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Erscheinen und wünsche nur, daß es Ihnen in Wildbad recht gut gefallen möge u. Sie die Über­zeugung mit nach Hause nehmen, daß die Wildbader die Ehre Ihres Besuches zu würdigen wußten.

Wir feiern heute das Fest der Fahnen­weihe des im Jahre 1879 gegründeten hiesigen Militär-Vereins. Derselbe, anfänglich mit 36 Mitgliedern beginnend, hat sich nun zu 108 Mitgliedern, also um's Dreifache, aufgeschwun­gen. Wenn man sich die seitherige Haltung des Vereins vor Augen führt, so kann man demselben kein anderes Zeugnis geben, als daß er pflichtbewußt die einem Krieger- und Mili­tärverein obliegenden Pflichten getreu und ehr­lich erfüllt hat; was ja durch die im Jahre 1890 gnädigst erfolgte Verleihung des höch­sten NamensPrinzessin Charlotte von Würt­temberg" und im Jahre 1892 durch die Aller­gnädigste Genehmigung der Führung des Aller­höchsten NamensKönigin Charlotte" genug­sam erwiesen ist.

Meiner Ueberzeugung nach gibt es aber auch keine schöneren Pflichten als diejenigen, zu deren Erfüllung wir uns verbindlich machen:

Treue gegen Kaiser, König und Vaterland, Liebe gegen die Kameraden, Eintreten für Wahrheit und Recht, Wahrung der staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung, Stütze der Re­ligion und der Sittlichkeit, lauter Tugenden, die jeden Inhaber derselben stolz machen müs­sen, umsomehr aber einen Verein, wenn er von denselben getragen ist.

Wenn der festgebende Verein diese Tugen­den für immer beobachtet und treu festhält, so wird es ihm nicht allein Wohlergehen, son­dern er wird dadurch auch der Stadtgememde immerdar als Muster dienen und deren Blühen und Gedeihen mitbegründen.

In dieser Hoffnung möge nun die Fahne enthüllt werden.

Nachdem derLiederkranz" das Fah- nenlied vorgetragen, fand die Enthüllung der Fahne und die Uebergabe derselben an den Fahnenträger statt mit den von Frl. MinaBätzner gesprochenen Worten:

Nehm't hin das Zeichen Eu'rer Treue Zu Kaiser, König, Vaterland,

Und schwöret heute hier auf's Neue,

Sie halten fest mit Herz und Hand.

Wo Ruhe, Fried' und Eintracht waltet,

Da gibt es einen guten Klang,

Wo L-eb zum Vaterland nur schaltet Da währt des Volkes Glück recht lang.

Drum wehe ihnen edles Banner Bei gutem Thun nur stets voran Und sei die Mahnung für sie alle,

Wann's Not thut:Auf für's Vaterland."

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Böllerschüsse verkündeten hierauf weit­hin die vollzogene Enthüllung der Fahne, als Hr. Stadtschultheiß Bätzner in seiner Festrede mit zündenden, zu Herzen gehen­den Worten fortfuhr:

So wehet nun das Banner vor unseren Augen, herrlich und schön; auf der einen Seite das Landeswappen mit der Devise:Furcht­los und treu", auf der andern Seite das Sinnbild der Hierselbst seinerzeit bewahrheiteten klassischen Unterthanentreue, und wir geloben angesichts derselben mit freudigen Gefühlen:Furchtlos und treu bleiben wir unserem König und en­geren Vaterland von H rzen zugethan, furcht­los und treu stehen wir zu König und Reich." Fuchtlos und treu stelle» wir, wenn es nötig ist, unser Gut und Blut zur Ehre und Ver­teidigung unseres engeren und weiteren Vaier- andes zur Verfügung."

Furchtlos und treu treten wir ein für gesetzliche und gesellschaftliche Ordnung, Ruhe und Sittlichkeit in den Vereinen, Gemeinden und dem Staat."

Furchtlos und treu halten wir stets treue, ehrliche und aufopfernde Kameradschaft."

Furchtlos und treu schließen wir alle uns heute dem ehrfurchtvollsten Danke des festgebenden Vereins gegenüber Ihrer Majestät der Königin Charlotte an und wünschen, daß der Verein der Allerhöchsten Gnade, den Namen Aller höchstderselben zu führen, stets würdig bleibe;" furchtlos und treu rufen wir aber auch aus vollem Herzen:Seine Majestät unser in Ehr­furcht geliebter König und Ihre Majestät un­sere in Ehrfurcht gelo bte Königin leben hoch."

Begeisterten Widerhall fanden diese Worte bei der um die Festtribüne ver­sammelten tausendköpftgen Menge.

