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Berlin, 21. Dez. In der vergangenen Nacht wurde ein Nachtwächter vvn ^ Dieben erstochen. Derselbe hatte die letz tercn bei einem Einbruch überrascht.

Berlin, 21. Dez. Die neueste Num­mer desSozialist" erklärt die Ausführung des Staatsanwalts Bendix im Prozeß gegen den Anarchisten Weidner, daß der Sozialist" dcmnächstaufhören zu erscheinen, für unrichtig. DerSozialist" werde fröhlich weiter erscheinen, die Genossen feien opferfreudiger als je.

Wie die Morgenblätter aus Pie­schen melden, ist in Folge Wiederauf­tretens der asiatischen Cholera bei Kalstch die Grenze bis Boguslaw gesperrt.

Friedrichsroda, 22. Dez. (Unthat.) Seitens der hiesigen Polizei wurde ein ungefähr 30 Jahre altes, blödsinnig.'s Mädchen in einem schrecklichen Zustande in einer kalten, unsauberen Bodenkammer entdeckt. Das Mädchen selbst lag mit halberfrorenen Gliedern, ungewaschen, mit ganz verfilztem Haar, in Lumpen gehüllt auf einem schmutzigen Bett. Auf Veran­lassung des herzoglichen Landratsamtes Tenncberg wurde das verwahrloste Mäd­chen in das Krankenhaus in Walters­hausen untergcbracht. Dem Vernehmen nach wurden für das Mädchen pro Jahr 300 Mk. Kostgeld bezahlt, und war es von der Vormundschaft bei ihrem leiblichen Bruder in Pflege gegeben worden. Gegen den rohen Bruder ist sofort Untersuchung eingeleitet worden.

Oldenburg, 21. Dezember. Nach 25 Jahren begnadigt ist ein Mann in der Strafanstalt zu Vechla. Derselbe wurde im Jahre 1869 wegen eines schweren Verbrechens zu lebenslänglicher Zucht­hausstrafe verurteilt und ist jetzt wegen tadelloser Führung auf Befehl des Groß­herzogs in Freiheit gesetzt worden.

Hannover, 21. Dez. Nach Been­digung des Prozesses gegen Leuß wurde Frau Dr. Schnutz sofort in Untersuchungs­haft genommen. Es soll nun gleichfalls gegen sie die Anklage wegen Meineids er­hoben werden.

Straßburg. Der ehemalige Bank­direktor Dr. I. North ist am Montag morgen gestorben.

Aus Innsbruck, 21. Dez., wird ge­meldet : In Schnauders bei Brixen brannte ein Schmiede nieder. 6 Personen find verbrannt, weil sie sich durch die vergit­terten Fenster nicht retten konnten.

Aus Bud ape st, 20. Dez., meldet man derFr. Ztg.": Der Direktor der Groß­ward einer Laßlomühle, Szilagyi, hat sich > erschossen. Er hat für 135000fl. falsches Wechsel zum Schaden der Mühle inUm-s lauf gesetzt und seit Jahren die Bücher^ gefälscht. Die Laßlomühle, eines der be-l deutendsten Etablissements des Landes,! steht vor einer finanziellen Katastroje. s Beide Buchhalter des Instituts wurden! heute Abend verhaftet. Die Direktion ver-, öffentlicht eine Bekanntmachung, worin sie anzeigt, daß sie bestrebt sei, die Interessen der Gläubiger, unter Vermeidung des Zu­sammenbruchs des Instituts, möglichst zu schützen.

Budapest, 21. Dez. In Oravica (Süd-Ungarn) ereignete sich in der ver­gangenen Nacht ein heftiges Erdbeben, welches eine Minute dauerte. Biele Häuser stürzten ein oder bekamen Risse, Dächer und Gesimse wurden niedergeworfen und

Wohnungen stürzte alles durch- Hetzen. Das Corps sammelte eine erhebliche Stöße wiederholte» sich! Menge kurdischen Gesindels um sich, was die

Armenier im höchsten Grad besorgt

in den

einander, Die mit weniger Heftigkeit nach mehreren Stunden. Der größte Teil der Bevöl­kerung brachte trotz der strengen Kälte die Nacht im Freien zu.

Paris, 21. Dez. Wie aus Buenos Ayres gemeldet wird, haben die brasi­lianischen Insurgenten wieder überall die Offensive ergriffen Admiral da Gama marschiert mit 12,000 Mann nordwärts und bedroht Rio Grande. Admiral Mello wird demnächst seine Operationen wieder aufnehmen.

London, 22. Dez. Daily Chronicle meldet aus Rom, der Papst werde bei der ersten Versammlung der Kardinäle die Krage wegen der Bereinigung der katholischen mit der orthodoxen russischen Kirckie prüfen lassen.

Warschau, 21. Dez. Ans Anlaß des Rücktritts des Generalgouverneurs Gurko war vorgestern ganz Warschau illuminiert.

Petersburg, 23. Dez. Hier wird bestätigt, daß die Ernennung des Bot­schafters Grafen Schuwaloff zum General- gonverneur von Warschau als vollzogene Thatsache angesehen werden kann.

DemRegierungsboten" zufolge hielt Kaiser Nikolaus in einer Sitzung des Komitees für den Bau der sibirischen Bahn eine Ansprache, worin er hervor­hob, es sei nicht nur seine heilige Pflicht, s sondern auch sein herzlicher Wunsch, das! ihm von seinem unvergeßlichen Vater über­kommene, ausschließlich friedliche und kul­turelle Unternehmen des Baues eines sibirischen Schienenwegs möglichst schnell und gut zu vollenden.

