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und raubten 800 000 Frks. an Wertpapieren. Zwei Mitglieder der Bande sind verhaftet.

Ein kolossalen Postdiebstahl meldet man beim Postamt Bologne; die gesamte für Belgien und Frankreich bestimmte englische Geldpost, enthaltend fünfhundert Geldbricfe und 500,000 Francs Bargeld, wurde gestohlen. Die Diebe find noch unbekannt.

Mailand, 24. Jan. In Venedig wurde gestern Abend Hugo Sohn, Vertreter von LuckhauS in Remscheid verhaftet. Er ist be­schuldigt, die genannte Firma um 300,000 Mark beschwindelt zu haben.

Die Krisis in Serbien ist vorläu­fig durch di« Bildung eines Kabinets Simitsch beigelegt. Dasselbe hat ausgesprochenermaßen keinen parteipolitischen Charakter. Der neue Ministerpräsident Simitsch ist 50 Jahre alt; er hat seine Studien an den Universitäten Heidelberg und Berlin absolviert. Ec ist ein Mann von gemäßigten Anschauungen und hat namentlich stets die Notwendigkeit der Auf­rechterhaltung der besten Beziehungen zu Oest reich-Ungarn betont. Es fragt sich nun, wie dieses Kabinet, dem die Sympathie des Aus­landes gewiß ist, sich der Skupfchtina und dem Lande gegenüber behaupten wird.

Belgrad, 25. Jan. In der Skupfchtina kam es zwischen den Repräsentanten der Re­gierung und den Volksvertretern zu einem pein­lichen Auftritt. Der Präsident entzog dem Chef des neuen Kabinets das Wort, worauf sämtliche Minister das Haus verließen.

Petersburg, 24. Jan. Ein furcht­barer Sturm mit Schneetreiben verheerte viele Ortschaften an der Wolga. Der Verkehr ist unterbrochen.

Madrid, 25. Jan. Spanien will von Marokko 30 Millionen Kriegskostenentschädig­ung verlangen.

Are Pforte öes ScHwcrvz- wcrl'öes.

Natur, wie ist es doch so schön An Deiner treuen Brust,

Lieg' ich auf Deinen Zauberhöhn In stiller Liebeslust;

Da wogt es tief und wunderbar, Weiß nicht, wo ein, wo aus Doch endlich wird das Treiben klar Und tobt in Liedern aus.

(Theod. Körner.)

Wenn man die Karte von Baden zur Hand nimmt, schreibt Joh. Schimpf in der ZeitschriftTourist", so findet man in dem die Form eines Stiefels bildenden Großherzogtum gleichsam in der Mitte des Schaftes eine kleine Ausdehnung ins würt- tembergische Land und inmitten derselben die Stadt Pforzheim, den Ausgangs­punkt des nördlichen Schwarzwaldes.

Wer hätte nicht schon von ihr gehört? Werden doch daselbst in über 500 Fabri­ken mit mehreren tausend Arbeitern und Arbeiterinnen von Stadt und Land tau­fende und abertausende jener niedlichen Schmuckgegenstände angefertigt, die von Groß und Klein, Arm und reich gerne getragen werden. Mehrere Millionen beträgt der Wert, der alljährlich in alle Weltteile gesandten Waren, und durch diese Industrie hat Pforzheim seinen Welt­ruf erlangt.

An sich bietet Pforzheim nichts beson­ders Schönes, dem Touristen ist die Stadt jedoch ein willkommener Ausgangspunkt für seine Wanderungen, findet er doch hier eine gute und billige Aufnahme. Drei Flüsse und zwar die Enz, Nagold und Würm vereinigen hier ihren Lauf, und ihre Thäler sind es, die gewissermaßen

den Schwarzwald erschließen, sie sind so zu sagen die Pforte desselben. Daher mag auch die Stadt, die man hier erbaute, den Namen Porta, aus dem Pforzheim wurde, erhalten haben. Will der Leser nun an einer Wanderung durch diese Thäler teilnehmen, so wählen wir zunächst das Würmthal, das kleinste der drei. Die Stadt verlassen wir in südlicher Richtung und schlagen den Weg nach dem Kupfer­hammer ein, wo die Würm in die Nagold mündet. Hier betreten wir die Landstraße, die sich die Würm entlang durch das stille Thal dahinzieht. Die aus Buchen, Eichen und Tannen bestehenden Wälder bedecken -die Bergeshöhen und Abhänge zu beiden Seiten des Flusses. Die Farbenpracht des Laubes der verschiedenen Bäume thut dem Auge wohl, streicht der Wind durch ihre Wipfel, so gewähren sie von oben gesehen den Anblick einer wogenden Samt­decke. An mancher Stelle tritt der Wald etwas zurück und macht prächtigen Wie­sen Platz, auf denender Rinder breit­gestirnte glatte Scharen" ihr Futter su­chen. Nach emstündiger Wanderung er­blicken wir das am Abhang des jenseiti­gen Berges gelegene Dorf Würm. Die Bewohner treiben Landwirtschaft oder ar­beiten in einer der vielen Fabriken der Stadt. Den Ort selbst, zu dem eine pri­mitive Brücke hinüberführt, betreten wir nicht, sondern bleiben auf der Straße. Die Post fährt an uns vorüber und die Weisen, die der lustige Postillon seinem Instrumente entlockt, gibt das Echo zu­rück. Nach kurzer Zeit erblicken wir die Sägemühle Liebeneck, dann wenden wir uns seitwärts in den Wald, um die noch gut erhaltenen Ruinen der Burg Lieben­eck aufzusuchen. Zu bedauern ist es, daß die Stiege zur Höhe des Turmes nicht mehr vorhanden ist, die Aussicht droben müßte lohnend sein; vielleicht erbarmt sich der Badische Schwarzwaldverein der An­lage. Zum Thale zurückgekehrt, setzen wir unseren Marsch wieder fort, noch stun­denlang geht es durch das an Naturschön­heiten so reich gesegnete Thal, durch die Dörfer Mühlhansen, Hausen und Merk­lingen gelangen wir nach Weil der Stadt, wo wir im Hotel Post das Mittagsmahl cinnehmen, einfach und kräftig, wie es dem Touristen geziemt. Weil der Stadt ist ein kleines schwäbisches Städtchen, dessen Um­fangsmauern aus alter Zeit zum Teil noch erhalten sind, und ihm ein ehrwür­diges Ansehen verleihen. Sehenswert ist die alte Kirche, der Marktbrunnen und das Denkmal des großen Astronomen Keppler, dessen Wiege hier gestanden hat. Den Nachmittag verbringen wir in Würt­tembergs Hauptstadt, die mit der Eisen­bahn von hier aus bald erreicht ist, und abends kehren wir mit dem Dampfroß wieder nach Pforzheim zurück.

