Waffe.

Württemdergische Landesversammlung.

Stuttgart, .28. Jan. (5. Sitzun g.) Am Regierungs- tisch die Minister: Lindemann, Kiene, Baumann, Herr­mann, Schlicke: spater auch Minister Heymann. Präsi­dent Keil eröffnet die Sitzung um 3X Uhr. Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der Beratung über Botschaft und Rechenschaftsbericht der Prov. Regie­rung.

Vor Eintritt in die Aussprache erhält Ernährungs- Minister Baumauu das Wort zu Mitteilungen über de« Stand unserer 8»lk»ernähr»»g. Unsere erste Sorge war, zu verhindern, daß die politischen und militäri­schen Ereignisse eine weitere Verschlechterung unserer Ernährungslage nach sich zogen. Der Stand der Ge­treideversorgung hat sich im Dezember etwas gebessert, so daß die erhöht« Brotration bi» aus wettere» auf­recht erhalten werden kann. Auf längere Zeit hinaus aber können wir die Verteilung der bisherigen Brot­ration nur ermöglichen, wenn wir vom Ausland ent­sprechende Zufuhren erhalten. Günstiger steht es zur­zeit mit der Fleischversorgung. Schon im November d. I konnten wir die fleischlosen Wochen aufheben. Die Vorräte für die Versorgung des Heeres gestatten es, daß das Reich ab 1. Februar die Fleischrationen allgemein um 100 Gramm für die Woche erhöhen kann. Eine weitere Verbesserung ergab sich aus dem durch die De- mobilisation bewirkten großen Anfall von Schlachtpser- den. Die Versorgung mit Kartoffeln ist im allge­meinen befriedigend. Die Zufuhr aus Norddeutschland hat zwar nach Ausbruch der Revolution aufgehört. Das Ergebnis unserer Kartoffelernte ist jedoch so, daß wir auch ohne die Fortsetzung der Zufuhr auskommen wer­den. Die größte Sorge bereitet uns immer noch die Fettversorgung. Die bisherigen ungenügenden Rationen können wir zwar beibehalten. Im allgemei­nen kann vorläufig keine Rede von einer Lockerung der bisherigen Zwangsversorgung sein und wir müssen die Bevölkerung bitten, sich noch weiter ins Unvermeidliche zu schicken.

Hierauf wird die am Montag abend abgebrochene politische Generaldebatte fortgesetzt. Als erster Redner erhält Abg. Bruckmann (D. d. P.) das Wort: Schon vor beiyahe 20 Jahren, als wir die uns von England dar­gebotene Hand ausschlugen, ist die Grundlage zu unserer heutigen Lage geschaffen worden. Wir sind mit Bun­desgenoffen in diesen Krieg gezogen, die zum Teil durch vorausgegangene jahrelange Kriege erschöpft waren. Der größte Fehler wurde aber in dem Augenblick ge­macht, als wir uns zu den bereits vorhandenen mäch­tigen Feinden noch Amerika zum Feind machten, Amerika, dessen Möglichkeiten von unserer militärischen Führung völlig verkannt wurden. Die innerpolitische Schuld kennen wir alle: der alte konservativ« Kampf geaen die Einführung des allgemeinen Wahlrechts. (Unruhe rechts.) Es kam der U-Bootkrieg. Als dann zusammenbrach alles, was dem Volke alsgroße Erfolge" vorgeführt worden war, da ist es »^gekom­men. daß Admiral v. Tirpitz Führer des Volkskun­de? für Freiheit und Vaterland, der Vaterlandspartei u. a. Verbände einlud zur Schaffung einer einheitlichen inneren Front". Als ihm dann gesagt wurde, das gehe jetzt wohl nicht, denn man habe kein Vertrauen zu seiner früheren Politik, da sagte er:Merken Sie nicht, daß meine ganze Politik hinsichtlich des U-Boot- krieaes ein Bluff oewe'en ist. Weil England selbst mit solidem Bluff arbeitete, so habe ich es für richtig ge­funden. ebenfalls in dieser Weise oorzugehen." (Un­ruhe und Rufe von links: Hört! hört!) Daraufhin haben die Eingeladenen den Saal verlassen, und ich habe gesehen, wie Dietrich Schäfer vollständig zusam­menbrach als er sehen mußte, wie dernational« Heros Deutschlands" die Karten offen auf den Tisch legte. Dis Mshrheitsnarteien kannten die Lage, konnten aber mckt reden Daher der Verständigunasfrieden. Er soll nach Abg. Bazille nicht annehmbar gewesen sein. Aber war es denn der damals vorgeschlaaene Gewaltsrieden? (S. richtig! links.) Auch die militärische Schuld an der Niederlage liegt klar zutage. Das Heeressystem, klug und zweckmäßig aufgebaut für junge Leute, stand wie ein verschlossener Turm im Leben des Volkes, es fehlte die Beziehung zum Menschen im Soldaten. Die politischeAufklärung" im Heer ist eines der schlimm­sten Karitel des Krieges. Dazu kamen noch die Un­gleichheiten in der Verpflegung, Ablösung. Beurlaub­ung. Das alles hat in Verbindung mit vielen andern Ursachen zum Zusammenbruch der Front führen muffen. (Sehr richtig! links.) Besonders der Umland, baß die Oberste Heeresleitung zuletzt über die wahre Lage au