Newyvrk, 21. Dez. 5000 Arbeits­lose veranstalteten gestern abend auf dem Marsfelde bei Montreal eine revolutionäre Kundgebung. Der Bürgermeister versprach, Alles anfzubieten, um ihnen Beschäftig­ung zu geben. j

B u e n o s-Ayre s, 22. Nov. Dass Erdbeben hat in Jglesias so furchtbare Verheerungen angerichtet, daß kein Haus stehen blieb. Die ganze Stadt bildet einen einzigen Trümmerhaufen. Während des Erdbebens quollen schwarze Wasser­ströme aus den Spalten des Bodens. Der Berg Agna Negra bei Cruiz Piedra und San Roque spallete sich von oben bis unten in 2 Stücke. Ganze Massen von Erde und Gerölle wurden in die Luft ge­schleudert. In Chumillango und Potreros de Tumman öffnete sich der Erdboden und Wassermassen spritzten in die Luft. Auf der Straße von Jachal nach San Juan ist die entstandene Erdspalte über 3 englische Meilen lang.

Türkei. Aus armenischen Kreisen sind derKöln. Ztg." eine Reihe von Briefen über die Vorgänge bei Sassun zugegangen, welche die Zerstörung einer Anzahl von Dörfern und die Niedernntzelung ihrer Be­wohner schildern. An dem Feldzug gegen die armenische Bevölkerung beteiligten sich außer Kurdenhorden des Stammes Eschirad und den aus den kurdischen Reitern vor Kurzem gebildeten Hamidieh-Regimentern noch türkische Truppen der Garnisonen Erzerum, Jrisa, Wan, Tigranokert, Barber und Musch. Im Ganzen sollen gegen 5560 000 Mann ver­wendet worden sein. Schon seit einiger Zeit war die muhamedanische Geistlichkeit beauftragt worden, das Volk gegen die Christen aufzu-

im höchsten Grad besorgt machte. Dann wurde den Armewern Folgendes ver­kündigt :Wir sind gesendet. Euch Alle über die Klinge springen zu lassen, weil Ihr ge­wagt habt, der Negierung den Gehorsam zu kündigen." Das war das entgülüge Urteil. Notgedrungen ergriffen die Armenier ihre Sensen, Messer und wenigen Fünlen und verschanzten sich in einigen ihrer Döffsr. Am 18. Aug. Morgens drangen die kurdischen Horden vor und begannen ihr Zerstörungs­werk, wurden aber geschlagen. Bis dahin hatten sich die Türken passiv verhalten. Den Kurden wurde jetzt befohlen, dis im Stiche gelassenen armenischen Dörfer auszuplündern und sodann in Brand zu stecken. Vom Schlacht­felds aus erblickten die Armenier die Flammen ihrer Dörfer. Die Kanonaden der Türken lichteten . ihre Reihen. Erschöpft und von Hunger geschwächt, wurde es ihnen unmöglich, weiteren W verstand zu leisten. Am 5. Sept., nachdem ganze Tage hindurch gekämpft wor­den war, wurden sie völlig widerstandsunfähig. Ein Geistlicher, der Gememvevorsteher und g<-gen 40 junge Leute des zerstörten Dorfes Semal, an dessen nordöstliche Seite die Türken wegen des p startigen Geruches der seit Tagen umherliegenden Leichen ihr Lager verlegt hatten, waren gekommen, um sich auf Gnade und Ungnade zu übergeben. Sie wur­den an Pfähle gebunden und ihnen die Gliedtr bei lebendigem Leibe abgesägt. Unter- d ssen zogen die kurd scheu Horden brennend und mordend durch das Land, die Häuser wurden zerstört und die Einwohner fürchterlich mißhandelt, ihnen die Bäuche aufgeschlitzt, die Augen ausqestochen, unschuldige Kinder in siedendes Wasser oder Oel geworfen, Frauen mißhandelt und dann verbrannt. Vollständig eingeäschert sind in den Bezirken Schatack 7 Dörfer, Sassun 13 Dörfer, Ch'an 3 Dörfer. Verwüstet und geplündert im Bezirke Pfanaz sämmtliche Dörfer, ebenso in Perma; im Bezirks Chicmu 6 Dörfer, im Bezirke Chuspai 5 Dörfer. Selbstverständli ch sind sämmtliche Kirchen mit beraubt und nicdergebrannt; gegen 40 Geistliche sind umgebrachtt Die Zahl der übrigen Ermordeten ist noch unbestimmt.

Ostafrika. Wie s. Zt. gemeldet, wurden bei der Erstürmung von Kuisenga durch Oberst v. Scheele 3000 Faß Pul- ! ver erbeutet, von denen viele den Stempel j der Afrikan Lakes Trading Corporation ausweisen; es geht eben nichts über loyale Nachbarn! In Dar-es-Salaam ist man der Ansicht, daß der Gouverneur einen neuen Zug gegen die Wahehes, deren Macht keineswegs gebrochen ist, Plaut; an die Ausführung ist jedoch nicht zu denken, ohne eine Verstärkung der Schutz­truppe um zwei Kompagnien, um Unruhen an der Küste vorzubeugen, während das Hauptkorps im Innern weilt.

Wom ostcrsicrtifcherr Kriege.

London, 20. Dez. Amtlich wird gemeldet, daß Hermoud Smith Shipley, der britische Bizekonsul in Monastir, zum Vertreter Englands in der Kommission zur Untersuchung der armenischen Greuel ernannt worden ist.

Schanghai, 21. Dez. Die japani­sche Flotte hat Port Arthur in südlicher Richtung verlassen. Die Bestimmung der­selben ist unbekannt.

Dokohama, 21. Dez. Die Ernenn- nung des Marschalls Aamagata zum Ge­neral-Inspekteur der Armee und Mitglied