Am zweiten Tag brechen wir etwas früher auf, um das Nagoldthal zu durchstreifen, dessen Schönheiten dem Be­sucher noch eindringlicher zum Bewußt­sein kommen. Was dem Würmthal fehlt, das hat dieses Thal in einigem Maße und das Enzthal, das wir morgen auf­suchen wollen, überreichlich, nämlich Fa­briken und Mühlen, die sich mitten in die Waldungen hineinlagern, und deren fleißi­ges Klappern den Wanderer nach stun­delangem Gehen unter den schweigenden

Baumkronen nicht unangenehm berührt. Durch das Nagoldthal fährt die Eisen­bahnlinie Pforzheim-Calw-Horb-Konstanz, oft durch Tunnels ihren Weg nehmend. Liebenzell, ein weit und breit bekann­ter Badeort und ganz von Waldesgrün umgeben, in geschützter Lage und mit sei­ner die SradtM erragenden Bergen, bietet ein liebliches Bild. Weiter oben im Thal liegt das wegen seines Klosters schon zu alten Zeiten berühmte Hirsau, ein Lieb­lingsplatz des alten Grafen Eberhard des Greiners. Das durch seinen regsamen Gewerbefleiß bekannte württembergische Oberamtsstädtchen Calw wird von hier aus in einer halben Stunde erreicht.

(Schluß folgt.)

Vermischtes.

Ostern fällt dieses Jahr auf den 25. März, was sich erst wieder in den nächsten Jahrhunderten zutragen wird: im Jahr 1951. 2035, 2046, 2057, 2103, 2114, 2125, 2198 u. s. w. Nach den Beschlüssen des Konziliums von Nicäa darf das Osterfest frühestens am 22. März gefeiert werden, was bekanntlich geschieht, wenn der Vollmond am 21. März eintritt und dieser Tag ein Sonn­abend ist. Solches geschah in den Jahren 1693, 1716, 1818 und wird 1970, 2078 und 2144 sich wiederholen.

In Breiten pfändete der Gerichts­vollzieher einem nach dorten gekommenen Würt­tembergs,-, die in einem Wirtshaus eingestell­ten Pferde. Der Gepfändete gab vor, die Tiere nach dem Psandlokal verbringen zu wollen, spannte ein und fuhr in Hellem Jagen davon, dem Schwabenlande zu. Da der Ge­richtsvollzieher an den lebenden Pfandobjekten seineVisitenkarte" nicht anheften konnte, wird man dem Ausreißer strafgerichtlich kaum beikommen können.

Vom dad. Schwarzwald, 20. Jan. Ein Bauer hatte in seinem Hause eme große Menge Wurzeln von Kieferbäumen aufgestapelt. Mit Axt, Schlegel und eisernem Keil diese zu zerkleinern, schien ihm zu langweilig, weshalb er beschloß, die Stumpen mit Pulver zu spren­gen. Das probate Mittel fano bei dem dicksten und größten Stumpen seine Anwendung. Der praktische Bauer bohrte ein tiefes Loch in das Holz, füllte solches etwa mit einem halben Pfund Pulver, legte eine Zündschnur an und war schon seelenvergnügt auf den glücklichen Ausgang dieses Experiments. Zu seinem Schutze verbarg er sich hinter dem Scheunen­thor, von wo aus er mittels Zündschnur das Pulver entzündete. Ein furchtbarer Krach und der Stumpen war zerrissen; die Stücke fuhren mit solcher Gewalt wider das Scheunen­thor, das das lauernde Bäuerlein halb ohn­mächtig zu Boden fiel. Von dem Schrecken erholt, inspizierte er die Sache genau und fand, daß die Explosion großen Schaden angerichtet hatte, die Fenster waren gänzlich zertrümmert und das Schwein im nahen Stalle streckte alle Viere von sich.

(Eine 1000jährige Eiche.) In dem fiskalischen Forstorte Hohenstedterholz in der Nähe von Fallersleben steht noch eine Eiche, veren Alter auf 1000 Jahre geschätzt wird. Ihr Stamm einen Umfang von 7 Meter, Die Borke hat am Stamm und an den knor­rigen Aesten tiefe Risse, doch ist der Baum noch frisch und sucht seinesgleichen im Lande. Die Eiche stand einst dicht vor dem Dorfe Hohenstedt, das im 16. Jahrhundert zerstört worden ist. Sie erlebte die Gründung und die Zerstörung des Dorfes, welches ben Stamm-

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