der Front falsch «rtterrkSffer wurde, hrtt »bst M» Be­schleunigten Umfch»««- betgstrsLeu. k» ist »»»-«kom­men, daß ei« »srd4imt»e «Srttember-ischer Lrrrsral, der es gewagt hat, an seiner! Heerführer wahrheitsgemäß zu berichten und s»r der Fortführung der Offensive zu warnen, den Abschied erhalten hat. (Zurufe link«: Hört! hört!) Ludeudsrfs, zrstz als Hseesührer, war kein großer Politiker. Dazu fehlte ihm die Füh- lunz mit dem wirtschaftlichen und politischen Leben und die weltpolitische Einficht. Der Krieg aber hat sich zu einem großen, weltpolitischen Problem ausgewachsen. So war es ein unseliges Verhältnis zwischen Oberster Heeresleitung und Regierung. Es ist ein furchtbarer Mißbrauch mit der Spannkraft, ^Vaterlandsliebe und Opferbereitschuft unsere» Volkes in diesem Kriege ge­trieben worden, wie nie zuv«r. (Lebh. Zustimmung in der Mitte und links.) Und da glaubt man n«h: es wäre besser gewesen, noch länger znzuwartrn und da» Volk noch tieferer Erschöpfung entgrgen- zusühren? (Abg. Bazille: Wir waren nicht erschöpft! Zuruf von links: Ja, Sie!) Die Vaterlandspartei mar immer d«r Ansicht, mit dem Willen und mit der Phrase könne man stets Erfolge erringen. Sie bedachte nicht, daß da» Heer au» Menschen besteht, für dir es Grenze« gibt. (Lebh. Zustimmung in der Mitte und Lsks.) L«ur kam die Re v « l u t i o n. Es war genug Zündstoff da. Lrdebour und Trffpien haben zugezebe», daß st« auch vorbereitet war. Unsere Schulden find von 30 auf 240 Milliarden gestiegen, über zwei Drittel unseres Nationalvermögens haben wir verloren. 27 statt 6 Milliarden brauchen wir zur Bestreitung unserer Bedürfnisse, dazu droht Landvsrluft im Westen und Osten. Millionen täglich erfordert in Württemberg die Arbeitslosenfürsorge da kann nur die intensivste Anstrengung aller Kräfte, rationellste Arbeit und schärf­ste Ausnützung aller Rohstoff« bei sparsamster Wirt­schaft uns den Aufbau ermöglichen. Dazu bedarf es vor allem einer Steigerung unserer Produktion, und diesem Zwecke ssll die Sozialisierung dienen. So sisteren aber bedeutet bei uns, daß der Empfänger des Ueberschuffes in den Betrieben der Staat sein soll. Durch die jetzige Wirtschaftsmethode werden in abseh­barer Zeit die inneren Reserven und die Rücklagen er­schöpft sein. Wenn wir jetzt vorwärts kommen wollen, dann dürfen wir die private Jniative nicht beengen. (Sehr richtig!) Die württembergische Indu­strie ist entschlossen, den Export wieder aufzunrhmen sobald die Tore wieder offen sind. Die Landwirt­schaft wünscht dringend di« Aufhebung d«r Zwangs­wirtschaft so bald dies irgendwie möglich ist. (Zustim­mung in der Mitte.) Die Produktionssteigerung der Landwirtschaft muß mit allen Mitteln unterstützt wer­den. Es ist nickt unmöglich, Deutschlands traurigste Zeit als seine größte zu erkennen, wenn das Volk einig ist in gutem Willen zur Ordnung, Arbeit und Würde.