Mit dem Gelöbnis, die Fahne hoch und teuer zu halten zu Ehren des Kaisers, Königs und Vaterlandes übernahm der Fahnen­träger Schwarz dieselbe. Oberstlieutenant a. D. Eisenmann brachte hierauf na­mens des Präsidiums des Württ. Krieger­bundes die Glückwünsche an den festge­benden Verein dar und führte in länge­rer Rede die Zwecke und Ziele des Württ. Kriegerlundes aus, ermahnte die Ver­sammelten zu treuem Festhalten an Kaiser und Reich, König und Vaterland und endigte mit einem Hoch auf den festge­benden Verein, das begeistert ausgenommen wurde. Redner tadelte auch im Verlaus seiner Ausführungen die Bestrebungen des Würzburger Vereins betr. den Ehrensold. Nachdem derLiederkranz" noch ein Lied vorgetragen, entwickelte sich ans dem Fest­platz über den ganzen Nachmittag ein volksfcstartiges Leben; eine unübersehbare Menschenmenge drängte sich auf demselben. Carousell, Schnellphotograph, Schießbude rc. thaten das Ihrige, um fortwährendes Leben in der Menschenmenge zu erhalten. Schnell verflogen die Stunden des Nach­mittags und kaum hatte unsere herbstliche Sonne mit ihren: erwärmenden Scheine den Festplatz verlassen, so regten sich auch schon die einzelnen Vereine, um wieder der Stadt zuzueilen, um dort noch einmal vor der Abreise in ihrem Absteigequartier einen Abschiedsschoppen zu trinken. Hoch­befriedigt von dem Feste, wie es aus den begeisterten Hochrufen bei der Abfahrt wohl zu schließen ist, verließen uns dann auch abends die meisten der Festgäste wieder. Möge es ihnen in unserem gast­lichen Wildbad recht gefallen haben und mögen sie stets mit Vergnügen an diesen Festtag zurückdenken!

Der für den Abend veranstaltete Fest- bäll im Saale des HotelPost" verei­nigte wohl an 400 Personen und so war für den Anfang, da der weite Raum des Saales kaum zur Unterbringung der Er­schienenen hinreichte, zum Leidwesen unserer tanzlustigen Festjungfrauen an ein Tanzen nicht zu denken. Stadtschulthciß Bätzner verlas daher zunächst die Antworten, welche auf die an Ihre Majestäten den König und die Königin aus Anlaß des Festtages gerichteten Huldigungstelegramme eingelaufen waren, sie lauten:

Schloß Friedrichshafen, 16. Sept., 1.05 nachm.

Herrn Stadtschultheiß Bätzner, Wildbad!

Seine Königliche Majestät lassen für die

von der Stadt Wildbad und dem Mili­

tär-VereinKönigin Charlotte" anläßlich der Fahnenweihe des letzteren dargebrachte Huldigung gnädigst danken und wünschen dem Feste einen schönen Verlauf.

G emmin gen.

Schloß Friedrichshafen, 16. Sept., 3.30 nachm-

Herrn Schmid, MilitärvereinKönigin Charlotte", Wlldbad. Ihre Majestät die Königin lassen für das Huldigungs-Telegramm Allerhöchst-Jhren gnä­digsten und besten Dank entbieten und wün­schen dem heutigen Feste einen schönen Verlauf. Im Allerhöchsten Aufträge

Freiherr v. Raßler, Kammerherr.

Als einzigen Toast des Abends brachte Stadtschultheiß Bätzner einen solchen auf die Kameradschaftlichkeit aus, welcher be­geisterte Aufnahme fand. Zu später Stunde gab es dann endlich Raum zur Tanz­unterhaltung. welche die Teilnehmer bis zur frühen Morgenstunde zusammenhielt.

Der Montag brachte noch eine Nach­feier, die sich in einem Frühschoppen irr der Rennbachbrauerei und Mittags einem Ausflug auf den Windhos abwickelte. Auch hier gingen die Festwogen noch einmal rechthoch; heitere und patriotische Gesänge, Tanz und Spiel wechselten mit einander ab. Den würdigen Abschluß des Tages bildete die von den Teilnehmern nach dem Rück­marsch in die Stadt auf dem Kurplatz gemeinschaftlich gesungene Königshymne.

So verstoßen die beiden Festtage in wür­diger und schönster Weise, durch keinen Zwischenfall getrübt. Allen Teilnehmern an dem Feste werden dieselben gewiß un­vergeßlich bleiben. Für den Militärverein aber mögendiese schönenFesttage eine weitere Befestigung der Kameradschaftlichkeit, die er von jeher so schön bethätigte, bewirken und wir glauben unseren Festbericht mit keinen besseren Worten schließen zu können, als mit dem Wunsche: Unser Militärverein Königin Charlotte" möge für alle Zu­kunft wachsen, blühen und gedeihen! Das walte Gott!

Die geweihte Fahne ist eine Arbeit der Kunst- und Fahnenstickerei von Schott und Eben in Stuttgart, die mit derselben nach einstimmigem Urteil Aller ein Meister­werk der Kunststickerei geliefert hat. Die Fahne ist einschließlich der Stickerei ganz von kostbarster, schwerster Seide gefertigt. Sie zeigt auf der einen Seite auf schwarz­rotem Grunde das in einem weißen schwung­vollen Wappenschild eingestickte württemb. Landeswappen, umrahmt von einem Eichen- laubkranz, mit der in Goldstickerei ausge- führteu InschriftHie gut Württemberg Allweg." Auf der anderen Seite bilden die Schaumburg-Lippe'schen Landesfarben blau, rot, weiß den Untergrund, in diesem erhebt sich umrahmt von der Inschrift Militär-Verein Wildbad Königin Char­lotte 18791894." Ebenfalls in weißem Schilde die Eberhardsgruppe, wie sie hier in dem trefflichen Relief des Bildhauers Hermann Hendel am großen Badgebände angebracht ist.. Die einzelnen Gestalten der Bilder sind vorzüglich ausgeführt, insbesondere die des Grafen Eberhard, im Hintergründe des; Bildes sieht man das brennende Wildbad. Links und rechts vom Bilde sind das Schaumburg-Lippe'sche Landes- und das Wildbader Stadtwappen angebracht. Der Entwurf der Fahne ent­stammt der Meisterhand Professors Kolb in Stuttgart. LH,