Stv. Ministerpräsident Dr. Lindem««»: Die' Bot­schaft hat im ganzen eine günstige Aufnahme gesunden. D«» Verhältnis von Württemberg zum Reich ist in der Debatte angezogen worden. Zentralisierung des Reichs lehnen wir ab und halten daran fest, daß der Charakter der Bundesstaaten im wesentlichen erhalten bleibt. (Bravo.) Wir gehen davon aus, daß der Be­stand Preußens erhalten bleibt. Sollte eine Zer­legung Preußens je eintreten, so würde das nack unse­rer Auffassung die Bildung einer zentralen Reichs­gewalt bedeuten, was mit dem Ende der Bundesstaaten gleichbedeutend wäre und diese zu Selbstverwaltnnas- körpern Herabdrücken würde. Das Betreten dieses Wegs würde zum Zerfall des Reichs führen, dessen Einheit allein durch die förderatine Verfassung verwirk- ^ lickt wird. Die Tätigkeit der A.-und S. -Räte haben nur teilweise Anerkennung gefunden. Man bört nur von ihren Mißgriffen, aber von ihren guten Lei­stungen hört man wenig, aber sie Lberwiegen die Män­gel. Die ganze Verwaltung wäre ohne die Räte in die Brüche gegangen, besonders die Erledigung der unzähl­igen Beschwerden erfordert ihre Mitwirkung. (Wider­spruch.) Wir hoben onch Bauernräte und die Räte der geistigen Arbeiter. Ihre Tätigkeiten find auck genau abgegrenzt. Einzelne Ueberariffe mögen Vorkommen, wir dürfen aber nicht vergessen, daß eine Revolution sich nicht absnielen kann in einem Salon. Es ist Pflicht unserer Bm Zungen, sich in die neuen Verhältnisse einzuleben. Herr Abg. Gröber hat nach dem Pro­gramm der Regierung gefragt und die Formulie­rung eines Arbeitsprogramms als Notwen­digkeit bezeichnet. Die Negierung ist mit ihm von der Notwendigkeit eines solchen Programms überzeugt. Sie glaubt in ibrer Bottchatt bitte Arbeit bereits geleistet za haben. Wir in der Provisorischen Negierung gehen davon aus. daß darüber hinaus grundleoende Neue­rungen auf dem Gebi-tte der Staatsverwaltung, ins­besondere auch auf dem Gebiete des Kirchen- und Schul­wesens nicht in Angriff genommen werden können llkberdies wird ja erst di« Verfassung für alle die ge­planten Resormarbeiten den Grund und Boden zu schaf­fen haben. Das Hauptstück unserer Arbeit muß also sein, den Verfass»ngse»Lrv«rf so rasch wie möglich durch- zusiihre«.

Leftrr ve« KAe-swese«« Heer««,»: Das Kklds«-- «i«!sierium »ar stet» mit de« Lanbrsausschich Per bateuräte im Einvernehmen. Es »»r da» denkbar best« seit meiner Amtsführung. Die S.-Riite i« ihrer jetzi­gen Form find dann nicht mehr nötig, wem» da» ne«« auf allgemeiner Wehrpflicht «ufgedaut« Bolks- he « r reichsgesetzlich fest-elegt »ird und de« Eold«t«° raten ihre Stellung im Heer gesetzlich abgewiesea »irtz. Bis dahi« erachten es die Ccldatenräte als ihre staats­bürgerliche Pflicht, darüber zu wachen, die Errunges- schaften der Revolution gesetzlich zu verankern. (Wider­spruch im Hause.) Der Kriegsmintstrr bespricht danrr die Bemühungen der Negierungen um die Rückkehr der Truppen. Es standen rund 786 ivürtl. Truppenteil« im Feld. Davon fehlen »ach L32 «it rund 8300 Köpfen. 115 aller Fsrmatiene« find demebilifiert oder «ufgelöst. Dabei hat die Bevölkerung groß« Opferrnilliokeit gezeigt, dir dankbar «»erkannt »ird. Der größt« Teil der 61 WO Krieg»ges«»gene» in Württemberg ist in seine Heimat abtran»psrtiert. 13 000 Russe». lvOO Serben, 2506 Rumänier, die noch verbleiben, wer­den bald falgen. Bei der Verwertung des Heeres­gut» sind wir an ?8eisungrn im Reich gebunden. Zahlreich« Sammelstellen wurden auf dem Nückmarsih« grbiet eingerichtet. Die Tätigkeit der Schubpolizei ge­hört auch hierher. Sie hat Heereagüter von über 1 Mil- lio« Wert bis jetzt beizebrackft. Von Württemberg find cusmarschiert: 3606 Offiziere. 88 WO Unteroffiziere und Mannschaften: die Friedensstärke betrug 31 000 Mann. Während des Krieges stieg die Stärke bis auf 218 000 Mann. Zum Ersatz der Verluste stieg di« Zahl bis aus 520 066 Köpfe -- 21 Prozent der gesamten rvürttemb. Köpfe. Gefallen find 59 060 Offiziere und Mannschaf­ten 11.3 Prozent: verwundet wurden 158 000 Mann 30,1 Proz.: vermißt sind 17 060 Mann --- 3,3 Proz. Jedenfalls werden wir für die Unterstützung der Hinterbliebenen der Gefallenen eintreten. An Stelle des seitherigen Heeres soll ein Volksheer tre­te« auf demokratischer Grundlage

Abg, kudre (Zentr.): Die Nätewirtschast darf nicht verewigt werden. Das Resultat der Nätewirtschast' wird Natlostgk^t sein. Es ist merkwürdig, daß der Mi­nister des Innern so wenig warme Worte für seine Be­amten gefunden hat und nur für die Räte. Eine Volks­abstimmung würde die Räte abschaffen. Neben der Landesversammlung und der Negierung darf künftig kein besonderes politisches Organ mehr Weiterbestehen. Die heutige Erklärung der provisorischen Negierung be­züglich der Kirchen- und Schulfragen begrüßen wir. Den Beufsbeamten muß auch unter dem parlamentarischen M-m die Möglichkeit zur Vorrückung bis in die höchsten Stellen gegeben werden. Eingehend spricht der Redner hierauf gegen die Sozialisierung und sagt: Wir brauchen heute Unternehmerinitiative und Arbeits­lust. (Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Wie tn einer gestern im Arbeitsministerium gehaltenen Sitzung mit- geleilt worden ist, werden feit einiger Zeit für die Rsckarkanallfierung 2260 Arbeiter gesrrcht. wogegen sich bisher nur 160 gemeldet haben: und dabei haben wir in Stuttgart allein 8000 angeblich Arbeitslose. Die Kriegsgesellschaften sollten möglichst bald wieder ver­schwinden und nicht, wie die Sozialdemokratie im stillen hofft und wünscht, zur Sozialisierung ganzer Jndustrie- und Handelsgruppen verwendet werden. D"« lohnsystem ist auszubauen.

Eine Vertrauensvotum fAr die Negierung.

* In der gestrigen Sitzung sprach die Rednettn der Unabhängigen, Clara Zetkin, in temveramentvttttr Weise. Ihre durchaus polemischen Ausfühnmqen rich­teten sich gegen die Mehrheitssozialisten in der Regierung, die nach ihrer Ansicht eine bürgerliche Politik treiben. Nachdem der Abg. Körner sich gegen den Vorwurf ge­wehrt hatte, als ob seine Partei allein an dem Zusam­menbruch schuldig sei, und nach einigen Auseinander­setzungen zwischen Gröber und dem Kult» smiinster Hreg- mann beantragten Haußmann (D.D.B.), Gröber (Ztr.) und Fischer (Soz.) die provisorische Regierung, die ihre Aemter zur Verfügung gestellt hatte, zu beauftragen, die Geschäfte fortzusühren. Das bedeutet also eine Ver- trauenskundgebunq, wie sie in parlamentarisch regierten Ländern üblich ist. Die Vertraiienskundgebunq wurde gegen die Stimmen der Bürgerpattei und des Bunds der Landwirte, sowie der Unabhängigen angenommen, und die vorläufige Regierung damit bestätigt. Die Re­gierung stützt sich also auf die Mehrheilssofialisten, die Deutsche Demokratische Partei und das Zentrum, nach­dem die Sozialisten im Bezug auf die religiöse.Erziehung und die Sozialisierung letzterer Partei gegenüber beruhi­gende Erklärungen abgegeben hatten.

Aus Stadl und Land.

Cal«, den 30. Januar 1912. Rodelunfall.

* Beim Rodeln aus der Stammheimer Seige erlitt gestern dachmillag der 12 Jahre alte Sohn des Archi­tekten Kleiner einen Ooerschenkeibrnch.